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Reisebericht GP Rimini
von Michael Hüllecremer
19.09.2004

Es ist Montagabend der 13.09.04 22:30 und ich sitze auf der Veranda meines Hotels in Rimini und da ich nichts besseres zu tun habe, dachte ich mir ich schreibe mal die vielen Eindrücke und kleinen Geschichten rund um den GP Rimini auf. Zum besseren Verständnis sollte ich aber vielleicht lieber vorne anfangen.

Als ich Mitte August aus unserem Jugendtrainingslager, dass mein Basketballverein jährlich ausrichtet, zurückkam, staunte ich nicht schlecht, als ich ein Email von WotC-Belgien fand, in der man mir mitteilte, dass ich eine Full-Sponsorship für den GP Rimini bekommen hätte. Nachdem ich mit seit bald 2 ½ Jahren für nahezu jeden GP in Europa beworben hatte, aber immer nur kommen durfte, wenn ich die Reisekosten selber trug, hatte ich damit wirklich nicht mehr gerechnet.

Ich schrieb also Tom de Baerdemaeker von WotC, dass ich natürlich gerne kommen würde und wie wir die Reiseplanung regeln wollten. Er antwortete mir ich solle mich doch bitte um den Flug kümmern und würde das Geld in Rimini zurück erhalten. Also ging ich tags drauf zum Reisebüro meines Vertrauend um den Flug zu buchen. Leider stellte sich heraus, dass nur sehr wenige Flüge überhaupt nach Rimini gehen und es war keiner mehr frei um Freitags hin und Montags zurück zu fliegen. Auch ein Telefonat mit Dirk Baberowski half nicht weiter, denn auch er konnte mir bestenfalls einen Flug nach Bologna anbieten.
Ich schilderte also Tom das Problem und er wollte sich auch nochmal erkundigen. Er tat tatsächlich noch einen Flug auf, bei dem noch genau ein Platz frei war. Natürlich war dieser längst vergriffen, als ich ihn buchen wollte. Die einzige Alternative, die sich noch anbot, war den Rückflug auf Dienstag zu legen, da waren noch genügend Plätze frei. Tom stimmte diesem Plan zu und sagte mir, man wolle mein Zimmer für einen Tag länger buchen.
Nun war es also fix: ICH FLIEGE ZUM GP RIMINI.

Freitag 10.09.:
Donnerstagabend packte ich dann meine Sachen und machte mich Freitagmorgen auf zur Bahn. Die mich zum Düsseldorfer Flughafen bringen sollte. Dort checkte ich in meine Maschine nach München ein, von wo aus es weiter nach Rimini gehen sollte.
Ich musste kurz an den TrashT, Frisör und Co denken, die bereits am Tag zuvor Richtung Ösiland aufgebrochen waren und freitags weiter nach Rimini cruisen wollten. Da war meine Reiseart doch deutlich angenehmer.
Bei mir lief alles planmäßig. In München hatte ich gerade mal 10min bis mein Anschlussflug anfing zu boarden. Am Gate angekommen traf ich auch gleich die ersten bekannten Gesichter. Meine Kollegen Kevin Desprez aus Frankreich und Claire Williams, die noch Lee Wood aus England mitgebracht hatte, warteten bereits darauf boarden zu können. Man begrüßte sich kurz und dann ging es schon mit einem Bus zu einem Flieger, der etwas abseits auf dem Flugfeld stand. Nachdem wir noch einige Minuten warten mussten, damit auch Craig Jones vom Sideboard, dessen Flug Verspätung hatte, noch mitkam. Der Spaß sollte dann am Flughafen Rimini anfangen.
Er nennt sich großspurig International Airport. Bereits beim Landeanflug fragten wir uns, ob der Pilot sich nicht vielleicht vertan hat, oder ob er tatsächlich auf dem Acker unter uns landen wollte. Wenn ich den Flughafen als klein bezeichne, schmeichle ich ihm noch. Wir wurden aber standesgemäß mit einem Bus in Empfang genommen, der uns zur 30 Meter entfernten Ankunftshalle brachte. Dort wartete ich dann auf mein Gepäck und versuchte in der Zeit eine nicht defekte Toilette zu finden. Da dies ein International Airport war, konnte ich meinen Koffer nicht direkt vom Flieger mitnehmen, sondern musste warten, bis er auf eine Karre geladen, diese dann zur Rückseite der Ankunftshalle gefahren und er dann mittels eines Gepäckbandes in die Ankunftshalle transportiert worden war. Ordnung muss halt sein.
Da die anderen nur mit Handgepäck reisten, beeilte ich mich also zur Pass- und Zollkontrolle zu kommen, damit diese nicht länger warten mussten. Ich folgte also dem Gang und kam zu einem Punkt, der wie die Passkontrolle aussah. Aber da war weit und breit niemand zu sehen. Hmm, dann musste sie wohl hinter der Doppeltür am Ende des Ganges liegen. Als ich die Tür passiert hatte, musste ich jedoch feststellen, dass ich bereits außerhalb des Flughafengebäudes war.
Weiter ging es also mit dem Taxi zum Hotel und nachdem wir uns ein wenig frischgemacht hatten, gingen wir zur Site. Nur wenige Spieler nutzten die Gelegenheit sich bereits anzumelden und sich diesem Stress am Samstagmorgen zu ersparen. Wer gerne ein wenig länger schläft, sollte dies bei einem GP auf jeden Fall machen. Auch in der Halle waren nur die Leute von der WotC-Staff, die letzte Aufbauarbeiten vornahmen, zu sehen. Irgendwann rief mich noch der TrashT an, da sie keine Lust hatten sich auf dem Messegelände, dass sie außerhalb von Rimini gefunden hatten, die Campingausstellung anzugucken und fragte mich wo sie denn hin müssten. Anhand des Namens des Veranstaltungsortes und der ungefähren Lage, konnten sie die Site dann später auch finden.
Nachdem es also kein Judgemeeting geben sollte, wie dies eigentlich auf GPs am Freitagabend üblich ist, gingen wir zurück zum Hotel und von dort weiter Richtung Strand, wo sich der Großteil der Bars und Restaurants befindet. Wir suchten das erste ordentlich aussehende Ristorante auf, um etwas zu essen. Allein über die Speisekarte könnte man einen ganzen Bericht schreiben. Hier seien nur ein paar Highlights erwähnt.
Die Karte war außer in Italienisch auch noch in Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch (!) geschrieben. Die Bedienungen hingegen sprachen natürlich nur Italienisch, obwohl wir außer Russisch jede Sprache der Karte anbieten konnten.
Der Engländer scheint laut Karte gerne vorab ein Horse d'Ouvre zu nehmen. Er ist halt gerne Pferd als Vorspeise.
Als Spezialität des Hauses war u.a. eine Pizza Pommes aufgelistet. Eine Pizza Gyros gab es leider nicht, dafür aber eine Pizza Wurstel.
Außerdem scheint es im Russischen kein Wort für Melone zu geben. Zumindest fehlte bei Gerichte mit Melone immer die russische Übersetzung.
Solltet ihr selber einmal nach Italien kommen, so kann ich euch nur empfehlen erst einmal bei Pizza und Pasta zu bleiben. Der Rest ist ein unkalkulierbares Risiko. Nachdem Claire und Lee mit ihrer Pasta und ich mit meiner Pizza fast fertig waren, kam auch endlich Craigs Schnitzel, das noch halbwegs ok war. Über den Fisch von Kevin, der noch weitere 15min brauchte, breite ich lieber den Mantel des Schweigens aus.
Zurück im Hotel ließen wir uns noch von Craig ein paar Euros beim Pokern aus der Tasche ziehen. Der muß wohl ein paar mal mit den Pros trainiert haben. Zwischendurch sagte der Headjudge Silvio Vitali noch kurz „Hallo“ und teilte uns mit, dass wir uns am nächsten Morgen um 7:30 Uhr zur Site aufmachen würden.

Samstag, 11.09.:
Nach einer nicht übermassig langen Nacht, ging es am nächsten Morgen mit dem Turnier los. Über das Turnier will ich nicht allzu viel berichten, da dies sicherlich noch einige Spieler in ihren Reports tun werden und von den interessanten Rulings könnte ich nur aus 2. oder 3. Hand berichten und da würden sicherlich wichtige Details fehlen. Ich scheine ein Talent dafür zu haben, den wirklich schlimmen Rulings aus dem Weg zu gehen oder es traut sich keiner was bei mir .
Es wurde relativ schnell klar, dass wir im vergleich zu meinen bisherigen GPs eine eher unerfahrene Judgecrew mit vielen Level 1 Judges aus Italien hatten. Außer dem Headjudge waren nur zwei weitere Level 3 Judges zugegen.
Ich war am Samstag in das Team von Alfonso Bueno einem Level 2 aus Spanien, der nach dem GP Madrid wohl zum zweiten Mal Teamleader war, eingeteilt. Unser erstes Teammeeting dauerte dann auch nur 2-3 Minuten, da er uns nur kurz mitteilte, dass wir die ersten 4 Runden für die Logistic und ab Runde 5 für die Result Slips zuständig wären. Es sei hier erwähnt, dass man dies normalerweise ein wenig länger gestalten sollte. Es ist immer gut sich als Teamleader erst mal selber vorzustellen und dann auch die anderen darum zu bitten, damit man sich ein wenig kennenlernt und einschätzen kann über wie viel Erfahrung jeder verfügt. Der ganze Tag verlief dann auch ein wenig unkoordiniert, da Alfonso zwar sagte was zu tun sei, aber leider nicht immer die Arbeit klar zuteilte.

An dieser Stelle möchte ich auf zwei Dinge hinweisen, die ihr auf euren kommenden Turnieren berücksichtigen solltet, damit diese noch angenehmer für alle verlaufen.

1. Hüllen: Hüllen stellen mittlerweile das Hauptproblem auf Turnieren dar. Bei einigen Judges habe ich den Eindruck, dass sie sich beim Deckcheck so sehr auf die Hüllen konzentrieren, dass sie das Wesentliche aus den Augen verlieren.
Als Spieler solltet ihr folgendes beachten: Geht ihr zu einem offiziellen Turnier, solltet ihr auf die Verwendung von Hüllen mit Bildern auf der Rückseite, mit Mustern aller Art oder irgendwelchen blinkenden oder reflektierenden Rückseiten verzichten. Dies sind bei Judges sehr unbeliebt, da sie einen zu großen Spielraum für Manipulationen zulassen. Spätestens ab Turnieren vom Niveau eines PTQ sind sie völlig ungeeignet.
Auch solltet ihr die Hüllen, nachdem ihr eine Zeit ausführlich mit ihnen gespielt habt einfach mal austauschen. Sie haben dann so viele Flecken und Macken angesammelt, dass sie nicht für Turniere taugen. Und vor wirklich wichtigen Turnieren sollte man unbedingt ein paar Euro für neue Hüllen investieren. Das ist allemal billiger, als wenn man wegen der alten Dinger im Extremfall aus dem Turnier geworfen wird.
Auf der anderen Seite sollte sich der ein oder andere Judge einmal überlegen, dass man zwar mit den Hüllen cheaten kann, dass aber entweder so offensichtlich ist, dass es jeder schnell mitbekommt oder man sich die Augen aus dem Kopf gucken muss, damit man was erkennen kann. Es kann nicht sein, dass eine Spieler auf einem zweitägigen Turnier mehrfach die Hüllen wechseln muss, weil schon wieder kleinste Markierungen zu erkennen sind. Wenn man betrügen will gibt es sicherlich bessere Wege gibt (z.B. Extrakarten ziehen oder sein Deck manipulieren).
2. Technische Fehler: Die Judges gehen mehr und mehr dazu über in Situationen, wo ein Spieler einen kleinen technischen Fehler gemacht hat, nach der Absicht, die dem Spielzug zu Grunde lag, zu entscheiden. Wenn der Spieler also z.B. zunächst seine Länder zählt, dann die des Anderen und dessen Kreaturen und seine Lebenspunkte kontrolliert und dann für 8 Mana Rude Awakening spielt ohne das Entwine anzusagen, dann ist doch eigentlich jedem klar, dass er seine Länder enttappen und für tödlichen Schaden angreifen will. Dann herzugehen und zu sagen, dass er Entwine nicht angesagt habe und deshalb das jetzt nicht machen dürfe, ist einfach Unsinn.
Ich sage sogar, dass das unsportlich ist, wenn man versucht sich auf diese Weise um ein verlorenes Spiel herumzudrücken. Ich habe mir zumindest vorgenommen für diese Dinge in Zukunft ein Warning für Unsporting Conduct zu vergeben. Schließlich soll ein Spiel nicht dadurch entschieden werden, dass man dem Gegner Strafen für kleine Ungenauigkeiten reindrückt, sondern durch besseres Spielen oder auch nur durch bessere Draws.
Soweit zu meinen Appellen an euch für heute.


Sonntag 12.09.:
Viel zu früh ging es am Sonntagmorgen wieder zur Site. Mein Teamleader für diesen Tag war Kevin und da er schon einige GPs auf dem Buckel hatte, wenn auch nicht als Teamleader, erwartete ich keine großen Probleme. Die ersten 3 Runden sollten wir uns um die Standings / Pairings kümmern und die anderen 3 um die Result Slips. Beides fordert natürlich das ganze Team bei 64 Spielern bzw. 32 Matches . Außerdem sollten wir immer einen vom Team für die Feature Matches abstellen. Insgesamt finde ich den 2.Tag eines GP eher langweilig, da es nicht viel zu tun gibt. Meistens hat man so 12-15 Judges für die 64 Spieler. Das bedeutet man hat 1 Judge für 4-5 Spieler. Das Schwerste ist eigentlich nach der meist recht kurzen Nacht nach Tag 1 nicht irgendwann einzuschlafen, wenn man eine Partie beobachtet. Der interessanteste Teil in meinen Augen kommt dann wenn die 6 Runden rum sind: Das Tablejudgen der Top 8. Obwohl man auch hier meist nicht richtig gefordert wird, macht es mir doch trotzdem Spaß guten Spielern vom bestmöglichen Platz zuzusehen. Ich tendiere immer dazu in Gedanken ein wenig mitzuspielen und denke zumindest ab und zu auch etwas lernen zu können.
Wie es das Schicksal bzw. der Headjudge wollte, wurde ich hierfür nicht eingeteilt und somit war der GP für mich quasi beendet. Den restlichen Tag verbrachte ich also damit die Top8 zu verfolgen, ein wenig Manöverkritik mit den Judges mit denen ich zusmmengearbeitet hatte auszutauschen und anderweitig Smalltalk zu betreiben. Dabei hörte ich auch eine lustige Geschichte von den Judgetests, die Lubos Lauber durchführte, die ich euch nicht vorenthalten will.
Beim Test eines Italieners, der für Level 1 testete, tauchte die Frage auf, was zu tun wäre, wenn ein Spieler zu Beginn des Spiels 8 Karten ziehen würde. Die richtige Antwort wäre gewesen, dass dieser Spieler einen Mulligan nehmen muss und sein Glück mit 6 Karten neu versuchen darf. Der Prüfling antwortete jedoch, dass man zufällig eine der 8 Karten ins Deck zurückmischt und das Spiel dann fortsetzt. Als Lubos ihm dann mitteilte, dass seine Antwort falsch sei und ihm erklärte was richtig wäre, guckte der Italiener ganz irritiert und sagte, dass das was er geantwortet hätte doch genau das gewesen wäre, was ein Judge mit seinem Gegner gestern im GP gemacht hätte. Naja, wie schon erwähnt, waren da einige unerfahrene Judges am Start.
Nach einem weiteren Abendessen im benachbarten Ristorante und dem Besuch eines „Pubs“ am Strand endete der Abend recht bald, da alle einigermaßen müde waren.

Montag 13.09.:
Am Montag war dann für alle (außer mir) der Abreisetag. Nun durfte ich auch feststellen, warum für mich kein Platz mehr auf dem Flieger gewesen war. Alle nicht-italienischen Judges und die Leute der Staff waren auf dem Flieger nach München gebucht. Und da es davon nur einen pro Tag mit ca. 60 Plätzen gibt, war der wohl schnell ausgebucht.
Da die Maschine allerdings erst um 17:15 Uhr abflog, gingen wir (Claire, Lee, Kevin, Craig und ich) zusammen mit Ervin und Kristina von WotC zum Strand in eine Bar und redeten noch über dies und das. Um 15:30 Uhr waren auch die dann abgereist und nur ich blieb allein zurück. Die restliche Zeit des Tages verbrachte ich am Strand und in der Stadt. Und nun sitzt ich halt hier auf der Veranda, schreibe diesen Bericht auf Papier und nehme mir vor mir einen Laptop als nächsten Computer zu kaufen, damit ich nicht noch einmal alles abtippen muss. Morgen geht es dann auch für mich wieder zurück nach good old Germany.

P.S.: Props an alle von euch, die diesen Artikel bis zu Ende gelesen. Ich hoffe es war die Mühe wert.
Allen von euch, die immer schreien „mehr davon“ kann ich schon mal sagen, dass es wahrscheinlich Ende Oktober für mich nach Columbus geht und ihr dann einen neuen Bericht bekommt, wenn ihr euch weiterhin auf meinen Turnieren gut benehmt.

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