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Mein letzter Wille: Ruling by intent erklärt
...and justice for all
von Justus Rönnau
23.09.2004

„Ruling by intent“ ist eine der Judge-Philosophien, die nirgendwo niedergeschrieben und wohl auch deshalb von vielen nicht oder nicht richtig verstanden wird – selbst von erfahrenen Spielern und einigen Schiedsrichtern.

Da um die Sache immer wieder Diskussionen auftauchen will ich versuchen das Konzept zu erklären.

Zum Anfang möchte ich mit dem am häufigsten auftretenden Missverständnis aufräumen:

„Ruling by intent“ bedeutet nicht, dass ein Spieler immer das machen kann, was für ihn am besten ist, unabhängig davon, was er jetzt tatsächlich getan hat. Es bedeutet auch nicht, dass es egal ist, ob man nun etwas vergessen hat oder nicht.

Ruling by intent bedeutet, dass man einen Spieler eine Sache nachholen lässt, die er vorhatte, als er noch die Möglichkeit dazu hatte, auch wenn es nach strikter Regelauslegung mittlerweile zu spät dafür ist. Entscheidend ist hier „als er noch die Möglichkeit dazu hatte“. Hat der Spieler also einfach eine Option vergessen oder etwas übersehen, z.B. eine optionale ausgelöste Fähigkeit (zu erkennen an dem Wort „may“) und ihm fällt das erst auf als es schon zu spät ist, hat er eben gelitten.

Der Gedanke hinter der Sache ist, dass ein Spiel nicht durch technische Spitzfindigkeiten entschieden werden soll, sondern dadurch, dass ein Spieler besser spielt, aufmerksamer ist oder auch schlicht und ergreifend mehr Glück hat.
Die Magic Regeln sind in den Details sehr kompliziert und man kann von keinem Spieler erwarten, dass er diese bis ins Detail beherrscht.

Um diese Philosophie auf eine Situation anwenden zu können, müssen zwei Vorraussetzungen erfüllt sein:
  1. Die Intention des Spielers zu dem Zeitpunkt, wo er die Entscheidung legal hätte treffen können muss deutlich sein.
  2. Der Spieler darf durch sein unsauberes Spiel keinen Vorteil erlangen dürfen.


Nur wenn beide Vorraussetzungen erfüllt sind, kann man die Intent Philosophie anwenden.

Um das ganze theoretische Geschwafel oben etwas anschaulicher zu machen, hier ein paar Beispiele mit Erläuterungen:

Der Klassiker – Harrow
Ein Spieler spielt Harrow, opfert ein Land und packt den Harrow in den Friedhof. Dann möchte er seine Bibliothek greifen und sich Länder raussuchen.
Rein von den Regeln her betrachtet ist es dazu aber zu spät. Er ist nicht verpflichtet, Länder zu finden und wenn der Harrow im Friedhof liegt ist er zwangläufig verrechnet worden – jetzt noch suchen geht also nicht mehr.
  1. Die Intention des Spielers zum entsprechenden Zeitpunkt ist eindeutig. Natürlich hatte er vor sich Länder rauszusuchen als er den Harrow gespielt hat.
  2. Dadurch, dass er den Harrow zu früh in den Friedhof gelegt hat kann er keinen Vorteil bekommen.


Nach Intention entscheiden ist hier also voll angesagt. Der Spieler darf sich die Länder noch raussuchen. Diese Situation ist so eindeutig, dass sein Gegner ein Warning wegen Unsportlichkeit bekommen sollte, falls er (dem Spieler oder dem Judge gegenüber) darauf besteht, dass keine Länder mehr gesucht werden können.

Optional trigger
A hat einen Disciple of the Vault im Spiel, B eine Chromatic Sphere.
B opfert die Sphäre für ein blaues Mana, zieht eine Karte und spielt Thoughtcast.
A: „Ok“
B zieht zwei Karten.
A: „Du verlierst hier noch ein Leben für den Disciple.“
Wieder ist es nach den Regeln zu spät dafür. Dadurch dass der Thoughtcast verrechnet wurde (was von A ja auch zugelassen wurde) kann die Fähigkeit des Disciple nicht mehr auf dem Stack liegen.
  1. Es scheint hier recht klar so zu sein, dass A seinen Disciple vergessen hat als die Sphäre in den Friedhof ging. Vielleicht hat er auch nicht realisiert, dass der Disciple auch ausgelöst wird, wenn ein Artefakt des Gegners in den Friedhof geht. So oder so kann ist es hier nicht wahrscheinlich, dass A zu dem entsprechenden Zeitpunkt (als der Thoughtcast auf dem Stack lag) an die Disciple Fähigkeit gedacht hat. Bestenfalls hat er sie einfach vergessen.
  2. Dementsprechend geht's hier nach den Regeln und B verliert kein Leben.
  3. braucht's nicht mehr


Kein Vorteil durch schlampiges Spielen
A spielt Cabal Therapy. Einige Züge später spielt er sie erneut per Flashback und opfert dafür einen Academy Rector.
Dann benennt er eine Karte. B zeigt ihm seine Hand. Dann möchte A seinen Rector entfernen um eine Verzauberung ins Spiel zu bringen.
Von den Regeln her geht das nicht mehr, denn die Fähigkeit des Rectors hätte vor der Therapy verrechnet werden müssen.
  1. Die Intention ist klar. Natürlich wollte A, als er den Rector opferte, dafür eine Verzauberung raussuchen.
  2. A kennt jetzt aber die Hand von B, was seine Entscheidung, welche Verzauberung er raussucht beeinflussen könnte. Würde man A jetzt also noch erlauben zu suchen, hätte er durch sein technisch nicht korrektes Spiel einen Vorteil. Das geht nicht, also hat A gelitten und darf nicht mehr suchen. Dabei wäre es auch egal, wenn A überhaupt nur ein Enchantment im Deck hat, das er raussuchen könnte, denn auch nichts raussuchen kann ja eine Option sein.


Hätte A die Therapy direkt nach dem ersten Spielen geflashbacked, sähe das aber wieder anders aus. In diesem Fall hätte er ja keine neuen Informationen erhalten, hat also keinen Vorteil mehr. Die Intention war aber klar, er hätte also noch suchen dürfen.

Die Grenze zur Unsportlichkeit
Ich habe oben ja schon angedeutet, dass es in diesem Bereich auch Verhaltensweisen gibt, die von der DCI als unsportlich betrachtet werden.
Was genau jetzt unsportlich ist und was nicht, ist natürlich immer eine Situationsentscheidung, denn sehr viel hängt von dem Tonfall des Spielers ab. Trotzdem kann man natürlich ein paar allgemeine Richtlinien aufstellen.
  • Es ist unsportlich zu versuchen nur aus dem technisch inkorrekten Spiel einen Vorteil zu erlangen.
  • Es ist unsportlich zu versuchen den Gegner zu einem technisch nicht sauberen Spielzug zu verleiten um daraus einen Vorteil zu bekommen
  • Es ist nicht unsportlich, den Gegner darauf hinzuweisen, dass er technisch nicht korrekt gespielt hat – zur Not auch mit Hilfe eines Judges.
  • Es ist nicht unsportlich, aus der Unkonzentriertheit eines Gegners einen Vorteil zu bekommen.


Ein Beispiel für den ersten Punkt findet sich ja direkt im Harrow Beispiel. Dabei ist es wichtig, dass der Spieler versucht, auf der Konsequenz des technisch nicht sauberen Spiels zu bestehen.

Für Punkt zwei greife ich wieder auf die Therapy/Rector Situation oben zurück (dank an Norman Hübner, von dem ich diese Situation habe – die ist übrigens tatsächlich bei einem PTQ in Berlin passiert, incl. dem, was jetzt kommt. Leider wurde da anders geruled und der unsportliche Mensch wurde für seine Unsportlichkeit auch noch belohnt).
A spielt also seine Therapy per Flashback und legt den Rector in den Friedhof. B fragt „welche Karte?“. A nennt die Karte und will danach den Rector entfernen. B besteht darauf, dass das nicht mehr geht. Das entscheidende hier ist, dass B den technischen Fehler von A provoziert hat. B wußte aber anscheinend recht gut, dass es technisch zum Rector entfernen zu spät ist, wenn die Therapy erstmal resolved, sonst hätte er ja nicht auf der Sache bestanden. Das ist hier natürlich ein Dilemma – zum einen hat A ja nun durch sein unsauberes Spiel einen Vorteil bekommen, andererseits wurde dieses unsaubere Spiel provoziert. Zum Glück habe ich da eine gute Lösung parat: Da B offenbar eine nähere Erklärung in Sachen Unsportlichkeit braucht gibt man ihm die Zeit dazu indem man das Spiel durch einen Game/Matchloss wegen Unsporting Conduct – Major verkürzt.

Punkt drei: A macht immer wieder unsaubere Sachen. B erklärt ihm, wie es richtig geht, was aber an A's Spielweise nichts ändert. Also holt B mal einen Judge, damit der es A sagt. Der entscheidende Unterschied zur Harrow Situation ist, dass B nicht versucht einen Vorteil aus der Sache zu schinden. Noch mehr als bei Punkt vier ist hier der Tonfall wichtig.

Für Punkt vier nehme ich einfach das Disciple/Chromatic Sphere Beispiel. Es ist hier selbstverständlich völlig in Ordnung einen Judge zu holen. Es ist trotzdem wichtig, dass man nicht auf der Konsequenz besteht, sondern eben einfach die Situation schildert und sagt, dass man meint, es sei nun zu spät um den Disciple Trigger noch verrechnen zu lassen. Auch hier ist der Tonfall wichtig, weswegen es immer schwierig ist, solche Situationen zu beurteilen, wenn man nicht selber dabei war.


Das Elend mit den Shortcuts
Shortcuts, also das kommentarlose überspringen von Spielschritten, sind für Magic unvermeidbar, da das Spiel sonst viel zu lange dauert. Wer mal wissen möchte, wie ein Magicspiel ohne Shortcuts aussieht, kann man eine Partie MtGO spielen, für die er alle Optionen, wo automatisch gepasst wird ausgeschaltet hat, überall Stops gesetzt hat und bei jedem Spruch, den er spielt die Strg Taste drückt. Das ist kein Spaß.
Wenn man aber einen Shortcut benutzt, bedeutet das gleichzeitig, dass man in den Schritten, die man überspringt nichts macht, solange der Gegner da auch nichts macht.
Hierzu wieder ein Beispiel:
Der wohl am häufigsten verwendete Shortcut überhaupt ist, dass man nicht auf seinen eigenen Sprüche reagiert. Will man das doch machen, sagt man das eben an, bzw. macht das direkt hinterher – der Gegner kann ja sowieso nicht dazwischenfunken, also braucht man auch nicht zu warten.
A hat 10 Länder im Spiel, tappt 6 davon und spielt Upheaval. Nach einer kurzen Pause sagt B „resolved“. Jetzt will A noch die verbleibenden 4 Länder für Mana tappen.
Dazu ist es aber zu spät. Er hat – per Shortcut – seinen Vorrang abgegeben (die Zeit seine Länder vorher zu tappen hatte er ja). Da er jetzt zusätzliche Informationen hat (der Gegner hat auf das Upheaval nicht reagiert), ist es jetzt zu spät.


Der Schluss
Zum Abschluss des Artikels möchte ich noch auf die Diskussion eingehen, die mich dazu veranlaßt hat, diesen Artikel zu schreiben. Nachzulesen ist die in den Kommentaren zu Michael Hüllecremers GP Rimini Bericht

Die Situation:
Spieler I spielt Shrapnel Blast auf Spieler M und opfert dafür ein Solemn Simulacrum. Nach kurzer Zeit schreibt er bei M den neuen Lebenspunkte stand auf. Dann will er eine Karte für das Simulacrum ziehen (wofür es technisch zu spät ist).
Die Vorteilssache ist hier eindeutig – I kann keinen Vorteil daraus ziehen, die Karte später zu ziehen.
Bleibt die Frage nach der Intention. Hatte I vergessen, dass er durch das Simulacrum eine Karte ziehen kann oder hat er die Sachen einfach nur in der falschen Reihenfolge gemacht?

Sicher feststellen können wir auf jeden Fall mal, dass diese Entscheidung gar nicht so klar und eindeutig ist, wie einige Kommentatoren in dem Thread glauben. Sicher ist auch, dass es völlig in Ordnung ist, an dieser Stelle einen Judge zu holen, damit der diese Frage klärt (insofern finde ich es – Sprachbarriere hin oder her – auch nicht verwunderlich, dass da mehrere Judges dran beteiligt waren).

Relevante Punkte, die mir konkret einfallen: Hat I das Simulacrum direkt in den Friedhof gelegt oder erstmal noch im Spiel gelassen und den Shrapnelblast auf den Jens gelegt oder so was? Hat I, nachdem er das Simulacrum auf den Friedhof gelegt hat, noch darauf getippt um anzudeuten, dass er die Karte ziehen will oder etwas in der Art? Als Judge vor Ort hätte ich wohl I einfach direkt gefragt, ob er an das Simulacrum gedacht hat. Wenn er ja sagt, hätte ich ihn gefragt, wie er das dem Gegner gezeigt hat. Damit kommt man häufig schon viel weiter. Ohne weitere Informationen, bzw. wenn klar wird, dass I in keiner Weise angedeutet hat, dass er an die Fähigkeit des Simulacrums gedacht hat, würde ich dazu tendieren, dass I das Simulacrum einfach vergessen hat – schließlich war der Hauptzweck des Blasts ja wohl die 5 Schaden zu machen und nicht die Karte zu ziehen (das ist der entscheidende Unterschied zur Rector Situation – da war das Opfern des Rectors der Hauptzweck der Therapy).

Nun kommen noch meine Kommentare zu den Kommentaren da. Einen Großteil sollte ich ja schon im Hauptteil des Artikels beantwortet haben.

Zeromant schrieb:
„Während beim Harrow das Legen der Karte in den Friedhof einfach nur eine Bequemlichkeit ist, die ein Spieler bei der Verrechnung des Effektes nutzt, ist das Schaden Aufschreiben beim Shrapnel Blast ein Zeichen dafür, dass der Effekt überhaupt erst verrechnet wurde, sprich: Dass der Gegner Priorität abgegeben hat!“

Na ja, den Regeln nach ist es schon so, dass der Spruch verrechnet sein muss wenn er in den Friedhof geht. Der Unterschied – wie oben beschrieben – ist eben, dass beim Harrow-Fall vollkommen klar ist, was der Spieler machen wollte als er das Harrow spielte.

„Beim Harrow wird also nur eine (offensichtliche) Entscheidung ohne jegliche Einflussnahme des Gegners durchgeführt, beim Blast-Beispiel wird diese Entscheidung getroffen, NACHDEM abgewartet wurde, wie der Gegner eine Entscheidung fällt. Das ist ein enormer prinzipieller Unterschied.“

Also ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine mögliche Reaktion von Markus die Entscheidung, ob der Italiener nun eine Karte ziehen will oder nicht, beeinflusst hätte. Den Punkt finde ich hier vollkommen egal.

„Wir müssen zwar wohl nicht darüber diskutieren, dass in diesem speziellem Fall die Absicht des Spielers eindeutig war.“

Ich denke doch. „Plante der Spieler für das Simulacrum eine Karte zu ziehen als er den Shrapnelblast spielte?“ ist hier die entscheidende Frage. Sicher ist – und ich denke das meinte Andreas – dass der Spieler, wäre er sich der Möglichkeit bewusst gewesen, sicher dafür entschieden hätte, die Karte zu ziehen.

Der Judge muss bei solchen Fällen nicht beurteilen, ob etwas selbstverständlich war oder nicht, geschweige denn, ob eine Entscheidung für einen Spieler strategisch sinnvoll war oder nicht. Er muss herausfinden, was der Spieler zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhatte, warum er so gehandelt hat, wie er es getan hat. So etwas, also die Motivation hinter einer Handlung herauszufinden, gehört definitiv zu den Judgeaufgaben, denn ohne das könnte man sich sämtliche Diskussionen über Cheating ja sparen.

„...während er im anderen Fall die Kompetenz eines Spielers, sowie die objektiv korrekte Spielstrategie bewerten müsste, was meiner Meinung nach möglichst selten getan werden sollte.“

Dem stimme ich zu. Ganz ohne geht's nicht (z.B. wenn's um sowas wie Stalling/Slow play geht), aber man sollte Regeln und Policies vermeiden, die das notwendig machen.

„PS: Es gibt hier jetzt eine Einlog-Funktion UND einen Moderator, die Spammer abhalten können - kann dann bitte dieses blödsinnige, überflüssige, nervige Zeichenlimit für Kommentare endlich wieder abgeschafft werden??“

Dem stimme ich auch zu. Und wenn man schon dabei ist könnte man auch gleich eine Edit-Funktion einbauen und den Pflichtbetreff abschaffen.


Lorian schrieb:
„Solche Aktionen sind einfach nur lächerlich und gehen extrem auf Kosten des Spielspasses. Wer solche Aktionen auf nem Turnier bringt sollte meines Erachtens _immer_ mit ind. nem Warning bedacht werden, da es ihm offensichtlich nur darum geht, _jedes_ Mittel zu benutzen um das Game zu gewinnen.“

Mein Gegner übersieht etwas und weil ich dann darauf bestehe soll ich ein Warning bekommen? Wo soll denn die Grenze sein?
Mein Gegner blockt meinen Critter weil er übersehen hat, dass ich ein Glorious Anthem liegen hab?
Ich greife mit meinem Tog an und der Gegner blockt nicht, weil er übersehen hat, dass der Tog von sich aus schon Power 1 hat? Oder weil er übersehen hat, dass ich noch ein FoF spielen kann?

Wer Sachen übersieht oder unkonzentriert spielt muss auch die Konsequenzen davon tragen. Das gehört einfach mit zum Spiel.

„Mir fällt dazu noch die Anekdote ein, wo mien Gegner in einem _FUN_Spiel sich tierisch aufregte weil ich Ende seines Zuges Renewed Faith cycelte, halt die Karte zog (ohne erst mal draufzuschauen) und dann meinen W20 drehen wollte. (Für die gnaz genauen: Er war a) ausgetappt und b) wurden weder der rote noch der weiße Puls gespielt, was auch beiden klar war da es das 5te oder 6te Spiel war.)“

Keine Frage, dass ist ein klarer Harrow-Fall. Das ist aber was anderes als die Situation von Markus.

„Die Frage, die ich mir stelle ist:
Ist es sinnvoll und dem Spiel an sich förderlich, dem Gegner derartige Dinge zu verwähren, weil er sie in der falschen Reihenfolge ausführt.“


Genau das ist ja die Frage. Hat er tatsächlich die Sachen nur in der falschen Reihenfolge gemacht? Wenn ja, keine Frage, dann soll er ziehen. Wenn er aber vergessen haben sollte, dass er für das Simulacrum eine Karte kann, dann hat er gelitten, denn – wie oben bemerkt – gehört konzentriertes Spielen mit dazu.

„Es gibt nur extrem wenige Situationen in denen man keine Karte vom Solemn ziehen, keine Länder mit Harrow raussuchen oder keinen Lifegain von Renewed Faith nehmen will.“

Das ist richtig, aber nicht zwangsläufig relevant. Cycled man einen Renewed Faith tut man das sicher auch um die zwei Leben zu bekommen und das man die bekommt wird einem auch beim Cyclen bewusst sein. In der Situation oben sieht das aber möglicherweise anders aus, denn der Hauptzweck des Shrapnel Blasts war es ja dem Gegner 5 Schaden zu machen. Da ist es schon nicht abwegig, dass man vergessen hat, dass man noch eine Karte ziehen kann wenn man das Simulacrum für den Blast opfert.

Simon schrieb:
„Hier gibt es leider eine große Grauzone: was ist z.b. wenn der damage auf dem stack liegt, und der Gegner sich schon den schaden aufschreibt? kommt das dem resolven des dmgs gleich?“

Nicht unbedingt. Der Gegner sagt damit aber eindeutig „wenn du nichts mehr machst, mach ich auch nichts bis der Schaden verrechnet wird“. Genauso wie wenn jemand sagt/fragt „damage auf den Stack“, dann bedeutet das „wenn du nichts machst mach ich auch nichts mehr bis der Damage auf den Stack geht“.

„wenn im Artikel noch Platz zu finden ist“

Hier gibt's zum Glück kein Zeichenlimit – puuh, noch mal Glück gehabt.

„würde mich außerdem interessieren, was justus regeltechnisch davon hält, mehr Mana als nötig für einen Spruch zu bezahlen, das floatende Mana aber nicht anzusagen mit der Absicht z.b. um Condescend "herumzuspielen".

Regeltechnisch ist das natürlich legal. Ich halte es aber für unsportlich, da man bewusst versucht, einen falschen Gamestate vorzutäuschen. Ein ähnliches Beispiel: Dein Gegner fragt dich, wie viele Karten du auf der Hand hast. Du sagst nichts, legst deine Karten aber so hin, dass zwei direkt übereinander liegen, so das es aussieht als ob du eine Karte weniger auf der Hand hättest.

Tigris schrieb:
„ich persönlich habe noch nie erlebt, dass jemand gesagt hat er gibt die Priorität ab und ich habe es auch nie gesagt.“
Oh doch, das hast du. Du hast es nur anders ausgedrückt. Man sagt z.B. so was wie „ok“ oder „go“. Es gibt aber eben auch einige Handlungen, die implizieren, dass man den Vorrang abgibt, egal ob man das nun sagt oder nicht. Wenn man seine Kreaturen zum Angriff tappt, gibt man ganz oft den Vorrang ab ohne das zu sagen. Solche Shortcuts sind ja völlig ok.

Wie gesagt, wenn jemand etwas vergisst oder übersieht ist es völlig ok wenn er dadurch einen Nachteil hat.
Ich versuche das noch mal an einem Beispiel klarzumachen.

A hat irgendwann am Anfang des Spiels per Buried Alive einen Anger in seinen Friedhof gelegt. Er reanimiert eine Kreatur, da er aber noch keinen Mountain im Spiel hat kann er damit noch nicht angreifen. Die Kreatur wird entsorgt.
Einige Züge später animiert er die nächste Kreatur. Er hat mittlerweile auch einen Mountain. Blöderweise denkt er jetzt aber nicht mehr daran, dass der Anger im Friedhof ist und greift deshalb mit seinem Viech nicht an (was völlig offensichtlich ziemlich gut für ihn gewesen wäre). Wenn A jetzt das Spiel verliert, weil er nicht daran gedacht hat, dass sein Fattie Haste hat, hat er das Spiel zu recht verloren? War der Gegner unsportlich, wenn er ihm nicht erlaubt noch anzugreifen nachdem die Combat Phase eindeutig vorbei ist. Sollte der Gegner ihn vielleicht sogar darauf hinweisen, dass sein Viech Eile hat? (wenn er das nicht soll, warum ist es dann unsportlich, wenn er A seinen Fehler nicht rückgängig machen lässt?).
Ich denke A hätte dieses Spiel zurecht verloren. Er hat etwas übersehen oder vergessen, er war nicht konzentriert.

Diese Situation ist genau identisch mit der von Markus, wenn man davon ausgeht, dass sein Gegner einfach nicht an die Simulacrum Fähigkeit gedacht hat. Es sind beides etwas versteckte Effekte, die alleine von Karten, die man selber spielt hervorgerufen werden. Selbst auf Modo hätte der Spieler wohl das blaue „haste“ auf seinem Fattie gesehen und daran gedacht, dass er angreifen kann.


So, das war für heute.
Den Top-Score in Sachen Unterhaltungswert werde ich hiermit wohl nicht bekommen, aber im Bereich „Informationsgehalt“ hoffe ich besser dazustehen

Letzte Anmerkung: Ich schreibe solche eher theoretischen Artikel eigentlich sehr gerne. Wenn also jemand gerne etwas zu einem bestimmten Judge-Bezogenen Thema lesen möchte, immer raus damit, für Anregungen bin ich immer dankbar.

Macht's gut,

Justus

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