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Limited
Im Schutz der Dunkelheit
von Arne "Lideira" Bister
09.01.2003

Im Schutz der Dunkelheit
oder
Zeromantische Draftweisheiten in Theorie und Online Praxis
oder
Wie ich mitten in der Nacht Neun Onslaught Booster gewann



Hallo Community,
Nach der eindringlichen Mahnung von Georg, doch nicht nur zu nehmen, sondern auch zu geben, gebe ich es Euch jetzt - den möglicherweise ersten Anwendungsbericht der Artikelserie "Boosterdraft für Fortgeschrittene". Man bemerke die subtile Referenz, mit der ich meinen Artikel aufzuwerten versuche. Na ja, letztendlich ist das hier nur ein verkappter Turnierbericht eines beliebigen Onslaught Sealed Deck Turniers in Magic Online. Und ich bin auch nur Zweiter geworden. Spannend war es trotzdem, vor allem der Top 8 Draft.
Weil außerdem Magic in der Online Welt ganz spezielle Herausforderungen birgt, ist dieser Bericht gleichermaßen eine Skizze dieser dem einen oder anderen nicht so bereitwillig zugänglichen Umgebung. Natürlich eine rein subjektive Beschreibung, aus meiner Johnny/Spike Sicht. Wer mit den offiziellen Begriffen Johnny und Spike nicht soviel anfangen kann, ersetze diese einfach durch 5/2er oder 1700er. Was das nun wieder heißt? Hier eine kurze Begriffsklärung:

5/2er - Quasi unermüdlicher Amateurspieler, nimmt an möglichst vielen PTQs teil, verbissen um Verbesserung bemüht. Geht 5/2 in jedem Turnier mit 7 Runden und verpasst damit die Top 8 immer um ein bis zwei Plätze. Hat er einmal an der Deutschen Meisterschaft teilgenommen, legt er meist eine lange Pause ein und spielt mehrere Jahre überhaupt kein Magic.
1700er - Online Drafter, der sich durch gelegentliche Draftgewinne immer knapp über Wasser hält, also nur selten neue Booster kaufen muß. Limited Ranking bleibt immer über 1700, sinkt aber sofort erheblich infolge mehrerer verlorener Drafts, sobald sich die Marke bedrohlich der 1800 nähert.

Etwas simpler ausgedrückt schaffe ich es seit vielen Jahren, trotz phasenweise intensiver Beschäftigung mit Magic konstant auf dem Niveau eines fortgeschrittenen Amateurs zu spielen. Man könnte sagen, Andreas P. hat wahrscheinlich ohne es zu wissen seine Artikel über Boosterdraft genau für mich geschrieben: sie bergen etliche wertvolle Tips, deren Beherzigung mir helfen könnte, meinen Draftstil zu verbessern. Diese sind jedoch generisch genug, um Fehlinterpretationen oder schlechte Umsetzung zuzulassen. Es besteht also keine Gefahr, mich tatsächlich dramatisch zu verbesseren - oder?

Genau um diese Frage könnte sich eine weitere Artikelserie ranken: Läßt sich durch das Studium von Artikeln das eigene Spiel entscheidend verbessern? Wird man durch Lesen erfolgreicher draften? Eventuell sogar überhaupt erst erfolgreich Magic spielen?

Darüber darf sich ruhig jemand auslassen, der mehr davon versteht.
Ich habe mir in meiner kleinen, feinen Online Welt eine Nische erarbeitet, in der man sich tatsächlich messbar verbessern kann. Aber sind Online Draft Turniere überhaupt ein Maßstab? Schauen wir uns dazu zunächst einmal kurz die Magic Online Umgebung an sowie im Anschluß den Turnierbericht (mit Schwerpunkt auf dem Top 8 Draft). Danach mag der eine oder andere sein Urteil fällen.

Magic Online unterscheidet sich vom papiergebundenen Magic in etwa so wie die Tagesschau von der Tageszeitung. Das eine wird das andere nie ersetzen, sondern höchstens ergänzen. Dennoch braucht man nicht zwingend beides, um eins davon zu genießen. So gehöre ich inzwischen zu den Spielern, die so gut wie ausschließlich online spielen und zumindest von den neueren Sets auch nur noch einen virtuellen Kartenpool ihr eigen nennen.
Inwieweit kann man in einer solchen Umgebung denn vernünftig draften? Um diese Frage zu beleuchten, ist eine kurze Charakterisierung der Online Turnierspieler unabläßlich: ich postuliere nämlich, dass neben dem „Bildungsstand“ der Mitspieler für die Qualität des Drafts auch deren Motivation ausschlaggebend ist.

Was braucht man neben einem MtgO Account überhaupt, um an einem Online Turnier teilzunehmen?

a) Computer mit Internetzugang
Dieses Kriterium erfüllt offensichtlich momentan jeder Leser. Allerdings ist es damit ja noch nicht getan. Im allgemeinen muß für ein Turnier die Internetverbindung über Stunden hochperformant verfügbar sein. Um nicht mit einem Handicap gegenüber den anderen Spielern zu starten, sollte man also schon mit einer DSL Verbindung & Flatrate antreten, wobei ich auch schon Drafts über eine Analogmodem Verbindung gewonnen habe.

b) Virtuelle Booster und/oder Starter Pack sowie Tix
Jeder Draft erfordert bekanntermaßen drei Booster Packs, jedes Sealed Deck Turnier zwei Booster, ein Starter Pack. Hinzu kommen jeweils zwei Tix (WotC Online Währung) als Startgebühr. Da Booster und Tix reales Geld kosten, braucht man entweder eine Kreditkarte oder einen guten Bekannten mit einer Kreditkarte, um überhaupt an dieses virtuelle Material zu gelangen.

c) Motivation
Das ist meiner Meinung nach der Schlüssel. Während die Kriterien a) und b) im allgemeinen von einem breiterem Publikum erfüllt werden, welches sich vornehmlich aus der Schicht wohlsituierter Steuerzahler rekrutiert, kann sich die Motivation für eine Turnierteilnahme nur aus entweder einer Aussicht auf interessante Preise oder aus dem Wunsch ableiten, das eigene Können gegen andere im fairen Wettkampf unter Beweis zu stellen. Schauen wir dazu kurz auf die neue Gewinnstruktur für Online Turniere: Drafts mit 8 Teilnehmern geben dem Sieger 8 Packs, dem Zweiten immerhin noch 4 Packs bei einem Einsatz von 3 Boostern und zwei Tix. Ein Sealed Deck Turnier findet erst ab 24 Teilnehmern statt, erfordert mehr Material, mehr Zeit und schüttet lediglich 12 Booster für einen ersten Platz sowie 9 Booster für einen zweiten Platz aus (danach 4 – 4 – 2 – 2 – 2 für die restlichen Top 8, wenn ich das richtig im Kopf habe).

Im Top 8 Draft eines Online Sealed Deck Turniers ist demnach die Chance ungleich höher als in einem regulären Online Draft, auf Magicspieler zu treffen, die nicht nur wegen des möglichen Gewinnes sondern vor allem um des guten Spiels willen angetreten sind. Allerdings ist es dem Online Spiel zumindest in seiner jetzigen Phase eigen, dass öfter als gewöhnlich
Rares gedrafted werden, um den eigenen Kartenpool zu stärken. Das unter Pros übliche Verdraften der Rares nach dem Turnier ist hier nicht möglich. Jeder Spieler, der auch Constructed Magic online spielen möchte, muß sich daher auch ein wenig um seinen Kartenpool kümmern. Natürlich kann man sich auch hier seinen Kartenpool zusammentauschen. Allerdings gilt wie in der realen Welt: ohne Dings kein Bums, will sagen man muß schon Tauschmaterial haben. Glücklicherweise sind die tauschbaren Rares in Onslaught solche Spoiler, dass man sie als First Pick sowieso immer nehmen würde. Umso wichtiger ist die Beachtung des Tips, auf fehlende Rares zu achten und mögliche Signale im Lichte dieser Erkenntnis zu bewerten. So haben mir Mitdrafter schon ein Cruel Revival durchgelassen und sich lautstark über die Windswept Heath gefreut.

Ob sich daher Online Turniere mit „realen“ Turnieren vergleichen dürfen oder sollen, überlasse ich anderen zu beurteilen. Wahrscheinlich ist die Frage aber auch nur so sinnvoll wie feststellen zu wollen, ob der Tagesschaugucker oder der Tageszeitungsleser besser über das Tagesgeschehen Bescheid weiss.

Doch nun zum Spielgeschehen:

Ich bin also nach wochenlangem Terminabgleich mit meiner besseren Hälfte am 30.12.2002 angetreten, in einem Online Onslaught Sealed Deck zumindest an dem Top 8 Draft teilzunehmen und ihn nach Möglichkeit für mich zu entscheiden. Ein entscheidender Vorteil bei Online Turnieren ist der Wegfall des ganzen administrativen Überbaus wie Deck Registration, Warteschlangen, Pairinglisten, Platz finden, Decks eintüten oder beim Deckbau auf engstem Raum sortieren. Außerdem kann man soviel Knoblauch gegessen haben wie man will, ohne dass es als Unsportlichkeit ausgelegt wird, sich in bequemen Klamotten vor den Monitor flezen und nebenbei richtig gute Musik auflegen. Ach ja, zu den wichtigsten Einstellungen im Options Menu bei Magic Online gehört die Möglichkeit, den lästigen Sound total auszuschalten. Kaum beginnt das Turnier, öffnet sich auch schon der Kartenpool und ich habe 20 Minuten Zeit, mein Deck zu bauen. Bereits hier ist ja genug Raum für Fehler vorhanden. Wenn das von der Formatierung her klappt, solltet Ihr nun meine Deckliste nebst Sideboard sehen können:
 
lands (17):
2Barren Moor
6Forest
1Grand Coliseum
4Mountain
3Swamp
1Tranquil Thicket

creatures (17):
1Elvish Warrior
1Everglove Courier
1Goblin Machinist
1Goblin Sledder
1Screeching Buzzard
1Severed Legion
1Snapping Thragg
1Sparksmith
1Spined Basher
1Spitting Gourna
1Symbiotic Elf
1Treespring Lorian
1Wellwisher
1Wirewood Elf
1Wirewood Herald
1Wirewood Savage
1Gigapede

spells (6):
1Crown of Suspicion
1Cruel Revival
1Erratic Explosion
1Explosive Vegetation
1Shock
1Smother

40 cards
lands (19):
6Island
2Mountain
6Plains
1Secluded Steppe
1Starlit Sanctum
3Swamp

creatures (18):
1Dawning Purist
1Disciple of Malice
1Disruptive Pitmage
1Elvish Pioneer
1Foothill Guide
1Glory Seeker
1Goblin Sky Raider
1Gustcloak Harrier
1Heedless One
1Imagecrafter
1Ironfist Crusher
1Leery Fogbeast
1Mistform Wall
1Riptide Biologist
1Shaleskin Bruiser
1Skirk Prospector
1Slipstream Eel
1Spurred Wolverine

spells (16):
1Lavamancer's Skill
1Withering Hex
2Defensive Maneuvers
1Discombobulate
1Enchantress's Presence
1Fever Charm
1Ixidor's Will
1Lay Waste
1Misery Charm
1Profane Prayers
1Renewed Faith
1Syphon Soul
1Trickery Charm
1Words of Waste
1Sea's Claim

53 cards
 
Was für ein Haufen! Der Top 8 Draft schien bereits in weite, unerreichbare Ferne gerückt zu sein. Keine Bombe, nicht einmal ein Bömbchen. Zweifarbigkeit auch eher unmöglich. Der Standardblick auf Blau bestätigt die Regel, eine Farbe also schon raus. Grün ist nach kurzer
Durchsicht so gut wie gesetzt. Nun aber die erste knifflige Frage: rechtfertigt sich Weiß mit einer durchaus soliden Kreaturenbasis als weitere Farbe neben Grün? Eine dritte Farbe wird sich spielen lassen, allein schon wegen der Explosive Vegetation und des Grand Coliseums zur Konsolidierung der Manabasis.

Letztendlich geht Weiß zugunsten von sowohl Schwarz als auch Rot, um mit genügend Removal UND Evasion in die Schlacht zu ziehen. Positiv fällt auf der Screeching Buzzard und entweder die Severed Legion oder nach Sideboarden der Anurid Murkdiver. Man hätte wegen der geringen Anzahl von Cycling Karten für 18 statt 17 Länder plädieren können. Im Nachhinein habe ich mich gefragt, ob das Leary Fogbeast nicht die bessere Wahl statt des Symbiotic Elf gewesen wäre, vor allem wegen der Synergie mit dem Wirewood Savage. Es ist zwar „nur“ ein Blocker und ich blocke nicht besonders gerne, aber dafür nimmt es das Fogbeast auch mit einem Treespring Lorian oder einem Barkhide Mauler auf. Immerhin reden wir hier von Sealed und das ist langsam genug für die richtig großen Viecher.

Von dem eigentlichen Sealed Deck Spiel will ich hier nur ein paar Highlights erwähnen, damit wir uns mehr auf den Draft konzentrieren können. Das eigentliche Highlight gleich vorweg: mit diesem Haufen bin ich unbesiegt 4:0:1 durchmarschiert, mit einem Draw in der fünften Runde, um Luftballons für die Geburtstagfeier von meinem Kleinen aufblasen zu können (ja, auch das ist ein entscheidender Vorteil von Online Magic – man ist nach wie vor in kritischen Situation für die Familie erreichbar. Wer bisher gut aufgepasst hat, weiss nun auch, dass mein Sohn zu Silvester geboren wurde). Interessant ist, dass ich in jedem Match jeweils das erste Duell abgegeben habe, um die darauffolgenden dann zu gewinnen. Das ist umso prickelnder, als ein Timeout in Online Magic einen sofortigen Matchverlust zur Folge hat. Ein Timeout geschieht, wenn der eigene Timer (ähnlich einer Schachuhr) auf Null geht. Ist man länger als zehn Minuten ohne Verbindung, gewinnt der Gegner das Duell automatisch. Das wird nachher noch einmal eine Rolle spielen (hallo Zeromant, wie war das mit dem Foreshadowing?). Wiederum ein Argument für eine schnelle und stabile Internetverbindung.

Die Namen der Gegner habe ich zum einen zum Schutz der Persönlichkeit weggelassen und zum anderen, weil die #!$&@ Turnieraufzeichnung gelöscht war, bevor ich mir das alles notieren konnte. Wer schreibt schon mit, wenn es Online Log files gibt?

Runde 1: Gegner mit R/G/b
Mein Gegner zeigt mir einen frühen Sparksmith, den ich nicht so richtig brauchen kann. Ich entsorge mit Shock. Er legt Embermage Goblin nach und ich schaue traurig auf meinen Smother. Falsch herum!
Im nächsten Spiel mache ich den Boden immer mal wieder mit einem Gigapede dicht, den ich für Länder mindestens dreimal zurückkaufe. Derweil fliegt mein Buzzard den Sieg nach Hause. Irgendwie gewinne ich das ganze Match und darf weiter spielen.

Runde 2: Gegner mit ebenfalls G/r/b
Selbe Farbkombination wie mein Vorrundengegner und wie ich. Anscheinend mag hier niemand so gerne weiß oder blau. Ich liege gut im Rennen als er ohne Kreatur auf dem Tisch mit acht Mana eine Centaur Glade legt. Gegen diesen Spoiler ist mein Deck tatsächlich machtlos. Auch im Sideboard findet sich nichts, also mache ich das einzige, was man da tun kann:
Ich kaufe mich mit dem Wirewood Savage durch mein Deck und überrenne ihn mit Beasts bevor er jemals in die Nähe seiner Centaur Glade kommt.

Runde 3: Gegner mit B/?

Ich erinnere mich an extremes Removal auf meine Kreaturen im ersten Duell. Wiederum geht die Severed Legion zugunsten des Anurid Murkdivers beim Sideboarden. Da legt mir Monsieur in Runde zwei einfach mal so seine Visara vor die Visage. Ein Cruel Revival später habe ich das Spiel im Griff und gebe wieder das Motto aus: Unleash the Beasts.
Spiel 3 entscheidet mein Goblin Machinist. Der Gegner blockt nicht bei 12 Leben. Mit sechs offenen Mana sieht mein Machinist einen Treespring Lorian und einen Anurid Murkdiver... wenn die Beasts einen nicht überrennen, dann regnen sie eben per Topdeck Skill von oben herab.

Runde 4: Gegner mit B/?
Warum ich mir nicht mehr Details gemerkt habe? Weil man eigentlich eigene Spiele noch mal anschauen kann. Eigentlich eine sehr gute Methode für alle nicht Pros, die eigenen Spielfehler noch einmal zu analysieren. Warum nicht auch für Pros? Weil es einen professionellen Magicspieler auszeichnet, ein derart gutes Gedächtnis zu besitzen, dass er die meisten Spiele noch Zug für Zug im Kopf hat. Leider ist wie gesagt mein externes Gedächtnis in Form des „My Games“ Folder gelöscht worden, daher erinnere ich mich nur noch dunkel, zwei Duelle mit dem Anurid Murkdiver swampwalkend gewonnen zu haben.

Runde 5: Draw

Nun stehe ich also tatsächlich auf Platz eins und bin damit völlig sicher im Top 8 Draft. Nochmal schnell die Strategie – gewinnen – durchgegangen und los geht es.

Im ersten Booster ist kein besonderer First Pick drin. Als spielstärkste Karten bieten sich Dive Bomber oder Screeching Buzzard an, außerdem mehrere solide grüne Karten. Da es neben dem Dive Bomber noch einen Gravel Slinger gibt und der Buzzard die einzige schwarze Karte ist, blocke ich Schwarz und nehme den Discard Vogel. Außerdem brauche ich entweder schwarz oder rot als Removal Farbe.

Der zweite Booster kommt mit intakter Rare (irgend eine blödblaue Karte – nein, kein Quicksilver Dragon oder so) und außerdem Catapult Squad. Es fehlt eine Common, aber ich kenne die Printruns nicht. Innerlich ärgere ich mich fast ein wenig, nicht den Dive Bomber genommen zu haben, greife aber bedenkenlos nach dem Squad. Anscheinend hatte ich das Signal richtig verstanden, denn im Rest des ersten Boosters gelingt es mir, eine gnadenlos gute Verstärkung zu meinem Catapult Squad zu draften:
Gustcloak Harrier, Glory Seeker, Daru Lancer und doch noch ein Dive Bomber. Außerdem sichere ich mir ein erstes Renewed Faith und blocke an Schwarz, was eben so kommt: Severed Legion, Spined Basher und einen zweiten Screeching Buzzard. Mit einem Auge halte ich immer Ausschau nach Rot als willkommenen Ersatz für das anscheinend stark gedraftete Schwarz aber da kommt gar nichts. Vielleicht ist also Schwarz gar nicht so stark gedrafted sondern einfach nur schlecht besetzt? Oder sollte da jemand B/R zu draften versuchen? Nun, derjenige würde auf dem Rückweg wenig Schwarz bekommen.
Der zweite Booster wird geöffnet und ich stehe vor einer schwierigen Wahl: Sparksmith und doch auf Rot gehen bei erst vier schwarzen Karten oder ein zweites Catapult Squad. Ich nehme dann doch das Squad, da ich mit der Legion und dem Buzzard bereits gute Evasion haben und sehe prompt im nächsten Booster ein Shock! Dort liegt aber auch noch eine Rare, nämlich Cover of Darkness. Mit diesem Schutz der Dunkelheit habe ich bisher ausgezeichnete Erfahrungen gemacht. Das Enchantment sieht zwar auf den ersten Blick symmetrisch aus, ist es aber natürlich nicht. Erstens bestimmte ich den Kreaturentyp, zweitens ist es im Moment des Ausspielens fast ein Dirge of Dread. In der Tat ist der nächste Pick besagtes Dirge.

Dennoch – W/R ist einfach die bessere Farbkombination und Sparksmith – Shock wären zwei gediegene Picks gewesen. Wie sich später herausstellt, muß man eine Regel beim Draften einfach einhalten, die ich erst kürzlich in einem Finale W/R gegen W/R mit meinem Gegner diskutierte: You got to be able to beat B/G! Mit „Fear“ gegen Nantuko Husk anzulaufen ist einfach keine gute Option.

Danach wird mir weiss vor Augen:
Noch einen Gloryseeker, Gustcloak Harrier, zweites Renewed Faith und einen wichtigen Piety Charm neben Wretched Anurid und Festering Goblin, um mein Schwarz endgültig als zweite Farbe zu setzen. Irgendwo picke ich auch ein Righteous Cause, dass trotzdem nie den Weg in mein Deck schaffte. Vielleicht hätte es drin sein sollen und ich hätte mir mehr Gustcloak Runners nehmen sollen. Die Renewed Faith erschienen mir da einfach besser.
Der dritte Booster muss mir nun endlich ein paar Removal Spells geben. In der Tat öffne ich Pacifism und sichere mir im zweiten Booster ein Swat. Eine späte Crown of Suspicion rundet ein wenig ab. Zwei Unified Strike landen im Sideboard, weil die Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz einfach zu viele für meinen Geschmack sind. Ach ja, ich bekomme auch noch einen dritten Catapult Squad. Gerne hätte ich mir noch ein Sandskin oder noch einen Piety Charm gesichert, aber die gaben entweder meine Nachbarn oder der Kartenpool nicht her.

Zu guter letzt spielte ich also folgende absolut schnelle B/W Beatdown Variante (wenn die Formatierung klappt, sehr ihr jetzt mein Draftdeck nebst Sideboard):
 
lands (17):
1Barren Moor
1Daru Encampment
8Plains
1Secluded Steppe
6Swamp

creatures (15):
3Catapult Squad
1Daru Lancer
1Dive Bomber
1Festering Goblin
2Glory Seeker
2Gustcloak Harrier
2Screeching Buzzard
1Severed Legion
1Spined Basher
1Wretched Anurid

spells (8):
1Crown of Suspicion
1Pacifism
1Cover of Darkness
1Dirge of Dread
1Piety Charm
2Renewed Faith
1Swat

40 cards
creatures (9):
1Crafty Pathmage
1Dawning Purist
1Disciple of Malice
1Doubtless One
1Elvish Pathcutter
1Gravel Slinger
1Gustcloak Runner
1Information Dealer
1Slipstream Eel

spells (10):
1Mistform Mask
1Aura Extraction
1Brightstone Ritual
1Demystify
1Fade from Memory
1Misery Charm
1Righteous Cause
2Unified Strike
1Elvish Guidance

19 cards
 
Man beachte die sechs Cycling Karten und die extrem kurze Manakurve. Daher spielte ich nur sechszehn Länder und Daru Encampment. Das Encampment hatte ich über einen Grassland Crusader genommen, vielleicht ein Fehler. Aber zu dem Zeitpunkt schien mir das Daru Encampment einfach besser ins Konzept zu passen.

Es folgten drei recht spannende Duelle.

Viertelfinale gegen R/G
Ich schaute auf meine Starthand und dankte den Managöttern. Plains, Plains, Swamp, Festering Goblin, Gustcloak Harrier, Catapult Squad und Swat. Nachdem mein Gustcloak Harrier lag und der Gegner noch auf zwei Forests hing, hing plötzlich auch mein Rechner.
Was war los?
Nichts bewegte sich mehr in Magic Online. Dann poppte plötzlich eine Messag Box hoch: der Server hat die Verbindung unterbrochen. AAAAAAHH! Es gibt Momente, da könnte ich glatt schwach werden und doch einen Wechsel zur Telekom in Betracht ziehen...
Nach mehreren Versuchen, einem Crash und einem Reboot später konnte ich nach nur 12 Minuten wieder am Spielgeschehen teilnehmen. Leider hatte ich da das erste Duell bereits verloren wegen der Timeout Regel. Na super!
Aber mit meinem Deck wollte und konnte ich noch nichts verloren geben. Schnell Duell zwei mit einem ähnlichen Start gewonnen und danach begann mit nur 8 Minuten auf dem Timer das dritte Duell. Nach sieben Minuten sah es echt finster aus für mich. Der Gegner noch auf 6 Leben, aktiver Wellwisher mit drei Elfen und fetten Biestern auf dem Boden. Topdeck Cover of Darkness. Nun sah es plötzlich “echt finster” für meinen Gegner aus, als drei Soldaten mit Piety Charm und Daru Encampment Backup ihm im Schutze der Dunkelheit den Rest gaben.

Na also, geht doch.

Halbfinale gegen U/R
Noch eine Farbkombination, vor der ich Respekt haben sollte. Um nicht zu sagen, eigentlich müsste ein W/B Soldier Deck schlechte Karten gegen ein gut gebautes U/R Deck haben. Allerdings hatte mein Gegner nur ein Lavamancer Skill abbekommen. Beim Versuch, dieses auf seine obligatorische Mistform Wall zu applizieren machte ihm ein Swat einen dicken
Strich durch die Rechnung. Zwei Gustcloak Harriers mit Encampment Backup später beendete ein Dirge of Dread das bange Warten. Das zweite Duell war ähnlich schnell entschieden, da mein Gegner einfach kein Removal für meine Severed Legion zog, zu der sich noch der ein oder andere Buzzard gesellte.

Wow, wer hätte das gedacht? Um ehrlich zu sein, ich. Allerdings wohl nur in der Euphorie des Augenblicks, denn mein Decktyp und auch mein Deck waren wesentlich schwächer als ich zunächst dachte. Das sollte sich nun im Finale auch zeigen. Dabei hatte ich den unschätzbaren Vorteil, nach früher Beendigung meines Halbfinalspiels das andere Spiel online verfolgen zu können. Ob das wohl ein Bug ist? Sollte das eigentlich gehen? So wusste ich, es würde entweder ein Kampf gegen U/R oder gegen B/G sein. B/G??? Moment mal, da wären ja meine Cover of Darkness, Severed Legion und Dirge of Dread quasi völlig nutzlos! Plötzlich lief es mir eiskalt den Rücken runter und ich hoffte, noch einmal gegen U/R zu kommen. Soviel Glück war mir nicht beschieden und der schwarz grüne Spieler gewann. Wie mir ein schneller Blick auf sein Online Rating bestätigte war er auch kein Neuling, sondern mit 1878 gut dabei. Das Online Rating ist kein eindeutiges Merkmal für Spielqualität – jeder, auch ein Kai Budde, fängt beim ersten Draft mit 1600 an. Allerdings ist ein Online Rating von <1500 ein wahrscheinlich sicheres Zeichen für einen Rare Drafter und ein Online Rating von >1800 ein eher sicheres Zeichen für jemanden, der zumindest nicht völlig glücklos seine Zeit in Online Limited Turniere steckt.
So jemand sollte mir nun also im Finale sein Deck um die Ohren hauen.

Finale gegen B/G
Mit einem klassischen Beginn mache ich schnell Druck (Festering Goblin, Glory Seeker) und kümmere mich zunächst nicht um seinen Wellwisher. In seinem dritten Zug legt er allerdings Nantuko Husk, im Zug darauf Symbiotic Elf. Leider habe ich einfach nicht genügend Pacifism und Sandskin, um der Lage Herr zu werden. Es hilft auch eher wenig, dass er seinen Husk im Laufe der nächsten Runden mit seinen beiden (!) Cruel Revival immer mal wieder ins Spiel bringt, auch wenn er denn mal eine Stippvisite im Graveyard macht.
Was meinem Deck das Rückrat bricht, ist die fast völlige Annullierung meiner Evasion Taktik. Gegen den Husk sieht mein Cover of Darkness eher aus wie ein Nice-Try-Maybe-Next-Time und auch Dirge of Dread wird hier EOT gecycled.
Nur das zweite Duell kann ich knapp für mich entscheiden, weil beide Gustcloak Harriers mit Daru Encampment meinen Gegner schnell und gründlich ausschalten, obwohl er mir zu guter Letzt noch einen Spitting Gourna dazwischen wirft.

Insgesamt bleibt mir also nur der zweite Platz. Das gibt zwar neun Online Booster – der Preis ist jedoch in mehr als dieser Hinsicht kaum der Rede wert. Spielerkenntnis und Spielspaß haben das Event für mich zu einem kleinen Highlight gemacht. Wenn Euch dieser Turnierbericht etwas davon vermitteln konnte, umso besser. Bitte kommentiert reichlich, vor allem wenn Ihr offensichtliche Spiel- oder Draftfehler ausmacht.

Gruß
Arne / Lideira

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