Heute halten wir es ganz klassisch und falten den Grabbeltisch zur heiligen Dreieinigkeit: Auf dem Programm steht einmal Limited, einmal Constructed und dann noch eine Kleinigkeit abseits vom eigentlichen Spiel.
Into White
Während des einen oder anderen Draftmarathons konnte ich in letzter Zeit doch recht viel Erfahrung mit dem neuen Limitedformat sammeln. Eine Sache, die ich dabei insbesondere untersucht wissen wollte, war natürlich die Möglich- oder Unmöglichkeit, ein anständiges Infectdeck zu draften.

Vorweg: Es geht. Es geht nur nicht mehr so gut und so einfach wie früher. Sich schnell in Grün und Schwarz einzunisten und aus den folgenden Packs jeweils schlicht die stärkste Karte einzusammeln, wird selten funktionieren. Ich habe bisher überhaupt erst ein konkurrenzfähiges Infectdeck gesehen, das schwarz-grün bleiben konnte. Was sich in dieser Farbkombination allerdings recht gut unterbringen lässt, das ist ein kleiner bis mittelgroßer Splash. Vorzugsweise Blau, weil
Viral Drake
und
Chained Throatseeker
länger auf ihren Einsatz warten können als
Fallen Ferromancer
und
Razor Swine. Selbst
Blighted Agent
– der sieht zwar so aus, als ob er von Rechts wegen ein fürchterlicher Splash sein müsste, gibt aber auch im Lategame noch eine erstaunlich gute Figur ab. Da muss man gar nicht erst
Untamed Might
oder irgendwelches Equipment bemühen, um zu sehen, dass er dem gesplashten
Ogre Menial
meilenweit überlegen ist.
Ogre Menial
wiederum taucht seinerseits zwar im entsprechenden RGB-Farbspektrum auf, aber solche Decks erinnern dann eher an den Dinosaurierarchetyp als an Infect. Das Dinodeck griff bereits in der Vergangenheit des Öfteren auf
Blightwidow
und
Rot Wolf
zurück, mitunter sogar auf
Cystbearer. In erster Linie waren sie dort natürlich als überqualifizierte Defensive eingeplant, doch manchmal war Angriff eben die beste Verteidigung. Zog man besonders viele Infecter, konnte man den Gegner zumindest schon mal nah an den Rand des Gifttodes bringen, beispielsweise um einen vorteilhafteren oder überhaupt einen Abtausch zu erzwingen. An dieser Stelle setzt man nun an und geht einfach noch einen Schritt weiter.
Egal ob mit Rot oder Blau, das Ergebnis ist in jedem
Fall
farblich, in der Manakurve und gegebenenf

alls auch in der Strategie ein Kompromiss. Die Decks werden klobiger, kontrollorientierter, setzen mehr auf Removal und auf starke anstelle von schnellen Drops.
Bei den Farben heißt es allerdings, Nummer 5 lebt! „The great white hope“ ist Weiß. Das taugt tatsächlich zur Hauptfarbe für ein relativ klassisches Infectdeck. Dass Weiß dabei in
New Phyrexia
sogar weniger Infecter hat als Blau oder Rot, braucht einen nicht groß zu stören. Der Unterschied beläuft sich lediglich auf eine Uncommon und die sind in
New Phyrexia
ohnehin sehr selten. Eine beliebige Uncommon findet sich bloß in jedem zwanzigsten Booster. Wesentlich relevanter sind da die beiden Infect-Commons in
Mirr
odin Besieged.

In
Sc
ars of Mir
rodin
geht Weiß aber leer aus und das bedeutet, dass man sich dort nach alternativen Beiträgen für sein Deck umsehen muss. Selbstverständlich schnappt man sich artefaktene Infecter, solche aus der Zweitfarbe (Schwarz oder Grün) und möglicherweise aus der Splashfarbe (Grün oder Schwarz). Doch ein beträchtlicher Teil der
S
cars-Picks wird auf reine Hilfskräfte entf

allen. Und wie es der Zufall so will, gibt es hier eine ganze Menge an Karten – weiße und andere, deren Wertigkeit sich im Kontext eines weißen Infectdecks radikal verändert.
Ganz oben auf der Liste steht
Seize the Initiative. Bislang gehörte die Karte routinemäßig zu den letzten Picks im Booster. Jetzt … nun, jetzt gerade tut sie das immer noch und man kann immens davon profitieren, sie spät aufzusammeln. Erstschlag erlaubt Infectern, in Blocker zu rennen, die selbst mit +2/+2 sonst tödlich wären, ganz zu schweigen vom Kampf Infect gegen Infect, wo normalerweise in unverhohlener Missachtung sämtlicher Pumpspells gestorben wird.
Die Hälfte der weißen Infecter fliegt eh und ganz so schnell, dass man sich über
Fulgent Distraction
ernsthaft Gedanken machen müsste, werden die Decks dann doch eher nicht. Wenn man aber einmal etwas Passendes gedraftet hat, dürfte man auch bei dieser Karte keine Schwierigkeiten haben, eine abzubekommen.
Bereits etwas weniger offensichtlich ist die Aufwertung von
Abuna Acolyte. Alles, was den Kreaturenkampf beeinflusst, ist in Infectdecks grundsätzlich interessanter als anderswo und mit
Ichorclaw Myr,
Corpse Cur,
Necropede
gibt es sogar ein paar solide Artefaktkreaturen. Spannender ist allerdings die Frage, wie man mit entschieden unsoliden Karten gewinnt: Aus
Phyrexian Digester
zum Beispiel bastelt der Acolyte einen äußerst passablen
Cystbearer-Ersatz und
Pestilent Souleater
macht er zur echten Maschine.
Apropos. Wie viele Artefaktkreaturen man benötigt, um
Tempered Steel
zu spielen, weiß ich leider nicht.
Razor Hippogriff
hingegen schafft es üblicherweise bereits mit einer Handvoll in meine Decks, vorzugsweise inklusive
Corpse Cur. Im ständigen Kampf um ausreichend Infecter könnte selbst
Salvage Scout
eine Rolle spielen.
Und dann gibt es noch
Accorder's Shield. Dieses Equipment hat bereits vor Ewigkeiten die Gunst der Infectspieler verloren und das zu Recht. Anders als bei
Viridian Claw
oder
Copper Carapace
lohnte es nie, seinen dritten oder vierten Zug aufs Ausspielen/Ausrüsten zu verwenden. Auch wenn das alles so funktionierte, war +0/+3 einfach zu oft ein zu irrelevanter Bonus.

Auftritt
Lost Leonin. Das ist endlich einmal eine Kreatur, die von der Widerstandskräftigung und vom
Vigilance
ordentlich profitiert. Hat man einmal keinen 3-Drop zur Hand, ist das etwas, wofür sich das Risiko wenigstens lohnt, Turn 3 in den
Gut Shot
zu laufen.
Viridian Betrayers
zum 3/4er aufzumöbeln, ist noch schöner und damit nicht genug. Um
Phyrexian Digester
wird man häufig nicht herumkommen und
Tine Shrike
freut sich ebenso.
Accorder's Shield
ist jedenf

alls klar besser geworden, bleibt aber wegen der Schwächung von Metalcraft meist noch länger im Booster als früher. Feine Sache.
Und das gilt auch allgemein für diese Veränderung des Draftformats. Neue Karten einschätzen zu lernen, ist die eine Seite, alte Karten mit völlig neuen Augen betrachten zu müssen, die andere. Das haben Wizards hübsch eingerichtet.
On the Road to Find Out
Letzte Woche
hatte ich eine UR-Liste mit der
Deceiver Exarch-
Splinter Twin-Kombination gepostet. In der Zwischenzeit habe ich herausgefunden, dass man
Gitaxian Probe
dort unbedingt durch
Sea Gate Oracle
ersetzen sollte. Es ist gar nicht so einfach, die Kombo zuverlässig zusammenzubekommen, und das Orakel zieht manchmal noch Nutzen aus überzähligen Twins, verteidigt
Jace
und so weiter.

Am Wochenende fand in den USA nun das erste große Standardturnier mit
New Phyrexia
statt und ich war gespannt, was die Amerikaner in Hinblick auf
Splinter Twin
anstellen würden. Tja,
Combust! Das war zumindest eine Sache, die
Gegner
mit der Kombo anstellten.

Diese Sideboardoption, die bis dato wohl viele Leute übersehen hatten, macht mit einem Schlag sämtliche Hoffnungen auf ein zweifarbiges, rein komboorientiertes Twin-Deck zunichte. Counter helfen nicht,
Spellskite
hilft nicht, und wer ernsthaft mit
Reality Spasm
arbeiten möchte, braucht dringend einen
Reality-Check. Anders als früher bei
Kiki-Jiki, Mirror Breaker
muss man den
Deceiver Exarch
für
Splinter Twin
zwingend bereits im gegnerischen Zug gespielt haben! Wie viel
Reality Spasm
soll denn da noch zusätzlich vorweg passiert sein?
Dennoch ist nicht alles verloren. Weitestgehend baugleiche Grixis-Twins schafften es auf Platz 12 und geradewegs bis ins Finale.
Michael Strunk, Platz 2
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3 Spellskite
1 Consecrated Sphinx
4 Deceiver Exarch
4 Splinter Twin
2 Dismember
2 Go for the Throat
2 Into the Roil
4 Mana Leak
3 Jace, the Mind Sculptor
3 Duress
4 Inquisition of Kozilek
4 Preordain
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4 Island
2 Mountain
4 Blackcleave Cliffs
4 Creeping Tar Pit
4 Darkslick Shores
2 Halimar Depths
4 Scalding Tarn
Sideboard:

4 Calcite Snapper
1 Consecrated Sphinx
2 Combust
2 Shatter
3 Twisted Image
3 Pyroclasm
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Diese Version habe ich natürlich nicht ausführlich getestet. Aber nach meinen Erfahrungen mit Blau-Rot finde ich zwei Dinge sehr bedenklich: Erstens, das hier hat schon echt wenig Carddraw/Librarymanipulation. Selbst mit dem vierten
Jace
und vier
Sea Gate Oracle
extra konnte es passieren, dass man einfach nicht in der Lage war, beide Komboteile zu finden. Dieses Deck wehrt sich zugegebenermaßen mehr und kann ein Spiel länger hinziehen, aber reicht das? Und zweitens, meine Liste hatte effektiv 14 rote Manaquellen, diese hat zehn. Könnte man nicht vielleicht doch ein paar
Evolving Wilds
unterbringen?
Zwei Dinge stehen allerdings fest: Dieses Deck ist fürs Erste der sinnvollste Ausgangspunkt aller Twin-Überlegungen. Und – „fürs Erste“ beschränkt sich noch genau auf diese Woche. Schon in drei Tagen finden in Kentucky die nächsten
StarCityGames-Open statt. Man darf gespannt sein, wie sich das weiter entwickelt.
Where Do the Children Play?
Ja wo spielen sie denn? Spielen sie in Prag beim Grand Prix? Oder lassen sie den aus, um ihr Rating zu schützen? Hm?
Das ist eine Frage, die sich nie hätte stellen sollen. Ursprünglich war der 18. Mai angekündigt als das eine Datum des Jahres, an dem sich weltweit die meisten Menschen über Rating für ein Event qualifizieren, nämlich für ihre Nationals.
Das haben Wizards mit einer Woche Vorlaufzeit aber leider
geändert. Jetzt wird der Ratingcut am 1. Juni durchgeführt. In der Zwischenzeit finden dummerweise Grand Prix in Prag und Providence statt, die das Rating stärker beeinflussen, als National Qualifier oder Pro Tour Qualifier es je könnten.
Unter der entsprechenden Newsmeldung
kann man ein Formular aufrufen,
to „Respond via email“. Ich empfehle, diese Funktion zu nutzen. Das Folgende habe zum Beispiel ich an jener Stelle geschrieben:
When you first announced May 18 as the day of the rating cut, effectively you made two promises. 1) Tournaments succesfully reported and processed by May 18 would affect the chances of qualifying for Nationals. 2) Tournaments taking place after May 18 would have absolutely zero influence on said chances. Everyone knows that there are no guarantees regarding tournament reporting. This is obviously unfortunate, as is the delay caused by the WER upgrade. To simply set a new date, however, makes it worse—and clearly violates your promise. I know lots of people who made plans to attend Grand Prix–Prague under the assumption that it wouldn't affect their rating invite to Nationals. You have betrayed their trust and the trust of thousands of other players. The least you should do now is to offer Nationals invites based on the May 18 as well as the June 1 rankings. And please don't ever make changes like these again. Thankyou.
Das war's für heute. Am Wochenende berichte ich für
dailymtg.com
live aus Prag und werde deshalb erst übernächste Woche wieder einen neuen Artikel haben. Bis dahin denkt immer daran: Beschwerde ist beschwerlich, Gleichgültigkeit gefährlich.
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