miraclegames.de
Limited
Zehn Wegweiser durch Tarkir
von Nico Bohny
14.11.2014

Tarkir ist ein verworrenes Land. Und die Geister scheiden sich endlich mal wieder daran, wie man dieses Land am besten gewinnbringend durchkreuzt. Und als alter Limitedpfadfinder komme ich wohl nicht darum herum, auch meinen persönlichen Stadtführer in die verwinkeltsten Ecken des Formats zum Besten zu geben. Ohne große Einleitung und schlechte Wortspiele mit „Khan“ – ab ins Getümmel!


Die Möglichkeiten


Wer die unendliche Geschichte gelesen hat, weiß: Phantasien ist grenzenlos. So ähnlich sehe ich auch die Pfade in Tarkir. Manche sind ein wenig ebener, mache ein bisschen überwachsener und auf gewissen ist möglicherweise noch keiner gewandert, aber ans Ziel können einen alle führen. Mal weg von den Floskeln, vorweg: Das Einzige, was ich noch nie gesehen habe, sind einfarbige Decks. Dafür reichen die Playables dann doch nicht aus, primär aufgrund der vielen Länder und mehrfarbigen Karten beziehungsweise Fähigkeiten im Commonslot. Zweifarbige Decks funktionieren gut in Tarkir – am besten natürlich die aggressiveren, die das Tempo, welche eine stabile Manabasis und ungetappt ins Spiel kommende Länder mit sich bringen, am besten ausnutzen kann, aber auch langsamere, in erster Linie blaue Decks, gelingen prima in zweifarbiger Ausführung. Am besten wählt man für die Zweifärber befeindete Farben aufgrund der vorhandenen Uncommons, Rares und Aktivitäten auf Commons, aber auch aufgrund der möglichen Wedge-Splashs.

Über die Dreifärber muss ich wohl nicht allzu viele Worte verlieren, außer vielleicht, dass auch hier nicht unbedingt Wedges gespielt werden müssen, sondern Shards ebenso eine mögliche Strategie sein können, man hierfür aber schlagfertige Argumente auftischen muss, wie zum Beispiel spät erhaltene Duallands oder später geöffnete Spoiler. Shards-Archetypen sollten eher kontrollig aufgebaut sein und sich das zahlreiche Removal und den Carddraw zu Nutzen machen können. Vier- und fünffarbige Decks sollte man nur anstreben, wenn man sich ein solides Fixing leisten kann, welches man bestenfalls in den ersten zwei Boostern einsammelt, um danach von den späten Goodies in Pack 3 zu profitieren, welche Leute dann aufgrund ihrer soften Manabase eben schieben müssen. Oder zumindest sollten.


Wie drafte ich welches Deck und wie lande ich da?

5-Color: Ich surfe in den ersten Picks, erhalte zahlreiche mehrfarbige Haymaker geschoben und erwische spätes Fixing im ersten Pack. Oder man startet hier:


Im 5-Color priorisiere ich in den ersten Packs das Fixing, da sich somit der Rest des Tischs früher auf Farben festlegen muss und in den Boostern 2 und 3 schlechter splashen kann und somit gute Karten weiterschieben muss.

4-Color: Ich drafte eine Wedge und öffne eine splashbare Bombe in Pack 2 oder 3. Oder ich starte im 5-Color und merke, dass ich eine Farbe aufgrund von wenig Karten oder Fixing weglassen kann. Auch hier gilt: Fixing früh picken ⇒ überdurchschnittliche Karten auch mal später aufsammeln können.

Wedges: Ich starte oft zweifarbig und erhalte gut splashbare Wedge-Karten, am liebsten die Wedge-Morphs, oder ich öffne eine Bombe und fixiere mich früh auf die Wedge. Hier gilt meistens: dreifarbige Karten > Fixing > Rest.

Warriors: Ich öffne eine der starken Archetype-Uncommons und merke anhand der späten Commons, dass der Archetyp offen ist. In Pack 3 drafte ich Rush of Battle hoch (beziehungsweise über sämtliche Commons), wenn ich noch keinen habe, ansonsten ziehe ich Warriors den anderen Kreaturentypen vor.

2-Color: Wenn ich im ersten Pack keine spektakulären Karten oder Fixing sehe, dafür solide Commons in einer Farbe, lande ich gerne und häufig im Zweifärber. Und raredrafte dabei jeglichen Value, der um den Tisch kommt, da ich ja keine Extrapicks auf Fixing verwenden muss.


Das beste Deck

In meinen Augen ist dies keine persönliche Präferenz, sondern eine eindeutige Erkenntnis: Das beste Deck ist meiner Meinung nach ganz klar BW-Warriors. Gerne mit Splash für Mardu oder Abzan, aber auch gut mal zweifarbig. Warriors würde ich dank der guten Raid-Karten tendenziell als aggressives Deck einstufen, es kann aber im Midgame und vor allem auch in Races prima bestehen, hauptsächlich durch den immer noch unterschätzten Rush of Battle.


Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Warrior-Decks – das um Chief of the Edge und das um Chief of the Scale. Die Auflistung dieser Uncommons bedeutet nicht, dass sich diese auch wirklich im Deck befinden müssen, aber wenn man sich überlegt, welche der beiden Uncommons im Deck besser ist, weiß man, welchen Typ Deck man hat. Ich paraphrasiere: Es gibt Token-Warriors (wo man lieber einen +1/+0-Bonus hätte) und Raid-Warriors (worin man gerne einen 2/3er spielt, der im Angriff nicht mit Morphs abtauschen muss). Im Edge-Deck, welches oft Rot für Mardu splasht, spielt man gerne bis zu drei Rush-Effekte (es können auch gut mal Trumpet Blasts sein), im Scale-Deck hat man eher den Abzan-Splash, ist ein bisschen weniger explosiv unterwegs und grindet sich auch mal gerne ins Late Game. In diesem Deck will man ebenfalls einen Rush haben, aber einer reicht auch schon.

Moment, aber warum genau sind Warriors jetzt das beste Deck? Einerseits gibt es zahlreiche weiße und schwarze Commons, welche für die langsameren Decks wegen ihrer agressiven Ausrichtung nicht so interessant sind und die man somit spät im Draft erhält. Mardu Skullhunter und Mardu Hordechief beispielsweise. Des Weiteren haben Schwarz und Weiß zwei starke Uncommons für den Archetyp. Und last but not least – Warrior-Karten wie Raiders' Spoils, Rush of Battle und die beiden Chiefs sind für Nicht-Warrior-Decks schlicht uninteressant und daher auch spät zu kriegen.

Honorable Mentions: Abzan auf Platz 2, UGx-Tempo auf Platz 3.


Die beste Common

Die beste Common Pick 1, Pack 1 ist meistens die Uncommon oder Rare. Anders ausgedrückt: Es gibt keine Triplicate Spirits im Format und die meisten Uncommons sind schlicht und ergreifend besser, wenn auch teilweise mehrfarbiger, als die besten Commons. Dennoch, um dem Thema noch ansatzweise gerecht zu werden: Ich firstpicke, auch ohne eine Miene zu verziehen, gerne: Debilitating Injury, Mardu Hordechief, Mardu Skullhunter, in dieser Reihenfolge. Warum? Siehe oben, bestes Deck. Abgesehen von der Vielfarbigkeit und im Vakuum scheint mir Abzan Guide die spielstärkste Common zu sein.


Play or Draw


Ich bin nach wie vor ein großer Fan von Extrakarten. In diesem Format sogar noch ein bisschen mehr, weil es einerseits klobig ist, es andererseits zahlreiche Hände gibt, meist aufgrund der wackeligen Manabasen, die man on the draw halten kann, on the play aber gerne zurückschickt. Allgemein muss man mit mehr Mulligans rechnen und diese verkraftet man eben besser on the draw. Um euch aber noch ein bisschen konkreter Auskunft zu geben, versuche ich mich mal mit einer Liste.

2-Color-Aggro: +10
Token-Warriors: +3
Raid-Warriors: +7
Abzan: −6
Temur: +2
Sultai: +3
Mardu: +5
Jeskai: +4
3-Color mit defensiven 2-Drops (Walls/Removal): −3 zur Wertung
3-Color ohne 2-Drops: +2 zur Wertung
3-Color mit aggressiven 2-Drops: +2 zur Wertung
4-Color mit defensiven 2-Drops: −5
4-Color ohne 2-Drops: +1
4-Color mit aggressiven 2-Drops: Don't!!!
5-Color: −2

Alle Plusdecks wollen in Spiel 1 lieber anfangen, alle Minusdecks ziehen lieber. Für Spiel 2 und 3: In dem Matchup, in welchem beide beginnen möchten, beginnt man offensichtlich und umgekehrt, ansonsten vergleicht man die Prioritäten und richtet sich nach der höheren Priorität. Beispielsweise bei Abzan (−6) gegen Mardu (+5) will Abzan die Extrakarte, weil sechs größer fünf. Mardu hingegen will Abzan beginnen lassen, weil … na ja … ebenfalls sechs größer fünf.


Splashen

Zweifarbige Decks haben mich bisher sehr überzeugt, und weil es nun mal tolle Wedge-Karten gibt, splasht man gerne. Die Wedge-Commons sind glücklicherweise alle Morphs, was sie einfach splashbar macht, beziehungsweise haben sie nicht das Problem, welches Splashkarten in anderen Formaten haben, nämlich dass sie nichts machen, wenn man die Splashfarbe nicht zieht. 2/2er für drei Mana sind nicht alle Welt, sind aber aufgrund ihrer versteckten Identität respektvoller vom Gegner zu behandeln als Gray Ogres. Um einen Wedge-Morph zu splashen, reicht mir oft eine Manaquelle aus – damit gefährde ich meine Manabasis nicht und habe trotzdem das Potenzial auf einen starken Effekt. Charms und andere dreifarbige Karten ohne Morph splashe ich nur mit passendem Fixing. Mindestens zwei Duallands sollte man schon haben, um sich an eine dritte Farbe zu wagen – lieber aber vier bis sechs. Was man aber auch ohne großen Aufwand hinkriegt, daher ist ein Splash bei den passenden Ländern immer eine tolle Option.


Länder


Länder drafte ich grundsätzlich sehr hoch – Triländer sollten Pick 1, Pack 1 über sämtliche Commons gedraftet werden, im Allgemeinen Pick 1–4 weggehen, Duallands priorisiere ich erst hoch, wenn ich mir meiner Farben sicher und noch light on fixing bin. Im Normalfall sollten Duallands Pick 4–6 weggehen. Länder spiele ich im Übrigen fast immer 18. In zweifarbigen Aggrodecks ohne teure Morphs dürfen es auch mal 17 sein, aber echt nur da. Auf drei Mana zu kommen, ist in diesem Morphformat einfach dermaßen wichtig, dass man dafür möglichen Flood schon in Kauf nehmen sollte. Außerdem sind Morphs ja auch tolle Manasinks, will heißen, man kann gut und gerne acht bis neun Mana insgesamt im Verlauf des Spiels dafür hinblättern. Und irgendwoher muss das Mana ja auch kommen.


2-Drops

Es gab immer wieder zahlreiche Dispute über 2-Drops im Draftformat. Die einen finden sie Käse, weil das Format so klobig ist und 2-Drops einfach miserable Topdecks im Late Game sind, welches man aufgrund der Klobigkeit immer erreicht, andere schwören auf 2-Drops, weil man in Onslaught schon gelernt hat, dass ein Glory Seeker im Morphformat einfach der König ist. Meine simple Meinung: 2-Drops prinzipiell ja und wichtig. Die aggressiven für die schnellen Decks, die defensiven für die langsameren Decks. Und Debilitating Injury hat man immer gerne. Aber kommt mir nicht mit Wetland Sambar im Jeskai-Control oder mit Archers' Parapet im WG-Aggro an – die Karten gehören auf die Ersatzbank für die Matchups, in denen ihr sie braucht. As simple as that.


Ein letztes Wort dazu: Gute 2-Drops sind rar, also pickt sie hoch genug. Aber verbiegt euch nicht wegen euer Kurve und macht euer Deck nicht schlechter, indem ihr welche ins Deck steckt, welche da nicht hineingehören.


Tempo

Das Format ist klobig, Tempo spielt keine übergeordnete Rolle. Das lässt zwei Schlüsse zu: möglichst rasch ein Spiel beenden zu wollen oder eben over the top zu gehen. Der gute Leim, der das Format zusammenhält und die schnellen Decks nicht ultraschnell und die langsamen Decks nicht ultraklobig macht, sind die Morphs. Jedes Deck hat zahlreiche 3-Drops, welche einerseits Druck auf-, aber auch frühen Druck abbauen können. Und in den Morphs steckt auch das größte Element der Temposwings. Die fiesesten Blowouts sind jeweils die, in welchen ihr euren dritten und fünften Zug hergebt, um einen Morph zu spielen und diesen dann umzudrehen, nur um ihn dann gegen einen Gratisaufmorpher oder einen günstigen Trick zu verlieren. Daher, überlegt euch zweimal, ob ihr wirklich eure teuren Morphs in offenes Mana umdrehen wollt, und merkt euch während des Drafts gut, welche Gartismorpher, namentlich in erster Linie Dragon's Eye Savants und Ruthless Ripper, im Umlauf sind.


Sleepers


Die in meinen Augen unterdraftetsten Karten:

Alabaster Kirin: Evasion ist echt super in dem Format und 2/3 blockt im vierten Zug gerne Morphs weg.

Rush of Battle: Das Thema hatten wir bereits.

Cancel: In einem langsamen Format sind Counter besser. On the play countert man quasi immer einen Morph, ab Turn 5 kann man bei Passivität des Gegners sein offenes Mana in Morphkosten investieren.

Weave Fate & Treasure Cruise: Im klobigen Format ist auch Carddraw offensichtlich super. Fate harmonisiert gut mit Prowess, Cancel und Morphs, Treasure Cruise hat gerade Legacy und Modern gebrochen – das muss im Limited doch auch für was gut sein.

Tormenting Voice: Da es wenige 2-Drops gibt, hat man hiermit die Möglichkeit, den zweiten Zug für zusätzliches Manafixing und Handsculpting zu verwenden. Außerdem prima mit Prowess und Delve. Und kann verwendet werden, um das 18. Land im Deck zu entsorgen, wenn nötig. Tolle Karte – in diesem Format zumindest.

Dragonscale Boon: Der beste Trick des Formats, hat viele Synergien im Abzan und wirkt der Tatsache entgegen, dass man Morphs im vierten Zug immer bedenkenlos abzutauschen versucht.

Death Frenzy: Es sieht für ein Infest fast zu langsam aus, ist aber im Endeffekt einfach eine bodenlose Frechkeit gegen alles mit viel Morphs und Tokens. Selbst gegen das Kontrolldeck oft für einen 2:1-Tausch gut.

Als Sleeper-Deck würde ich im Übrigen UX-Control nennen. Hier ein Beispiel eines offentlichlich übermächtigen Decks, welches aber auch ohne Rares funktioniert hätte. Und oft sehr offen ist.




So, das wären wohl meine ersten Erkenntnisse aus dem Format. Aber stopp, wir sind noch nicht ganz am Ende des Artikels angelangt. Denn: Es wäre doch mal wieder Zeit, meine alte Top-5-Kolumne aus den Gräbern zu holen. In dem Sinne, die Top 5 an Liedern, die ich in den letzten Wochen überdurchschnittlich oft gehört habe:

5)

Emancipator – Anthem: Instrumentals mag ich gerne – da muss man nicht auf den Text achten, kann sich auf was anderes konzentrieren und singt nicht ständig schrecklich falsch mit. Diese Hymne verbindet verschiedene Musikstile und klingt, nebstdem sie eine gute Laune vermittelt, einfach gut.

4)

Loch Lomond – Wax and Wire: Eins ist klar: Der zweite Teil des Liedes ist Müll. Aber die ersten zwei Minuten davon könnte ich rauf- und runterhören. Klar, wenn man solche Musik mag, kann man sich auch einfach Mumford & Sons oder mal wieder das gute alte „Golden Brown“ oder Ähnliches anhören, aber dieser Song hat für mich dennoch immer noch etwas Einzigartiges.

3)

Ludovico Einaudi – Divenire: Das perfekte Lied zum Online-Zocken oder Fahrradfahren. Beim Zocken lenkt's nicht groß ab, beim Fahrrad fahren inspirieren mich die zahlreichen Stimmungswechsel des Stücks und kurbeln meine Kreativität an. Ich habe früher öfters Theater gespielt und auch geschrieben und zu einem solchen Lied fallen mir einfach immer wieder unzählige Geschichten ein, welche zur Melodie passen würden.

2)

Anna Ternheim – Light of Day: Mal vorweg, ich war schon immer ein großer Fan von Anna Ternheim. Ich meine, die Dame ist Schwedin und macht gute Musik, warum sollte man sie also nicht lieben? Und nun, nach langer Absenz im Musikbusiness, ist sie zurück mit einem Soundtrack zu The Walking Dead. Und ich finde, wenige hätten das stimmungsmäßig besser hinbekommen als unsere Anna. Wenn ich den Song höre, sehe ich mich innerlich schon an einem warmen Sommerabend kurz vorm Eindunkeln mit einem Strohalm im Mund vor dem Tor meiner abgelegenen Farm sitzen, die letzte Ruhe vor dem Sturm genießend, mit der Gewissheit im Hinterkopf, dass die folgende Nacht meine letzte sein könnte. Würde Innistrad einen Soundtrack erhalten, ich würde Anna dafür verpflichten.

1)

Awolnation – Sail: Fairerweise muss man zu diesem Song sagen, dass er nur halb so cool ist, wenn man den inoffiziellen Videoclip dazu nicht kennt. Aber die beiden Damen haben wohl einen derartig starken Alternativclip dazu erschaffen, dass ich nun auch den Song dazu nicht mehr aus dem Ohren bekomme. Großes Kino zu einem aber auch großartigen Ohrwurm.





Kommentiert
.in unserem Forum

[ drucken ]

Weitere Artikel/Berichte von Nico Bohny

[03.07.2016]28 Weeks Later
[25.06.2016]Vom Tellerwäscher zum Millionär #16
[19.06.2016]Vom Tellerwäscher zum Millionär #15
[12.06.2016]Vom Tellerwäscher zum Millionär #14
[06.06.2016]Vom Tellerwäscher zum Millionär #13


miraclegames.de
 
 
zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite