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Eternal
Nicht zu teuer und nicht zu fair
von Pascal Baatz
27.10.2009

Jemand berichtete mir letztens, dass auch die unerfahreneren Magic-Spieler im Fantasyladen inzwischen verstärkt an Dual-Lands und anderen Karten für Legacy Interesse zeigen. Wenn man schon Marsh Flats im Booster aufgemacht hat, dann sieht das Scrubland im fremden Tauschorder doch gleich viel interessanter aus, nicht wahr?


Wird beides als 1-of stolz, aber ohne lange zu überlegen, in ein selbstgebautes BW-Deck gesteckt, dann kommt man damit auf einem Legacyturnier allerdings nicht unbedingt sehr weit und packt gefrustet die „Legacy ist einfach zu teuer“-Keule aus. Wurde man von Kombo weggefegt, nimmt man gerne noch die „Legacy ist einfach zu unfair“-Keule in die andere Hand. Doch legen wir die Keulen für einen kurzen Moment zur Seite und schauen, ob das wirklich alles so stimmt und ob es nicht doch Decks gibt, die wenig kosten und einen fähigen Spieler trotzdem weit bringen können, weil sie ebenso unfair sind.

Legacy, das Einsteigerformat?

Für jemanden der gerade erst mit Magic anfängt, ist das diffuse Gebilde Casualformat sicher immer noch die beste Anlaufstelle. Genau wie im Casual behalten die Karten im Legacy ihre Gültigkeit, aber werden mit neuen Editionen ggf. obsolet. Das Argument der Kartenlegalität mag gegenüber anderen Formaten ein interessanter Punkt sein, doch solange die Mitspieler ihre Decks mit Karten neuer Editionen anpassen, ist man gezwungen, dies auch zu tun, oder unterliegt. Das gilt für jedes Format, ob deren Spiele nun am Küchentisch oder in der Feature-Match-Area ausgetragen werden. Die meisten Casualdecks dürften auf Legacy übertragbar sein, aber ein Deck zu bauen, das wirklich mithalten kann und nicht gleich mehrere hundert Euro kostet, ist nicht ganz einfach.


Genau an dieser Stelle setze ich an und behaupte, dass es besser als in jedem anderen Turnierformat möglich ist, ein Deck zu spielen, welches nicht so teuer wie die im Allgemeinen als „gut“ angesehenen Decks ist, mit dem man aber auf Turnieren dennoch nicht als Freilos bezeichnet wird. Normalerweise stehen rotbasierte Aggrodecks am Anfang der Preis- und an der Spitze der Eintönigkeitsskala. Auch im Legacy galt Burn eine Zeit lang als Budgetdeck schlechthin und war für mich der Einstieg in die Turnierszene. Tarmogoyf als schnelle Clock und Counterbalance als Erzfeind Nr. 1 haben das Deck jedoch zur Bedeutungslosigkeit degradiert und so rücken interessantere Decks in den Fokus von Spielern mit begrenztem Budget. Die zwei Decks, die ich im Folgenden vorstellen möchte, habe ich vor allem ausgewählt, weil sie so verschieden wie Feuer und Wasser sind. Beide sind auf ihre ganz eigene unnachahmliche Weise unfair und ein fähiger Pilot kann mit ihnen auch „die teuren“ Decks schlagen. Ebenfalls beiden gemein ist, dass sie ohne die teuren Duals und Fetchländer auskommen können, während jedoch auch genügend Spielraum für Veränderungen besteht.

Enchantress


Das erste Deck nützt die vielen Synergien zwischen Enchantments aus, die sich über die Jahre in Legacy angesammelt haben, und dabei spielt es noch nicht einmal die wohl berüchtigtste Verzauberung des Formates. Genau wie Counterbalance hat aber auch Enchantress die Angewohnheit, den Gegner vom Spiel auszuschließen indem ihm alles madig gemacht wird, wie man an den 17 Karten sieht, die zum Schutz der eigenen Boardposition gespielt werden.


Länder (20)

12 Forest
8 Plains

Manabeschleunigung (8)

4 Wild Growth
4 Utopia Sprawl

Kartenzieher (8)

4 Argothian Enchantress
4 Enchantress's Presence

Tutoren (4)

4 Sterling Grove

Schutz (17)

4 Elephant Grass
4 Oblivion Ring
1 Aura of Silence
1 Karmic Justice
2 City of Solitude
3 Solitary Confinement
2 Replenish

Wincondition (3)

3 Sigil of the Empty Throne


1 Ground Seal
2 Wheel of Sun and Moon
1 City of Solitude
1 Karmic Justice
2 Sacred Ground
3 Choke
1 Replenish
1 Aura of Silence
3 Journey to Nowhere

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Während man sich also mit einer Vielzahl von flexiblen Karten immer weiter einbunkert, versorgen einen die acht Enchantress-Effekte stetig mit Karten. Dabei ist es im Übrigen egal, ob eine Verzauberung gecountert wird oder nicht, die Karte zieht man trotzdem. Dementsprechend ist die Schwachstelle des Decks auch bei den Enchantresses selbst anzusiedeln. Werden sie zu Beginn gecountert, zerstört oder zieht man zu wenige, ist das Deck oft zu langsam. Bekommt man aber Enchantress-Effekte ins Spiel ersetzt, sich beinahe jede Karte selbst. Solitary Confinement profitiert davon ungemein, indem man einfach über ausgespielte Enchantments neue Karten zieht anstatt über seinen Drawstep. So hat man mit zwei oder mehr Enchantresses immer eine Karte zum Abwerfen und wühlt sich langsam durch sein Deck. Aber selbst wenn man Solitary Confinement oder Elephant Grass mal nur ein paar Runden halten kann, holt ein Replenish alles wieder zurück, wodurch es zur Schlüsselkarte gegen Decks wird, die sich aus dem einen oder anderen Grund zu gut gegen Verzauberungen wehren können.


Nun, da wir uns schützen können und mehr Karten ziehen als der Gegner, stellt sich natürlich die Frage, wie man gewinnen soll. Machen wir uns keine Illusionen, das Deck will zunächst einmal überhaupt nicht gewinnen, sondern das Spiel unter Kontrolle bekommen und sich in jeglicher Hinsicht unangreifbar machen. Erst später wird ein Sigil of the Empty Throne angeschwemmt bzw. mit Sterling Grove gesucht. Der Thron ist ganz schön teuer, aber wenn man ihn dann erst mal hat, regiert man mit eiserner Hand über Kreaturenland.

Ein typisches Spiel mit Enchantress beginnt mit einer Hand, die auf drei Mana kommen kann, am besten durch Forest und Landverzauberung in Runde eins. Dann ist noch mindestens ein Enchantress-Effekt nötig, am besten aber zwei, oder einer und ein Sterling Grove, um sich den zweiten in Form von Enchantress's Presence zu suchen. Auch mit nur einem der begehrten Effekte ist die Starthand nicht schlecht, aber dann muss auch der Rest stimmen. Im Zweifel sind Elephant Grass und Oblivion Ring immer gut. Ein Elephant Grass für ein paar Runden zu halten, um einfach nur Karten zu sammeln und Länder zu legen, ist durchaus legitim. Wichtig bei diesem Deck ist das vorausschauende Planen der Boardposition. Will ich meine Enchantress-Effekte legen, um danach Solitary Confinement aufrechterhalten zu können, oder bekomme ich in der Zwischenzeit zu viel Schaden und bremse zuerst mit anderen Karten aus?

Sterling Grove spielt hierbei eine bedeutende Rolle als überaus effizienter Tutor. Vor allem in Spiel zwei und drei sollte man aber mit dem Opfern vorsichtiger sein, da der Gegner nach dem Sideboarden mehr Antworten für Enchantmens haben dürfte. Nicht zuletzt ist es wichtig, immer den Überblick zu behalten und nie, wirklich niemals seine ausgelösten Fähigkeiten zu vergessen. Um auf dem Tisch Ordnung zu bewahren, sollte man sich ein einfaches System ausdenken, z.B. alle Enchantress-Effekte werden nach rechts gelegt, Enchantments mit Upkeepkosten direkt neben die Library usw. Das erleichtert das Spielen ungemein, wenn man später 30 Karten auf dem Tisch liegen hat. Zudem sind Ordnung und Übersicht auf dem Spielfeld und das Beachten sämtlicher Trigger Fähigkeiten, die man als guter Magic-Spieler beherrschen sollte.

Bei den Matchups fällt auf, dass vor allem einseitige Aggrostrategien sehr effizient ausgeschaltet werden können. Auch gezieltes Kreaturenremoval ist gegen Enchantress nutzlos und Counterbalance vermag es alleine nicht alle Spells zu countern. City of Solitude ist für blaue Decks sowieso schon ein großes Problem und Choke aus dem Sideboard noch viel mehr. Wird nach solchen Absicherungsmaßnahmen ein Replenish gespielt, mischt der Gegner nicht selten alle seine Karten in die Bibliothek, anstatt dass man seine Enchantments ausgräbt.


Schlechte Matchups betreffend lässt sich generell sagen, das Enchantress Schwierigkeiten mit Schnelligkeit hat. Kombodecks z.B. sind einfach konstant zu schnell und man darf sich nicht ärgern, wenn man dagegen verliert. Auch ein guter Start von Goblins oder die Kombination Daze, Force of Will, Tarmogoyf gepaart mit einer mittelmäßigen eigenen Starthand machen Enchantress gerne mal den Garaus. Das Deck mag zwar noch zappeln, aber der Todesstoß ist bereits längst ausgeführt. Nicht zuletzt deswegen ist es wichtig, gute Mulliganentscheidungen zu treffen. Wie gesagt ist eine Hand ohne Enchantress-Effekt mehr oder weniger inakzeptabel. Tiefer als fünf Karten kann man aber auch nicht gehen. Bei der hier vorgestellten Budgetversion fehlen zudem Windswepth Heath und Savannah, was aber eher selten ins Gewicht fällt, da man Utopia Sprawl immer auf Weiß legen kann. Allerdings ist obige Manabasis dafür vorteilhaft gegen Blood Moon und Wasteland.

Die 40 Spells des Maindecks kosten bei Onlineshops zur Zeit ca. 100 Euro, was für die Stärke des Decks definitiv günstig ist. Da man eigentlich jede Antwort zumindest einmal ins Maindeck integrieren kann, braucht man zuerst noch nicht einmal dringend ein Sideboard. Für eine weiterführende Diskussion dürfte folgender Link interessant sein. Dort kann man sich über die aktuellsten Entwicklungen informieren und sehen, welche Karten es neben Fetchlands und Duals aus Budgetgründen nicht ins Deck geschafft haben. Davon braucht man sich aber nicht verrückt machen zu lassen, die Liste ist so voll funktionsfähig.

Affinity


Liegt einem die hinterlistige und langsame Art von Enchantress nicht, bietet sich mit Affinity ein recht bekanntes, sehr schnelles Aggrodeck an, welches für kurze Zeit sogar ein Metagame-Faktor im Legacy war. Inzwischen gibt es Krosan Grip sowie Qasali Pridemage und überhaupt scheint Affinity recht anfällig zu sein. Wenn nicht durch den Gegner dann durch mangelnde Konstanz. Entsprechend vorsichtig muss ein Affinitydeck konstruiert werden, damit dem schnellen Start möglichst wenig im Weg steht.


4 Vault of Whispers
3 Darksteel Citadel
4 Seat of the Synod
3 Swamp
3 Blinkmoth Nexus
1 Island

4 Arcbound Ravager
4 Ornithopter
4 Arcbound Worker
4 Disciple of the Vault
4 Frogmite
4 Myr Enforcer
3 Glaze Fiend

4 Thoughtcast
4 Cranial Plating
3 Springleaf Drum
4 Doom Blade


2 Smother
4 Negate
3 Relic of Progenitus
3 Pithing Needle
3 Blue Elemental Blast

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Entgegen dem Trend ist diese Liste zwei- statt dreifarbig gehalten und selbst die Spells, die farbiges Mana benötigen, sind so weit wie möglich zurückgefahren, um Manaprobleme zu vermeiden. Dreh- und Angelpunkt des Decks sind in den meisten Partien Arcbound Ravager und Cranial Plating. Ersterer verbessert die Boardposition erheblich, da man auf jedes Removal reagieren kann und in der Kampfphase unberechenbar wird. Ist der Gegner ausgetappt oder hat keine Handkarten mehr, kann sich der Ravager darüber hinaus auch den Wanst mit Artefakten vollschlagen, sich selbst aufessen und die Marken einer der Kreaturen vererben, die über die gegnerische Abwehr fliegen. Nach einem ähnlichen Prinzip nur viel einfacher wird auch das Equipment eingesetzt, das selbst Ornithopter in stark vornüberkippende Killermaschinen verwandelt. Zuerst unscheinbar wirkt Disciple of the Vault, der hier und da für einen Schadenpunkt sorgt, aber in Verbindung mit Arcbound Ravager zum Maschinengewehr wird.


Die anderen Kreaturen sind weniger spektakulär, wobei Glaze Fiend ebenfalls seinen großen Auftritt haben kann, vor allem wenn der Gegner ihn unbeachtet lässt. Andere Listen spielen hier Somber Hoverguard, aber Fiend rückt die Liste tiefer in Schwarz, wo man auch hinmöchte, ist nicht von Affinity abhängig und macht oft genauso viel und mehr Schaden. Da Listen mit Rotsplash Shrapnel Blast als Removal spielen können, obwohl es natürlich lieber an den Kopf geschossen wird, sind in der blauschwarzen Liste Doom Blade zu finden. Die sind weniger flexibel, erwischen aber auch größere Probleme und sind besser falls man unter Druck gerät, da sie viel einfacher zu spielen sind.

Was bei anderen Decks „overextenden“ genannt wird, ist für Affinity das Familiengeschäft. Genau darin liegt die Anfälligkeit des Decks. Ein Gegner wie Goyfsligh hat genügend Spotremoval, um die wichtigen Kreaturen zum Schweigen zu bringen, und wartet zudem noch mit eigenen Monstern auf, die von Haus aus stärker sind. Kontrolldecks hingegen können mit ihrem Massremoval unaufholbaren Kartenvorteil generieren. Zurückhaltend kann man dennoch kaum spielen und dementsprechend ist das Sideboard sehr darauf ausgerichtet, verschiedene Formen von Removal zu unterbinden. Pithing Needle übernimmt dabei am liebsten Qasali Pridemage, Grim Lavamancer, Engineered Explosives und Pernicious Deed.


Negate hilft sowohl im Kombomatchup als auch gegen Kontrolle, da man häufig Mana frei hat, wenn die teuren Spells des Gegners kommen. Smother kann man z.B. boarden, wenn Doom Blade aufgrund der Beschränkung auf nichtschwarze Kreaturen nichts bringt, und generell gegen Decks mit zu vielen stärkeren Kreaturen. Sofern sich keine richtig schlechte Karte im Maindeck ausfindig machen lässt, werden meistens ein bis zwei Ornithopter, Arcbound Worker, Glaze Fiend, Myr Enforcer und/oder Doom Blade herausgenommen. Mit dem Boarden sollte es man aber nicht übertreiben, da schneller Beatdown immer noch die beste Waffe gegen Aggrokontrolle und Kontrolle ist. Gerade ersterer Archetyp hat mit Affinity Probleme, da ihm selbst die Geschwindigkeit für ein Damagerace fehlt und zugleich oft zu wenig Removal vorhanden ist.

Das Affinity-Maindeck in dieser Version kostet ca. 115 Euro, je nachdem wie günstig man Arcbound Ravager bekommt, welche mit Abstand die teuersten Karten sind. Abgesehen von dieser Kreatur, Blinkmoth Nexus und Pithing Needle ist das Deck aber sehr preiswert und viele Optionen gibt es ohnehin nicht. Dreifarbigkeit ist vielmehr eine Frage der Konstanz als des Geldes, weswegen man das Deck leicht mit Rotsplash für vier Shrapnel Blast anstelle von Doom Blade und ggf. mit zweimal Atog ausprobieren kann. Mit größerem Budget könnte man statt Myr Enforcer außerdem Master of Etherium oder Dark Confidant spielen, aber zuerst sollte man in ein paar Glimmervoid investieren (je nach Anzahl der gespielten Farben zwei bis vier) um die Manabasis aufzuwerten. Will man sowohl Master als auch Confidant integrieren, muss wieder Doom Blade weichen. Zwar ist man versucht, Glaze Fiend zu cutten, doch das Deck benötigt einerseits eine große Anzahl an Fliegern und andererseits zieht man mit Dark Confidant mehr Artefakte nach.

Mehr ist weniger

Mehr Platz in mehreren Artikeln bedeutet weniger Decks in diesem. Ein weiteres Deck, das ich demnächst vorstellen möchte, ist Dredge und wird von einigen Leuten auch als „Anti-Magic“ bezeichnet. Wieso diese Bezeichnung nicht ganz unzutreffend ist, werde ich in einem getrennten Artikel behandeln, und dabei darauf eingehen, dass die Budgetversion von Dredge durchaus der teuren Variante vorzuziehen ist.

Des Weiteren gibt es natürlich noch mehr Decks, die sich in günstigeren Versionen konstruieren lassen. Die Decklisten dazu gieße ich in absehbarer Zeit sicherlich ebenfalls in eine Artikelform, aber ich nehme auch im Forum gerne Vorschläge an, von welchem Deck ihr eine Budgetversion sehen wollt. So etwas ist sicherlich nicht mit jeder Deckstrategie realisierbar, aber selbst eine Erklärung, warum es nicht möglich ist, bietet Aufschluss über die Gesetzmäßigkeiten des Formates. So schließt z.B. das Preisschildchen an Force of Will eigentlich alle blauen Decks von Budgetbemühungen aus.

Pascal Baatz
TS Crew




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