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Cranial Insertion: Für ein Team sind drei keiner zu viel
von Justin Hovdenes
14.03.2024


[Cranial Insertion ist die am längsten bestehende Magic-Regelfragenkolumne der Welt, das englische Original gibt es seit 2005. Die folgende Übersetzung stammt von Simon Matthee.]

Letztes Jahr habe ich ein Team-Trios-Turnier geleitet. Dies war mein erstes großes Turnier außerhalb meines Heimatstaates seit Beginn der Pandemie. 36 Teams (oder 108 Spieler) hatten sich angemeldet. Jeweils ein Spieler pro Team hat Legacy gespielt, einer Modern und der dritte Pioneer. Ich habe mir alle Fragen notiert, die mir im Verlaufe des Turniers gestellt wurden, und daraus den heutigen Artikel gemacht. Neben meinen Antworten an die Spieler habe ich noch aufgeschrieben, wie Judges vorgehen, um die jeweiligen Probleme auf einem kompetitiven Turnier zu lösen.


Frage: "Judge, wenn ich Ausbreitendes Meer auf die Nachtstahl-Zitadelle meines Gegners spiele, bleibt das Land dann ein Artefakt?"


Meine Antwort: "Die Zitadelle ist weiterhin ein Artefakt. Wenn ein Effekt wie der des Ausbreitenden Meeres den Landtyp eines Lands setzt, überschreibt er alle anderen Landtypen, die das Land hatte, und lässt es alle Fähigkeiten verlieren (wie z.B. Unzerstörbarkeit). Das Land behält aber alle anderen Kartentypen, die es zur Zeit hat (wie Kreatur oder Artefakt) und alle Übertypen (wie verschneit oder legendär)."

Ich konnte diese Frage schnell beantworten und es hat wenig Zeit gekostet, den Tisch dieser Spieler zu erreichen. Trotzdem gebe ich auch für solch simple Situationen mindestens zwei Minuten Verlängerung.


Frage: "Judge, ich möchte Gedankenanordnung wirken, aber ich habe nur genügend Mana, wenn ich meine Lotusblüte für Mana opfere und sie von Affinität gezählt wird. Funktioniert das?"

Meine Antwort: "Das funktioniert. Die Kosten für einen Zauberspruch werden festgelegt, bevor du Manafähigkeiten aktivieren und diese Kosten bezahlen musst."

Diese Situation fand am anderen Ende der Halle statt, und ich brauchte etwas länger, um den Tisch zu erreichen. Ich war mir bei dieser Frage sehr sicher, da ich erst kürzlich einen Artikel zu exakt diesem Thema geschrieben habe, aber um sicherzugehen, habe ich mir trotzdem alle Karten im Spiel angesehen. In diesem Fall habe ich vier Minuten Verlängerung gegeben.


Frage: "Judge, unsere Gegner sind noch nicht hier, und ihr habt die Runde gestartet. Was nun?"

Meine Antwort: "Falls eure Gegner vor Ablauf der ersten zehn Minuten erscheinen, erhalten sie jeweils ein Game Loss. Für die erste Partie, die ihr tatsächlich spielt, entscheiden eure Gegner, wer den ersten Zug hat, und für diese Partie wird nicht gesideboardet. Falls eure Gegner nicht vor Ablauf der ersten zehn Minuten nicht erscheinen, ruft bitte erneut einen Judge; sie erhalten dann ein zweites Game Loss und werden aus dem Turnier ausgetragen."

Sobald der Start einer Runde angesagt wurde, erhalten Spieler, die sich nicht an ihrem Tisch befinden, ein Game Loss. Der Head Judge kann nachsichtig sein, wenn der Veranstaltungsort zum Beispiel kein gutes Lautsprechersystem hat. Mit der Einführung von MTG Companion werden solche Fälle aber seltener. Solltet ihr irgendwann mal mehr als zehn Minuten Verspätung haben, könnt ihr den Scorekeeper des Turniers aufsuchen, um zu verhindern, dass ihr aus dem Turnier ausgetragen werdet.


Frage: "Judge, ich habe seit einigen Zügen einen Blutmond im Spiel und meine Gegnerin wirkt gerade eine Dryade des Ilysischen Hains. Welche Farben kann sie mit ihren Ländern erzeugen?"

Diese Frage haben wir zunächst falsch beantwortet. Die korrekte Antwort lautet: "Da die Dryade des Ilysischen Hains nach dem Blutmond ins Spiel gekommen ist, haben die Länder alle Standardlandtypen und können für ein beliebiges Mana der fünf Farben getappt werden."

Judges sind auch nur Menschen, und manchmal machen wir Fehler. Wir haben dem Spieler initial gesagt, dass "Blutmond gewinnt, weil es eine Abhängigkeit zwischen den beiden Effekten gibt; Standardländer können für jede Farbe getappt werden, Nichtstandardländer nur für rotes Mana." Es besteht aber keine Abhängigkeit zwischen den beiden Effekten, daher entscheiden die Zeitstempel, welche Karte "gewinnt". Nachdem wir unseren Fehler bemerkt hatten, sind wir zu diesem Tisch zurückgegangen und haben den Spielern das ganze erklärt. Zum Glück hatte es keinen Einfluss auf den Ausgang der Partie, da die Spielerin genügend Standardländer hatte, um ihre Zaubersprüche zu wirken.


Frage: "Judge, wir sind im vierten Zug und ich habe festgestellt, dass mein Gegner eine Karte mehr auf der Hand hat, als er sollte. Was machen wir?"

Meine Antwort: "Dein Gegner zeigt seine Handkarten offen vor und du bestimmst eine der Karten, von denen du nicht mit Sicherheit weißt, dass sie dort sein sollte. Diese Karte wird in den zufälligen Teil der Bibliothek gemischt."

Zunächst habe ich die Karten gezählt, die der fragliche Spieler auf seiner Hand und im Spiel hatte. Das war recht einfach, da der Spieler keine Karten in seinem Friedhof hatte. Als nächstes habe ich ermittelt, wer den ersten Zug hatte, und bin ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass der Spieler eine Karte zu viel hatte. Danach habe ich diesem Spieler einige Fragen gestellt und dabei nicht das Gefühl bekommen, dass er böswillig an die Extrakarte gekommen ist. Also habe ich die oben beschriebene Prozedur angewandt und eine Zeitverlängerung gegeben. Hätte ich das Gefühl gehabt, dass der Spieler die Extrakarte absichtlich gezogen hat (entweder in seiner Starthand, oder während seine Gegnerin abgelenkt war), hätte ich die Situation länger untersucht und den Spieler möglicherweise für Cheating disqualifiziert.


Frage: "Judge, meine Gegnerin sieht sich eine zufällige Karte von meiner Hand an, weil sie Urzas Brosche geopfert hat. Erfahre ich, welche Karte sie sich ansieht?"

Antwort: "Das ist eine sehr gute Frage, deren Antwort ich nicht kenne. Ich schaue mir die zufällige Karte auch an, und während ihr fortfahrt zu spielen, versuche ich die Antwort zu finden. Sollte ich die Antwort finden, bevor die Partie zu Ende ist, gebe ich euch Bescheid und teile dir gegebenenfalls mit, welche Karte es war."

Zu wissen, welche Karte ausgewählt wurde, hat nur einen geringen strategischen Wert, aber die Antwort auf diese Frage zu finden, könnte mich einiges an Zeit kosten. Deshalb habe ich entschieden, dass die Spieler erstmal weiterspielen, um das Turnier nicht zu verzögern. Meine erste Vermutung war, dass der Spieler nicht erfährt, welche Karte zufällig ausgewählt wurde. Ich habe schließlich eine offizielle Antwort vom damaligen Regelmanager Eli Shiffrin (Jess Dunks' Vorgänger) gefunden. Der Spieler erfährt tatsächlich, welche Karte seine Gegnerin sich angesehen hat, und es gibt keine Regel, die dies verhindert.


Frage: "Judge, ich habe diesen Zug ein Ketria-Triom umgewandelt und mich danach entschieden, nicht anzugreifen. Dann hat mein Gegner bemerkt, dass ich wegen seiner Narset, Lüfterin der Schleier, gar keine Karte für das Triom hätte ziehen dürfen. Was nun?"

Diese Frage habe ich auch falsch beantwortet. Richtig ist: "Du hast zwar eine zusätzliche Karte gezogen, aber da dein Gegner die Karte kontrolliert, deren Effekt das Kartenziehen illegal macht, fällt diese Regelverletzung unter Game Rule Violation und nicht unter Hidden Card Error. Ihr erhaltet beide ein Warning für Game Rule Violation. Um das Kartenziehen ungeschehen zu machen, drehen wir alle Aktionen zurück, die seitdem passiert sind, und legen eine zufällig ausgewählte Handkarte oben auf deine Bibliothek."

Ich hatte die oben erwähnte Ausnahme von Hidden Card Error übersehen und die Spieler die normalen Schritte für Hidden Card Error ausführen lassen: der Gegner durfte sich die Handkarten des Spielers ansehen und eine ihm unbekannte Karte auswählen. Diese Karte wurde dann in den zufälligen Teil der Bibliothek gemischt. Da der Gegner aber die bleibende Karte kontrolliert, die den Fehler mitverursacht hat, haben wir es tatsächlich mit Game Rule Violation und einem nicht so strengen Fix zu tun. Nach jedem Fall überprüfe ich meine Antwort nochmal, um sicherzugehen, dass ich nichts übersehen habe. In diesem Fall hatte ich leider die beschriebene Ausnahme übersehen und meinen Fehler erst bemerkt, als das Match bereits zu Ende war. Ich habe die beiden Spieler ausfindig gemacht und ihnen meinen Fehler und die korrekte Lösung erklärt.


Ich hoffe, ich konnte euch einen Einblick vermitteln, was Judges auf Turnieren machen und was ihr von uns erwarten könnt. Bis zum nächsten Mal!

– Justin Hovdenes




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