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Judge-Bericht vom NQ Hamburg
von Philip Schulz
11.07.2008

Die freitäglichen Regelquiz sind zwar unterhaltsam, aber ab und an wünsche ich mir schon etwas Abwechslung. Ich würde einfach gerne mehr Berichte in der „Disciple of Law"-Kolumne lesen. Gab es da nicht vor kurzem ein paar bedeutende Turniere, die sich dafür hervorragend eignen würden...?

An der Stelle unterbreche ich mal meinen 5-Jahres-Rhythmus, in dem ich sonst etwas für PlanetMTG verfasse, und schreibe ein bisschen was zu meinem National Qualifier.

Ich war Oberschiedsrichter für den National Qualifier 2008 in Hamburg, der am 22. Juni im Lichtwarkhaus stattfand, das einigen sicher von diversen Mercadiaden noch gut in Erinnerung ist. Zum Team gehörten außerdem zwei weitere Schiedsrichter, zwei Schiedsrichterkandidaten und der TO/Scorekeeper. Das dürfte im deutschlandweiten Vergleich eine recht gute Quote von Schiedsrichtern zu Spielern sein und entsprechend dazu beigetragen haben, dass bei 95 Teilnehmern und acht Runden alles so rund lief. Es ist erfreulich, wenn ein TO sich bewusst ist, dass man für ein ordentliches Turnier auch eine entsprechende Anzahl Schiedsrichter braucht, und nicht am falschen Ende zu sparen versucht.

Ich habe mir vor einiger Zeit angewöhnt, alles aufzuschreiben, was ich auf Turnieren gefragt werde (außer vielleicht die Frage nach der verbleibenden Rundenzeit). Auf diese Aufzeichnungen stützt sich dieser Bericht. Dewegen wirkt das Ganze meist auch eher wie eine Aufzählung von Fragen. Der geneigte Leser mag sich als übergeordnetes Thema dieser Fragensammlung das Standardformat im Juni 2008 denken.
Erste Runde

Kann man einen ausgesetzen Zauberspruch neutralisieren, wenn die letzte Marke entfernt wird?

Aussetzen steht für drei Fähigkeiten. Die erste erlaubt dir, die Karte mit Aussetzen mit Marken ganz aus dem Spiel zu entfernen. Die zweite bewirkt, dass jede Runde eine Marke von der ausgesetzen Karte entfernt wird. Und die dritte besagt: „When the last time counter is removed from this card, if it's removed from the game, play it without paying its mana cost if able. [...]" Wenn also die letzte Zeitmarke entfernt wird, muss der Besitzer des Zauberspruchs ihn spielen. Das funktioniert genauso, als wäre der Zauberspruch aus der Hand gespielt worden. Danach wartet der Zauberspruch auf dem Stapel darauf, verrechnet zu werden, und kann auch ganz normal neutralisiert werden.

Wie interagieren Reveillark und Wrath of God? (Die im Turnier gestellte Frage war präziser, aber an den genauen Wortlaut habe ich mir nicht notiert.)

Wrath of God wird verrechnet und zerstört alle Kreaturen. Die Kreaturen werden in die Friedhöfe ihrer Besitzer gelegt und die Verlässt-das-Spiel-Fähigkeit von Reveillark wird ausgelöst – und zwar nur das: ausgelöst. Wrath of God ist fertig verrechnet und wird als letzter Teil seiner Verrechnung in den Friedhof seines Besitzers gelegt. Jetzt werden automatische Spieleffekte überprüft. Erst dann wird die ausgelöste Fähigkeit von Reveillark tatsächlich auf den Stapel gelegt und erst dann wählt dessen Beherrscher die Ziele der Fähigkeit. Die soeben dahingeschiedenen Kreaturen können also als Ziele gewählt werden.

Entfernt Magus of the Moon die „Verschneitheit" von Ländern?

Nein. Der Effekt des Magus of the Moon macht alle Nichtstandardländer zu Gebirgen. Genauer heißt das, er ändert den Untertyp (auch Landtyp genannt) jedes Nichtstandardlands zu Gebirge. „Verschneit" hingegen ist ein Obertyp, wie auch „Legendär" oder „Standard". Obertypen werden durch den Effekt des Magus of the Moon aber nicht verändert.

Kann ein animiertes Mutavault Kreaturen, die Furcht verursachen, blocken?

Nein. Ein animiertes Mutavault erhält zwar alle Kreaturentypen, Artefakt ist allerdings kein Kreaturentyp. Ebenso ist ein Mutavault kein Artefakt, nur weil es farblos ist.

Ein Spieler hat ein ausgesetztes Greater Gargadon. Er übernimmt mittels Threaten die Kontrolle über die Kitchen Finks seines Gegners, die keine -1/-1-Marke haben, und opfert diese für die Fähigkeit des Greater Gargadon. Unter wessen Kontrolle kommen die Kitchen Finks ins Spiel zurück?

An der Stelle habe ich dem Spieler einfach mal den Rat gegeben, die Kitchen Finks durchzulesen. Manche Fragen beantworten sich ganz von selbst.

Dann gab es noch eine Nachfrage zu Mulldrifter, Herbeirufen und Momentary Blink...

Der Mulldrifter wird mittels Herbeirufen gespielt, die „opfere mich"-Fähigkeit und die Kartenziehfähigkeit gehen auf den Stapel, der Mulldrifter wird mit Momentary Blink ganz aus dem Spiel entfernt und kommt dann gleich wieder, die Kartenziehfähigkeit wird noch einmal auf den Stapel gelegt. Der Spieler behält letztlich den Mulldrifter und zieht insgesamt vier Karten. Die „opfere mich"-Fähigkeit macht nichts, da der Mulldrifter, auf den sie sich bezieht, längst nicht mehr da ist, um geopfert zu werden. Der hat ja das Spiel verlassen und wurde durch einen ganz anderen (also spieltechnisch gesehen) ersetzt. Ein Objekt, das von einer Zone in eine andere bewegt wird, wird als neues Objekt betrachtet.
Zweite Runde

Erst jetzt fiel mir auf, dass im hinteren Bereich des Raums zwei Spiegelwände standen. Vielleicht waren es auch ausgebaute Türen eines Wandschranks. Damit nicht ein Spieler seinem Gegner im wahrsten Sinne des Wortes in die Karten gucken könnte, drehten wir den vorderen Spiegel um. Da wurden doch gleich Erinnerungen an die Team-PTQs in Rodgau wach, wo es ein ähnliches Problem gab. Nur, dass dort die Spiegel an der Decke montiert waren. Ungleich schwieriger, die einfach umzudrehen.

Die nächste Frage war, ob ein Leechridden Swamp mit Magus of the Moon im Spiel noch ein Sumpf ist.

Ist er nicht. Falls ein Effekt den Landtyp eines Lands zu einem Standardlandtyp macht, hat das Land nicht mehr seinen alten Landtyp. Außerdem verliert das Land auch die Fähigkeiten, die es durch seinen Regeltext hätte und erhält dafür aber wenigstens die entsprechende Manafähigkeit des neuen Standardlandtyps. Hier also „: Erhöhe deinen Manavorrat um ."
Dritte Runde

Ein animiertes Treetop Village wird mit Sower of Temptation übernommen. Was passiert, wenn das Treetop Village aufhört, eine Kreatur zu sein?

Nichts. Will sagen, das Treetop Village bleibt unter der Kontrolle des Spielers,
der den Sower of Temptation gespielt hat. Eine ausgelöste Fähigkeit prüft zweimal, ob ihr Ziel legal ist. Das erste Mal, wenn die Fähigkeit auf den Stapel gelegt wird. Nur legale Ziele können überhaupt gewählt werden. Das zweite Mal, wenn die Fähigkeit verrechnet wird. Ist das Ziel dann immer noch legal, tritt der Effekt ein (hier die Kontrollübernahme). Was dann später mit dem Ziel passiert und ob es später noch legal wäre, ist egal und ändert nichts rückwirkend am Effekt. Für aktivierte Fähigkeiten und Zaubersprüche gilt das natürlich ebenso.

Wie verhalten sich zwei Pendelhaven und Magus of the Moon?

Zum Magus of the Moon gab es die meisten Fragen auf dem Turnier. Wie bereits erwähnt, ändert der Effekt des Magus of the Moon nichts daran, daß die Länder legendär sind. Wenn also ein Pendelhaven und ein Magus of the Moon im Spiel sind und noch ein Pendelhaven ins Spiel gebracht wird, werden beide Pendelhaven in die Friedhöfe ihrer Besitzer gelegt, sobald automatische Spieleffekte überprüft werden.
Vierte Runde

In der Runde gab's dann einen Spieler, der versehentlich nach einem Mulligan eine Karte zu viel gezogen hatte.

Dieser Verstoß wird als Card Drawing – Improper Drawing at Start of Game bezeichnet. Dafür sehen die Strafrichtlinien eine Verwarnung vor. Die Situation wird seit kurzem so korrigiert, dass zufällig bestimmte Karten aus der Hand des Spielers in seine Bibliothek gemischt werden, bis er eine Karte weniger auf der Hand hat, als er hätte haben sollen. Wer also nach dem ersten Mulligan wieder sieben Karten zieht statt sechs, hat nach der Korrektur noch fünf Handkarten. Ab da geht es normal weiter, es dürfen also auch noch weitere Mulligans genommen werden.

Anschließend gab es eine recht interessante Situation:

Ein Spieler spielte Profane Command und bestimmte, dass sein Gegner Lebenspunkte verliert und er eine Kreaturenkarte aus seinem Friedhof ins Spiel zurückbringt. Der Gegner spielte daraufhin Commandeer, hatte aber keine Kreaturenkarten in seinem Friedhof. Was nun?

Die bestimmten Modi können nicht geändert werden. Aber wie genau sieht es mit den Zielen aus? Falls sich der Spieler des Commandeer entscheidet, Ziele zu ändern, muss er dann alle Ziele ändern? Aus irgendeinem Grund meinte ich mich daran zu erinnern. An der Stelle musste ich doch mal etwas länger überlegen. Tatsächlich ist es aber nicht so. Der Beherrscher des Commandeer entscheidet für jedes Ziel einzeln, ob er es ändern möchte. Falls er ein Ziel ändert, so muss das neue Ziel legal sein. Falls kein anderes Ziel legal gewählt werden kann, bleibt es bei dem alten Ziel. Hier hieß das, dass das Leben-Verlieren auf den ursprünglichen Spieler des Profane Command geändert wurde, das Kreaturenkarte-Zurückbringen aber nicht geändert wurde, weil es eben kein legales Ziel gab. Bei der Verrechnung des Profane Command verlor der ursprüngliche Spieler Lebenspunkte, aber die Kreaturenkarte in seinem Friedhof wurde dennoch nicht ins Spiel zurückgebracht, da sich das „you" in dem zweiten Modus auf den aktuellen Beherrscher des Profane Command bezieht und das Ziel eben nicht in dessen Friedhof war. Solange wenigstens ein Ziel eines Zauberspruchs bei der Verrechnung legal ist, wird der Zauberspruch verrechnet, wirkt aber nur auf die verbleibenden legalen Ziele.

Ich frage mich, wie viele Leser ich bei diesem Abschnitt verloren habe.
Fünfte Runde

Auf ein animiertes Mutavault wird eine -1/-1-Marke gelegt. Was passiert mit der Marke, wenn das Mutavault nicht mehr animiert ist?

Die Marke bleibt drauf liegen und bewirkt ansonsten nichts. Sobald das Mutavault wieder zu einer Kreatur wird, erhält es durch die Marke wieder -1/-1.

Einer meiner Mitschiedsrichter wurde zu folgender Situation gerufen:

Ein Spieler spielte in seinem Versorgungssegment eine Ancestral Vision. Der Gegner reagierte darauf, indem er eine Spellstutter Sprite (die einzige Fee im Spiel) spielte, um die Ancestral Vision zu neutralisieren. Mit der ausgelöste Fähigkeit der Spellstutter Sprite auf dem Stapel, spielte der Spieler irgendeinen Removalspell und zerstörte die Spellstutter Sprite. Beide Spieler übersahen, dass auch mit null Feen im Spiel Ancestral Vision hätte neutralisiert werden müssen. Die Ancestral Vision wurde verrechnet und der Spieler zog drei Karten. Dann rief ein Zuschauer den Schiedsrichter.

Das sieht jetzt klar nach Card Drawing – Drawing Extra Cards aus. Oder etwa doch nicht? Das Kernproblem ist, dass die Fähigkeit der Spellstutter Sprite nicht korrekt verrechnet wurde. Aus diesem Fehler ist dann ein fehlerhafter Spielzustand entstanden (die Ancestral Vision, die eigentlich nicht mehr auf den Stapel hätte sein sollen). Die Ancestral Vision selbst wurde dann gemäß diesem Spielzustand korrekt verrechnet. Einfacher ausgedrückt, handelt es sich beim Ziehen der drei Karten quasi um einen Folgefehler. Die Strafrichtlinien sagen dazu:

-Penalty Guide
If a player moves cards into his or her hand while correctly resolving a legally played spell or ability, but that spell or ability was the result of a sequence of events caused by a different Game Play Error, the infraction is the appropriate Game Play Error, not Drawing Extra Cards.

In diesem Fall wurde auf Game Play Error – Game Rule Violation entschieden, wofür der Spieler eine Verwarnung erhielt. Der Gegner erhielt ebenfalls eine Verwarnung für Game Play Error – Failure to Maintain Game State, weil er nicht aufgepasst hatte. Da der Fehler zeitnah bemerkt wurde und seit dem Fehler nicht zu viele Handlungen durchgeführt bzw. Entscheidungen getroffen wurden, wurde das Spiel zu dem Zeitpunkt vor dem Spielfehler zurückgedreht. Die gezogenen Karten konnten mit Hilfe der umstehenden Zuschauer identifiziert werden und wurden in die Bibliothek zurückgemischt. Die Ancestral Vision wurde korrekterweise neutralisiert und ab da wurde weitergespielt. Das Zurückdrehen bei Spielfehler ist wohlgemerkt die Ausnahme, nicht die Regel.

In einer anderen Situation kontrollierte ein Spieler einen Chameleon Colossus und einen Imperious Perfect. Der Gegner fügte dem Chameleon Colossus vier Schadenspunkte zu, woraufhin der Chameleon Colossus in den Friedhof gelegt wurde, da übersehen wurde, dass er ja auch ein Elf ist und somit 5/5. Danach griff der Gegner an und gab den Zug ab. Der Fehler wurde erst in der zweiten Hauptphase des nächsten Zuges bemerkt, nachdem der aktive Spieler angegriffen hatte.

Dabei handelt es sich wieder um einen Game Play Error – Game Rule Violation. An dieser Stelle wurde das Spiel jedoch nicht zurückgedreht, da seit dem Fehler zu viel passiert war: ein Angriff, der nächste Zug, Ziehen einer Karte, ein weiterer Angriff und das Spielen von Zaubersprüchen basierend auf dem momentanen Spielzustand. Falls ein Fehler nicht innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne bemerkt wird oder das Zurückdrehen hinreichend komplex wäre, wird der Spielzustand so belassen, wie er ist.



Das Turnier hatte dann tatsächlich noch drei weitere Runden... Aber in denen ist entweder nichts Ereignisreiches mehr passiert oder ich habe schlicht vergessen es aufzuschreiben.




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