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Limited
GP-Bochum-Bericht (Top 8), Teil 2
von Sok-Yong Lee
15.12.2010


„Hier riecht's ja wie im Biberstall.“
– meine Frau


Der zweite Tag beginnt einsam. In ein Bett zu kriechen, in dem jemand schon schläft, und aufzustehen, wenn diese Person noch weiterschläft, ist ziemlich unbefriedigend. Außerdem ist es ohne Andi und Neule langweiliger als am Morgen zuvor, an dem wir locker und ohne Erwartungen ins Turnier gestartet sind. Nun sind die Ausgangsbedingungen andere. Nach der ein oder anderen beglückwünschenden und aufmunternden SMS, die gestern Abend noch eingetrudelt ist, spielt jetzt natürlich die Aussicht auf ein gutes Ergebnis die zentrale Rolle. Wie bereits im ersten Teil erwähnt habe ich noch nie den zweiten Tag eines Grand Prix erreicht und ich weiß noch nicht wirklich, ab welcher Stelle ich einen Erfolg ansetze. Andererseits ist mir schon bei der kurzfristigen Umstellung der Preisgewinne aufgefallen, dass iPads aufgenommen wurden.


Ohne diese Gedanken weiter zu verfolgen, steige ich ins Auto und stelle mich mental auf das Draften ein. Die meisten meiner überschaubaren Erfahrungen habe ich bisher mit R/W-Metalcraft gemacht, wobei ich bei meinem allerersten Draft auch schon einmal R/B-Schimmel zusammenbekommen habe. Vor Infect habe ich Respekt, beziehungsweise keine Ahnung, wie man es draftet. Gutmeinende Ratgeber haben mich am Vortag darauf hingewiesen, dass, wenn man in diesem Format schon keine Ahnung hat, es eine respektable Strategie sei, einfach Infect zu forcen. Ansonsten weiß ich eben so viel, wie man wissen kann, nachdem man einige Artikel gelesen und etliche Draftformate gespielt hat. Removal ist gut, Spoiler sind gut, Kurve ist gut und unfaire Synergien sind gut. So lange wie möglich surfen ergibt in einem artefaktlastigen Format Sinn. Auch meine Einschätzung vom gestrigen Tag, dass nicht die Spoiler, sondern Tempo und der gezielte Einsatz von Removal meine Spiele gewonnen haben, leitet mich in meinen Vorüberlegungen.

An meinem Drafttisch werde ich von Sebastian Thaler gefüttert, drei Plätze weiter links sitzt Simon Görtzen. Der Rest ist mir zwar unbekannt, aber der Vorname Myrddin auf dem Zettel mit den Seatings fällt mir dann doch ins Auge und ich kommentiere die Großartigkeit dieses Namens im Kontext des Blocks, bevor es losgeht.


Im ersten Booster erwartet mich die Auswahl zwischen Strata Scythe, Grasp of Darkness und Painsmith. Keine schwere Entscheidung für mich, da ich erstens den Battle of Pros gelesen habe und ich mich zweitens mit dem Artefakt noch nicht auf eine Farbe festlege. Der zweite Pick soll mir dann eine Ansage geben, was Sebastian für mich vorgesehen hat, und mich erwartet Cerebral Eruption im Rareslot.


Zur Eruption habe ich eine kleine Erfahrung im Vorfeld gemacht. Bei meinem einzigen realen Draft in der Essener Runde im Panoptikum hatte ich genau diese Karte im zweiten Booster geöffnet und nach schnellem Lesen-und-versuchen-zu-begreifen-ob-Crap-oder-Bombe firstgepickt. Als ich dann im siebten Booster des dritten Durchgangs dieselbe Karte ein zweites Mal, dazu in Foil, gepasst bekam, beschlich mich das Gefühl, dass wohl alle besser Bescheid wissen als ich. Nun ja, mittlerweile hat sich die Erdkugel ein paar Mal gedreht und alle sind ein bisschen schlauer geworden. Die Pros mögen sie nicht, weil sie eine Karte mit hoher Varianz ist, die bei einem selber immer fizzelt und bei anderen (in der Regel Noobs) immer dass Spiel aus unmöglichen Situationen wieder dreht. Also anscheinend genau das Richtige für mich.

Der dritte Pick entscheidet dann die endgültige Ausichtung des Drafts und anscheinend handelt es sich dabei um eine klassische Frage des Formats. Da ich beim ersten eine sehr gute schwarze und beim zweiten mehrere mittelmäßige Infectkarten weitergegeben habe, entscheide ich mich für Chrome Steed und gegen Cystbearer. Die Vorstellung, ein rot-grünes Giftdeck zu basteln, war mir dann doch zu suspekt, wobei meine ersten beiden Picks wohl ganz gut reingepasst hätten.

Am Ende kommt ein rot-weißes Metalcraft-Deck heraus, frei nach der Devise „Schuster bleib bei deinen Leisten“.

Draftdeck #1

Glint Hawk
Iron Myr
Myrsmith
Silver Myr
2 Sunspear Shikari
Auriok Replica
2 Vulshok Replica
Blade-Tribe Berserker
Chorme Steed
Oxidda Scrapmelter
Golem Artisan
Saberclaw Golem

Accorder's Shield
2 Origin Spellbomb
Galvanic Blast
Revoke Existence
Arc Trail
Strata Scythe
Necrogen Censer
Arrest
Cerebral Eruption


6 Mountains
10 Plains

Sideboard:

2 Blade-Tribe Berserker
Soul Parry
Seize the Initiative
Wall of Tanglecord
Salvage Scout
Goblin Gaveleer


Mir kommt es so vor, als ob dieses Draftdeck schlechter wäre als mein Sealed vom Vortag, also ähnliche Karten mit schlechteren Spoilern. Die ersten Resonanzen, die ich dazu bekomme, sind dann auch eher mau. Ein Squire-Deck, mit Glück ein Elite Vanguard.

Viel Zeit nachzudenken habe ich nicht, denn es geht gleich in die erste Runde gegen Orvind aus Norwegen mit seiner schwarz-weißen Kreation.

Er beginnt das Spiel im dritten Zug mit Mimic Vat. Ich habe mir sagen lassen, dass dies eine verdammt gute Karte sei, und lasse dies mein Gegenüber auch wissen. Oxidda Scrapmelter handelt den Bottich zwar, aber Razor Hippogriff holt ihn postwendend wieder zurück. Als wir dann später in einer Art Stall-Situation sind, begeht er einen großen Fehler und greift mit dem Greif an. Eine der klassischen Fragen dieses Strategiespiels wurde schon vor Jahren durch Michael Flores in Who's the Beatdown? gestellt und Orvind beantwortet sie falsch. Da der Flieger nicht mehr zur Defensive bereitsteht, kann ich mit meinen Männer im Gegenzug das Tempo in meine Richtung ziehen. Der Greif im Bottich wäre für mich nicht zu erledigen gewesen. So nötige ich ihn dazu, sich wieder für weitere Kreaturen zur Verteidigung auszutappen. Cerebral Eruption, die im nächsten Turn einen Clone Shell von seinem Deck aufdeckt, reicht locker zum Sieg.


Im zweiten Spiel halte ich eine langsame Hand unter der Annahme, dass sein Deck ziemlich klobig ist. Allerdings setzt er mich früh mit Sunspear Shikari, Kemba's Skyguard und Ghalma's Warden unter Druck. Eigentlich sollte ich ja das aggressive Deck sein, aber irgendwie haben wir uns da anscheinend missverstanden. Nun habe ich die Option, entweder Chrome Steed zu spielen, oder mein Glück ein weiteres Mal zu testen und wieder die rote Hexerei zu beschwören. Nach längerem Grübeln komme ich zu der Erkenntnis, dass ich mit einer fairen Herangehensweise in diesem Spiel keine Schnitte mehr haben werde. Also zeigt mir sein Deck diesmal nur eine Auriok Replica, die aber völlig ausreicht, das Spiel wieder zu meinen Gunsten zu drehen.

Ich beobachte nach diesem Match noch ein wenig das Infect-Mirror von Simon Görtzen in der Feature-Match-Area und bin erstaunt, dass bei seinem Gegner im dritten Spiel noch ein Ascetism im Deck zu sein scheint. Was mich außerdem überrascht und was ich schon bei einigen Spielern, die ich als Pros einordne, festgestellt habe, ist, wie nervös die zum Teil sind. So beobachte ich bei einigen ein Händezittern, wenn das Match in die entscheidende Phase kommt. Ich kann mir vorstellen, dass ich da gut reden habe, weil es bei mir nicht um wertvolle Pro-Punkte oder Ähnliches geht. Nichtsdestotrotz war meine Erwartung eine andere.


Ich habe dann natürlich auch das große Vergnügen, gleich gegen Simon in der zweiten Runde antreten zu dürfen. Er startet das erste Spiel mit zwei Ichorclaw Myr, und als ich die beiden mit einem Arc Trail beseitige, zeigt sich einmal mehr, weshalb diese Karte zu den besten des Formats zählt. Von dem Tempoverlust erholt er sich auch nicht mehr und wir gehen ins zweite Spiel. Tempo zeige ich Simon diesmal von einer anderen Seite meines Decks. Turn 1: Plains, Accorder's Shield, Glint Hawk – return Accorder's Shield. Turn 2: Plains, Myrsmith. Turn 3: Accorder's Shield – activate Myrsmith, Origin Spellbomb – activate Myrsmith. Das Spiel gewinne ich dann zufälligerweise auch. Simon weist mich danach noch darauf hin, dass ich gegen Ende seiner Ansicht nach zu riskant gespielt habe. Mit einer Auriok Replica auf dem Feld habe ich mich ausgetappt, obwohl diese auch Poison verhindert. Wieder was gelernt. Ich bin dankbar für Ratschläge und nehme da natürlich alles, was ich bekommen kann. Es ist nicht oft möglich, Tipps eines Pro-Tour-Siegers zu bekommen, aber wenn, bin ich immer offen dafür.

Nach dieser Runde schaue ich auf mein Handy, das ich für den Verlauf des Turniers auf Stummschaltung ohne Vibrationsalarm gestellt habe, und entdecke folgende Nachricht: „Hallo, ich bin jetzt hier. Wie finde ich dich denn?“

Meine Frau und ich hatten uns vage darauf verständigt, dass sie mich am Sonntag mal besuchen kommt, damit wir uns am Wochenende wenigstens kurz sehen können. Natürlich erst, wenn sie ausgeschlafen hat, und natürlich nur so lange, bis es ihr langweilig wird. Sie hat in ihrem Leben zuvor kein Magic-Turnier besucht und hat meinen Magic Online-Konsum immer eher skeptisch beäugt. Berichte und Erzählungen sind auch nichts im Vergleich zur unfassbar realen Erfahrung einer Halle mit über tausend Menschen, die diese Spiel spielen. Ich hole sie also im Foyer des Kongresszentrums ab und ihr erster Kommentar bezieht sich dann gleich aufs Geruchsklima in der Halle. Sie ist ebenso wie ich erstaunt, dass es bei mir weiterhin gut zu laufen scheint, und ich führe sie ein bisschen herum, um ihr die volle Pracht dieses Events zu zeigen. An der Judgestation bleiben wir stehen und beobachten die unglaubliche Menge an Magic-Spielern. Sie habe sich noch nie in einem Raum mit so vielen Männern befunden, konstatiert meine Frau.

Vor dem letzten Match des Drafts instruiere ich sie im Verhalten beim Beobachten eines Turnierspiels: Keine witzig gemeinten Kommentare, keine ausgefallenen Grimassen und keine Pöbeleien an meinen Gegner gerichtet.

Ich treffe nun tatsächlich auf Myrddin (immer noch atemberaubend gut), der aus Holland kommt und dessen Name anscheinend aus dem Keltischen stammt. Wir legen los und im vierten Zug des ersten Spiels geht er das erste Mal mit seinem blau-weißen Deck in den Think-Tank. Raus kommt ein Molten-Tail Masticore, aber ich habe sowohl das Revoke Existence parat als auch Galvanic Blast für seinen Indominatable Archangel im Zug darauf. Mit dem Kommentar, dass es unfair wäre, nur mit Commons zu spielen, während er mit Mythics um sich wirft, legt er nur noch einen Razor Hippogriff, der auch erklärt weshalb er den Masticore so früh riskiert hat. Ich gewinne dieses Spiel, indem ich ihn überrenne. Im zweiten muss ich bloß den Archangel entsorgen, und rette mich mit einer Horde kleiner Männer und gezieltem Removal, sprich: einer erfolgreichen Cerebral Eruption, ins Ziel.


Nach dem Match erklärt mir Myrddin, weshalb er der Auffassung ist, dass sein Deck deutlich besser sei als meins, was meine Frau im Nachgang dazu verleitet, ihn als ziemlich arrogant zu bezeichnen. Mir ist das gelinde gesagt schnurzpiepegal. Wenn man einen Lauf hat, hat man einen Lauf und da lässt man sich doch gerne erklären, wieso man eigentlich hätte verlieren sollen. Außerdem bin ich heilfroh, dass ich auch mit ihr an der Seite gewonnen habe. Es wäre eine enorme Überzeugungsleistung ihr und mir gegenüber notwendig geworden, glaubhaft zu versichern, dass meine Spielleistung in keinerlei Weise von ihrer Anwesenheit abhängt.

Wir treffen dann noch auf meinen Arbeitskollegen Dennis, der sich ebenfalls für heute angekündigt hat. Irgendwann bei der Arbeit ist ihm/uns aufgefallen, dass er vor Ewigkeiten (bis zur Eiszeit) ebenfalls mal Magic gespielt hat. Seitdem sind schon einige Monde vergangen, aber die Leidenschaft zu den Pappkarten hat ihn wieder eingeholt. Allerdings hat auch er noch nie ein größeres Magic-Turnier erlebt und ist sichtlichgeflasht davon, als er auf uns trifft. Die beiden werden mich nun den restlichen Tag begleiten, wahlweise als Groupies, Lästermäuler oder moralische Unterstützung. So langsam konkretisiert sich im Austausch mit den beiden auch der Plan für das Turnier: Ich will das iPad gewinnen! Das perfekte Luxusgerät, das man besitzen, aber nicht kaufen möchte. Der Fernseher sei eh zu groß für uns und mit einer Spielekonsole können wir nichts anfangen. An diesem Punkt schreitet Dennis ein, der uns auf die Möglichkeit hinweist, dass er durchaus Interesse an einer Spielkonsole hätte und sie uns notfalls abnehmen würde. Weiterhin fielen ihm auch gute Ideen dafür ein, wie man den großen Fernseher in unsere Wohnung integrieren könne. Während die beiden also darüber verhandeln, wie sie „meine“ Felle aufteilen und nutzen wollen, versuche ich mich auf den zweiten Draft zu konzentrieren.

Dieser findet am ersten Tisch statt und ist wieder prominent besetzt. Ich erkenne Helmut Summersberger und Martin Juza, die anderen werden wohl auch ganz gut sein. Torben covert diesmal meinen Draft, nachdem der PlanetMTG-Crew so langsam auffällt, dass ich ganz gut stehe.

Ich öffne tatsächlich eine bemerkenswert gute Rare mit Geth, Lord of the Vault und bin somit schon so gut wie sicher auf eine Farbe fixiert. Dabei gebe ich Revoke Existence und Rust Tick weiter. Beim zweiten Pick lächeln mich eine weitere Rust Tick, Turn to Slag und Shatter an, wobei ich mich einerseits für die einfacheren Farbanforderungen entscheide und mich andererseits zu Schwarz/Rot hin orientiere. Ich bin der Auffassung, dass in diesem Archetyp die Optionen auf Kreaturen-Removal besser sind als auf Artefakt-Removal.


Als Drittes habe ich nun die schwere Entscheidung zwischen Trigon of Corruption und Embersmith zu treffen. Meine Theorie hinter diesem Pick ist wie folgt: Ich erkenne, dass Rot offen ist, und möchte wenn möglich links von mir diese Farbe abschneiden. Da das Trigon offenkundig keine schwarze Karte ist, gebe ich auch nicht unbedingt ein problematisches Signal weiter. Mit Geth habe ich eine Lategame-Bombe, die das Spiel entscheiden kann, und ich will möglichst ein aggressives Deck, das den Gegner früh zum Abtauschen zwingt. Hier treffe ich tatsächlich bewusst die Entscheidung, ein B/R-Schimmel-Deck zu draften. In diesem Decktyp bewerte ich Removal ganz hoch, Kreaturen, die eingebautes Removal haben, noch höher und hoffe davon zu profitieren, dass viele Karten für andere Decks eher unbrauchbar sind. Konkret sind das: Ferrovore (kombiniert prächtig mit viel Removal und den ganzen anderen schlechten Artefakten im Deck …), Necrogen Censer (… wie zum Beispiel diesem), Oxidda Daredevil, Dross Hopper, Panic und vor allem Nihil Spellbomb. Die schwarze Spruchbombe mag zwar für sich genommen im Limited die schlechteste in ihrem Cycle sein. Aber zu cantrippen für einen Effekt, ist niemals verkehrt, zumal wir hier von einem 11.–14. Pick sprechen, der die Kurve kaum belastet.

Gleich im nächsten Pick bin ich natürlich wieder unsicher. Sylvok Replica oder Iron Myr? Ich entscheide mich gegen die Beschleunigung und für einen möglichen Farbsplash/-wechsel, da ich a) meine Entscheidung, was den Draftarchetyp angeht, revidieren könnte, b) ich schon einmal die Replica erfolgreich gesplasht habe, c) Myr für den Archetypen nicht so wichtig sind und d) ich sowieso eigentlich keine Ahnung habe und mich daher für Power über Plan entscheide. Mit dem Geth bewerte ich als Nächstes Clone Shell höher als Saberclaw Golem, den ich eigentlich ziemlich mag. Auch wegen der vielen Sacrifice-Effekte halte ich die Karte in diesem Deck für gut spielbar.


Auf das zweite Trigon of Infestation verzichte ich zugunsten eines Galvanic Blast. Horizon Spellbomb nehme ich sehr früh, um den Splash abzusichern. Trigon of Rage, das ganz hervorragend ins Deck passt, kommt unverschämt spät um den Tisch. Nico Bohny hätte wahrscheinlich die sechs Leute links von sich umarmt oder geohrfeigt, je nachdem was er für ein Typ ist. [Umarmt. – Tobi] Der zweite Embersmith ist dann Geschenk und Konsequenz für erfolgreiches Lesen/Cutten zugleich und die Furnace Celebration ist tatsächlich ein Glücksgriff. Mit 14 Karten, die sich oder andere opfern, bin ich verdammt gut aufgestellt, die Party steigen zu lassen.

Vermisst habe ich Panic Spellbomb, die sehr geschmeidig in mein Konzept gepasst hätte, aber auch weitere schwarze Spruchbomben. Es haben sich einfach keine blicken lassen.

Draftdeck #2

Memnite
Spikeshot Elder
2 Embersmith
Dross Hopper
Oxidda Daredevil
2 Sylvok Replica
Vulshok Replica
Moriok Replica
Ferrovore
Chrome Steed
Clone Shell
Geth, Lord of the Vault

Nihil Spellbomb
Horizon Spellbomb
Galvanic Blast
Shatter
Grasp of Darkness
Contagion Clasp
Trigon of Rage
Necrogen Censer
Furnace Celebration
Flesh Allergy


8 Mountains
6 Swamp
2 Forest

Sideboard:

Kuldotha Rebirth
Blade-Tribe Berserker
Wall of Tanglecord
Exsanguinate
Blistergrub
Dross Hopper
2 Moriok Reaver
Psychic Miasma
Contagious Nim
Vulshok Heartstoker
Tel-Jilad Defiance


Im Endeffekt bin ich sehr zufrieden mit dem Deck. Das erste Mal eigentlich bei diesem Turnier und das gibt mir gleich Anlass zur Sorge. Alle anderen flippen durch das Deck, runzeln bei vielen Karten die Stirn, sehen dann Geth und sagen sinngemäß so etwas wie: Na ja, ist schon okay, wenn du deinen Spoiler ziehst. Um schon mal vorwegzugreifen: Ich habe ihn nie gespielt und nicht gebraucht.

Ich gehe also mit einem zwiespältigen Gefühl in die nächste Runde gegen Helmut Summersberger aus Österreich, der mit einem ziemlich langsamen rot-grünen Deck antritt. Ich lege in beiden Spielen im zweiten Zug einen Embersmith, der leider nicht ganz so spektakulär gegen seine Fatties ist, aber ich schaffe es jedes Mal, ihn so unter Druck zu setzen, dass er mit seinen überlegen Viechern hinten bleiben muss. Das erste entscheide ich für mich, wobei das einzige, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich mit meiner Sylvok Replica seine Heavy Arbalest abschalten kann. Er legt im zweiten Spiel, als ich ihn wieder stark unter Druck setze, Flameborn Hellion in der zweiten Mainphase, um mit diesem wenigstens eine Runde blocken zu können. Auch nett, wär ich so vielleicht nicht drauf gekommen. Als ich dann durch einen Fehler mehrere Schadenspunkte verpasse, Helmut aber mit Sebastian Thaler im Hintergrund am Scherzen darüber ist, wie schlecht sein Deck sei, weiß ich, dass ich an dieser Stelle durch bin.

Die entscheidende Runde muss ich gegen Matthias aus der Schweiz antreten. Dieser sei, wie mir von der Seite zugeraunt wird, tatsächlich ein guter Schweizer (Gibt's auch schlechte?) Matthias hat ein langsames blau-grünes Monster, mit dem er sichtlich unzufrieden ist, und einen Punkt mehr als ich, sodass er mir sogleich den Draw anbietet. Leider bin ich anscheinend darauf angewiesen zu gewinnen.

Nachdem ich ihn mit Embersmith und mehreren Würsten auf drei runterprügle, gewinnt Matthias bald die Oberhand mit seinem überlegenen Kreaturen. Nach einigen Chumpblocks, die mich all meine Kreaturen kosten, stehe ich mit dem Rücken an der Wand. Mit einem Oxidda Daredevil auf der Hand muss er nun wenigstens vergessen, einen Mann hinten zu lassen und ich Necrogen Censer topdecken … oder einfach Vulshok Replica! Das ging ja gerade noch mal gut.


Im zweiten Spiel kombiniere ich meinen schnellen Beatdown, gestützt durch Trigon of Rage, noch mit Furnace Celebration, die mir eine gewisse Unvermeidlichkeit des Gewinnens beschert. Als ich mit Ferrovore auf dem Spielfeld noch überlege, wie ich am geschicktesten in den Opfer-/Haumodus gehen soll, zeigt sich mir von oben wieder der Daredevil, der diesmal mit acht Ländern, drei Artefakten und Matthias bei sechs Leben direkt tödlich ist.

Damit bin ich durch! Der zweite Tag hat mir bis zu dem Zeitpunkt zehn gewonne Spiele in Folge beschert und ich nehme das mit einem hohen Maß an Zufriedenheit zur Kenntnis. Ungläubig registrieren dies meine beiden Partner, die immer noch verwundert sind, dass ich anscheinend ohne irgendwelche Regungen friedlich vor mich hingewinne. Eigentlich hatten sie auch schon aufgehört mir zuzusehen, da es doch spannender ist, sich über Fragen von Ukulele-Unterricht und Work-Life-Balance zu unterhalten.

Nachdem ich mich in bescheidenem Umfang dafür feiern lasse, mein Ziel erreicht zu haben, geht es nun um den unverschämt großen Fernseher. Ich muss mir mehrfach erklären lassen, wie groß dieses Ding tatsächlich ist. Na ja, die Motivation hat anscheinend am Ende dafür nicht ganz gerreicht.

Nach dem Draw mit Jonas habe ich nun etwas Zeit, um die Anspannung abzubauen, was im Nachhinein vielleicht ein Fehler war. Vermutlich hätte ich aus Jux und Dollerei spielen sollen, auch um mir einen möglichen Top-8-Gegner mal aus der Nähe anzuschauen. Jonas spielt anscheinend noch nicht lange Wettbewerbs-Magic, hat allerdings bereits beachtliche Resultate hingelegt. Während ich das hier schreibe, hat er schon wieder den zweiten Tag eines GP, diesmal in Florenz, erreicht. Wofür ich lockere 15 Jahre gebraucht habe, macht er also mal im Vorbeigehen in weniger als einem Jahr. Auch hier: Respekt!


In der Zwischenzeit tausche ich mich mit meinen Begleitern über ihre ersten Magic-Turnier-Erfahrungen aus. Zwei Einschätzungen hatte ich im Bericht schon erwähnt (Geruch und Männeranteil) und nun bekomme ich weitere Beobachtungen präsentiert:

Der „Freak-Faktor“ ist deutlich niedriger als erwartet. Das lässt entweder a) auf die Vorannahme schließen, dass hier nur axtschwingende Bartträger an den Tischen sitzen, oder bedeutet b), dass die Menschen hier tatsächlich ziemlich normal rüberkommen oder c) TobiHs Friseurbesuch tatsächlich etwas gebracht hat.

Die ganze Veranstaltung läuft extrem gut organisiert ab. So viele Menschen, die auf Zuruf offenbar immer wissen, wohin sie gehen und sich auf ihre Plätze begeben, ohne dass das komplette Chaos ausbricht, scheinen bemerkenswert zu sein.

Alle Spieler sind absolut diszipliniert und konzentriert. Faszinierend wirkt auf die beiden, dass kaum Gefühlsregungen geschweige -Ausbrüche zu beobachten sind. Wahrscheinlich ist das die Vorstufe zum Amoklauf, oder Magic braucht wieder mehr Show-Talente, die dem ungeübten Zuschauer etwas bieten. (Erinnert sich noch jemand an die Fernsehübertragungen auf ESPN2?)

Der Top-8-Draft beginnt für mich mit einer Bombe. Steel Hellkite lächelt hübscher als der Skinrender und so weiß ich, in welche Farbe ich höchstwahrscheinlich nicht gehen werde. Ein paar weiße Karten und ein Silver Myr über Sky-Eel School orientieren mich in eine Richtung, die ich noch nie gegangen bin: U/W-Metalcraft.


Als ich im zweiten Pack eine Contagion Engine öffne, bin ich schon ganz schön stolz auf meine Booster-Öffnungs-Qualitäten. Zwischendrin sammle ich auch schon ein Soliton auf. Der First Pick des dritten Booster ist dagegen so unspektakulär, dass ich ihn vergessen habe, allerdings kommen dann im Verlauf einige andere Sachen zusammen. So versammle ich zwei Heavy Arbalest, ein weiteres Soliton und Myrsmith, die meinem Haufen so etwas wie einen Plan geben.

Beim Deckbau wird mir schnell klar, dass das Deck zwar ganz schick aussieht, es aber zu wenig Anworten auf die Bedrohungen des Gegners hat. Mit den Kombos Soliton plus Heavy Arbalest, Myrsmith plus Artefakte und Steel Hellkite/Contagion Engine plus Land habe ich zwar realistische Gewinnchancen, meine Decks zuvor haben mir dennoch besser gefallen. Um die letzten Plätze in der Startformation streiten sich Necrogen Censer, Sunspear Shikari, Turn Aside und Seize the Initiative. Letzten Endes entscheide ich mich für den Counter, um meine Soliton-Arbalest-Kombo zu beschützen, und für den Censer, was ich im Nachhinen als eine Fehlentscheidung bewerte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich den Shikari außen vor gelassen, da meine einzigen Equipments die Arbalesten waren, und die Tatsache, dass mir ein Bär durchaus gute Dienste leisten kann, habe ich schlichtweg ignoriert. Necrogen Censer erfüllt zu wenig Funktionen in diesem Deck, das nicht so sehr auf Metalcraft angewiesen ist, ihn auch nur einmal mit dem Glint Hawk missbrauchen kann und generell etwas langsamer ausgerichtet ist.

Top-8-Draftdeck

7 Island
9 Plains

1 Auriok Sunchaser
1 Ghalma's Warden
1 Glint Hawk
1 Myrsmith
1 Razor Hippogriff
1 Revoke Existence

1 Lumengrid Drake
1 Plated Seastrider
1 Turn Aside


1 Contagion Engine
2 Flight Spellbomb
1 Glint Hawk Idol
2 Heavy Arbalest
1 Necrogen Censer
1 Origin Spellbomb
1 Perilous Myr
3 Silver Myr
2 Soliton
1 Steel Hellkite


Der Spielbericht zum Viertelfinale ist auf zwei Seiten nachzulesen, deutsch und englisch. Viele Chancen hatte ich jedenfalls nicht in diesem Match. Martin Juza war der erste Gegner am Tag, bei dem ich den Eindruck hatte, dass er mit jeder Pore aufs Gewinnen konzentriert war, und dem ich an dieser Stelle zu seinem Erfolg gratulieren möchte.


Erwähnenswert ist die Erläuterung zu diesem Auszug aus der Coverage:

„Könnte bitte die Person, die das letzte Mal scharf eingeatmet hat, als ich eine Karte gezogen habe, das bitte lassen?“ Sok-Yong wirkt angespannt für den freundlichen und relaxten Menschen, der er eigentlich ist.

Die Spielsituation war Folgende: Ich stehe bei fünf Ländern, Glint Hawk, Lumengrid Drake und Soliton gegen Juzas Plague Stinger, zwei Contagious Nim und Infiltration Lens. Er hat mir schon vier Giftmarken überreicht, aber wir starren uns seit einem Zug an. Auf der Hand halte ich einen Myr, den ich mit Glint Hawk hochgenommen habe, und einen unbedeutenden Spell. Ich ziehe Contagion Engine und im Moment darauf zischt es laut, wie bei einem scharfen Einatmen, aus der Zuschauerreihe hinter mir. Der Myr, den ich in diesem Zug ausspiele, wird durch Contagion Clasp getötet, und man könnte böse unterstellen, dass mein Gegner das Geräusch als Anhaltspunkt genommen hat, mir meinen Manazugang besser zu unterbinden.
Schokoladenseite

Andererseits muss man fairerweise sagen, dass dieser Spielzug wahrscheinlich sowieso der richtige war. Außerdem muss ich Torbens Zuschreibung mindestens dahingehend ergänzen, dass ich durchaus in der Lage bin, ein harter, unangenehmer Zeitgenosse zu sein. Bislang habe ich ihm nur meine Schokoladenseite gezeigt …

Es kommt, wie es kommen muss. Im Zug darauf ziehe ich den nutzlose Necrogen Censer von oben, und als ich eine Runde später das Land gefunden habe, ist es zu spät, da Juza seine Truppen bereits in den Tod geschickt hat, um mich dann zugrunde zu profiletieren.

Das zweite Spiel ist ebenfalls sehr einseitig. Ich boarde gute Karten gegen ihn rein, lasse aber Screeching Silcaw draußen, der mir gegen seinen einzelnen Plague Stinger gute Dienste geleistet hätte. Den Boden hätte ich dann auch mit dem Myrsmith gesichert, aber zweimal „hätte“ heißt auch schon was, und zwar dass das Turnier für mich an dieser Stelle vorbei ist.

Was bleibt?

Ein verspäteter zweiter Teil, der aufgrund des Kennenlernens zweier Kanarienvögel und eines neuen iPads auf sich hat warten lassen. Ein tolles Erlebnis im Herbst meiner Magic-Laufbahn, verbunden mit der Qualifikation für meine erste Pro Tour im Februar in Paris. Viele nette Interaktionen mit Menschen, die ich selten treffe, aber dennoch sehr schätze. Und zu guter Letzt eine beeindruckte Ehefrau, die sich nur noch halb so lustig über mein Hobby macht und ganz aufhört, wenn ich ihr das neue Spielzeug vor die Nase halte.

Ich hoffe, dieser Bericht hat euch etwas unterhalten. Grüßen möchte ich an dieser Stelle besonders die alten Gesichter von damals. Die, die ich in Bochum getroffen habe (Markus, René, Alex, Rüdiger, André, Frank, Markus, Felix …), und vor allem die, die ich dort vermisst habe (Gerrit, Sonja, Falk, Jan, Marc …).

Wir sehen uns hoffentlich in Paris!




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