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PT New Orleans – Top8 im Fun-Format
von Hans-Joachim "Hajo" Höh
16.11.2003

Nachdem Flix Euch gerade mit seinem Nostalgieartikel richtig heiß gemacht hat, muss ich ja schnell mal noch einen draufsetzen. Herr Schneiders hat natürlich völlig Recht, wenn er die PT in höchsten Tönen lobt. Gigantische Turnierörtlichkeiten, Kurzurlaub in interessanten Städten, das Duell mit den besten Spielern der Welt und die „Party“ danach mit ebendiesen,… wer sollte danach nicht sofort süchtig werden. Für mich stand jedenfalls nach meiner ersten PT (Osaka 2002) fest, dass ich Pro werden muss. Da man sich bekanntlich nicht selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen kann, suchte ich nach gleichgesinnten NichtPros. PTQ Top8-Ausscheide-Veteran TrashT wurde mein Freund und Teammate und die Arbeit begann. Ja, ohne Zeitaufwand gibt es auch bei Magic keinen Erfolg, auch wenn sich dieser Zeitaufwand nur selten nach Arbeit anfühlt.
Da wundert sich wohl mancher, wenn auf der PT abhängen schon so viel Spaß macht, wie cool es denn dann wohl ist, in den Preisrängen zu landen? Es ist jede Sekunde Aufwand wert, um es mal unenthusiastisch auszudrücken.

Die lustigen Reiseanekdoten und Aftershowereignisse liefere ich bei Gelegenheit nach und begnüge mich vorerst damit nur vom Spielgeschehen zu berichten.
Dass ich Turnierberichte meist langweilig finde, habe ich ja schon öfter erwähnt, also folgen hier wie üblich nur die amüsantesten Spielsituationen.

Eins meiner knappsten Matches war gegen Steven Scott mit Gobvantage in Runde 4. Im ersten Spiel nehme ich ein paar Schäden, bevor ich ihn mit zwei Tangle Wire und Port für einige Turns komplett austappe. Bedrohungen ziehe ich jedoch nicht nach, sondern mehr Mana und noch ein Tangle Wire. Also erstmal Upheaval gemacht, bevor die guten Wires wegfaden und das Port/Wire-
Spielchen noch einmal von vorn begonnen. Sehr zur Freude meines Gegners ziehe ich dann auch endlich einen Threat, um ihn nicht länger quälen zu müssen: Metalworker! Und schon geht der Beatdown los. Ich prügle ihn auf 13, bevor ich meinen nächsten Threat ziehe: Metalworker Numero zwei. Einen Zug bevor mein Wire Lock endet, ziehe ich dann aber doch noch Masticore und gewinne viel knapper als gedacht.

Im zweiten Spiel legt Scott Turn 1 Piledriver, Turn 2 Warchief und bringt mich auf 15. Ich habe in meinem zweiten Zug die Wahl zwischen Chill und Metalworker, der mir nächste Runde einen Masticore und jede Menge Munition, zum Gobos niederschießen liefern würde.
Also leg ich „den kleinen man“ und hoffe das Beste. Das Beste kommt dann auch, aber leider aus seiner Sicht: Matrone besorgt ihm leider nicht Recruiter, sondern Piledriver und seine letzten beiden Handkarten sind Prospector und der dritte Piledriver! Also muss ich nicht „nur“ Chumpblocken, was ja auch schon aussichtslos gewesen wäre, sondern sterbe einfach direkt, OBWOHL ich blocke. Wer braucht schon Recruiter für die perfekte Gobokurve?
Etwas frustriert begebe ich mich erstmal nach Paris, finde dann aber folgende Fünfkartenhand: Shivan Reef, Port, 2 Chill, Stroke. „Cool, der autowin, wenn er keinen one-drop hat“, denk ich mir. Er hat natürlich den schlimmsten one-drop von allen: Mox, Piledriver. „Ist ja nicht so schlimm, ich leg das Chill, dann kommt da schon nix mehr.“

Er hat natürlich auch noch den Mogg Fanatic und startet den vier Punkte Beatdown trotz doppelt Chill, während mein Masticore auf meiner Hand die Ankunft des vierten Lands erwartet (Seat of Synod bereits gezogen). 18,14,10,6, dann ziehe ich Metalworker, den ich gegen den Fanatic trade. Der einsame Piledriver haut mich auf 2, dann ziehe ich endlich City of Traitors und gehe zum Gegenangriff über, während er fleißig Länder legt und jede Runde neue Gobos, die zwar immer genau vom Core besiegt werden können, aber mich am Stroken hindern. Fanatic bringt mich dann auf eins, bevor ich ihn auf zwei Leben haue. Er hat mittlerweile acht Mana. Im Upkeep
porte ich einen Mountain statt der bisher getappten Tomb. Er topdeckt Goblin Charbelcher! Könnte ihn aber nur mit Tomb aktivieren. Puh, das war knapp!

Die krankeste Karte des Formats war ja offensichtlich Mindslaver, insofern sie nicht nur meistens direkt das Spiel gewann, sondern zusätzlich noch für die amüsantesten Geschichten sorgte. Hier mal die krassesten Aktionen, die mir im Gedächtnis geblieben sind, obwohl ich bestimmt jedes zweite Spiel mit Mindslavertricks gewonnen habe.

Ich spiele gegen Aaron Cutler, der sich entschieden hat, auf dieser PT lieber „The Rock“ statt eines Decks zu spielen. Er legt Treetop, Forest, Bird und macht mir damit ganz schön Angst, schließlich hat er gleich schwarzes Mana. Also schnell geslavert und seine Hand (3 Vampiric Tutor, Edict, Plage und Cabal Therapie) gegriffen. Schmunzelnd (ich muss an die „You can look
for Meddling Mage on your own hand“-Featurematch-Anekdote beim GP Reims denken) lasse ich ihn mit zwei grünen Ländern und einer Plage auf der Hand zurück.

Mit Masashi Ooiso mache ich im Swiss zweimal das, was mir dann in den Top8 leider nicht vergönnt war, nämlich ihn für seine Phyrexian Processors zu bestrafen, die er nicht ausboarden kann, weil er außer Core keine winning options hat.

Auch Eugene Harvey lässt seinen Phyrexian Colossus im Deck, den ich beim Tinkern dann finde, und der ihn mit seiner Tomb zusammen schnell mal von 18 auf Null befördert. Ich muss ihn ziemlich entgeistert und verstört angeschaut haben, vor allem, da er auch noch darauf bestand, dass es richtig sei, den Colossus im Deck zu lassen. Na ja, wenn er meint. Ich fand es auch richtig, richtig nett von ihm zumindest.

Den gegnerischen Charbelcher für lethal damage aktiviert hab ich natürlich auch, weiß aber nicht mehr gegen wen das war.

Gegen Benjamin Caumes, bei dem ich noch eine Rechnung vom GP Reims offen hatte, aktiviere ich den Slaver, obwohl er nur Goblin Matron im Spiel hat. Seine Hand ist auch denkbar schlecht für mich (kein Prospector), aber ich ziehe Food Chain from the top. Diese Tech war mir zwar bis dahin unbekannt und er hat natürlich angefangen zu drängeln, damit ich nicht darauf komme, dass ich mit dem Recruiter und dem Ringleader auf seiner Hand jetzt seine gesamten Gobos removen kann, aber das hat ihm auch nix genützt.

Aber den absoluten Hammermove mit Mindslaver hab ich gegen Andrew Cuneo gemacht. Nachdem ich Game zwei weggeworfen hatte, weil ich beim Tinkern zu eilig war (statt die Damping Matrix, die seinen Hermit Druid abstellt, zu opfern, Mindslaver zu holen und ihn wegzumillen, opfere ich Key, der ja nix macht und muss Bosh nehmen, da der Slaver nicht funktionieren würde, weil die Matrix noch da ist), befinden wir uns in Spiel drei und die Zeit wird knapp. Ich halte ihn ewig unterm Port/Wire Lock, habe aber keine Threat außer Mindslaver auf der Hand. Kurz vor dem Timeout legt Andrew, Land, Mox, Serenity. Ich caste Upheaval und lege jede Menge Mana wieder raus. Er legt jedoch nicht wieder Land, Mox, Serenity, weil ihm sonst ein Turn fehlt, um selbst noch gewinnen zu können im letzten Extrazug. Er legt den Mox aber schon raus, (um weniger discarden zu müssen?) und verhindert damit eigentlich auch, dass er noch gewinnt, da er noch das Tangle Wire auf meiner Hand kennt. Ich lege das Wire aber natürlich nicht aus, um ihm das Mox Mana zu lassen und Porte ihn nur, der Unauffälligkeit wegen, so dass er im dritten Extrazug den Hermit legen kann, um im fünften zu gewinnen. Er legt ihn wirklich und ich Mindslaver und mille ihn und gewinne so im letzten Extrazug, der noch nicht mal mein Zug ist! Viel cooler kann man wohl nicht gewinnen.

Ich hatte jedenfalls eine Menge Spaß. Auch wenn die Bannings schon angekündigt wurden, halte ich das Format für mehr als spielbar. Es ist nicht uninteraktiv, sondern nur schnell, wodurch viele Entscheidungen in einem Turn gefällt werden müssen, was für manchen ungewohnt ist. Die Turn 3 Kills sind auch deutlich seltener als behauptet wird. Es gibt auch auf keinen Fall weniger spielbare Decktypen als in vergangenen Formaten (vergleiche OBC und OnBC) und mehr Zufall ist auch nicht wirklich im Spiel wegen der immensen Librarymanipulationsmöglichkeiten (und damit meine ich nicht die Fähigkeiten der Franzosen).

Zuletzt noch ein fettes Dankeschön an alle, die durch Kartenleihen, Playtesten, Theoretisieren, psychischen Support oder penetrantes Reinrufen zu meinem Erfolg beigetragen haben!

Ansonsten noch Grats an Andre zur ebenfalls grandiosen Performance und viel Erfolg an Flix beim nächsten PT Race!

HaJo
Philoman #MIR

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