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Die Insel
von Michael Diezel
23.04.2015

Auf einer kleinen, abgelegenen Insel, umgeben von den sanften blauen Weiten des Ozeans liegt Thassa, die Göttin der Meere, in einer Hängematte, die zwischen zwei Palmen gespannt ist, und lässt sich im Sonnenschein die tentakligen Schultern massieren. „Ach, Karl, wie gut das tut“, schnurrt sie in Richtung ihres Masseurs, der sie jetzt kräftiger mit seinen Fingern, die durch Schwimmhäute verbunden sind, zu kneten beginnt. „Ich könnte ewig so weitermachen“, schnurrt die Göttin. „Was hindert dich daran?“, fragt Karl. „Nun, zum Beispiel kommen in wenigen Stunden Erebos und Purphoros auf einen Skat vorbei. Haben ja auch nicht mehr viel zu tun, die beiden, jetzt, nachdem die Welt so schön bunt geworden ist.“ Thassa seufzt, „Ja, damals, das waren noch Zeiten. Erinnerst du dich?“

„Klar“, entgegnet Karl. „Du hast mit deinem Zweizack rumgefuchtelt und dann kamen diese Nachtschleiergespenster angeflogen und diese Wolkenflossen-Raubvögel …“ Thassa schmunzelt bei dieser Erinnerung: „Weißt du noch, welchen Spitznamen du dir damals gegeben hast?“

„Meister der Wellen“, intoniert Karl mit unnatürlich tiefer Stimme. „Meister der Wellen“, wiederholt Thassa lachend. „Dass irgendjemand darauf hereingefallen ist! Unglaublich. Trotzdem wünschte ich manchmal, diese Zeiten wären nicht schon so lange vorbei.“ Bei diesen Worten wird die See auf einmal unruhig, die Wellen werden höher und stärker und branden mit ungebremster Kraft gegen den Strand. Die Göttin der Meere setzt sich interessiert auf, während die Wellen nach und nach Gestalt annehmen. Die Gestalt eines alten Mannes. „He da, Lust auf ein Abenteuer?“


So ungefähr könnte die erste Begegnung von Thassa, God of the Sea und Master of Waves mit dem Shorecrasher Elemental verlaufen sein. Dem Brandungselementar wurde dank seiner unglaublich blauen Manakosten zugetraut, den schon fast in Vergessenheit geratenen Archetyp des blauen Devotiondecks wiederzubeleben. Bisher hat das in der Realität nicht so funktioniert, vielleicht auch, weil noch keiner probiert hat, die blaue Hingabe mit einer grünen Karte zu steigern:


Wir müssen vermutlich nicht darüber diskutieren, dass die Truppensammlung eine potenziell superstarke Magic-Karte ist. Im Idealfall macht sie Karten- und Tempovorteil und das auch noch im gegnerischen Zug. Nun liegen Ideal- und tatsächlicher Fall des Öfteren ziemlich weit auseinander, wie uns Mathematikgott Frank Karsten glaubhaft versichern konnte.

Ich verstehe kein Wort von dem, wie er zu seinen Ergebnissen kommt, aber diese Schlüsse klingen durchaus nachvollziehbar:

mindestens 22 Kreaturen für drei Mana oder weniger
davon möglichst viele für zwei oder drei Mana

Diese Bedingungen erfüllt offensichtlich nur ein Deck mit jeder Menge Kleintier, was wiederum hauptsächlich auf nahezu einfarbige Haufen zutrifft, da die mehrfarbigen zunächst das Mana sortieren müssen, bevor es ans Zuschlagen geht und daher im Normalfall etwas langsamer daherkommen.

Im Gegenzug harmoniert Collected Company aber ausgesprochen gut mit Devotion, weil man eben im Normalfall zwei passende Kreaturen ins Spiel bringt und deren Präsenz die Hingabe logischerweise steigert. Oder anders formuliert: (Blaue) Devotiondecks spielen gerne viele kleine Männer, um die Devotion zu erhöhen. Collected Company trifft besser, wenn viele kleine Männer im Deck sind. Gleichzeitig steigert das Spielen der Truppensammlung die Wahrscheinlichkeit auf eine hohe Hingabe. Zumal ja auch ein gewisser Tutoreffekt integriert ist, der gerade bei Shorecrasher Elemental nicht zu verachten ist, da das gute Brandungselementar quasi im Alleingang für sämtliches benötigte Tropfenmana herhalten kann.

Damit es das nicht muss, dafür sorgen folgende Kreaturen:

4 Hypnotic Siren

Die kleine Sirene kann etwas sein, das ich ziemlich gern sehe: stark in Zug 1 und noch besser in Zug 7. Leider deutlich mäßiger dazwischen, aber man kann ja nicht alles haben. Interessanterweise freut man sich des Öfteren auch über den Status als Verzauberung und zwar immer genau dann, wenn die Sirene neben Thassa liegt und der Gegner Dromoka's Command spielt. Wobei man zugeben muss, dass man sich mit diesem Deck eher selten freut, wenn das Command gespielt wird …

4 Gudul Lurker, 0 Triton Shorestalker

Der Unterschied, den einen als (Mega-)Morph spielen zu können und den anderen nicht, ist tatsächlich relevant. So kann man aus dem Lurker auch noch im späteren Spiel einen vernünftigen Angreifer bauen, während der Shorestalker … nun ja, nach Zug 1 extrem unterwältigend ist. Dank des Grün-Splashs legt man zudem auch gern mal im ersten Zug einen Tempel, sodass man auch nicht unendliche viele dieser Dödel benötigt.

4 Stratus Dancer

Thematisch passend, lässt sich auch dieser Dschinn-Mönch (sensationelle Kombination) früh als ordentlicher, wenn auch wenig spektakulärer Mann in der Kurve legen. Alternativ gibt's den Megamorph, der natürlich völlig albern ist, wenn er jemals etwas neutralisiert.

4 Omenspeaker, 0 Frost Walker, 0 Mindreaver, 0 Qarsi Deceiver, 0 Icefeather Aven

Als Erstes gilt auch hier, dass die Tempel gern zu Beginn untergebracht werden, um die Manakurve zu glätten, daher auch in diesem Bereich etwas weniger Action. Dann muss man feststellen, dass sämtliche Optionen – vorsichtig ausgedrückt – furchtbar sind. Frost Walker sieht am leckersten aus, spielt sich aber absolut furchtbar. Spätestens, wenn man den ersten Goblin Heelcutter abbekommen hat oder einfach die aktivierte Fähigkeit von Thassa benutzen will, versteht ihr, was ich meine. Mindreaver wiederum ist nichts anderes als der blaue Goblin Piker, und auch wenn ich durchaus bereit bin, Abstriche für ordentlich Devotion zu machen, er ist der gottverdammte Goblin Piker! Qarsi Deceiver hingegen hat ordentliche Ansätze gezeigt, insbesondere, als ich das eh schon vorhandene Morphthema noch weiter ausgebaut hatte. Aber letztendlich sind dann erst die Morphs drin geblieben und der Deceiver rausgeflogen und schließlich war mir das dann auch zu langsam, sodass wir wieder bei Omenspeaker gelandet sind. Der kämpft zwar auch echt mäßig, aber dieses Scry 2 ist einfach immer so viel besser, als man denkt – selbst wenn man denkt, dass es viel besser ist, als man denkt. Die Geheimwaffe könnte Icefeather Aven sein, allerdings sind seine Aufdeckkosten ganz schön teuer, und um ihn regelmäßig Turn 2 hinlegen zu können, muss man die Manabasis ganz schön verunstalten – und das ist der letztendlich doch nicht wert.

1 Silumgar Sorcerer

Das Random 1-of, um auf 24 Kreaturen für die Truppensammlung zu kommen. Man beachte das Doppelblau in den Manakosten und die Synergie mit all den furchtbaren Kreaturen für ein und zwei Mana …

2 Icefall Regent

Der blaue Drache ist einfach eine solide Karte, die zumindest temporär Removal bietet und dann auch noch bei der Hingabe hilft. Mehr möchte ich trotzdem nicht spielen, da es doch gewisse Einschränkungen gibt, die einem von Collected Company auferlegt werden.

0 Cloudform

Diese Karte zum Beispiel lässt sich einfach nicht mehr unterbringen. Schade.

0 Bident of Thassa

Den mochte ich sowieso nie, da er einfach sehr eindimensional daherkommt. Dank der Truppensammlung haben wir eine würdige Alternative für diese Aufgaben (blaue Manasymbole bereitstellen und Kartenvorteil erzielen), die auch noch dann etwas macht, wenn man mal keine Kreaturen kontrolliert.

1 Hall of Triumph

Über das Artefakt kann man mit Sicherheit auch streiten, da es in einigen Situationen wenig bis nichts macht. Allerdings sind das meist jene, in denen man sowieso in Schwierigkeiten wäre. Im Gegenzug gewinnt die Karte eben auch mal ein Spiel, was ansonsten kaum eine andere Karte gewonnen hätte. Zudem muss man so nicht lange überlegen, welche Karte zuerst herausgeboardet wird – übrigens durchaus begründet, da in den meisten Post-Sideboard-Spielen mit mehr Removal vonseiten des Gegners zu rechnen ist, und das führt dann verstärkt zu ebendiesen Spielen, wie sie die Halle nicht sehen will.

3 Thassa, God of the Sea

Ihr lest richtig. Was vor einigen Monaten noch Gotteslästerung gewesen wäre, ist jetzt Realität: Kein. Playset. Thassa. Das zeigt auch schön, wie sich die Zeiten ändern. Zum einen sind die Decks von der Kartenqualität deutlich beeindruckender als vor einem Jahr, sodass man es sich viel weniger leisten kann, einfach mal einen Zug lang „nichts“ zu machen – nichts im Sinne einer Verzauberung ohne direkten Einfluss aufs Kampfgeschehen. Zum anderen ist so eine Göttin eben auch nicht mehr das, was sie einmal war. Wurden die Gegner in der Zeit der Helden noch vor nahezu unzerstörbare Probleme gestellt, gibt es heute Karten wie Abzan Charm, Erase oder – noch viel schlimmer – Dromoka's Command. Zudem hängt die Devotion doch sehr stark am Shorecrasher Elemental. Auch wenn wir ja deshalb bewusst Collected Company spielen und das Ding ja eine gewisse Form von Removalimmunität besitzt, fehlen doch ein wenig die Alternativen, wodurch es seltener wird, das die Göttin tatsächlich als Kreatur unter uns wandelt.

Die Deckliste:


4 Master of Waves
4 Gudul Lurker
4 Stratus Dancer
4 Shorecrasher Elemental
4 Omenspeaker
2 Icefall Regent
1 Silumgar Sorcerer
4 Hypnotic Siren
3 Thassa, God of the Sea

4 Collected Company
1 Hall of Triumph


2 Nykthos, Shrine to Nyx
4 Temple of Mystery
4 Yavimaya Coast
2 Mana Confluence
11 Island
2 Thornwood Falls

Sideboard:

1 Icefall Regent
2 Sagu Mauler
4 Encase in Ice
2 Negate
2 Disdainful Stroke
1 Polymorphist's Jest
3 Profaner of the Dead


Ihr seht, auch im Sieboard nehmen die seltsamen Rares kein Ende. Hier gibt es gleich drei davon, die jeweils einer Erklärung bedürfen:

Polymorphist's Jest soll die Unterlegenheit der blauen Recken gegenüber Kämpfern anderer Farben ausgleichen, die im Normalfall deutlich gewichtiger ausfallen. Da dies hauptsächlich auf grüne oder rote Streiter zutrifft, könnte es auch sein, dass Encase in Ice ausreicht, insbesondere, wenn diese Unterstützung durch Disdainful Stroke erhalten. Aber nichts davon bietet die Aussicht auf sensationelle Plays derart wie der Polymorphistenscherz.


Profaner of the Dead ist der genaue Gegenentwurf und insbesondere für den Kampf mit Spielsteinhorden und anderen Kreaturenmassen gedacht. Das macht diese Naga so gut, dass ich von anfänglich einem auf inzwischen drei Exemplare gesteigert habe.

Sagu Mauler wiederum soll einen anderen Angriffswinkel bieten, wenn die Gegner mit Removal nur so um sich werfen. Der Bestie kommt dabei zugute, dass wir noch zahlreiche weitere Morphs spielen, sodass man eventuell auch mal für die eine oder andere Überraschung sorgen kann.

Die anderen Karten sollten klar sein, allerdings möchte ich noch einmal kurz darauf hinweisen, dass Encase in Ice zur eigenen Hingabe beiträgt, ein Umstand, der von Freund und Feind gern vergessen wird. Ersteres sollte möglichst nicht passieren und von Letzterem kann man tatsächlich hin und wieder profitieren.

Insgesamt glaube ich, dass dieser Ansatz – gerade im aktuellen Metagame – eine überaus interessante Variante des blauen Devotiondecks zeigt, weil Collected Company gleich mehrere Probleme löst. Dafür bezahlt man natürlich mit einer Manabasis, die nicht nur in der Anschaffung teurer ist als die 22 Inseln, sondern auch gern mal getappt ins Spiel kommt oder bei Anwendung für Schaden sorgt.

Zum Abschluss schauen wir noch einmal auf unsere kleine Insel:

Thassa und Karl, der beschlossen hat, wieder als Meister der Wellen aufzutreten, sowie ihr neuer Kumpan, das Brandungselementar, haben Pläne geschmiedet und sind mehr als begierig, diese auch umzusetzen. Letzte Zweifel bleiben: „Karl, was ist, wenn ich es einfach nicht mehr drauf habe?“, fragt Thassa. „Ich meine, ich bin jetzt fast 4000 Jahre alt, vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt sich zur Ruhe zu setzen?“

„Ach, Thassa. Sollte das scheitern, kann ich immer noch beim Meister des Perlendreizacks vorsprechen. Wie ich höre, sammelt er schon eine Meervolkarmee. Die brauchen uns dann bestimmt.“





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