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Sorry Max, you're done
mBracht nimmt Stellung zum DQ in Paris
von Maximilian "mBracht" Bracht
10.01.2007

Das waren die Worte, die der Headjudge zu mir auf den Worlds nach dem Interview sagte: „I'm sorry Max, you're done.“ Gesagt, getan. So schnell kann alles vorbei sein. Aber wie kam es dazu? Am Besten sollte ich ganz von vorne anfangen; da wo alles begann, auf der Team Block Constructed Pro Tour in Charleston.

An dem ersten Tag dieser Pro Tour könnte man behaupten, sich wacker geschlagen zu haben, nachdem wir (Hajo Höh, Stefan Urban und ich) 4-1 standen und in der letzten Runde nicht mehr unter Druck waren, da auch ein 4-2 Record für Tag zwei gereicht hätte.

In der letzten Runde mussten wir gegen ein Team aus den USA antreten und versuchten natürlich, unser Bestes zu geben. Hajo spielte G/B/w Control, Stefan GRuul und ich Captain America. Stefan gewann sein Match ziemlich schnell, ich war 0-1 hinten und musste nach Mulligan auf vier im ersten Spiel wieder einen Mulligan nehmen, und Hajo war gerade am Verlieren. Mein Gegner hatte einen Loxodon Hierarch im Spiel und zwei Handkarten, von denen wir wussten, dass eine davon Birds of Paradise war, da Stefan die Handkarte gesehen hatte. Während sich mein Gegenüber mit Congregation of Dawn – seiner zweiten Handkarte – Simic Skyswallower, Tolsimir Wolfblood und Loxodon Hierarch suchte, wandte ich mich schnell ab, um zu sehen, wie es um Hajo stand.

Soeben hatte er verloren und um einen Sieg für unser Team zu holen, hätte ich mein Match gewinnen müssen. Hajo informierte sich über meinen Gamestate und über die Karten, die sich mein Gegner getutort hatte. Sobald mein Gegner fertig war, die drei Kreaturen in für mich nicht erkennbarer Reihenfolge auf das Deck zu legen, griff er mich mit seinem Loxodon Hierarch an und ich wandte mich ihm wieder zu. Skeptische Blicke von Stefan und mir bemerkten direkt, dass da etwas faul war… Mein Gegner hatte wieder zwei Handkarten… Aber wie kam es dazu?

So wie es in der DCI Policy vorgesehen ist, sollte man als Spieler, sobald irgendwelche Unklarheiten auftreten, sofort einen Judge zu Rate ziehen, um die Situation zu klären. „Juuuuudge“. Ein Judge, der nicht weit weg hinter meinem Gegner stand, kam herbei, aber während dessen drehte mein Gegner seine neuerworbene Handkarte um, Tolsimir Wolfblood, der eigentlich unter den obersten drei Karten seines Decks sein sollte. Er meinte, dass er die Karte nur aufgedeckt neben seinem Deck liegen habe, da er diese ohnehin nächsten Zug ziehen würde. Es schien, der Judge würde meinen Gegner kennen und er glaubte seiner Version guten Gewissens. Er dachte wohl, dass diese Aktion mit dem „aufgedeckten“ Tolsimir Wolfblood uns nur verwirrt hätte und inzwischen alles wieder geklärt wäre und wollte sich schon auf und davon machen.

Wir waren mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, da wir alle der Meinung waren und auch bis heute noch sind, dass mein Gegner eine Extrakarte gezogen hatte und appealten an den Headjudge Sheldon Menery. Da Sheldon in der letzten Runde anscheinend viel zu tun hatte, mussten wir erst 20 Minuten warten. In der Zwischenzeit hat unser gegnerisches Team weiterhin mit dem Tablejudge geschnackt, wogegen prinzipiell nichts zu sagen wäre, außer in einem Fall wie diesem. Sie fragten den Judge, ob er denn Hajo kenne, den Hajo, der in einer Marvel Vs. Pro Tour Top 8 wegen Cheatens für drei Jahre gesperrt wurde.

(In Marvel gibt es im ganzen Spiel nicht viele Spells, die bouncen können und diese werden in der Regel auch nicht gespielt, deshalb sind Marvel Spieler mit dieser Materie nicht sehr vertraut. Um es in Magic-Sprache auszudrücken: Hajo hat einen Sickening Shoal mit alternativen Manakosten gespielt, aber in response ist ihm ein schwarzes Permanent gebounced worden. Nachdem der Bounce resolved ist, hat Hajo dann das gebouncte Permanent in den Shoal gepitched. Drei Jahre ohne Bewährung für leichten Verstoß gegen die Regeln, der bei einer Pro Tour Top 8 nichtmal zu Stande kommen dürfte, wegen der Tablejudges, die eingreifen müssten, bevor solche Misplays geschehen. Einfach lächerlich!)

Die Entscheidung des Headjudges war die gleiche wie die des Tablejudges. Letztendlich kann ich auch verstehen, dass es für das gegnerische Team keine Penalty gab, da wohl auch in Magic der Grundsatz „in dubio pro reo“ verankert ist. Man kann eben nicht nachweisen, ob die Karte sich in der Hand meines Gegners befunden hatte oder auch nicht. Karten können leider nicht sprechen. Dieses Spiel konnte ich allerdings noch dank zweier Brightflames gewinnen, da mein Gegner, nachdem ich ihm die erste gezeigt habe, noch Birds of Paradise neben den Simic Sky Swallower gelegt hatte.

Als kleinen Exkurs will ich noch einbringen, dass ich nach dem Grand Prix Sydney noch mit einigen Leuten in einen Club gegangen bin, um sowohl den Sieg des Australiers als auch die Top-8-Performances dreier Japaner zu feiern. Der ganze Club war gefüllt mit bekannten Gesichtern, von einigen Level-6-Magiern aus Japan, bis hin zu einem Judge, der damals bei der Pro Tour Charleston am Rande noch involviert war. Da Alkohol wohl oder übel doch ein Wahrheitsserum ist, erzählte er mir, was die Judges damals so diskutiert hätten, also der Headjudge, der Tablejudge und er: Dass wir, das von ihm so genannte Cheaterteam, eigentlich wegen „lying to a judge“ disqualifiziert werden sollten, aber die Beweise nicht ausreichten für eine Disqualifikation. Dann fragte er mich noch, wieso ich eigentlich mit solch einem Cheater wie Hajo in einem Team spielen würde – natürlich hat er auch nur am Rand erfahren, dass Hajo bei Marvel gesperrt ist, ratet mal woher.

In Charleston war es an der Zeit, sich vom Hotel auf den Weg zur Site zu machen, um die erste Runde von Tag zwei nicht zu verpassen, so wie TrashT und Hütti, die sich schlichtweg auf dem 200-Meter-Weg verlaufen haben. Wir mussten dann gegen ein japanisches Team antreten und Stefan hatte seinen Gegner schon längst umgemäht, während ich dabei war, zu Grunde zu gehen. Also war Hajos Match von großem Interesse und die Duellanten mischten schon ihre Decks für Game drei. Während des Spiels zauberte Hajo ein Castigate und ich habe auf meinem Lebenszettel die Handkarten von Hajos Gegner aufgeschrieben, da ich vorhatte, einen Artikel über die Pro Tour zu schreiben, für den Fall, dass wir halbwegs erfolgreich abgeschnitten hätten.

Die Team-Constructed-Regeln sagen, man dürfe nicht Sachen für Mitspieler machen, wie ihre Karten tappen oder für sie Leben oder ähnliches mitschreiben auf deren Zettel. Da wir die neuen Regeln aber bei der Anmeldung auf deutsch bekommen hatten, hatte ich es wohl falsch interpretiert oder die Regeln waren nicht gut genug übersetzt worden. Kaum war ich fertig, die Hand aufzuschreiben, haben wir ein Matchloss von Sheldon dafür bekommen. Unsere Chanchen sanken deutlich, etwas auf dieser Pro Tour zu reißen, da wir dann gegen Teams gepaired worden sind, auf deren Decks wir nicht richtig vorbereitet waren. Sheldon sagte damals schon, er würde ein Auge auf uns werfen.

Eine Woche später ging es zum GP Toulouse und ich musste in der letzten Runde um die Einkehr in Tag zwei kämpfen. Ein Draw hätte wohl für beide gereicht. Ein sehr langes erstes Spiel, was durch zwei Topdecks meines Gegners zu seinen Gunsten ausgegangen ist, beanspruchte 45 Minuten. Als wir beim Sideboarden und Mischen waren, bat ich Sebastian Homann darum, einen kompetenten Judge aufzusuchen, da mein Gegner den Anschein machte, sich beim Sideboarden extra Zeit zu lassen und auch insbesondere beim Mischen.

Mit neun Minuten auf der Uhr war mein Gegner endlich mit dem Mischen fertig geworden und es konnte weitergehen. Sebastian stand hinter meinem Gegner und seine erste Hand war nahezu perfekt, laut ihm. Mulligan! Während des erneuten Mischvorgans bin ich auf französisch von meinem Gegner beleidgt worden, was der Headjudge mit „Sorry, I don't speak French“ abgehandelt hatte. Mit meinem Gegner auf einem verbleibenden Leben und über zehn Kreaturen auf meiner Seite endete das Spiel und mein Gegner gewann 1-0-1. Wohl etwas unsportlich, aber in den Augen der vermeindlich gut ausgebildeten Schiedsrichters war das alles in allem okay.

Letztendlich war es soweit und die Worlds standen vor der Tür. Den fiesen Franzosen aus Toulouse habe ich schön 2-0 verhauen, was sogar auf PMTG gefeaturedwurde, und bis zur letzten Runde des Tages stand ich 4-1. Mit meinem lustigen Combodeck sehr zufrieden, machte ich mich auf zur Featurematch-Area, um die letzte Schlacht gegen Chris McDaniel zu schlagen.

Im ersten Spiel bin ich leider in der Combo gescheitert, also mussten nun zwei Spiele gewonnen werden. Das zweite Spiel verlief wie geplant. Mit noch 29 Minuten auf der Uhr – die Zeit behielt ich immer vor Augen; da in der Featurematch-Area keine Uhr war, habe ich einfach regelmäßig den Tablejudge gefragt – fing ich mit der Combo an. Schnell war das Deck leergezogen und schon war ich am Loop angelangt: Zweimal Whispers of the Muse mit Buyback, Walk the Eons auf mich, Careful Consideration auf dich und Gaea's Blessing auf Careful Consideration, Walk the Eons und Gaea's Blessing auf mich. Jeden Zug das Gleiche. Und das natürlich zwölfmal. Da mein Gegner ja prinzipiell in Response immer etwas hätte spielen können und sich laut seiner Aussage nur ansehen wollte, wie die Combo denn genau ablief, musste ich alles wieder und wieder durchziehen. Wenn man so einen Vorgang zwölfmal wiederholt, bekommt man für so etwas Routine und wird jedesmal schneller und schneller. Gewonnen hatte ich mit 14 Minuten auf der Uhr.

In McDaniels Gesicht war bereits ein diabolisches Grinsen zu erkennen, da er wusste, er würde dieses Match unter keinen Umständen verlieren. Um so lange wie möglich zu überleben, habe ich Kraken's Eye und Gigadrowse gegen sein B/W Aggro-Deck hereingenommen und Karten, wie Gaea's Blessing, die mir in diesem Spiel definitiv nicht helfen würden, herausgenommen. Nach dem Sideboarden und vor dem Mischen waren noch neun Minuten übrig. Meine erste Hand wäre okay gewesen, wenn ich angefangen hätte, aber on the Draw gegen ein Aggrodeck ohne Repeal oder Gemstone Caverns auf der Hand kann man gleich zusammenschieben, da mein Gegner sicherlich zu seinen Dark Confidants nun auch noch Hypnotic Specter spielen würde.

Die zweite Hand war ein „one-lander“, ohne die Möglichkeit, ins Spiel zu kommen. Die dritte auch. Die vierte Hand war super, erst recht für einen Mulligan auf vier: Gemstone Caverns, Island, Remand, Exhaustion. Gemstone Caverns ins Spiel, Exhaustion gepitcht und Daniel durfte anfangen mit Land und „go“. Ich habe ein Repeal gezogen, legte ein Island und gab meinen Zug ab. Einen Dark Confidant habe ich mit Remand gecountert. Den Zug darauf spielte ich ein Land und Kraken's Eye. Ein Hypnotic Specter betrat die Spielfläche für einen Zug, bis er wieder auf die Hand zurückgeschickt wurde. Dann gab es wieder den gleichen Hypnotic Specter von Daniel und von mir wieder ein Repeal. Als ich den dritten Mulligan genommen hatte, stand Sheldon schon hinter mir, aber ich wunderte mich nicht, da unser Match ja auch das Allerletzte des ersten Tages war. Letztendlich ging unser Match als Draw aus und Sheldon meinte, dieses Result sei noch nicht final.

Ich bin zu Jaap Brower, dem Headjudge der Worlds, gerufen worden und sollte ihm erzählen, was in dem Match vorgegangen sei, insbesondere im letzten Spiel. Er beriet sich mehrmals mit Sheldon und kam dann schließlich zurück, setzte sich zu mir und nachdem er mir erklärte, unter welche Rubrik „abusing the clock“ fallen würde, nämlich Cheaten, beendete er das Interview mit den Worten: „I'm sorry Max, you're done.“

Warum ich letztendlich disqualifiziert worden bin und womit ich mir selber mal eine reingehauen habe, war meine Aussage, dass ich in Spiel zwei etwas schneller spielte als in Spiel drei; die gute Routine. Dass Chris sich nicht sportsmanlike verhalten haben soll, stand nie zur Debatte. Desweiteren hatte ich auch nicht die Möglichkeit, meine Aussage zu beenden, da die beiden Level-5-Judges wohl schon alles untereinander besprochen hatten (in der Regel wird ein Spieler am Ende eines Interviews noch gefragt: „Do you want to add anything?“; so war das zumindest in Charleston bei uns). So wie das Reglement von Wizards ausgelegt ist, ist die Disqualifikation definitiv gerechtfertigt, die Auslegung des Reglements finde ich allerdings nicht richtig.

Wie mir am nächsten Morgen ein Judge mitteilte, müsse man immer so spielen, als könnte man noch gewinnen, aber was soll man bitte machen, wenn das nicht mehr möglich ist? Conceden? Besser wäre es wohl gewesen. Die Regeln über Loops sollten meines Erachtens nach auch noch einmal überdacht werden, wenn es denn überhaupt noch erwünscht ist komplizierte, eigene Decks zu spielen.

In meiner Stellungnahme der DCI gegenüber habe ich dann geschrieben, dass was mir vorgeworfen wurde, mir Leid täte und es auf keinen Fall wieder passieren würde. Ich dachte es sei besser mich einsichtig zu zeigen, als die Entscheidung für unfair oder lächerlich zu erklären. Also gab ich die Stellungnahme am Donnerstag an der Judgesstation ab und setzte mich in den Zug zu meinem derzeitigen Wohnort, Stuttgart.

Das war es also dann mit Magic für ein Jahr, wie ich aus einer mir an Weihnachten geschickten eMail von Andy Heckt entnehmen konnte. Die Sperre über ein Jahr sei gerechtfertigt, da ich ein Wiederholungstäter sei. Ich kann mich noch gut an zwei Slow-Play-Warnings erinnern, die ich auf der Pro Tour Honolulu kassiert habe: Einmal dafür, dass ich zwei Minuten in Game drei mit sieben Handkarten darüber nachdachte, ob es nicht doch noch möglich sei in die Combo zu gehen. (Es sind exakt 5040 verschiedene Möglichkeiten, wenn man das Transmuten außen vorlässt, über die ein Combospieler mit voller Hand in kürzester Zeit nachdenken muss!) Das war einen Zug, bevor ich von zwei von Jelger Wiegersma angeführten Loxodon Hierarchen getötet worden wäre und dann auch wurde. Und einmal in den Top 8, als ich in Spiel zwei die Combo ohne Heartbeat durchziehen musste.

Zuerst bin ich freundlich darauf hingewiesen worden, etwas schneller zu spielen, was mich aber aus dem Konzept brachte, da ich etwas nervös war, in den Top 8 einer Pro Tour spielen zu dürfen und ich erneut alles durchrechnen musste. Das sagte ich auch den Judges, dass ich nun noch einmal alles durchrechnen müsste; eine Minute später habe ich ein Warning bekommen und Mr. Ruél nahezu zeitgleich ausgecomboed. Die andere Option, als die Combo durchzuziehen, wäre Weird Harvest auf Meloku the Clouded Mirror und „go“ gewesen. Weitere Warnings sind mir unbekannt, eventuell vorhanden, jedoch nicht meines Wissens und leider kann ich meine eigene Akte nicht aufrufen.

Also muss ich mich wohl damit abfinden, ein Jahr lang kein Magic spielen zu können. Leider habe ich in der Saison nur eine Pro Tour Top 8 geschafft, sonst wäre meine Sperre wohl nur sechs Monate lang ausgefallen. Für den Fall, dass ihr noch Fragen oder Anregungen habt oder sonst etwas wissen wollt, wie es nun mit mir und/ oder Magic weitergehen soll, schreibt mir bitte eine eMail an maximilian.bracht@pokersieger.de und ich werde alle eMails dann in einem weiteren Artikel eingebaut beantworten.

Bis zum nächsten Mal,

mBracht

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