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Type II für Anfänger
Ideenklau zum Sieg?
von Bastian "Beschi" Von Beschwitz
25.12.2004

So, da bin ich wieder. Ich weiß, dass es ewig gedauert hat, aber irgendwie hatte ich so in punkto Artikelschreiben ein bisschen die Aufschieberitis. Da ich aber eigentlich meine angefangene Artikelserie auch beenden wollte habe ich mich endlich dazu aufgerafft den Artikel über Type II fertig zu schreiben. Der über Booster-Draft sollte dann bald folgen...

Als erstes werde ich euch noch ein bisschen mit einer Anekdote langweilen, wie ich zum ersten mal auf ein Constructed-Turnier gekommen bin:

Also zu der Zeit hatte ich bereits 1,5 Jahre Turniererfahrung. Allerdings hatte ich bis dahin immer nur Limited gespielt. Ich befand mich gerade in meinem Austauschjahr in Alaska und hatte dort ein kleines Ladenturnier im Booster-Draft gewonnen. Als mich 2 Leute, die ich schon vorher kennen gelernt hatte anquatschten, ob ich nicht nächste Woche mit auf einen Extended PTQ kommen wolle. Ich war erst noch skeptisch, da ich eigentlich Constructed noch nie gespielt hatte, ließ mich dann aber überreden. Nun hatte ich allerdings noch das Problem: Woher nehme ich ein Deck? Ich nahm erst mal die neueste Ausgabe der „Sideboard“ zur Hand und siehe: Da waren gerade die Top8 Decklisten des letzten Extended GPs aufgeführt. Ich schaute sie durch und fand schließlich eine, deren Karten ich wenigstens zu 50% besaß: Psychatog. Nun ging es los: Ich suchte mehr Listen von Psychatog übers I-net. Laberte alle Spieler an die ich kannte und fragte, ob sie mir Karten leihen oder vertauschen könnten. Und spielte mit meinem Deck (fehlende Karten ersetzte ich durch Proxis) so oft ich nur konnte. Am morgen des Turniers hatte ich endlich alle Karten zusammen und konnte mit den besten Vorraussetzungen in das Turnier starten. Ich hatte Glück: Psychatog erwies sich als eine gute Metagame-Wahl und ich machte den 2. Platz (von 25). So gut war ich im Limited auf solch einem großen Turnier nie gewesen.

Na ja, und die Moral von der Geschicht: Mit na richtigen Vorbereitung ist Constructed so schwer nicht. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich seit dem zwar häufiger Constructed (auch relativ erfolgreich) gespielt habe, mir aber an sich Limited immer noch mehr Spaß macht und dies deshalb vorerst mein letzter Artikel über Constructed sein wird.

Aus den 3 Constructed Formaten (Block, Type II und Extended) habe ich mir nicht ohne Grund Type II für diesen Anfänger-Artikel ausgesucht. Das Problem der beiden anderen Formate ist nämlich, dass sie nicht als FNM-Turniere gespielt werden, woraus folgt, dass sie eigentlich nur in der jeweiligen Saison gespielt werden und dann jeweils nur bei großen Turnieren wie PTQs und GPs, die sich für Anfänger eher nicht eignen. Will man deshalb als Anfänger Constructed spielen, so geht man am besten auf ein Type II-Turnier. Ist nun die Frage nach dem Format geklärt, so gibt sich die nächste Frage:

Welches Deck möchte ich spielen?

Hierbei stellt sich erst einmal die generelle Frage, ob man eine Deckliste aus dem Internet zieht und dieses Deck dann spielt (nennt man dann Net-Deck) oder ob man sich die Mühe macht und ein eigenes neuartiges Deck baut (dieses Deck nennt man dann Rogue-Deck). Über dieses Thema gibt es immer wieder Artikel. Natürlich möchte ich hier auch kurz noch mal meine Sicht präsentieren:
Ich persönlich denke, dass es keineswegs irgendwie verwerflich ist ein Net-Deck zu spielen und dass es generell erfolgsversprechender ist als ein Rogue-Deck und dass es für Anfänger fast vollkommen unmöglich ist ein gutes Rogue-Deck zu bauen. Nur um die Schwierigkeit zu verdeutlichen, liste ich hier noch einmal auf, was es benötigt um ein starkes Rogue-Deck zu bauen:
1) Eine gute Idee.
2) Genug Deckbaufähigkeit um diese Idee zu einem guten Deck auszubauen.
3) Mindestens einen Partner zum playtesten, der alle metagame-relevanten Decks spielen kann (damit die Test-Ergebnisse relevant sind).
4) Genug Zeit um gegen alle Decks zu testen, eigenes Deck wieder zu verbessern, wieder gegen alle Decks testen usw.
5) Sehr viel Glück. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass das getestete Deck einfach viel zu schwach ist, um im Metagame mitzuhalten. Wahrscheinlich ist das Deck aber selbst bei allen positiven Voraussetzungen immer noch etwas schlechter als die meisten Net-Decks.

Also, wer nun sagt, dass ihm der Aufwand das Wert ist, soll dies gerne machen. Das begrüße ich sogar, schließlich hat jedes Net-Deck irgendwann mal als Rogue-Deck angefangen, aber für Anfänger, die gerne möglichst schnell auf Turnieren Erfolge erzielen wollen, würde ich meine Überschrift so beantworten: Ideenklau zum Sieg? Ja, bitte. Aber welche Idee (sprich Deck) darf es denn nun sein?

Bei der Wahl meines Decks spielen wahrscheinlich folgende Faktoren eine Rolle:

1) Welches Deck habe ich, bzw. kann ich besorgen?
2) Welches Deck kann ich am besten spielen?
3) Welches Deck ist am stärksten?
4) Welches Deck macht mir am meisten Spaß?

Zu 1) Hier fängt für viele Anfänger schon das Problem an: Sie haben einfach nicht die starken (und leider meist recht teuren) Type II-Karten, die man braucht um ein starkes Deck zu bauen. Allerdings gibt es hier einige Tricks, die einem helfen auch ohne ein halbes Vermögen auszugeben an ein gutes Type II-Deck zu kommen.
Wähle ein billiges Deck: Es gibt immer wieder gute Decks, die relativ wenige Rares beinhalten und deshalb leichter zu beschaffen sind. Das beste Beispiel der Vergangenheit war wohl u-g madness, welches außer 2 City of Brass überhaupt keine rares benötigte. Wenn man irgendwie an 4 Ravager kommt, ist auch Affinity relativ günstig. Ansonsten muss man hierbei auch darauf achten, welche Karten sich relativ gut ersetzen lassen. So kann man z.B. Ravager Affinity auch eventuell ohne Glimmervoids spielen, aber bestimmt nicht ohne Ravager.
Leihe dir Karten: Nicht nur Freunde und Bekannte kann man um Karten angammeln. Weniger wertvolle Karten kann man sich eventuell auch bei Fremden noch kurz vor dem Turnier leihen. Geht einfach zu den Leuten und fragt freundlich. Man sollte dann natürlich auch bereit sein eventuell selber Karten zu verleihen.

Zu 2) Bei Constructed Decks gibt es generell die Unterteilung in die 3 Klassen: Aggro, Combo und Control.
Aggro-Decks töten schnell den Gegner, Combo-Decks gewinnen durch die entscheidende Kombination aus 2-3 Karten und Control-Decks machen alles kaputt was der Gegner legt, beschaffen sich Kartenvorteil und gewinnen dann irgendwie später. Im heutigen Type II kann man das so nicht mehr unbedingt unterteilen. Echte Combo-Decks gibt es nur noch wenig und Aggro Decks ziehen meist irgendwie Karten, weswegen sie auch häufig AggroControl genannt werden, während die Control-Decks auch schneller geworden sind. Trotzdem gelten die alten Unterteilungen grob gesehen noch und helfen uns die Schwierigkeit eines Decks zu bewerten. Meistens sind nämlich Aggro-Decks relativ einfach zu spielen, während man für Control-Decks meist etwas mehr Erfahrung braucht. Das liegt daran, dass Aggro-Decks meist jedes Spiel ungefähr ähnlich funktionieren und manchmal einfach unschlagbare Draws hinlegen können (z.B. den berühmten „Ravager + 2 Diciple“-Draw). Dagegen sind die Entscheidungen bei Control-Decks häufig schwieriger: Spiel ich jetzt den Wrath oder warte ich noch eine Runde um mehr Kreaturen zu treffen, aber auch mehr Schaden zu nehmen? Was countere ich und was nicht? Usw.

Zu 3) Die Frage nach dem stärksten Deck stellt sich wohl jeder Spieler bei der Deckwahl. Man kann im Allgemeinen davon ausgehen, dass ein Deck, was vor wenigen Wochen (natürlich bei gleichgebliebenen Format, also ohne neue Editionen) bei verschiedenen großen Turnieren erfolgreich war, auch für mein FNM-Turnier ganz in Ordnung sein muss. Viel hängt hier natürlich wieder vom Metagame ab. Erwarte ich viele Ravager-Decks, dann spiele ich ein Deck, was dagegen gut ist (z.B. March-Deck) usw.
Generell denke ich, dass man sich als Anfänger den Kopf nicht zu sehr zerbrechen sollte bei der Suche nach dem besten Deck, da das Metagame meist schwer einzuschätzen ist und deshalb die anderen Punkte meist wichtiger für die Deckwahl sind.

Zu 4) Dies hängt natürlich sehr mit 2) zusammen. Wenn man ein Deck gerne spielt, dann spielt man oft damit und wird darin gut mit dem Deck umzugehen. Gewinnt man oft mit einem Deck so spielt man es gerne. Außerdem spielen wir ja alle Magic vor allem zum Spaß und deshalb sollte einem auch das Deck gut gefallen. Die Tatsache, dass man mit einem Deck gut umgehen kann ist meiner Meinung nach die wichtigste Voraussetzung für den Turniererfolg. Um diese Vorraussetzung zu erfüllen empfiehlt sich das...

Playtesten

Übung macht ja bekanntermaßen den Meister und meistens auch den Turniersieger, deshalb empfiehlt es sich viel mit dem eigenen Deck zu spielen. Dabei sind allerdings mal wieder einige Sachen zu beachten:

Wähle die Version des Decks, die du auch auf dem Turnier spielen wirst: Eigentlich banal, aber auch wenn man Karten des Decks noch nicht hat, sie aber noch bekommen wird, sollte man von Anfang an mit der „Endversion“ testen und halt Proxis spielen.

Teste gegen die richtigen Decks:
Playtesten bringt es am meisten gegen Decks, denen man dann auch beim Turnier begegnen wird. Die Decks, die am häufigsten gespielt werden in einem Format nennt man Tier-1-Decks. Diese Decks lassen sich eigentlich übers Internet ganz leicht herausfinden.

Teste gegen die richtigen Gegner:
Deine Playtestpartner sollten ihre Decks möglichst gut beherrschen, denn deine Gegner auf dem Turnier werden dies auch tun. Im Idealfall findet man eine Gruppe von Spielern die testen wollen und alle gute Decks haben, die dann nach Möglichkeit alle wichtigen Decks des Metagames abdecken.

Spiel immer ein ganzes Match:
Die Bedeutung des Sideboardens sollte man echt nicht unterschätzen und nur wer mit Sideboarden spielt kann das Sideboarden lernen (mehr s.u.).
Wer sich jetzt geschockt sagt „das krieg ich nie hin“, der sei beruhigt. Jedes Playtesten hilft natürlich, aber für ein FNM muss man nun wahrlich nicht ewig testen. Also zur Not besser etwas unvorbereiteter zum Turnier kommen, als gar nicht, denn schließlich ist jedes Turnier das beste Playtesting fürs nächste Turnier.

Der Sideboardplan

Hierauf sollte man noch mal ein besonderes Augenmerk richten. Die Entscheidungen beim Sideboarden sind zum Teil echt schwer. Vor allem das „rausboarden“ fällt vielen schwer. Hier hilft es sich vorher zu Hause schon zu überlegen, was man gegen die verschiedenen Decks raus- und reinboarden möchte. Hilfen gibt es hierzu mal wieder im Internet, wo man Artikel finden kann, die die verschiedenen Match-ups eines Decks beschreiben, Tipps zum Spielen geben und sagen, was man gegen wen rein- und rausboardet.

So, alles verstanden? Na, dann die Tipps befolgen und ab geht's zum guten Abschneiden beim nächsten Type-II-Turnier. Natürlich kann man die gleichen Sachen auch bei allen anderen Constructed-Formaten anwenden.


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 #1 Nur mal so interessehalber von Sun-Tzu am 26.12.2004 • 13:32
Wo in Alaska warst denn du während deines Austauschjahres?
Hab da nämlich auch anno 1997/98 nen Schüleraustausch gemacht (in Seward) - jetzt is ja Alaska doch eher ein Exot, was Schüleraustausch angeht, deswegen würd's mich mal interessieren.
 #2 Alaska von Beschi am 26.12.2004 • 20:36
Ja, also ich war da 02/03 und zwar im schönen Mat-Su Valley und da in Wasilla. Auf der Kenai Peninsula war ich auch, allerdings nur in Soldotna, bin mir aber nicht mehr sicher, kann sein, dass ich auch in Seward mal war.

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