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Germany’s Next Topmodel: Tagebuch eines Pro-Tour-isten, 1
von Nico Bohny
17.06.2009

30. Mai


Der Wecker macht ein Geräusch, auf welches ich mittlerweilen operant konditionert bin, und zwar in äußerst negativer und aggressiver Form. Einige Sekunden verstreichen, bis ich feststelle, dass nicht die Vorhölle der Arbeit, sondern das verheißene Land auf mich wartet. Die Koffer stehen bereit, es kann losgehen. Mist, zuerst noch Zähne putzen. Aber dann los! Flugzeug. Abheben. Mittagessen. Langeweile. Nachtessen. Probieren zu schlafen. Klappt nicht. Filme gucken. Auch doof. In LA landen. Umsteigen. Weiterfliegen. Einschlafen. Nach 30 Minuten mit arg schmerzendem Hals erwachen. Ausharren. Ankommen. Wasti und Alex treffen. Vom Timo zur schnucken Villa gefahren werden. Ankommen.

Was sich in den letzten paar Zeilen abgespielt hat, hat so an die 18 Stunden gedauert, war mindestens so spannend und gehaltvoll wie beschrieben, und dank den exakt zwölf Stunden Zeitverschiebung – praktisch, man musste nicht mal die Uhr umstellen – eine absolute Tortur für den Schlafrhythmus.

In der Villa angekommen werden zuerst mal tote Tiere verbrannt – wie so üblich für Amerika. Zwischen dem einen oder anderen Steak mache ich mich mit meinen neuen Mitbewohnern bekannt. Da simple Namenaufzählungen vielleicht eintönig erscheinen, gibt's ja für Magic-Spieler ein stilistisches Wundermittel, um Namenaufzählungen dem Leser schmackhaft zu machen: Decklistenformat.

Und nein, der Name Germany's Next Topmodel ist noch nicht der Titel dieser Aufzählung:


1 Christoph Huber
1 Matthias „Mättu” Künzler
1 Helmut Summersberger
1 Aaron Brackmann
1 Sebastian „Wasti“ Thaler
1 Jörg Unfried
1 Matthias Ludewig
1 Alex Fanghaenel
1 Oliver Polak-Rottmann
1 David Reitbauer
1 Thoralf „Toffel” Severin
1 Timo Kempf
1 Nico Bohny

(13 Planeswalker)

45 Bier
1 Coke Zero
1 Ananas

(47 Mana)

Diese Karten gibt's NICHT bei:


Sideboard:

zwei random Typen (die sich ab Mitte der Testsessions manchmal dazugesellten)
eine Freundin (wurde ab Mitte der Woche für den Christoph ins Bett von Alex geboardet)
zwölf Fische im Teich (wurden zwar nie reingeboardet, aber wenn die random Typen von oben reingeboardet wurden, haben Toffel, ich und die Grillzange uns zu den Fischen rausgeboardet)

Anmerkung zum Deck: Die Manavorteilung war hervorragend (auch wenn wir immer mit Bier gefloodet waren), die Matchups alle gut, außer gegen Feen. Nach dem ganzen Hopfen-, Malz-, und Fleischgenuss werde ich allmählich müde und lege mich zur scharfen Hula-Dame ins Bett und schlafe ein.

31. Mai

Mist, es war doch nur Mättu. Bier kann verdammt trügerisch sein. Draußen ist es strahlend hell. Ich schaue auf die Uhr. Fünf Uhr morgens. Wieauchimmer. Auf, an den Strand, ab zum Joggen mit Mättu und Wasti. Ist noch angenehm kühl, wir beschließen, das regelmäßig zu machen – jeweils morgens und abends. Lol.

Zurück in der Villa, rein in den Pool, dann fängt das Testen an. Ich habe mir im Vorhinein drei Decks gebaut, die ich testen möchte.

Esper-Beatdown

4 Court Homunculus
3 Ethersworn Canonist
4 Esper Stormblade
4 Vedalken Outlander
4 Knight of the White Orchid
4 Master of Etherium
4 Esperzoa

3 Path to Exile
4 Elspeth, Knight Errant
3 Sigil of Distinction

7 Island
8 Plains
4 Wildfield Borderpost
4 Fieldmist Borderpost

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Jund-Control

4 Bloodbraid Elf
4 Broodmate Dragon
4 Putrid Leech
4 Sprouting Thrinax
1 Karrthus, Tyrant of Jund
4 Bituminous Blast
4 Terminate
4 Blightning
4 Maelstrom Pulse

3 Crumbling Necropolis
5 Forest
3 Jungle Shrine
4 Exotic Orchard
4 Mountain
4 Savage Lands
4 Swamp

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Can't touch this – Bant

4 Deft Duelist
4 Vedalken Outlander
4 Valeron Outlander
4 Wall of Denial
2 Empyrial Archangel
4 Elspeth, Knight Errant
3 Kiss of the Amesha
4 Celestial Purge
2 Martial Coup
1 Armillary Sphere
2 Cancel

4 Bant Panorama
4 Seaside Citadel
3 Arcane Sanctum
1 Jungle Shrine
6 Plains
2 Forest
4 Island

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Nebst den Decks waren ein Jund-Control mit und ohne Splash für Weiß (und somit Uril, the Miststalker, Ajani Vengeant, Celestial Purge...), ein Jund-Aggro (mit allen möglichen Hastern, Demonic Dread und Violent Outburst) und ein 5-Color-Control hoch im Kurs.

Das Esper-Beatdown verliert gegen gute Karten, außerdem gegen Sideboards. Das Bantdeck gewann als einziges regelmäßig Spiel 1 gegen Jund, auch wenn's ab und zu gegen mehrere Blightning einging, war aber nach Sideboarden doch wieder hinten. 5-Color Control gewann das erste Spiel gegen die meisten Jund-Varianten ebenfalls, verlor ebenfalls gegen Blightning in Mehrzahl, und nach Boarden gegen den Anathemancer. Und ab und zu gegen die eigene Manabase. Das Jund-Control war gegen schnellere Decks etwa ausgeglichen bis etwas vorne, im Mirror gewann derjenige, der besser kaskadierte, mehr Blightning zog oder im Late Game (wenn's mal dazu kam) besser von oben zog.

Interessantes Format. Dachten wir…

Bier. Wasti fängt an, nach Kill-Bill-Manier der 5,6,7,8's Woo-Hoo zu singen und verwöhnt uns mit bayrischem Slang, den wir alle zu imitieren versuchen, aber kläglich scheitern. Helmut schläft als Erstes, was sich übel rächt.


1. Juni

Nicht mehr ganz so früh wach. Etwa 7:00 Uhr. Joggen mag ich heute nicht, der Kopf dröhnt zu fest. Ich hole mir Frühstück und liege im Pool. Gute Alternative. Dann wird irgendwann mal wieder gezockt. Mit dem Testen wird klar, dass Jund-Control (d.h. Jund mit vier Bit-Blast und vier Broodmates) insgesamt (vor und nach Boarden) die besten Matchups hat. Ich entwickle eine Antipathie gegen das doofe Mainstreamdeck und beginne, Fünffarbenkontrolle zu zocken. Zuerst mit Cascade, dann ohne, dafür mit Double Negative gegen den Cascade-Elfen. Ich hasse den Cascade-Elfen.

2. Juni

Ich werde von Gejohle unsanft aus meinen süßen Träumen gerüttelt. Da gab's tatsächlich ein paar Jungs, die sich mit dem guten Bier die Nacht um die Ohren geschlagen haben. Dass ich nie selbst auf die Idee gekommen bin. Mittlerweile sind die Online-Champs-Resultate im Netz – in den Top 8 acht Jund-Decks, quasi alle mit vier Drachen und vier Bit-Blasts. Ich beginne, das Format abgrundtief zu hassen. Zur Ablenkung gibt's Rugby im Pool, aus purer Aggressivität tauche ich alle, die mir in die Quere kommen. Ich selbst werde nie getaucht, dafür bin ich zu robust und muskulös. Aaron kriegt eine Kokosnuss ab, danach legt er sich schlafen. Anschließend wird gedraftet. Christophs Rot-Schwarz-Aggrodeck gewinnt an Popularität, allgemein scheint Aggro ein guter Weg durchs Draftformat zu sein. Zwischendurch mal Woo-Hoo, dann gibt's was zwischen die Beißerchen beim Mexikaner. Die Frauen sind scharf und das Essen auch. Nach etlichen Margheritas kurven wir nach Hause, dort probieren der Toffel und ich die Fische aus dem Sideboard zu fischen – erfolglos.


3. Juni

Langsam muss man sich überlegen, was man denn so spielen möchte an der Pro Tour. Eigentlich liegt mir das Deck mit dem Cruel Ultimatum am besten, aber es verliert irgendwie gegen alles. Aus lauter Frust beginne ich, wieder an Bant rumzutüfteln. Die Manabase ist katastrophal, aber einige Karten wie Finest Hour, Rafiq und Elspeth sind einfach zu stark. Der nächste Draft steht an. Ich drafte ein komisches, dreifarbiges Aggrodeck mit zweimal dem Cascade-Enchantment, das alles fliegen lässt und zwei Bone Saw. Ein gutes Kombodeck. Damit sweepe ich den Draft und staube damit eine Elspeth und einen Noble Hierarch ab. Gülden! Somit wäre mein Playset komplett. Bant wird weiter getestet. Ancient Ziggurat wird ins Deck gestopft, die Finest Hour und eine Else geschnitten. Das Deck fizzlet nicht so oft an sich selbst, ist aber etwas schwächer. In einem Experiment ersetze ich die Rafiqs mit Knight of New Alara, packe Esper Stormblades rein und schweife in Richtung Evasion-Aggro ab. Das Deck gefällt. Ich entdecke, wie gut Aven Mimeomancer ist. Vielleicht spiele ich das Deck sogar. Aber Cruel-Control würd mir schon besser gefallen…

Um Mitternacht baue ich mir noch schnell das Sphinx-Kombodeck, mit Glassdust Hulk und Sharuum the Hegemon und Corpse Connoisseur. Und der Akroma-Sphinx. Ich gewinne praktisch jedes Spiel 1 gegen Jund. Aber gegen alles andere ist Hopfen und Malz verloren…

4. Juni

Tag der Entscheidung. Das Bantdeck wird nochmals getunet. Ich switche meine Entscheidung pro Halbstunde mindestens einmal. Sogar Naya ziehe ich in Erwägung. Oder doch einfach Jund? Nein, Bant soll es sein, bestärken mich Toffel und der Ludewig, die auf das Deck auch voll abfahren. Nach unendlichem Durchringen wird das Deck gebaut:

Germany's Next Topmodel

4 Noble Hierarch
4 Jhessian Infiltrator
4 Valeron Outlander
1 Vedalken Outlander
3 Ethersworn Canonist
4 Aven Mimeomancer
4 Dauntless Escort
2 Jenara, Asura of War
4 Elspeth, Knight Errant
4 Rafiq of the Many
2 Finest Hour

4 Seaside Citadel
3 Arcane Sanctum
6 Plains
3 Island
8 Forest


3 Mark of Asylum
2 Vedalken Outlander
4 Rhox War Monk
3 Path to Exile
2 Battlegrace Angel
1 Finest Hour

Diese und weitere Karten gibt's bei:



Der Name:

Wäre Charly Preyer mit dabei gewesen, hätte das Deck natürlich „3/3-Engel für Charly“ heißen müssen. Aber „Germany's Next Topmodel“ war schon eindeutig der beste. Vorprogrammiert im Exalted der Zickenkrieg, wer jetzt angreifen darf; Rafiq, der olle Pascha, der den Damen beim Catwalk (einmal hin und zurück – ein Mal ist schließlich kein Mal) zuschaut – denn um selbst Hand anzulegen ist er natürlich zu faul – und à la Bruce Darnell gute Tipps verteilt.


Zu den Matchups:

Der Trend war klar: Jund-Control. Langsam lösten sich die Leute sogar von Putrid Leech und Maelstrom Pulse und rüsteten sich mittlerweile mit Celestial Purge und Karrthus, Tyrant of Jund im Maindeck. Ausgezeichnet.

Game 1 gewann man mit einem durchschnittlichen Draw gegen die meisten Decks ziemlich solide. War man on the Play oder hatte die Dame im Ersten, dann sogar meist eindeutig. Game 2 und 3 richtete sich ganz nach dem Sideboard der Decks, war aber meist immer noch passabel.


Das Maindeck:

Die Manabasis war ein klarer Schutthaufen, aber man will einfach nicht auf die Power der Else und der Finest Hour verzichten, deshalb keine Ziggurate. Removal braucht man keine, da man nicht das reaktive Deck ist, sondern das aktive. Der schlimmste Threat war Broodmate Dragon, und für den gab's ohnehin kein gutes Removal. Der Mimeomancer ist eine absolute Macht, der Hierarchen und Canonisten – selbst nach seinem Ableben – noch als pralle Flieger zurücklässt. Und wenn mal einer die dicke Sphinx-Akroma auspackt und damit gut gegen Jund dastehen will – ha ha – 3/1.

Ethersworn Canonist ist super, vor allem wenn man ihn im Zug vor dem Cascade-Elfen legt. Da sämtliche Decks zu wenig Removal für alle guten Critter haben, können sie die Terminate meist nicht auf die kleine Pestbeule verwenden. Dauntless Escort war auch prima, da das Deck so viele gute Tiere spielt, die es zu schützen lohnt. Master Transmuter Heidi Klum hat den Cut nicht geschafft, weil sie außer Mist erzählen nicht viel zustande bringt.


Das Sideboard:

Die Pro Tour fand in der Kamehameha-Halle des Kongresszenters statt. Selbsterklärend, dass wir das Kamehameha auch immer Deck haben wollten. Da Banefire nicht in unseren Farben lag, entschieden wir uns für Mark of Asylum, eine Karte, die gegen Sideboardkarten wie Caldera Hellion, Magma Spray, Jund Charm oder Volcanic Fallout Wunder wirkt. Dasselbe gilt für Vedalken Outlander. Rhox War Monk war zu klobig und zu un-evasiv fürs Maindeck, aber im Board wollte man ihn schon haben gegen Aggrodecks. Path to Exile, Battlegrace Angel fürs Mirror und gegen Naya, die dritte Hour meist on the Play reingenommen, on the Draw waren drei zu klobig.

Versteht sich, dass Matthias, Toffel, ich und Rafiq uns nach dem Deckbuilden als Jury zurückziehen mussten, um denn nun dem Contest alle Ehre zu geben. Und deshalb für euch, meine Damen und Herren:

Die Top 5 aus Germany's Next Topmodel


5. Ethersworn Canonist: Nachdem ich mit den Jungs ewig gestritten habe, konnte ich sie dann doch überzeugen, die Dame in die Top 5 einzulassen. Der Ungunst der Dame gegenüber liegt ein kleines Missverständnis zugrunde: Matthias und Toffel waren der Ansicht, dass die Dame sehr schlank war und rechts zu ihren Händen sogar der Hintergrund durchscheint. Ich musste volle Überzeugungsarbeit leisten, um die Jury zu überzeugen, dass die gute Dame eben mehr als nur Luft vor der Hütte hat. Und somit, ein verdienter fünfter Platz.

4. Valeron Outlander: Sieht zwar schon etwas älter und ziemlich unschuldig aus, aber auf alten Pfannen lernt man schließlich kochen, und stille Wasser sind tief.

3. Noble Hierarch: Auch wenn Rafiq meinte, sie habe sich auf dem Catwalk nicht allzu gut bewiesen, waren wir doch der Ansicht, wir müssen der guten Hierarchin, schon alleine der Hierarchie willen, zur Top 3 verhelfen. Und sie macht farbiges Mana!

2. Jenara: Erinnert mich namentlich an den dazumaligen Teamweltmeisterkollegen Gennari. Außerdem ist sie ein blonder Engel, was kann man da mehr erwarten.

1. Elspeth: Sonnenklar, dass die gute Else nicht zu übertreffen war. Wohl die einzige Dame, die sogar den eitlen Rafiq mal selbst auf den Catwalk gelockt hat, und somit die absolute Heidi Klum unseres Teams. Auch als Person den anderen Mädels meilenweit überlegen – warum sollte man auf Zickenkrieg angewiesen sein, wenn man sich täglich einen neuen Lustknaben fabrizieren kann. Zwar nur 1/1, aber immerhin…



Das war's dann auch schon wieder. Wie's uns im Turnier ergangen ist, wissen die meisten von euch zwar schon, nächste Woche werd ich mich dafür rechtfertigen können…




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