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Geschichten aus der Gruft, Teil 5
Pischner bleibt unsanktioniert
von Andreas "Zeromant" Pischner
04.02.2008

Eine Handvoll Cheating

Nach jenem von Frank Schacherer gewonnenen PTQ gesellte sich zu der bahnbrechenden Erkenntnis, dass ich tatsächlich noch etwas über Magic lernen konnte, auch ein gewisser grundlegender Optimismus. Gut, ich war an die Grenze meines Könnens gestoßen (mit dem überraschten "Aua" desjenigen, dem dadurch erst bewusst wurde, dass ihm Grenzen gesetzt waren), aber ich hatte durchaus auf akzeptabel hohem Niveau versagt: An den Top 8 war ich nur gescheitert, weil ich uneigennützigerweise auf einen Draw verzichtet hatte (die Uneigennützigkeit des Ganzen müsst Ihr übrigens nicht in Zweifel ziehen: So etwas wie Conceden in der Hoffnung auf eine spätere Kompensation war uns damals noch vollständig unbekannt!), und mein Standard-Rating belief sich nach jenem Turnier auf stolze 1683 – das war damals genug, um mich in die deutschen Top 100 zu katapultieren!

Magic als Spitzensport schien mir daher damals durchaus in Reichweite, wenn ich mich nur ein wenig nach der Decke streckte. Wie genau allerdings dieses Strecken zu bewerkstelligen sei, das wusste ich noch nicht.

Sanktionierte Turniere waren damals noch Mangelware. Wer ein solches organisieren wollte, musste es Wochen, wenn nicht sogar Monate vorher bereits bei Amigo beantragen, damit diese genügend zeitlichen Vorlauf hatten, um es in ihrem monatlich erscheinenden Organ, dem "Orakel", anzukündigen (das wurde als notwendig angesehen, damit auch wirklich jeder Spieler in Deutschland und Österreich sich darüber informieren und daran teilnehmen konnte). Einmal abgesehen von praktischen organisatorischen Problemen, Ort und Zeit so frühzeitig bekanntzugeben, war das vielen Organisatoren einfach zu viel Aufwand, und daher wurden eben unsanktionierte Turniere veranstaltet – die meisten Spieler begriffen den Unterschied damals eh nicht so recht.

Einer jener frühen Turnier-Organisatoren war Matthias Grigorieff. Er selbst spielte nicht allzu intensiv, tat sich aber eine Zeit lang als Veranstalter hervor. Ich erinnere mich deswegen an seinen Namen, weil dieser in meiner Match History auftaucht, und an dieses Turnier erinnere ich mich aus zwei Gründen: Einmal, weil ich gegen ihn spielte, obwohl er das Turnier gleichzeitig veranstaltete. Kein Aufschrei der Empörung, bitte! Zum Einen gab es jene Regelung, dass der Veranstalter nicht teilnehmen durfte, damals wohl noch gar nicht, und zum anderen war er nicht einmal der offizielle Veranstalter. (Das war damals nämlich immer ein Fritze von Amigo, meistens Mario von Leeuwen oder Mathias van Thadden – Spelling? – der dafür zuständig war, die per Postweg eingegangenen Turnierberichte in den Computer zu hacken und an WotC Europe weiterzuschicken.) Nichtsdestotrotz wunderte ich mich darüber, dass jemand gleichzeitig Turniere veranstalten und spielen sollte, war aber beruhigt, als er mir mit Ekundu Cyclops begegnete (ich gewann mühelos).

Mirage war unterdessen legal geworden, und der Pischner nutzte die Gelegenheit, ein Deck mit 4 Nettletooth Djinn, 4 Maro und 4 Erhnam Djinn zu spielen – zwölf Kreaturen für vier Mana, die (wahrscheinlich) nicht am Lightning Bolt starben – das musste doch gut sein!

Vielleicht war es das auch, vielleicht auch nicht. Ich denke, ich hatte diese brilliante Idee in ein Marogeddon-Design verpackt. Gegen schwarze Deck würde ich jede Menge Sideboard-Hate auspacken und mich gegen rote zusätzlich zu den obligatorischen Schutzkreisen darauf verlassen, dass meine Viecher für den gegnerischen Burn einfach zu groß wurden. Letztere Strategie ging nicht auf, und die dazu gehörigen Umstände sind der zweite Grund, warum ich mich an jenes Turnier erinnere:

Ich spielte nämlich in der ersten Runde gegen Jacques Punt. Ja, genau der, der so stolz im PlanetMTG-Forum davon berichtet, wie massiv er in seiner Magic-Karriere doch immer betrogen hätte... Jacques hatte Sligh am Start, und ich war äußerst optimistisch. Das Spiel verlief zunächst auch genau so, wie ich es erwartete: Ich spielte einen Fatty, und er benötigte zwei Karten, um ihn zu entsorgen. Das passierte drei, vier Mal. Schließlich spielte er eine Orcish Artillery. Diese benötigte natürlich immer noch die Unterstützung einer anderen Karte, um meine Monster abzurüsten, aber Jacques gingen die Karten einfach nicht aus. Meine Hand war unterdessen leer, und ich fragte nach, wie es denn um Jacques' Hand bestellt sei: Jacques hatte sieben Karten in der Hand. SIEBEN.

...

Ich konnte es mir damals einfach nicht erklären. Ich ging in Gedanken die Abtausche durch, die wir gemacht hatten und kam auf viele 1 zu 2 und einige 1 zu 1 aus seiner Sicht, aber absolut nichts, was diesen unglaublichen Kartenvorteil seinerseits erklären konnte. Ich verlor dieses Spiel frustriert und ohne eine Erklärung dafür, wieso meine Strategie nicht aufgegangen war. Insgesamt schloss ich das Turnier mit einem höchst enttäuschenden 3:3 ab, welches meine Ansicht, ich kratzte bereits an der Tür zum Spitzenspieler (den Begriff "Pro" gab es damals bei Magic noch nicht) reichlich energisch in Frage stellte. Erst einige Wochen später hörte ich jene Story, wie die Doomies Jacques quer über einen Tisch geworfen hätten, weil er sie gründlich beschissen hätte, und plötzlich löste sich das ganze Rätsel im Gegenteil in Wohlgefallen auf. Als ich diese Geschichte mit den Istari besprach, wurde ich auch gleich noch über Andreas Huhn aufgeklärt. Pischner kam so langsam mit der Realität des Magic-Spielens in Kontakt...


Läden haben Heimvorteil

Ungefähr zu jener Zeit öffnete übrigens Serious Games seine Pforten, und ich war dort von Anfang an als Magic-Experte tätig. Axel Hollmann (ja, der "Gott" aus Nexus, welcher jenes berüchtigte Jahrbuch verbrochen hatte) und Roland Lüdtke (der dort auch heute noch Geschäftsführer ist) eröffneten diesen Laden, und auf Axels und Marcus Johanus' Empfehlung hin (Marcus kümmerte sich um den Rollenspielbereich) wurde ich eingestellt; zunächst als Studi. Damit änderten sich meine Rahmenbedingungen plötzlich total: Kartenverfügbarkeit war kein Problem mehr für mich (ich kam zum Einkaufspreis an das Zeug, und natürlich durfte ich auch mit den Beständen des Ladens tauschen), und da Serious Games ein wöchentliches Turnier anbot, welchem ich als Schiedsrichter vorstand, waren auch regelmäßige und häufige Kontakte zur Szene garantiert. Andererseits begannen sich die Gelegenheiten, zu denen ich selbst Turniere spielte, mit der Zeit zu reduzieren. Das war zuerst noch kein Problem, da ich regelmäßig mit dem Team Istari testete und auch häufig nach Geschäftsschluss noch mit ausgewählten Kumpels in den Ladenräumen zocken konnte (bis der wachsende Warenbestand und versicherungstechnische Gründe diesem Treiben ein Ende setzten), wuchs sich aber mit der Zeit zu einem spürbaren Problem aus.

Deswegen fiel meine als Spieler aktivste Zeit ironischerweise in jene gerade zu Ende gegangene Ära der unsanktionierten Turniere. Ich weiß noch, dass Roland sich ganz bewusst Mühe gab, mit seinem wöchentlichen Turniertermin niemandem auf die Zehen zu treten: Das SG-Turnier fand immer donnerstags statt (abwechselnd Standard und Sealed – welches damals übrigens noch bezahlbar war!), während die Turniere der anderen Läden auf Montag, Mittwoch und Freitag lagen. Nichtsdestotrotz erreichte die Anzahl der sanktionierten Turniere in Berlin auf Grund der Läden bald die kritische Masse, um unsanktionierte Veranstaltungen zu verdrängen und unattraktiv zu machen, während Veranstalter ohne Laden es immer schwerer hatten, Turniere zu sanktionieren, weil sie ohne Ladenräumlichkeiten eben nicht lange im Voraus Zeit und Ort garantieren konnten.


Denn gute Spieler lernen von schlechten,
nicht umgekehrt


Und das war schade! Einige jener unsanktionierten Turniere fanden nämlich in Formaten statt, die man heute als "Fun-Formate" bezeichnen würde. Matthias Nagy zum Beispiel bot zum Erscheinen der Fünften Edition ein 5th-Edition-Commons-Only-Turnier an! Was aus heutiger Sicht eher wie ein Metagame-Seminar von Professor Pischner anmutet, nahmen wir als durchaus ernste Herausforderung an: Eine nicht allzu knapp zweistellige Anzahl Spieler fand sich in der Burg (glaube ich) ein. Ich ging mit an Überheblichkeit grenzendem Optimismus in den Wettbewerb: Ich wusste schließlich, was das beste Deck war – Rot-Grün! Grün besaß schlicht die dicksten Kreaturen – und Tranquility gegen Schutzkreise – während Rot mit seinem flexiblen Burn sowohl für Creature Removal als auch für Finisher zuständig war. Die anderen Farben taugten einfach nichts.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer außer mir an Matthias' Turnier teilnahm, mit einer Ausnahme: Daniel Brickwell. Er war übrigens der Ansicht, das beste Deck sei Rot-Blau, nicht Rot-Grün – der Ketzer! Ich erklärte ihm, warum er sich irrte, und er hörte aufmerksam zu. Ich fragte ihn nicht, wieso er anderer Meinung war – so ganz hatte ich das Konzept "Ich weiß bereits alles über Magic" noch nicht aus meinem Kopf herausbekommen.

Jedenfalls spielten wir dann. Matthias veranstaltete sein Turnier im Schweizer System, hatte dieses aber noch nicht ganz verstanden: So kam es, dass ich innerhalb von ca. 6 Runden ZWEI mal auf Daniel stieß! Ich hatte ihn in einer frühen Runde bereits besiegt, und gegen Turnierende (ich hatte alle Partien gewonnen) meinte Matthias entschuldigend, er hätte einfach keinen anderen Gegner mehr für mich; nur Daniels Score (Daniel hatte alle anderen Gegner besiegt) kam meinem einigermaßen nahe. Ich zuckte mit den Schultern und schlug Daniel noch einmal, so dass ich das Swiss mit äußerst souveräner Führung gewann.

Aber halt, das Turnier war noch nicht zu Ende – es gab noch Halbfinale und Finale! Und nun ratet einmal, auf wen ich im Finale zum nunmehr dritten Mal traf? Richtig. Und DIESMAL gewann Daniel.

Natürlich führte ich diese Niederlage auf Pech zurück – schließlich hatte mein Deck ja bereits zwei Mal bewiesen, dass es stärker war! Vielleicht war es auch nur Pech. Vielleicht aber – und dieser Gedanke kam mir erst VIEL später – lag es auch daran, dass Daniel unterdessen gelernt hatte, wie er gegen mich spielen musste.

Ich besitze ein Erinnerungsfragment von einer Playtesting-Session (immer noch unter der Bezeichnung "sich zum Magic-Spielen Treffen") bei Serious Games. Ich arbeitete und konnte nicht mitspielen, hatte aber genügend Zeit, immer wieder daneben zu stehen und zuzuschauen. Ich hatte mein damaliges Deck dem Gegner von Daniel geliehen, damit er dagegen testen konnte. Ich weiß nicht mehr, wer dieser Gegner war, und ich erinnere mich auch nicht an das Deck, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es große grüne Kreaturen enthielt. Daniel wiederum spielte ein Deck, welches unter anderem kleine grüne Kreaturen enthielt. Ich war überzeugt, dass er kräftig auf die Mütze bekommen würde, und genau so geschah es dann auch, ein-, zwei-, dreimal.

Ich erklärte Daniel, warum er mit seinem Deck keine Chance hatte ("Meine Kreaturen sind eben größer!") und er hörte aufmerksam zu, nickte dann und meinte. "Ich denke, ich muss mein Deck nur anders spielen." Dann spielte er sein Deck noch einmal – vermutlich "anders" – und gewann.

Dieses Konzept, ein Deck (oder besser: ein Matchup) "richtig" zu spielen, kannte ich damals noch nicht. Klar wusste ich, wie ich ein Deck richtig spielte... nur, ich verstand unter "richtig" "fehlerfrei" (wofür ich damals auch bekannt war – ach herrje, ist das lange her!), und nicht "taktisch richtig"! Diese Einsicht ließ auch noch eine Weile auf sich warten. Deswegen wäre mir wohl nicht einmal aufgefallen, wenn Daniel im Finale auf einmal taktisch anders gespielt hätte. Hey – hat nicht jemand von Euch Lust, jenes alte Format zu rekreieren und im Forum etwas dazu zu schreiben? Ich denke immer noch, dass R/G der richtige Ansatz war...


Red Red Red

Ein unsanktioniertes Turnier war übrigens auch meine einzige Möglichkeit gewesen, ein sehr kurzlebiges offizielles Format zu spielen: Standard mit 4th Edition und Visions. Kurz nach Erscheinen von Visions würde nämlich 4th Edition von der Fünften Edition verdrängt. Jenes Turnier fand im Rahmen einer Comic-Messe unter dem Ostberliner Funkturm statt und besitzt einen besonderen Platz in meinem Herzen, weil es das erste Mal war, dass etwas in meiner Spielerlaufbahn recht Seltenes passierte: Pischner hatte das Metagame verstanden (nein, das Wort kannte ich damals wahrscheinlich noch nicht)!

Weil, das war nämlich ganz einfach: (Lightning Bolt + Fireblast) gleichzeitig legal = jeder spielt Rot, und wer nicht Rot spielt ist selbst schuld! Deswegen spielte der Pischner natürlich auch Rot, aber mit gewissen Modifikationen fürs Mirror: Ich hatte einen kleinen Grün-Splash für den guten Erhnam Djinn (was für eine Überraschung, ich weiß), spielte 4 Keeper of Kookus im Hauptdeck (welche nach den damaligen Trample-Regeln auch einen Ball Lightning abstellen konnten) und benutze Suq'Ata Lancer, die wiederum an gegnerischen Keepers vorbei kamen, sowie an etwaigen Freewind Falcon. Außerdem hatte ich einen random Searing Touch im Deck, welcher gegen rote Decks mit deren meisten Kreaturen (vor allem Ball Lightning) billig abtauschen und im Lategame für Kartenvorteil sorgen konnte. Ich fühlte mich gerüstet.

Meine Strategie ging auf: Ich kämpfte mich im K.O.-System bis ins Finale und schaltete dabei mit Martin Langfeld (Mono-Rot) und Dirk Hein (Mono-Rot) zwei Berliner Topspieler aus. Dort traf ich dann auf Rosario Maij, der meines Wissens nach ebenfalls Rot-Grün zockte – womöglich aus ähnlichen Erwägungen? Ich weiß nur noch, dass ich das erste Spiel klar verlor und dann Landzerstörung hereinsideboardete, um ihn von seiner Nebenfarbe Grün abzuschneiden. Dieser Plan ging nicht so ganz auf, da er wohl im Gegensatz zu mir wirklich zweifarbig spielte. Ich vermute mal (meine Erinnerung ist leider nicht sehr genau), dass ich meine eigene tiefschürfende Erkenntnis präsentiert bekam: Zwischen zwei ähnlich aufgebauten Decks gewinnt dasjenige mit den größeren Kreaturen. (Ich glaube nicht, dass er Keeper of Kookus spielte...)


Off the Bat

Dieses Turnier ließ mich wieder stärker daran glauben, dass ich doch eigentlich ein guter Spieler war. In jener unsanktionierten Zeit entdeckte ich jedoch auch bereits meine eigentliche Stärke, das Limited-Spiel:

Es war wieder einmal ein von Matthias Nagy veranstaltetes Turnier gewesen und wiederum in der Burg. Matthias hatte etwas von einem neuen Trend aus Amerika gehört, den er unbedingt auch bei uns ausprobieren wollte: Sealed Deck! So komisch diese Idee auch klang, wir Magic-begeisterten waren damals für jeden Scheiß zu haben, also auch dafür. Oh, und was für ein Scheiß es war!

Ich bin ja nunmehr seit einigen Jahren, nachdem ich Sealed Deck zwischendurch recht lieb gewonnen hatte, eh zu der Ansicht gelangt, dass es ein beschissenes Format ist (ich habe hier auf dem Planeten irgendwann einmal einen Artikel darüber geschrieben, "Sealed Deck: Der Zauber vergeht" oder so – Tobi wird ihn schon finden). Nun, darüber mag man ja geteilter Meinung sein können, aber Matthias führte sein Sealed mit der damals jüngsten Magic-Erweiterung durch: Homelands. Au Backe.

Wartet, es kommt noch besser: Da sich in Boostern ja bekanntlich keine Standardländer befinden, benutzten wir außerdem einen Starter 4th Edition. Schaut Euch mal die Commons dieses Sets an, und Ihr werdet Homelands zu schätzen lernen!

Ein "Starter" enthielt damals übrigens genau 60 Karten. 22 davon waren Standardländer, also gab es nur 38 "richtige" Karten darin. Homelands-Booster enthielten übrigens acht Karten. Ich vermute einmal, dass wir vier davon bekommen haben (es könnten aber durchaus auch drei oder sogar nur zwei gewesen sein), doch selbst in diesem Fall bedeutete dies, dass wir nur 70 Karten zum Deckbau zur Verfügung hatten. Bei einem modernen Sealed sind es 75 – bei Prereleases mit kleinen Sets 90 – Karten. Und wenn Ihr jetzt denkt "Mein Gott, die fünf Karten weniger", dann schaut Euch die beiden Sets noch einmal genau an. (z..B. hier.die Vierte Edition und hier.Homelands) Und ich bin mir WIRKLICH nicht sicher, dass wir überhaupt vier Booster Homelandsbekommen hatten...

Das Beste aber war, dass man keine zusätzlichen Länder bekam! 22 Standardländer, das bedeutete zwei Mal fünf und drei Mal vier, wenn sie optimal verteilt waren (auch das war keineswegs immer der Fall!) Immerhin bekam man drei Standardländer nach Wahl zusätzlich. Hat jemand Lust, dieses Format zu rekreieren? Nein? Kann ich verstehen.

Nichtsdestotrotz erinnere ich mich furchtbar gerne an jenes erste Sealed zurück. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich es – glaube ich – gewonnen habe (wenn nicht, habe ich in jedem Fal sehr gut abgeschnitten). Endlich einmal ein Format, in dem es sich auszahlte, dass ich alle Karten kannte! In jener Anfangszeit besaß Sealed tatsächlich einen geringeren Glücksfaktor als Constructed, einfach deswegen, weil kaum jemand etwas vom Limited-Deckbau verstand.

Entscheidend aber war, dass man endlich einmal mit all jenen zweit-, dritt- und viertklassigen Karten spielte, die sich ansonsten nur sinnlos zu Hause auf dem Fußboden stapelten. Ich habe keine Ahnung mehr, wie mein Deck genau ausgesehen hat, aber ich erinnere mich an meine unglaublichen Flying Beatz mit Sengir Bats + Feast of the Unicorn, an das Dichtmachen des Bodens mit Hilfe meines Drudge Spell und an mein Creature Removal in Form von Serra Bestiary. Ja, diese Karten waren meine Game Winner! Würdet Ihr irgendeine davon auch nur in ein Casual-Deck stecken?


Drunken Fighting

Ja, man konnte es mit den wacky formats auch übertreiben! Bei Serious Games nach Ladenschluss spielten wir oft mit dem, was herumlag – ab und zu konnte ich zwar auch für die Ladenbestände Booster öffnen, aber natürlich nicht jeden Abend – und das ging gelegentlich einfach über die Grenze jeglicher Vernunft hinaus. Wir haben zum Beispiel mit Chronicles-Commons gedraftet. NUR mit Chronicles-Commons. Ich glaube, das war das einzige Mal, als wir ein Experiment abbrachen, weil das Ergebnis einfach ZU Stulle war...

Und dann war da unsere Box mit Sonderangebot-Uncommons. In dieser befanden sich damals, so weit ich weiß, Uncommons aus Ice Age, Homelands, Alliances, Mirage, Visions und 4th Edition – aber nur diejenigen, die keine Sau haben wollte (schließlich waren es ja Sonderangebote)! Hier erinnere ich mich daran, dass ich einen Draft daraus mit multiplen Whirling Catapult geruled hatte – alle anderen spielten irgendwelche zweitklassigen Flieger (Cerulean Wyvern, Kyscu Drake, Phantasmal Forces etc...) und ich räumte halt immer mal wieder auf Kosten einiger Karten in der Bibliothek den Luftraum frei.

Je merkwürdiger ein Limited-Format, desto stärker war ich darin – ich denke, das ist heute nicht viel anders. Ein Abend ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Ich hatte Dirk Hein, Rosario Maij und Jacques Punt abends im Laden behalten, um ein neues Draftformat auszuprobieren. Es war irgendeines aus der Familie derjenigen, bei denen man Karten für Punkte erwerben kann, so dass man die Wahl hat, eine gute Karte für viele Punkte zu nehmen, oder eine weniger gute für wenige oder keine.

Diesem speziellen Format gab allerdings ein anderer Aspekt die besondere Würze, nämlich der Met! Serious Games hatte an jenem Tag eine Lieferung dieses Honigweins bekommen, und ich (der ich normalerweise ein sehr gemäßigter Trinker bin, da ich weder Bier, noch Wein, noch Sekt, noch harte Getränke mag) war begeistert. Eine halbe Flasche oder so durfte ich bereits während der Öffnungszeiten verkosten (jaja, das waren Zeiten...) und eine weitere hatte ich mir gekauft und trank sie jetzt beim Draften.

Rosario und Dirk waren natürlich zwei der stärksten Spieler, die Berlin je hervor gebracht hat, und Jacques war zumindest kein schlechter Spieler (Schummeleien einmal außen vor). Ich war betrunken, und ich haute sie trotzdem (oder vielleicht deshalb?) alle weg. Ich fürchte, das habe ich an diesem Abend auch gelegentlich lauthals geäußert: "Ich bin betrunken, und ich haue Euch trotzdem alle weg!" Kinners, auch wenn es heute so mancher nicht mehr glauben mag: Es gab einmal eine Zeit, da war der Pischner ein richtig guter Spieler, vor allem im Limited!

Nicht, dass ich meine damalige Draftstrategie allgemein empfehlen würde... Ich kann mich erinnern, dass mir nach ca. zwei Drittel des Drafts die Punkte ausgegangen waren. Das war aber kein Problem: Ich hatte das ganze gute Removal bereits teuer erstanden; mein Deck war halt nach zwei Dritteln des Draftes bereits fertig. Naja, und Betrunkene haben halt einen Schutzengel...

So: Mit der ernsthaften Absicht, das nächste Mal endlich bis zum Thema "Deutsche Städtemeisterschaft" zu gelangen, verabschiedet sich der Pischner dann mal für heute!




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