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Pischner im Wunschkonzert
Warum Frauen keine Turniere spielen und Magic-Spieler Freaks sind
von Andreas "Zeromant" Pischner
06.08.2007

Wie die Leser meines Blogs Zeromagic wissen, ist dieser Artikel hier als Antwort auf ihre Themenvorschläge entstanden. Insbesondere habe ich mich von folgenden zwei Fragen anregen lassen:

    "Warum sich die Zeiten/Gesellschaft ändert (Handy, ipod, dsl für alle…) und Magic, bzw. die Turnierspieler trotzdem gleich (Hornbrille, schmierige Haare, Heavy Metal T-shirt und krasse “Hackfresse”;-D). Das sollte mal untersucht werden. Eine sinnvolle Theorie wär nicht schlecht!" (Maxi)

    "Frauen und Magic. Warum spielen Frauen nicht gerne (egal was, sei es Fussball, Computer usw.) und gehen lieber Schuhe/Klamotten kaufen? Liegt es an den “Nerds”? Am Spiel an sich? Hassen sie Wettkämpfe?" (Avi)


Hm.

Zwei Fragen, die jeweils von einer aus einer Verallgemeinerung geborenen Annahme ausgehen. Sind Magic-Spieler größtenteils gleich, so wie beschrieben? Kaufen Frauen lieber Klamotten, als zu spielen?

Es ist schwierig sich dieses Themas anzunehmen, ohne sich solcher Klischees zu bedienen. (Offenbar nicht ganz so schwierig ist es, in einem Satz zwei Genitive unterzubringen!) Inwieweit entsprechen sie der Wahrheit? Das lässt sich leider ohne fundierte, wissenschaftliche Untersuchungen nicht eindeutig feststellen. Aus meiner subjektiven Sicht jedenfalls sind sie beide, so wie sie da stehen, falsch – aber es steckt trotzdem viel Wahrheit darin.

Was lässt sich zweifelsfrei feststellen? Frauen stellen einen verschwindend geringen Anteil an der Turnierspielerschaft bei Magic. So weit gibt es keinen Zweifel.
Um diese Fragen zu
beantworten muss ich
notgedrungen auf meine
eigenen Erfahrungen
zurückgreifen!
Aber shoppen sie lieber als sie spielen? Und sind Turnierspieler zum großen Teil unästhetische Heavy-Metal-Freaks?

Um diese Fragen zu beantworten, muss ich notgedrungen auf meine eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Dann kann ich so gewonnene Erkenntnisse extrapolieren, in der Hoffnung, mich damit der Realität anzunähern.

Ich bin ein Geek. Ich benutze dieses englische Wort, weil es in der Bedeutung, in welcher ich es kennengelernt habe, meine Lebenseinstellung treffender beschreibt als jedes deutsche. Ich zitiere hier einmal Wikipedia (und zwar die englische Version, denn die deutsche ist leider weit der Realität hinterher):

    "A definition common among self-identified geeks is: "one who is primarily motivated by passion," indicating somebody whose reasoning and decision making is always first and foremost based on her passions rather than things like financial reward or social acceptance. Geeks do not see the typical "geeky" interests as interesting, but as objects of passionate devotion. The idea that the pursuit of personal passions should be the fundamental driving force to all decisions could be considered the most basic shared tenet among geeks of all varieties. Geeks consider such pursuits to be their own defining characteristic"

    "A person who has chosen concentration rather than conformity; one who pursues skill (especially technical skill) and imagination, not mainstream social acceptance. Geeks usually have a strong case of neophilia (a love of novelty and new things)."


(Der Wikipedia-Eintrag enthält noch viel mehr Definitionsvorschläge für diesen in Amerika offenbar in mehrfacher Bedeutung benutzten Begriff. Ich habe mir diejenigen herausgesucht, die ihn meiner Ansicht nach am treffendsten beschreiben.)

Die entscheidenden Aspekte sind: Ich bin ein leidenschaftlicher Spieler und Phantastik-Freund, und ich stelle diese Vorlieben über finanzielle Sicherheit und allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz. Sie bilden einen fundamentalen Bestandteil meiner Persönlichkeit, und Bereiche, in denen sie sich überschneiden, wie insbesondere Storytelling (auch als Rollenspielen bekannt) und eben Magic: The Gathering spielen konsequenterweise eine große Rolle in meinem Leben. (An dieser Stelle wird der fleißige Tobi hoffentlich ein Link zu einem alten PlanetMTG-Artikel von mir, "Wie Magic in mein Leben kam", setzen!) Die Weichenstellungen, die mich zum Geek werden ließen, fanden also in meiner Schulzeit statt, als ich mit AD&Din Berührung kam.

Als Geek gebe ich mich logischerweise größtenteils mit Menschen ab, welche ähnliche Vorlieben wie ich besitzen, also mit anderen Geeks – richtig?

Jein. Mein Bekanntenkreis enthält tatsächlich größtenteils Menschen, mit denen ich Storytelling-Runden veranstalten kann, und die zumindest zeitweise in ihrem Leben schon einmal Magic gespielt haben, aber es sind nur zum kleinen Teil selbst Geeks – was der landläufigen Ansicht, dass Geeks soziale Außenseiter sind, welche nur mit anderen Geeks (und auch nur mit solchen, die ebenfalls ihren speziellen Leidenschaften frönen) verkehren, zuwiderläuft! Stattdessen handelt es sich um Männer und Frauen, welche Spaß an diesen und ähnlichen Hobbies finden, aber ihr Leben nicht im gleichen Maße darauf ausrichten, wie ich es tue.

Es ist nämlich keineswegs (mehr) der Fall, dass man als Fantasy-Fan zum Geek werden muss! Bei mir ist es einfach so, dass sowohl meine größten Vorlieben, als auch meine größten Talente auf diesem Gebiet liegen. Im Verein mit meiner gesellschaftskritischen Einstellung und meinem mangelnden persönlichen Ehrgeiz zeichnete das meinen Weg vor. Allerdings bin auch ich wohl kein "typischer" Geek, da meine Leidenschaft nicht so weit geht, dass ich Geek-typische Aktivitäten wie das regelmäßige Besuchen von Conventions (bzw. im Magic-Bereich das ständige Reisen zu großen Turnieren) betriebe – nicht mehr jedenfalls – und mich in Gesellschaftskreisen außerhalb der Geeksphäre nicht mehr zu bewegen wüsste.

Mein Bekanntenkreis beweist darüber hinaus, dass man diesen Hobbies frönen kann, ohne dass es der beruflichen Karriere oder dem gesellschaftlichen Ansehen schadet. Harry Potter und die Herr-der-Ringe-Verfilmungen haben Fantasy in den gesellschaftlichen Mainstream gebracht. Man kann im Büro über Elfen, Zombies und schwarze Magie reden, ohne dass die Kollegen einen für geisteskrank halten. Die Zeiten des sozialen Stigmas sind vorbei.

Da ich also größtenteils mit Leuten zu tun habe, die Magic-Spieler sind oder waren, trifft das auch auf Frauen zu. Ich kenne Dutzende Frauen, welche schon einmal die kleinen bunten Karten gemischt haben. Dass Frauen also nicht gerne spielten, ist damit für mich widerlegt, insbesondere da ja Magic keineswegs ein Spiel ist, das man an einem Abend nebenbei erlernt, sondern eines, welches intensive Beschäftigung damit und letztlich auch eine gewisse spielerische "Vorbildung" verlangt, da seine Konzepte ansonsten zu abstrakt und unverständlich wären. Nein, Frauen spielen, und sie spielen gerne! (Ob sie noch lieber shoppen, entzieht sich allerdings meinem Beurteilungsvermögen – ich kenne sowohl Frauen, die behaupten, dass sie Shoppen hassen, als auch solche, die davon schwärmen.) Ach ja, und dass sie weniger Computerspiele betrieben, kann ich aus meiner persönlichen Erfahrung überhaupt nicht nachvollziehen! Ich habe einmal gelesen, dass insbesondere MUDs sogar stärker von Frauen als von Männern frequentiert würden, und ich kann mir das absolut vorstellen! (Ich bin jedenfalls nicht derjenige in unserem Haushalt, der eine PSP besitzt...)

Das Problem ist also nicht das Spielen an sich, sondern die Turnierumgebung. Warum spielen Frauen nicht gerne auf Turnieren Magic? Hassen sie Wettkämpfe, wie Avi vermutet?

Ich denke, dass tatsächlich Männer eine stärkere Affinität zu sportlichem Konkurrenzkampf besitzen, aber um eine solche Behauptung zu untermauern, bräuchte ich einen sozialwissenschaftlichen Hintergrund, den ich nicht besitze. In jedem Fall aber reicht dieses Phänomen nicht ansatzweise aus, um die beinahe vollständige Abwesenheit weiblicher Wesen bei Magic-Turnieren zu erklären! Frauen spielen Fussball, Handball, Volleyball, Basketball, Tennis, und alle möglichen weiteren Spielsportarten. Sie betreiben Leichtathletik und Wintersport. Selbst wenn sie in Anzahl und möglicherweise Intensität den Männern hierbei hinterher stehen, ist hier nicht annähernd ein solches Missverhältnis zu verzeichnen wie bei Magic. Eine geringere Prädisposition zu Wettkämpfen alleine genügt da als Erklärung nicht.

Ohne Verallgemeinerungen lässt sich dieses Thema nun einmal nicht behandeln, deswegen stelle ich jetzt folgende auf einer Verallgemeinerung beruhende Frage: Spielen Frauen aus anderen Gründen Magic als Männer? Besser noch gefragt: Gelangen Mädchen aus anderen Gründen zu diesem Hobby als Jungen?

Ich glaube, das ist der Fall. Hier möchte ich ein weiteres Klischee benennen, das meiner Erfahrung nach aber sehr nah an der Realität liegt:

Ich veranstalte einen Spieleabend. Dazu lade ich nacheinander einen Mann und eine Frau ein.

Der Mann fragt mich: "Was spielen wir?"
Wenn ich nacheinander
einen Mann und eine Frau
zu einem Spieleabend
einlade, fragt der Mann:
"Was spielen wir?"
Die Frau fragt:
"Wer kommt noch?"

Die Frau fragt mich: "Wer kommt noch?"

Besser kann man dieses Phänomen meiner Ansicht nach nicht zusammenfassen. Natürlich will auch der Mann mit netten Leuten zusammen sein, und natürlich will auch die Frau interessante Spiele spielen, aber ihre primäre Motivation, an diesem Abend teilzunehmen unterscheidet sich: Der Mann sieht ihn als eine Gelegenheit, seinem Hobby zu frönen und dabei in netter Gesellschaft zu sein. Die Frau sieht ihn als Gelegenheit, in netter Gesellschaft zu sein und dabei ihrem Hobby zu frönen.

Wenn Euch diese Behauptungen zu allgemein und unbelegt sind, dann hat dieser Artikel hier Euch nicht mehr viel zu bieten, denn ich werde auf dieser Erkenntnis aufbauen. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass die Teilnehmerstruktur bei Magic-Turnieren BEWEIST, dass es einen auf Geschlechtlichkeit beruhenden Faktor gibt, der über Besuch oder Nichtbesuch entscheidet – dazu ist das Verhältnis einfach zu eindeutig! Daher sehe ich es nicht als allzu weit hergeholt an, diesen Faktor in den Unterschieden zwischen weiblicher und männlicher Psyche zu verorten.

Wo ich bereits beim Verallgemeinern bin, setze ich gleich noch einen drauf: Frauen besitzen in Bezug auf gesellschaftliche Veranstaltungen außerhalb ihres Freundeskreises zwei Hauptmotivationen: Männer zu treffen, oder Männern aus dem Weg zu gehen.

Das Erstere sollte eigentlich keiner näheren Erläuterung bedürfen: Ebenso wie wir Jungs haben (heterosexuelle) Mädchen und Frauen Interesse am anderen Geschlecht und suchen daher dessen Nähe. Dabei folgt die Menschheit – zumindest in unserem Kulturkreis – einem uralten Verhaltensmuster: Männer TUN interessante Dinge und Frauen INTERESSIEREN sich dafür. Oh, dieses Spiel ist heute in der Regel nur noch eine Scharade, das stimmt schon, aber der Regelfall ist doch immer noch, dass von den Jungs erwartet wird, die Unterhaltung zu führen und die Mädels mit ihrer Persönlichkeit zu beeindrucken. Falls Ihr das nicht glaubt, vergleicht einmal die folgenden Methoden, mit einer Frau ein Date verabreden zu wollen:

    a) Zeigt Ihr, dass ihr sie mögt, schlagt vor, etwas gemeinsam zu unternehmen und fragt sie, worauf sie Lust hat.

    b) Erzählt Ihr beiläufig, dass Ihr etwas Interessantes zu unternehmen beabsichtigt und erwähnt, dass sie dabei sein kann, wenn sie Lust hat.


Stellt Beobachtungen an, erinnert Euch zurück, probiert es aus – was immer für Eure Lebenssituation gerade angebracht ist! Zur Not zwingt Euch, eine Woche lang Seifenopern im Fernsehen anzusehen und zieht daraus Eure Schlüsse. (Drehbuchautoren kennen sich in solchen Dingen nämlich in der Regel aus.) Es interessiert Frauen nicht, dass Ihr sie interessant findet – das sind sie gewohnt, seit ihnen Brüste gewachsen sind. Sie interessieren sich für Euch, wenn Ihr Euch interessant macht!

(Ich stelle gerade fest, dass ich davon ausgehe, für eine männliche Leserschaft zu schreiben. Ich bitte das halbe Prozent weiblicher PlanetMTG-Leser dafür hiermit um Entschuldigung!)

Deswegen folgen Mädchen Jungen, die sie attraktiv finden, zu Veranstaltungen, für die jene sich begeistern. Im Blog einer Freundin habe ich einmal einen Eintrag gefunden, in dem sie darüber spricht, dass sie es faszinierend findet, wenn ein Mann sich für etwas begeistert, EGAL WAS ES IST. (Wenn es sie nicht gerade aktiv abstößt, vermute ich – aber selbst das kann unter anderem gerade faszinieren. Jetzt schweife ich aber zu weit ab.) Rollenspieler und Magic-Spieler sind heute keine unattraktiven, abstoßenden Außenseiter mehr (also, nicht NUR). Deswegen kommen viele Mädchen überhaupt erst mit diesen Hobbies in Berührung: Tatsache ist, dass die meisten Frauen, von denen ich weiß, wie sie dazu gekommen sind, über einen (und meistens sogar IHREN, oder auch ihren späteren) Freund damit in Berührung gekommen sind. (Der Rest, insbesondere die jüngere Generation, hat einen Quereinstieg über Mangas und Animes hin zu Pokemon und Yu-Gi-Oh vorgenommen.)

Nichtsdestotrotz sind diese Frauen in der Regel nicht auf der Suche nach Fantastyfreaks generell gewesen, sondern haben sich für ganz bestimmte Personen interessiert. Wenn also die Annahme von Maxi bezüglich der Unattraktivität typischer Turnierspieler zutrifft, dann ist ein Magic-Turnier einfach keine interessante Veranstaltung für sie! Selbst wenn ein für sie besonders interessanter Mann daran teilnimmt, dann steht der soziale Kontakt mit ihm einfach nicht im Vordergrund (obwohl ich ab und zu niedliche Dinge beobachtet habe wie Freundinnen, die ihre Freunde während des Turniers massieren oder ihnen die Lebenspunkte führen. Ist doch schön, dass nicht nur wir Männer uns aus Verliebtheit zum Löffel machen!), weil er eben in erster Linie wegen des Wettbewerbs dabei ist.

Im privaten Kreis, in dem man sich seine Gesellschaft weitgehend aussuchen kann, spielen Frauen häufig Magic. Auf Turnieren hingegen findet man sie um so seltener, je kompetetiver die Umgebung ist. Das ist übrigens bei Rollenspielern ähnlich: In privaten Spielrunden bin ich schon seit Jahren 50% Frauenanteil als Normalfall gewohnt (das war in den Achtzigern noch GANZ anders!) Auf Cons hingegen sind Frauen immer noch deutlich in der Minderheit, wenn auch nicht ganz so extrem wie bei Turnieren, da Conventions keinen Wettbewerbscharakter besitzen, sondern etwas stärker auf soziale Interaktion ausgerichtet sind.

Bei LARPS hingegen, da sind selbst über die Hälfte weibliche Teilnehmer nichts Ungewöhnliches! Das hat aber ganz andere Ursachen: LARPs sind Parties! Man (frau) gewandet sich dafür, fährt mit einer Gruppe Freunde hin, lernt eine Menge neuer Leute kennen, hört und macht Musik, trinkt Alkohol am Lagerfeuer und nutzt "In-Time"-Vorwände dafür, um in Karnevals-Manier fremd zu gehen. LARPs sind die konsequente Fortsetzung dessen, was der Adel in früheren Jahrhunderten als Maskenbälle inszeniert hat.

Dass Frauen auf Parties gehen, um Männer kennen zu lernen (umgekehrt stimmt's natürlich auch), ist trivial. Magic-Turniere besitzen aber nun einmal keinen Party-Charakter, und da sie sich auch ansonsten nicht als Möglichkeit, interessante Männern kennenzulernen, qualifizieren, besitzen sie keinen hohen Stellenwert, insbesondere da sie dazu neigen, ausgerechnet zu denjenigen Zeiten stattzufinden, an denen die besten Möglichkeiten für soziale Interaktion bestehen (nämlich Freitag abend, Samstag und Sonntag).

Frauen gehen also nicht auf Turniere, um Männer zu treffen... und sie gehen ganz bestimmt auch nicht dahin, um ihnen aus dem Weg zu gehen! Letzteres allerdings ist einer der Gründe dafür, dass Frauen organisiert Sport treiben: Das bietet ihnen eine Möglichkeit, ihre Freizeit zu gestalten, ohne dem ständigen sozialen Druck der Partnerschau ausgesetzt zu sein (ob diese sich nun in unerwünschten Anmachen oder dem Zwang, jederzeit sexy aussehen zu müssen, äußert). Deswegen sind Fitness-Studios nur für Frauen so beliebt, und aus ähnlichen Gründen haben Sportvereine für Frauen Zulauf. Natürlich gibt es dafür auch noch mehr Gründe, aber ich will hier deutlich machen, warum aus der Tatsache, dass es Frauenhandballteams etc... gibt (und somit bewiesen ist, dass Frauen sich durchaus auch für sportlichen Wettbewerb interessieren) nicht abgeleitet werden kann, dass sich Magic-Spielerinnen auch für Turniere interessieren müssten: Sie sind dort nicht unter sich, und deswegen hinkt dieser Vergleich in einem entscheidenden Punkt.

Noch einmal zusammengefasst: Frauen tendieren dazu, bei Veranstaltungen in erster Linie nach dem sozialen Aspekt zu fragen. Dieser kann hauptsächlich aus drei Gründen Interesse erzeugen:

    1. Interaktion mit bestimmten Personen, zum Beispiel aus dem Freundeskreis. Darauf sind Magic-Turniere einfach nicht ausgelegt.

    2. Kennenlernen interessanter Menschen (Männer). Dafür sind Magic-Turniere ein denkbar ungeeigneter Ort.

    3. Ablenkung vom sozialem Druck der Geschlechterbeziehungen. Dafür sind Magic-Turniere, eben WEIL der Frauenanteil dort so gering ist, noch viel weniger geeignet!


So, jetzt habe ich also ganz geschickt Avis Frage beantwortet, indem ich Maxis Aussage als wahr angenommen habe: Dass Magic-Turnierspieler tendenziell ästhetisch herausgeforderte soziale Außenseiter sind. Ist das also so?
Sind Magic-Spieler also
ästhetisch herausgeforderte
soziale Außenseiter?
Die Antwort lautet: JEIN.

Die richtige Antwort ist, wie so oft, JEIN. Magic-Spieler – auch Turnierspieler – rekrutieren sich aus einem breiten sozialen Spektrum und lassen sich deswegen keineswegs alle über einen Kamm scheren. Wenn man sich die Zeit nimmt, genauer hinzusehen, erkennt man unter ihnen auch eine Vielzahl äußerst unterschiedlicher Typen. Aber: Für den Gesamteindruck sind eben hervorstechende Gemeinsamkeiten entscheidend, denen ich natürlich nur wieder mit Verallgemeinerungen beikommen kann!

Um bei Turnieren Spaß zu haben, sind für die meisten Leute zumindest gelegentliche Erfolgserlebnisse wichtig. Wenn diese ausbleiben, hören sie in der Regel auf, Turniere zu spielen. (Oder sie versuchen eine Judge-Laufbahn. Ihr wisst schon.) Um jedoch bei Magic-Turnieren auch nur einigermaßen erfolgreich mitspielen zu können, muss man sehr viel Zeit investieren – und wenn ich "sehr viel" sage, vergleiche ich hier nicht mit der Zeit, die ein "Pro" in sein Nicht-mehr-nur-Hobby steckt, sondern mit der Zeit, die man für andere Hobbies aufwendet. Ich glaube, wir verlieren nur zu schnell den Blick dafür, wie viele Stunden uns das Kaufen/Tauschen von Karten, das Organisieren unserer Sammlung, das Informieren und Diskutieren über aktuelle Entwicklungen, das Planen und Bauen von Decks, sowie das Testen und Spielen tatsächlich kostet – und die Zeit des eigentlichen Turniers kommt da noch dazu!

Magic ist, selbst wenn man es auf dem Niveau eines FNM-Spielers betreibt, ein unglaublich zeitaufwändiges Hobby. Und diese Zeit geht zwangsläufig von anderen sozialen Aktivitäten ab. Da ist es doch geradezu zwingend zu erwarten, dass diejenigen Leute, die man auf Turnieren am häufigsten trifft, kein allzu ausgeprägtes sonstiges Sozialleben besitzen? In Einzelfällen wird sich das Ganze zwar differenzierter darstellen, aber in der Masse, die den Gesamteindruck erzeugt, dominieren nun einmal diejenigen Spieler, welche ihre Zeit deswegen hauptsächlich mit Magic verbringen, weil sie keine Alternativen haben (insbesondere eben an Freitag abend und am Wochenende). Turnier-Magic richtet sich einfach nicht in erster Linie an "normale" Menschen – nicht weil diese keinen Spaß daran hätten, sondern weil ihnen ihre anderweitigen sozialen Aktivitäten nicht die Zeit dafür lassen. Nicht Magic an sich ist nur etwas für Freaks: Extrem zeitaufwändige Freizeitbeschäftigungen sind hauptsächlich etwas für Freaks, weil jene diese Zeit HABEN.

(Das ist übrigens auch eines der Erfolgsgeheimnisse von Magic Online: Da man hier seine Spielzeiten, so der Server stabil ist, selbst wählen kann – und übrigens auch das Verwalten der eigenen Karten und das Deckbauen einfacher ist als mit echten Karten – können auch Menschen mit normalen Mengen an Freizeit hier ihrer Magic-Sucht frönen!)

Nachdem wir also nun verstehen, warum der "typische" Magic-Turnierspieler ein jugendlicher, männlicher sozialer Außenseiter ist (jugendlich einfach deswegen, weil Schüler und Stundenten die meiste Zeit haben), gilt es nur noch, einige hervorstechenden äußerlichen Merkmale, wie Maxi sie beschreibt zu erklären. Dazu will ich gleich sagen: So extrem ist das Ganze meiner Ansicht nach nicht – man beachtet eben diejenigen Dinge besonders, die man auf Grund seiner Vorurteilen zu sehen erwartet! Trotzdem kann man Folgendes vermuten:

    1. Eine unattraktive, insbesondere auch ungepflegte Erscheinung steht natürlich im Zusammenhang mit Außenseitertum. Das gilt in beide Richtungen: Wer sich eh bereits als Außenseiter sieht, findet auch weniger Gründe, auf sein Äußeres zu achten. Aber abgesehen davon wollen wir doch einmal ehrlich sein: Einen besonderen Grund, sich für ein Magic-Turnier schick anzuziehen oder auch nur zu rasieren, gibt es ja nicht wirklich (Frauen sind schließlich eh selten da)! Duschen etc... sollte zwar trotzdem Pflicht sein, aber hier denke ich, dass die Vorurteile sich ein wenig verselbständigen: Wer vier (bei Großveranstaltungen auch mal zehn oder mehr) Stunden in einem engen Laden oder einer prall gefüllten Halle zubringt, der kommt eben ins Schwitzen, ganz besonders an heißen Tagen. Da hilft auch kein vorheriges Duschen. Und gerade Berufstätige, die am Friday Night Magic teilnehmen wollen, stehen oft vor der Wahl, ungeduscht direkt von der Arbeit dorthin zu eilen oder zu duschen und den Turnierbeginn zu verpassen. Ich habe jahrelang FNMs geleitet und weiß, wie knapp die Anfangszeiten für viele Spieler sind. Dass es also auf Magic-Turnieren nach Mensch riecht, ist letztlich nicht zu vermeiden. Übrigens riechen Spieler und Spielerinnen nach ein, zwei Tagen LARP (besonders wenn es dort, wie so oft, keine Duschen gibt) auch nicht besser, also brauchen wir gar nicht so zu tun, als wenn es an den bösen stinkenden Männern läge, dass so wenig Frauen Turniere spielten!

    2. Heavy Metal T-Shirts. Naja, ich sehe eigentlich immer Magic T-Shirts (was ja nun wirklich nahe liegt), und die Motive sind ähnlich genug, dass man sie auch mal verwechseln kann. Abgesehen davon ist Heavy Metal eben eine Musikrichtung, die schon immer Verflechtungen mit der Phantastik hatte (das wiederum dürfte an dem Pathos liegen, das beiden Richtungen gemeinsam ist), was sich zum Beispiel auch in der Cover Art immer wieder äußert. Daher ist wohl normal, dass Phantastik-Liebhaber eher zu Heavy Metal tendieren, als zu anderen Musikrichtungen. (Außerdem ist Magic ein Spiel, das Intelligenz verlangt, und daher für Hipphoppler nicht geeignet... Halt! Schreibt Euren Protest nicht in die Kommentare hier, sondern ins ZK-Forum, da gibt es extra einen Thread dafür!) Schließlich versuchen auch jugendliche Außenseiter, sich über Gemeinsamkeiten zu definieren, und insbesondere Musik bietet sich da an, so dass ein einmal bestehender Trend zu Heavy Metal entsprechend weitergetragen wird.


So, habe ich jetzt alle Klischees bedient und alle Fragen beantwortet? Dann kann ich ja Schluss machen. Die 100 Wörter, die Powerlusche alias Deuterium meinen Artikeln zugesteht, sollte ich ja bereits so ungefähr erreicht haben, denke ich.

Bis zum nächsten Mal dann also, wenn es wieder um Magic-Theorie geht!

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