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Eine Rää ist schließlisch eine Rää
von Nico Bohny
07.01.2010

„Eine Rää ist schließlisch eine Rää!“

Mit diesem Zitat möchte ich mein Geschreibsel dieses Jahr eröffnen. Die weisen Worte stammen von unserem Basler Magic-Dalai-Lama Yuning und wurden überliefert aus dem Magic-Mittelalter, also etwa aus der Zeit, als man Leute noch mit Schädelstraffern gefoltert hat und Soldaten mit legendären Gabeln bewaffnet wurden. Ein altes Zitat also, aber nichtsdestotrotz wahre Worte – ein Motto, unter welchem auch das neue Jahr 2010 stehen soll.


Eine Rää ist schließlisch eine Rää.

Man achte auf ein korrekt asiatisch ausgesprochenes R, also ein solches, das sich anhört, als würde bald ein Hund zu bellen beginnen, und nicht eines, das wie ein startender Rasenmäher tönt. Doch nun genug des Drumherums, auf zu des Pudels Kern!

Raredraften ist ein Thema, über das ich immer gerne schreibe. Einerseits, da ich es selbst in höchstem Maße praktiziere, andererseits, weil man in Zusammenhang mit diesem Thema immer auf lustige Kommentare und Denkweisen stößt. Beispielsweise dass exzessives Raredraften etwas für Newbs ist – gute Spieler nehmen immer die gute (wenn möglichst blaue) Uncommon über der Rare. Oder die gute Common. Was in manchen Fällen tatsächlich auch stimmen kann. Aber eben nicht in allen.

Sechs gute Gründe, überhaupt rarezudraften?

1.

Geld: Wohl der Top-Grund, warum Leute raredraften, inklusive meiner selbst. Ein Stückchen Stolz in den meisten Magic-Spielern sehnt sich danach, vor seinen Kumpels damit angeben zu können, für sein Hobby nicht Geld ausgeben zu müssen, sondern sogar etwas daran zu verdienen. Ist es nicht ein gutes Gefühl, nach einem FNM-Turnier nach Hause zu kommen und zu wissen, dass man sich sich am Draft dank all den Nulpen eine goldene Nase an Preisboostern und Moneyrares erwirtschaftet hat? Oder die eigene Sammlung wieder um ein Fetchland erweitert zu haben? Oder im Magic Online"infinite“ zu gehen? Doch, ist es!

2.

Testing: Wie gut sich Commons oder auch Uncommons ins Spielgeschehen einmischen, ist den meisten nach ein paar Auftritten der Karte klar. Wie gut Rares im Großen und Ganzen sind, liegt oft ebenfalls auf der Hand – ob man sie nun aber im definierbaren Format über eine starke Uncommon pickt, oder wie diese Rare nun in die Commonpickreihenfolge einzugliedern ist, steht meist in den Sternen. Und so weitsichtig ist nun mal keiner. Zumindest nicht auf den ersten Blick – auch eine Rare will getestet sein, und da man zu dieser Möglichkeit nur selten kommt, muss man die Gelegenheiten, oder eben die Rares, am Schopf packen. Beispiel Oracle of Mul Daya. Offensichtlich eine Karte mit unglaublichen Potenzial. Aber muss man Grazing Gladehart oder Baloth Woodcrasher höher picken? Je mehr ich die Karte gespielt habe, desto klarer ist mir geworden, wann und in welchen Decks das Oracle besser ist als die beiden letzteren – und schlussendlich muss ich wohl sagen, dass sich die Karten etwa die Waage halten und das entscheidende Züngelchen meist die Landfall-Enabler und die Landfall-Profiteure im Deck sind. Pick 1 Pack 1 würd ich aber aus splash- und potenzialtechnischen Erwägungen (und weil ich gern Rares im Deck habe) das Oracle nehmen.

3.

Spaß: Viele Rares sind schlicht und ergreifend cool zu spielen, da sie einen kaum vergleichbaren oder halt nicht so oft gesehenen Effekt aufs Spiel haben. Vor allem Spieler, die ihr halbes Leben auf Magic Online verbracht haben und nahezu jedes Draftformat auswendig kennen, so wie ich zum Beispiel, freuen sich mal über eine kleine Abwechlung zum Lynx-Geopede-Skyfisher-Burst Lightning-Deck.

4.

Signale: Ein minderer, aber trotzdem teilweise relevanter Grund: Zeichen weitergeben. Wie all ihr verantwortungsvollen Drafter sicher alle wisst, sollte man vor allem im ersten Booster auf die farblichen Zeichen achten, die man erhält und weitergibt. Der First Pick zeigt außerdem etwas Weiteres auf: Welche Seltenheitsstufe der Vorgänger gepickt hat. Was euch teilweise auch schon einiges verraten kann. Nehmen wir mal an, ihr kriegt ein Booster mit Burst Lightning, Disfigure, einer Crap-Rare, und eine Uncommon fehlt. Was kann man daraus schließen? Es gibt keine rote Uncommon in Zendikar, die man über Burst Lightning picken würde, also ist die Farbe (zumindest was den First Pick des Nachbarn anbelangt) frei. Schwarz kann Vampire Nighthawk oder Marsh Casualties offerieren, somit Finger weg vom Disfigure und ran an den Lightning! Fehlt in einem Booster die Rare, wird dies generell als zeichenneutral angesehen, da es in den meisten Sets stärkere Rares als Uncommons/Commons gibt. Zendikar mit Nighthawk wäre da die Ausnahme. Somit wäre es schlauer, aus Boostern, die eine Uncommon und eine Rare mit demselben Powerlevel beinhalten, die Rare zu picken. Unter Umständern sogar, wenn die Uncommon leicht stärker ist.

5.

Hatedraften: Dabei gilt darauf zu achten: Hatedraftet man Spoiler, die gegen das eigene Deck bombastisch gut sind, oder Karten, die einen überhaupt nicht stören? Archive Trap oder Electropotence sind Karten, die ich sehr gerne in Packs lasse, wenn ich Aggro drafte; wenn ich jedoch Control anstrebe, nehme ich die Karten gerne heraus, um nicht dagegen das Controlmirror zu verlieren. Außerdem: Manche Rares gönnt man dem Gegenspieler einfach nicht.

6.

Eine Rää ist schließlisch eine Rää! Und was von spirituellen Vorbildern in derart selbstzufriedenen Ton geäußert wird, kann nur wahr sein!

In welchen Turnieren wann raredraften?


Eine etwas fies gestellte Frage, denn die Antwort lautet klar: an allen! Nur nicht ganz im gleichen Maße. Klar, in einer Pro Tour sollte man sich nicht gierig auf Lotus Cobra werfen, wenn man in den folgenden Runden um Tag 2 spielt. Trotzdem kann man sich gut und gerne an einem zweiten Tag der WM bei schlechtem Zwischenstand mal ein Fetchie unter den Nagel reißen, wenn die Alternative eine mittelprächtige Karte wäre.

Meine Überlegungen hier: Um was spiele ich, und wie viele Spiele (und somit Preise) wird mich mein Rarepick kosten. Spiele ich ein FNM in Basel und kann dabei mit 3-0 vier Booster (ca. zwölf Euro) absahnen, so picke ich jedes, und ich meine auch JEDES Fetchland (ca. acht Euro), das ich sehe. Selbst über Bomben wie Vampire Nighthawk.

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Nehmen wir den schmucken Blutsauger doch mal als Beispiel: Angenommen der passt prima ins Deck, dann gewinnt er wohl 50% der Spiele, in denen ich ihn spiele, im Alleingang. Ein Fetchie gewinnt vielleicht im Gegensatz 1% der Spiele alleine, nämlich die mit dem Triple-Adventuring Gear-Triple-Plated Geopede-Draw. Zurück zum Hawk. Nehmen wir an, wir ziehen den kleinen Spoiler in jedem zweiten Spiel, bedeutet das wiederum eine Quote von 50%. Was wiederum heißt, dass ich 25% meiner Spiele, die ich alleine dank dem Nighthawk gewinne, mit dem Fetchie verlieren könnte. Muss nicht, aber es kann. 66% der Games muss man gewinnen, um ein Match zu kriegen, drei Matches braucht's am FNM für den Turniersieg. Was die Mathematiker unter euch gerne ausrechnen können, ist, wie viel Prozent der Games der Nighthawk für sich entscheidet und zu welchem Prozentsatz er das Turnier für sich alleine beansprucht. Und verrechnet man die Gewinnbooster (zwölf Euro) mit dem Prozentsatz, so kommt man deutlich unter die acht Euro des Fetchie-Wertes. Fazit: Black Hawk Down, Fetchie gepickt! (Das war jetzt etwas weltfremd erklärt, aber ihr wisst, worauf ich hinaus will.)

Somit drafte ich zum Beispiel an einem GP-Day-2 auch Sorin Markov über den tendenziell besseren Nighthawk, da Sorin vielleicht statt 50% aufgrund seiner hohen Kosten nur 48% Spiele alleine stiehlt, dafür noch einen Eigenwert von einigen Euros hat. Was sich prozentual verrechnet gesehen wieder lohnt, selbst wenn einige 100 Dollar an Preisgeld auf dem Spiel stehen.

Zurück zur Anfangsfrage: Bei FNMs und auf Magic Online – praktisch alle Moneyrares einstecken! (Online, wo ein Fetchie noch etwa drei Dollar wert ist, im 8-4-Draft jedoch den Nighthawk vorziehen). In der PTQ-Top-8 oder am GP-Tag-2 – schon zuerst die soliden Karten sammeln, aber über ein Grim Discovery noch allemal das Fetchie geschnappt. Bei Pro Touren – nur wenn das Fetchland in Foil aus dem Booster schimmert. Und ja, auf der Tour gibt's gar keine Foils mehr. Drum wehrt euch gegen euren inneren Nico und lasst das Geld im Booster!

Wie draften, wenn man die ersten Picks an Rares verschwendet?

Oftmals, wenn ich einen Draft mit einem Fetchland starte, surfe ich ziemlich heftig in den Farben herum. Ab Mitte Booster 1 kommt dann häufig noch Grazing Gladehart und Harrow und Co., sodass ich dann oft auf drei bis vier Farben sitze. Aber macht ja nix. Das gibt prima Decks!

MVPs: Harrow, Khalni Gem, billiges Removal, Heartstabber Mosquito, Grazing Gladehart, Refuges

Das Wichtigste ist erst einmal, genug frühes Removal oder Defense einzusammeln. Grün ist meist die Hauptfarbe, mitunter kommt eine zweite Hauptfarbe dazu. In dieser Hauptfarbe sollte die Defense sein, denn Grün bietet da nicht allzu viel. Das können Kraken Hatchling, Journey to Nowhere, Disfigure, Burst Lightning, Punishing Fire und sein. Gladeharts – die bekommt man meist so spät, da grüne Kontrolle so unterdraftet ist – schmeißen das Midgame häufig im Alleingang. Und fürs Late Game braucht's dann noch dicke grüne Männer, Heartstabber Mosquito oder irgendwelche Rares. Sogar Tools wie Electropotence sind prima geeignet für diesen Decktyp. Khalni Gem solltet ihr ebenfalls zu Gesicht kriegen, oft wheelt das Artefakt auch im Draft, und mehr als eins benötigt ihr meist nicht. Falls euch aber Harrow komplett fehlt, kann man auch zwei hiervon spielen. Ebenfalls wichtig zu wissen: Nie aggressive Karten in diese Art Decks packen. Keine Plated Geopede, keinen Steppe Lynx, keine Goblin Shortcutter, keine Zektar Shrine Expedition, nix! Trotz Landfall! Nur Sachen wie Nissa's Chosen, die zu der guten Angriffsleistung auch defensiv was auf dem Kasten haben.

Mit welchen Decks man sonst noch ganz gut fährt:

In den Weihnachtsferien habe ich mal wieder einiges an Zeit übrig gehabt, um in mein Hobby (oder wie man das nennen will, wenn man tagelang fluchend einen Bildschirm anbrüllt) zu investieren. Neben dem obengenannten bin ich mit den folgenden Decks besonders gut gefahren, in Reihenfolge des Powerlevels:

1. Mono-Black Aggro mit/ohne Splash

Wie man's draftet: Möglichst aggressiv Schwarz cutten im ersten Booster, auch wenn die Picks schnell dürftig werden. Belohnt wird man im zweiten Booster und kann dort auch auf der anderen Seite den Nachbarn so gut von Schwarz abschneiden, dass dieser, selbst wenn er schwarz ist, sich eine zweite Hauptfarbe sucht. So bekommt man im dritten Booster die genannten MVPs, da die für den normalen Zweifärber zu schwarz sind. Außerdem möglichst aggressive Decks draften (macht Crypt Ripper, Mind Sludge und Gatekeeper of Malakir gleich viel stärker) mit den billigen Vampiren und Feast of Blood – die kriegt man spät. Falls ihr splasht, dann möglichst Removal und keine billigen Tierchen, da man für die die Manabasis recht wüst umkrempeln muss.

2. Rot-Weiß-Aggro

MVPs: all die guten Commons

Wie man's draftet: Das wisst ihr hoffentlich seit eurem ersten Zendikar-Turnier…

3. Blau-Weiß-Evasion

Wie man's draftet: Hübsche Portion Flieger, gute Portion Mauern, bei genug Umara Raptor noch die Common-Ally-Chain einbauen. Ziemlich effektiv, wenn auch nichts wirklich Neues…

4. X-Color-Allies

MVPs: Harrow, Khalni Gem, Grazing Gladehart, billiges Removal oder eine weiße Basis mit Ondu Cleric, beliebige Allies

Wie man's draftet: Obwohl man selten eine gute Ally-Rare öffnet oder ausreichend verzweifelt ist, um diesen Archetype zu draften – ich mag diese bunten Decks recht gern. Draftet sich ziemlich ähnlich die der 5-Farben-Haufen weiter oben, außer dass man kein Fett/keine Spoiler braucht, sondern eben Allies. Kommt nicht auf den Gedanken, so was in aggressiv zu probieren…



„Warum schreibst du erst jetzt solch relevante Informationen zum Draft, wenn alle PTQs schon längst gelaufen sind und einem die ZZZ-Drafts schon längst zum Hals raushängen?!“

1. Eine Rää ist schließlisch eine Rää. Ein Lifestyle, der sich lohnt. Und der zeitlos ist.
2. Weil sich wohl am Draftformat auch mit der nächsten Edition nicht allzu viel ändern wird.

In dem Sinne: Bis nächstes Mal, und einmal mehr meine Top 5; diesmal Erinnerungen aus dem Jahre 2009, welche ich in irgendeiner Form mit Magic verbinde. Und die selbst Tiefschläge (mit Trauma-Garantie) wie Bloodbraid Elf und die Combat-Damage-Revolution verdrängen konnten.

Top 5 – 2009

5. Nationals: Das einzige Turnier im Jahr, in dem man endlich mal wieder die gesamten Schweizer Bekanntschaften antrifft. Immer ein fröhliches Beisammensein! Und da war die Vorfreude auf das Worlds-Team-Event wenigstens noch vorhanden…



4. Japan: Immer wieder lustig. Von Affenpark bis Karaokebar, alles dabei!



3. Tessin: Das perfekte Refugium, um zu testen, sich gut zu erholen und wahre Natur zu bestaunen. Selbst der zobelbraune Riesenhirsch war zu Besuch!



2. Schnauz-Turnier: Als ich das gesehen habe, wusste ich: Mit Wizards mag's bergab gehen oder nicht, aber solange es Schnauz-Turniere gibt, ist die Welt in Ordnung!



1. Hawaii: Was will man dazu noch sagen… Super-Crew, Super-Hütte, Scheiß-Format, Super-Wetter, Super-Aven Mimeomancer. Fast alles super!






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