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Schimmel for Insiders
Draften für Reingefallene
von Björn "Das Yogurthluder" Müller
15.01.2008

Hallo liebe Gemeinde,

hier, wie versprochen, der Draft-Strategieartikel. Nicht, dass es noch einen Unterschied machen würde, was die großen Turniere angeht, aber eventuell findet sich ja noch der eine oder andere geneigte Leser, der mal auf einem Friday Night oder bei Magic Online mit einem anderen Deck losschlagen will.

Worum geht es also? Ich habe Draft-Tech auf dem PTQ in Leipzig geklaut und nach einigen eigenen Erfolgen dachte ich mir, dass man das durchaus auch unter die Leute bringen kann. Ohne weitere Vorreden will ich euch nun einführen in die zauberhafte und elegante Welt des Schimmelhaufens.

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Der Schimmelhaufen
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Es handelt sich hier um ein rot-schwarzes Aggrodeck, das zum großen Teil auf Karten setzt, die normalerweise zu Recht verschmäht werden. So sind Nightshade Stinger und Boggart Sprite-Chaser auf sich allein gestellt sehr erbärmliche Würstchen. Aber wenn man ersteren Turn 1 und letzteren Turn 2 legt, beginnt man das Spiel mit einer 3-Power-Airforce. Naja, soviel zur „neuen“ Info. Ich beginne jetzt mit einer Card-by-Card Analyse der wichtigsten Commons und Uncommons.


1. Removal

Removal sind im Prinzip alle frühen Picks, die man macht. Schon allein, weil man die Kreaturen oft genug um den Tisch gehen sieht. Ich versuche die Reihenfolge der Picks halbwegs fallend zu gestallten. Ist aber nicht wirklich entscheidend. Wie oft muss man sich da schon mal entscheiden… Und echte Schnitzer kann man sich auch nicht wirklich leisten.

  • Shriekmaw: Einerseits der frühe Terror, andererseits Evasionkreatur mit drei Power. Wurde schon genug drüber geschrieben. Klarer Firstpick.

  • Fodder Launch: Bekommt man auch gerne mal gepasst. Dank des hohen Goblinanteils natürlich immer im Deck, immer ein Spoiler.

  • Lash Out: Ist in etwa 30% der Fälle besser als Nameless Inversion. Jeder Schaden zählt.

  • Nameless Inversion: Trotzdem natürlich ein flexibles und unendlich gutes Removal. Macht in diesem Deck ohne Toughness > 3 Kreaturen seinen seltenen, aber dennoch möglichen, Powerboost leider nie.

  • Eyeblights Ending: Sehr Flexibel, leider auch recht teuer im Verhältnis zu den Vorhergenannten. Naja, um Flieger und Reachtypen zu entsorgen, reicht es allemal.

  • Tarfire/Moonglove Extract: Machen auch gerne mal die letzten zwei Schaden auf den Gegner. Häufig ist es leider ein Schaden zu wenig, um eine Kreatur zu entsorgen. Trotzdem natürlich immer drin.

  • Boggart Birth Rite: Ich weiß, kein Removal an sich. Aber mit einer ausreichenden Anzahl von Fodder Launch, Nameless Inversion und Tarfire kann man es schon mal dazu zählen.

  • Peppersmoke: Cantripet zwar recht oft, aber macht recht wenige Störenfriede direkt kaputt. Oft als Füller im Deck, oft nur gegen Elfen und Merfolk im Sideboard.

  • Consuming Bonfire, Weed Strangle, Hunter of Eyeblights: Wenn ihr drauf zurückgreifen müsst, ist schon etwas schief gegangen. Dann lieber reines Pokemondeck mit 22 Kreaturen und zwei Combattricks.



  • 2. Kreaturen

    Hier gehe ich mal weniger nach Pickreihenfolge vor, sondern nach Wichtigkeit für das Deck. Je weiter oben, desto wichtiger. Welche Karten welche Wahrscheinlichkeit haben, noch mal zurückzukommen, könnt ihr euch im Normalfall selber durchrechnen.

  • Boggart Sprite-Chaser: Wenn ich acht Davon bekommen könnte, würde ich acht Spielen. Sobald eine Fee im Spiel ist, völlig lächerlich. Kommt als neunter oder zehnter Pick fast sicher wieder. Mindestens drei solltet ihr am Ende schon haben

  • Nightshade Stinger: Auf sich allein gestellt mehr als unspannend und unflexibel. Erweckt aber den Boggart zum Leben und macht auch drei bis fünf Schadenspunkte pro Spiel. Bekommt man teilweise noch als letzten Pick. Es sollten sich auf jeden Fall am Ende des Drafts ca. drei Stinger in eurer Gewalt befinden.

  • Squeaking Pie Sneak: Auf sich allein eine solide Uhr. Auch mal als achten Pick noch zu haben.

  • Caterwauling Boggart: Wenn er kommt, sind es die letzten sechs bis acht Schaden, die euch zum Sieg gefehlt haben. Kehrt das Kräfteverhältnis auf dem Feld erheblich. Zwei sollten schon im Deck sein. Kommt auch bis Pick zehn rum.

  • Marsh Flitter: Konstanter 3-Power-Angreifer, der in seiner Funktion als Fee den Sprite Chaser aktiviert und mit der Fähigkeit, Goblins zu opfern auch mal den Torchrunner flexibilisiert. (Ich liebe dieses Wort.)

  • Glarewielder: Macht auch, wenn er „richtig“ gespielt wird, seine sechs bis acht Schaden. Mit Evoke nicht ganz so zuverlässig. Fünf Mana für den Hardcast sind happig. Mehr Negatives fällt mir aber wirklich nicht ein.

  • Changeling Berserker: Schöner aggressiver Pick am Ende der Manakurve. Macht meist im ersten Angriff seinen Schaden und nimmt im nächsten irgendwas mit. Alles, was ein Tier braucht. Außer Trample.

  • Inner-Flame Igniter: Starker Impact auf das Board. Bleibt er die eine Runde liegen, um zu enttappen, dreht er das gerade stabilisierte Board wieder in eure Richtung.

  • Mudbutton Torchrunner: Reduziert die Lebenspunkte des Gegners quasi direkt um drei. Wird extrem ungern geblockt und ist im Lategame meist der Win auf den man gewartet hat. (Lategame meint hier zwischen Turn sechs und neun.)

  • Spiderwig Boggart: Wieder so eine Karte, die man sehr spät bekommt. Macht seine zwei bis drei zusätzlichen Schadenspunkte dank der unverhofften Evasion. Reißt euch nicht drum – einfach sehr spät mit einsammeln.

  • Inner-Flame Acolyte: Auf dem leeren Board ein Giant‘s Ire, das einen 2/2er zurücklasst. Nicht das Evoke vergessen – kann schon mal den Unterschied machen, wenn vier Länder auf dem Tisch, ein Footbottem Feast auf der Hand und zwei Leben zu viel beim Gegner sind.

  • Ghostly Changeling, Firebelly Changeling: Sind meist deswegen im Deck, weil sie ihre ein bis zwei Angriffe durchbringen und danach als Fee funktionieren. Allzu viel Mana will man meist nicht reinstecken. Man ist mehr damit beschäftigt mögliches Massenremoval zu ignorieren.

  • Adder-Staff Boggart, Soulbright Flamekin: Als gutes Füllmaterial für den 2er-Slot geeignet. Machen, früh gelegt, auch ihre zwei bis vier Schaden. Später als Ziel für den Spiderwig Boggart noch mal mit Comebackchancen.

  • Exiled Boggart: Nicht berauschend, aber zugunsten der Manakurve schon mal im Deck. Meist zwar nicht – ist aber nicht so schlecht, wie er sich erstmal liest.

  • Lowland Oaf: Hat einen angenehm großen Body und die Fähigkeit macht pro Aktivierung ca. drei Schadenspunkte extra. Einen spiele ich immer gern.

  • Tar Pitcher: Landet bei mir häufig im Sideboard, der Manakurve zuliebe. Macht nicht allzu beeindruckende Sachen, aber an sich schon spielbar, wenn die Manakurve es mitmacht.

  • Nectar Faerie, Thieving Sprite: Notfallpläne, falls die Anzahl der Changelings, Stalaktiten und natürlich Stinger nicht ausreicht, um den Sprite-Chaser auch sicher zu aktivieren.

  • Skeletal Changeling: Fällt in dieselbe Kategorie. Unter Umständen aufwertbar, falls man noch Nova Chaser, Flamekin Bladewhirl oder ähnliches spielen will.

  • Boggart Loggers: Landet meist im Sideboard. Wird er eingeboardet, ist er aber auch der Hammer. Unblockbar mit der Option, extrem nervige Blocker auszuschalten oder einen verpassten Landdrop zum fast sicher gewonnenen Spiel zu machen.


  • Flamekin Bladewhirl: Gehört irgendwo zwischen „Gar nicht im Deck“ und „Sicher im Deck“, je nach Elementarcount. Meist ist der nicht hoch genug für ihn. Aber ich hatte auch schon drei Stück davon bekommen und einfach alles kurz und klein geschlagen. Deckabhängig.

  • Boggart Harbinger, Flamekin Harbinger: Sehr davon abhängig, ob ihr etwas sinnvolles zum suchen habt. Dementsprechend sind 1/1er für eins und 2/1er für drei Mana entweder ohne Fähigkeiten und damit Sondermüll, oder Tutor auf Spoiler und damit Weltklasse.

  • Goatnapper: Eigentlich immer nur im Sideboard. Wenn ihr genug Changelings seht, kann er schon mal rein, um etwas Chaos zu stiften. Sonst für drei Mana 2/2 ohne alles.


  • 3. Der Rest

    So, jetzt noch schnell die restlichen vier Karten, dann ist der anstrengende Teil geschafft.

  • Runed Stalactite ist im Deck gerne ein- bis zweimal gesehen. Sorgt für die Fee und reduziert den Hurly-Burly-Schaden

  • Blades of Velis Vel will in einem Deck, das nichts als Schaden nach vorne schlägt, natürlich auch sicher drin sein. Wenn ihr zwei oder drei bekommen habt – Freut euch!

  • Ein Giant‘s Ire kann zur Not ins Deck, wenn der 2er-Slot ohnehin schon überladen ist.

  • Footbottom Feast braucht man meist nicht wirklich, ist aber gegen bestimmte Decks durchaus einboardbar. (Viel Removal, Milling, etc.)

  • Soweit zu den Karten, mit denen ihr rechnen könnt. Von den Rares ist eigentlich nur das Dolmen Gate erwähnenswert, erlaubt es doch Angriffe, die sonst völlig witzlos wären. Dass Wort, Boggart Auntie, Mad Auntie oder der Boggart Mob gut sind, ist eigentlich schon zu offensichtlich, um es zu erwähnen.

    Während des Draftens müsst ihr übrigens nicht nervös werden, wenn zwei oder drei Picks lang nichts für euch dabei war. Dafür bekommt ihr hinten raus mehr als andere Decks. Einfach ein wenig hatepicken und weiter den proaktiven Draftstil beibehalten.

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    Der Deckbau
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    Wenn dann nach 45 Picks alles halbwegs gut gegangen ist, geht's an die Deckkonstruktion. Da es sich um ein reines Beatdowndeck handelt, ist die Manakurve hier von entscheidender Bedeutung.

    Meist lande ich bei 16 Ländern (keine Vividländer, getappt ins Spiel kann hier gar nichts), ca. drei Nightshade Stinger und zwei Runed Stalactite für je 1 Mana, ca. acht bis maximal zehn Kreaturen für 2 Mana, noch mal fünf bis sechs für 3 Mana und als Ende der Manakurve drei bis vier Viecher für 4 Mana. (Ach ja: Glarewielder und Shriekmaw werden hier als Kreaturen für 2 Mana betrachtet.) Also hat man bis hierhin rund 18 Kreaturen, zwei Equipments, bleiben im Normalfall noch drei Removal und ein Blades of Velis Vel. So oder so ähnlich sollte es laufen. Etwas mehr Removal tut's natürlich auch.


    Virtueller Kartenvorteil –
    Der Gegner ist tot, bevor er
    seine Karten ausgespielt
    bekommt...

    So, jetzt habt ihr einen ganz tollen Haufen. Aber warum sollte man so was spielen? Mehrere Gründe:

      1. Es zieht recht konstant. Ein Mulligan ist kein unlösbares Problem. Man gewinnt das Spiel mit virtuellem Kartenvorteil, indem man schneller tötet als der Gegner auf alle seine Optionen Zugriff hat.

      2. Es bestraft schlechte Draws beim Gegner. Wenn er seinen dritten oder vierten Landdrop verpasst und deswegen eine Runde nichts ausspielen kann, ist das meist schon der Sieg.

      3. Es wird nicht gehatet, kann im Gegenzug aber selbst haten. Wenn man in einem Booster nichts mehr findet, hatet man eine Karte, die für bekannt starke Archetypen nützlich ist. Und da kommen Elfen oder Merfolk weit vor diesem Haufen.

      4. Es ist leicht zu spielen und zu draften. Ihr habt Probleme Zeichen zu lesen? Egal! Zeichen werden ignoriert. Einfach stur den Plan verfolgen und gut ist. Und so wirklich viele Entscheidungen gibt es auch nicht zu fällen im Verhältnis zu anderen Decks.

      5. Nicht zuletzt macht es Spaß. Den Typen zu verprügeln, der sich mit seinen Spoilern dermaßen sicher war zu gewinnen, ist einfach lustig. Vor allem wenn man es mit Karten macht, die er niemals selber spielen würde.

    Ich hoffe, das reicht für heute. Seid lieb zu mir – ist mein erster Strategieartikel. Und nein, ich mache das nicht wegen der Booster. Die werden gestiftet.

    So long,
    Das Yogurthluder




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