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Wochenrückblick #48
von Tobias Henke
20.02.2013

329 Spieler waren vergangene Woche ins bitterbös kalte Montreal gereist („Wizards don't own a globe!“), um sich bei der Pro Tour im Standard und Draft zu messen …


Aktenzeichen XX

Mehr noch als der letztendliche Gewinner des Turniers Tom Martell zog von all diesen Melissa DeTora die meiste Aufmerksamkeit auf sich, die es als erste Frau überhaupt in die Top 8 einer Pro Tour schaffte.



Tom Martell


Melissa DeTora

Unter anderem war bereits DeToras Einladung heftigst umstritten. Sie hatte sich nämlich nicht auf regulärem Wege über PTQ, GP, PT oder PPC qualifiziert, zumindest diesmal nicht, sondern war von Wizards als Anerkennung für ihr Engagement in der Magic-Community eingeladen worden. Jenes Engagement beinhaltet zwar auch das regelmäßige Schreiben von Artikeln, darunter einige ziemlich gute, niemand kann jedoch bestreiten, dass ihr diese Ehre vor allem deshalb zuteilwurde, weil sie einer stark unterrepräsentierten Minderheit in der Spielerschaft angehört. Nach Jackie Lee (anderweitig qualifiziert) und vor Carrie Oliver (unqualifiziert) war sie in den vergangenen Jahren die zweiterfolgreichste Magic-Spielerin der Welt.

Entsprechend gab es allerlei Kommentare, wonach sie die Einladung gar nicht verdient gehabt hätte. Manche Kritik blieb sachlich und richtete sich an Wizards. Etliches wurde provokant und überspitzt formuliert. Und viel zu viel war leider sexistisch und zielte direkt auf DeTora persönlich ab.

Diese Kommentare ebenso wie all die anderen, denen weibliche Magic-Spieler sich bisweilen im Internet und nicht nur da ausgesetzt sehen, taugen letztlich aber natürlich gerade zur Erklärung, warum DeToras Engagement eine bedeutende Anerkennung verdiente. Sich in dieser Szene als Frau zu behaupten, ist bereits an und für sich eine besondere Leistung. Dass sie hier eine Vorreiterrolle einnimmt, ist von unschätzbarem Wert für Magic.


U-S-A! U-S-A!

… USA, USA, Schweden, USA, USA, USA. So waren am Ende nach 16 Runden die Nationalitäten an der Spitze verteilt. Joel Larsson schaffte es als einziger Nicht-Amerikaner in die Play-offs, dann aber auch sogleich bis ins Finale. An bekannten Größen gab's in der Top 8 neben den zuvor Erwähnten noch PT-Paris-Sieger Ben Stark, Eric Froehlich in seiner insgesamt dritten PT-Top 8, den berühmten Decktüftler Gerry Thompson (Caw-Blade, „Thepths“) sowie Spieler des Jahres 2011 Owen Turtenwald. Für Thompson und Turtenwald war es jeweils die erste Top 8 auf der Tour, ein Thema, mit dem sich ein außergewöhnlich hellseherischer BDM erst am Freitag beschäftigt hatte.

Als zweitbester Nicht-Amerikaner landete Emanuel Sutor aus Deutschland auf Platz 11. Er und Landsmann Lukas Tajak (Platz 20) qualifizierten sich direkt zur nächsten Pro Tour, Sutor gewann außerdem 5000 US-Dollar und 15 Pro-Punkte, Tajak 2500 und zehn. Von den Deutschsprachigen belegte ansonsten bloß noch Thomas Holzinger aus Österreich einen der Preisränge. Sein 71. Platz war immerhin gut für 1000 Dollar (4000 inklusive Platin-Level-Antrittsgeld) und fünf Pro-Punkte. Glückwünsche allerseits.

Damit steht Holzinger nach drei Vierteln der laufenden Saison nun übrigens bei 22 Punkten, benötigt bis zum Ende der Pro Tour Dragon's Maze also noch acht fürs Gold-, 23 fürs Platin-Level. Derweil katapultierte sich Sutor mit jetzt 23 Punkten souverän an die Spitze der deutschen Rangliste.


Deck & Tech


Die Listen der Top-8-Spieler waren wegen Draft natürlich nicht zwangsläufig die erfolgreichsten im Turnier. Dafür muss man schon diese Tabelle und diese unsortierte Ansammlung miteinander vergleichen. Wer bereit ist, diesen wichtigen Punkt weitestgehend zu ignorieren, findet ansonsten aber bei Tom Ross eine äußerst gelungene Zusammenfassung der Standardneuheiten. Leseempfehlung!

Hier die Cliffs:

Die etwas kuriose Ansammlung weißer, schwarzer und roter Kreaturen, die Sam Black entworfen und Tom Martell zum Sieg geführt hat, zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass fast ausnahmslos alles Getier darin besser als normal mit Boros Reckoner interagiert, sei es aufgrund von Schutz (Knight of Infamy, Cartel Aristocrat) Unzerstörbarkeit (Falkenrath Aristocrat) oder deshalb, weil es vor dem Schaden weggeopfert wird (Cartel Aristocrat, Falkenrath Aristocrat).
P
Blau-weiß-rote Aggrokontrolle mit Boros Reckoner in verschiedenen Ausprägungen an Aggressivität und Verspieltheit könnte neues Deck to beat sein.
P
Man reanimiert jetzt per Unburial Rites und Angel of Glory's Rise folgende Menschen: Undercity Informer, Burning-Tree Emissary und Fiend Hunter. In den Hunter stopft man seinen Engel und dann opfert man die beiden Letzteren, um das Spielchen von vorne zu beginnen. Das ist eine gewaltige Verbesserung gegenüber bisherigen Versionen: Nicht nur tötet man den Gegner auf diese Art über Deckende schneller beziehungsweise unabhängig von Nichtmenschen, auch stellt Burning-Tree Emissary gefolgt von Mulch oder Faithless Looting ein sinnvolles Turn-2-Play dar und Undercity Informer kann in der Anfangsphase super auf die eigene Bibliothek angewendet werden. Der größte Nachteil des Decks, seine Anfälligkeit für Rest in Peace, Rakdos Charm und dergleichen, bleibt indes unbeeinflusst.
P
„Joel Larsson, like his hair, rose to the occasion.“

Im Standardteil ungeschlagen blieb allerdings keines der genannten Decks. Auch mit einer Niederlage begnügten sich lediglich zwei. Die Listen von Daniel Ruiz Martin und Emanuel „ja, genau der“ Sutor wiesen sogar ein paar Gemeinsamkeiten auf.

Daniel Ruiz Martin, 9:1

8 Forest
5 Mountain
4 Rootbound Crag
4 Stomping Ground

4 Arbor Elf
4 Burning-Tree Emissary
4 Experiment One
4 Flinthoof Boar
4 Ghor-Clan Rampager
4 Gyre Sage
4 Strangleroot Geist
4 Wolfir Silverheart


3 Domri Rade
4 Increasing Savagery

Sideboard:

2 Garruk, Primal Hunter
3 Gruul Charm
2 Kessig Wolf Run
4 Pillar of Flame
3 Thundermaw Hellkite
1 Volcanic Strength

Emanuel Sutor, 8:1:1

4 Blood Crypt
2 Dragonskull Summit
2 Forest
1 Mountain
4 Overgrown Tomb
3 Rootbound Crag
4 Stomping Ground
2 Woodland Cemetery

4 Burning-Tree Emissary
3 Dreg Mangler
4 Experiment One
4 Falkenrath Aristocrat
4 Flinthoof Boar
4 Ghor-Clan Rampager
4 Mogg Flunkies
4 Rakdos Cackler


2 Abrupt Decay
3 Dreadbore
2 Searing Spear

Sideboard:

1 Abrupt Decay
2 Domri Rade
3 Duress
1 Kessig Wolf Run
2 Olivia Voldaren
1 Searing Spear
3 Vampire Nighthawk
2 Wolfir Silverheart


Und zwar bieten beide die Möglichkeit für den brokensten Start im Format, Experiment One, Burning-Tree Emissary, Flinthoof Boar, für einen bis zu 11-Punkte-Angriff im dritten Zug! Ruiz Martin, der sein Deck offenbar von Tomohari Saito übernommen hat, hatte weitere tolle Tricks auf Lager, etwa Increasing Savagery auf Gyre Sage fürs sofortige Flashback, während Sutor auf maximale Konstanz setzte. Mogg Flunkies erhöhen seine Chance auf den brokenen Start gewaltig und deren Angriffsbereitschaft ist mit Flinthoof Boar, Dreg Mangler, Falkenrath Aristocrat auch zuverlässig abgesichert.


Pro Four!

Zu guter Letzt wurde am Wochenende die Wiedereinführung einer vierten jährlichen Pro Tour bekanntgegeben. Diese wird ab 2014 analog zu den drei bisherigen dann immer eine Woche nach Release des neuen Basissets im Sommer stattfinden. Der Jahresrhythmus sowie die Punktegrenzen im Pro Players Club werden dadurch natürlich durcheinandergewirbelt und gespielt wird dann Standard, Modern, Block und wieder Standard.


Erst zu Beginn dieses Jahres hatten Wizards die Preisgelder auf Pro Touren erhöht und jetzt auch noch das! Frühzeitig angekündigt obendrein. Selbstverständlich drucken Wizards Geld und kommen damit in letzter Zeit ja buchstäblich kaum nach, aber überraschend war dieser Schritt nun trotzdem. Offenbar haben sie im Zuge der Coverage-/Streaming-Revolution endlich Wege gefunden, ihr Budget für High-Level-Magic als sinnvolle Werbung zu rechtfertigen. Wirklich alles ganz toll gerade.




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