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Wir unterbrechen unsere beliebte Reihe aus aktuellem Anlass
von Andreas "Zeromant" Pischner
14.08.2003

Unglaublich, wie heiß das ist. Ich habe vor kaum zehn Minuiten kalt geduscht und schwitze schon wieder - wird es denn nie wieder regnen?? Tja, meine Wohnung ist leider nicht so gut klimatisiert wie das Estrel...

...womit wir beim Thema wären: Die Magic-WM! Ja, ich weiß, die "Quo Vadis" Reihe zieht sich auch so bereits ziemlich in die Länge, aber nachdem DAS Magic-Ereignis der letzten zehn Jahre hier in Berlin stattgefunden hat, muss sie trotzdem ein wenig zurückstehen.

Dieser Artikel ist übrigens sehr lang! Ich hätte ihn ja in mehreren Teilen veröffentlichen können, halte es aber für unsinnig, den Bericht über ein Ereignis erst Wochen später zu beenden. (Und Artikel für meine Kolumne gibt die Quo Vadis Reihe erst einmal genügend her!) Daher gibt es hier die ganze Packung auf einmal! Wem das zu viel ist: Irgendwo in der Mitte bringe ich eine Markierung an. Hört dort einfach auf zu lesen, speichert ab, und wenn Ihr meint, dass der zweite Teil angebracht sei - einen Tag, eine Woche oder einen Monat später - lest dort einfach weiter!

Zuerst sind allerdings noch ein paar Nachträge zu meinem letzten Artikel fällig:

1. Das neue Design

Ich vergaß zu erwähnen, dass Mana-Symbole im Textfeld der Karten jetzt schwarz gedruckt werden (vermutlich, um Kosten zu sparen). Mir selbst ist es noch nicht passiert, aber ich habe von einigen anderen Spielern gehört, dass ihnen dadurch Fehler unterlaufen seien (besonders bei den Taplands wie Elfhame Palace).

Nachdem ich für den Einzelkartenbestand unseres Ladens zentnerweise Achte-Editionskarten sortiert habe, kann ich mit Überzeugung sagen, dass die neue Artefakt-Farbe ein Megaflop ist! Ich habe beim schnellen Sortieren nämlich ständig Artefakte mit... LÄNDERN verwechselt!! Das ist mir früher nie passiert, und wenn man berücksichtigt, dass die bessere Unterscheidbarkeit von Artefakten zu Ländern Hauptgrund für die Umstellung gewesen sein soll, dann kann man dafür einfach nur die Note UNGENÜGEND geben!

Ein weiteres Problem, das mir nicht sofort aufgefallen ist, da sich in den Boostern Karten bestimmter Häufigkeit auch an verschiedenen Stellen befinden: Uncommons und Commons sind nicht leicht zu unterscheiden! Klar, wenn man auf eine einzelne Karte schaut, dann erkennt man die Häufigkeit problemlos, aber wenn man einen großen Stapel Commons schnell nach Uncommons durchsucht, dann übersieht man diese sehr leicht.

Über das Konzept des neuen Designs lässt sich sicherlich streiten, aber die Ausführung ist tatsächlich miserabel!

2. Das deutsche Core Game

Meine generelle Abneigung gegenüber deutschen Magic-Karten ist daran schuld, dass ich das englische Core Game geöffnet und untersucht habe und meine Bewertung darauf basiert habe. Dass in der deutschen Variante deutlich weniger Inhalt ist, habe ich zwar festgestellt, aber dass bei der Übersetzung auch noch grobe inhaltliche Schnitzer gemacht wurden, hätte ich mir nicht träumen lassen! Sicher, bei Kartentexten mag es immer wieder einmal passieren,
dass bei Sizzle aus dem "opponent" ein "Spieler" wird, oder dass irgendein Ahnungsloser (oder auch Witzbold?) eine Karte mit "Muse des Samenflugs" betitelt. Beim Regelheft jedoch konnte ich mir partout nicht vorstellen, dass nicht mit der notwendigen Sorgfalt vorgegangen würde. Ich bin eben immer noch zu naiv!

Eine Leserin wies mich darauf hin:

"Die schöne Einsteigerhilfe läßt dich erst mal im unklaren: Die Spiel oder Zieh-Regel entfällt. Der erste Spieler zieht laut Anleitung auch. Die Tatsache, dass eine Kreatur nicht angreifen kann, in der gleichen Runde in der sie beschworen wurde, fehlt ebenfalls."... "Ich also zum Regelbuch gegriffen. Unter dem Stichwort "Eile" endlich gefunden, was mir vorher nicht erklärt wurde, ich aber von früher noch weiß und dabei einen dicken Fehler entdeckt: Schau dir mal im Regelbuch die Erklärung zum Kartenlayout an. Da haben die auf Seite 2 (deutsch) doch glatt Stärke und Widerstand vertauscht - Chaos für Anfänger inclusive."

Gerade in einem Produkt - dem EINZIGEN in deutscher Sprache! - das Anfängern das Spiel erklären soll, ist eine solche Schlamperei unentschuldbar! Für das deutsche Hauptspiel muss also eine Abwertung von "Brauchbar, aber ärgerlicherweise dem englischen Produkt unterlegen" zu "Ungenügend" erfolgen. Deutsche Magic-Produkte bleiben also auch weiterhin minderwertig...

Noch eine letzte Anmerkung: Wusstet Ihr, dass Käufer eines europäischen Core Games mithilfe des merkwürdigen Zahlencodes, der auf dem Regelheft klebt, einen Gratisbooster zugeschickt bekommen können? Ich jedenfalls habe es nur durch Zufall auf magicthegathering.com entdeckt. Aber gilt das auch für Käufer der deutschen Variante (was theoretisch der Fall sein sollte)? Ich kann es nicht hundertprozentig beschwören, da dieses Thema im Gespräch nur am Rande erwähnt wurde, aber ein AMIGO-Mitarbeiter hat mich meines Erachtens informiert, dass bei allen deutschen Regelheften derselbe Code aufgedruckt wurde - wie soll denn das bitteschön dann funktionieren? (Auf jeden Fall konnte man mir zu diesem Zeitpunkt - nach Auslieferung des Core Games - auch bei AMIGO nicht sagen, wozu dieser Code eigentlich gut sein sollte...)

Ach ja, damit die Jungs von AMIGO nicht den ganzen Schimpf und die Schande abbekommen: Mit Übersetzung und Produktion des Core Games, wurde mir gesagt, hätten sie absolut nix zu tun!


Jetzt soll aber endlich die WM das Thema sein! Fünf Tage und Nächte Magic, und das nur eine Dreiviertelstunde von zu Hause entfernt - WOW!! Natürlich habe ich mir Urlaub genommen und bin auch jeden Tag dort gewesen.

Insgesamt habe ich drei große Turniere und sieben Drafts gespielt. Dabei war ich vom Draft-Angebot doch sehr enttäuscht: Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen wurden nur OLS englisch und OLS japanisch angeboten! Wo waren die 8th Edition Drafts, auf die ich mich gefreut hatte? Die gesamte Veranstaltung stand unter dem Motto "Zehn Jahre Magic" und das neue Core Set war extra zu diesem Zeitpunkt erschienen und zu diesem Zweck aufgepeppt worden - und dann gab es keine Drafts damit?? Ganz, ganz schwach!! Ebenfalls vermisst habe ich etwas "exotischere" Draft-Formate. Wann, wenn nicht bei den Worlds, wäre denn eine gute Gelegenheit gewesen, z.B. noch einmal Rath Cycle zu draften? So habe ich halt Onslaught-Legions-Scourge gedraftet, bis ich keine facedown Karten mehr sehen konnte... Mit drei Splits im Finale und einem zweiten Platz, aber auch drei Niederlagen in der ersten Runde war da meine Bilanz eher durchwachsen, aber durchaus noch ok.

Exotische Turniere gab es ja durchaus, nur halt im Sealed-Format. Da war es aber einmal schon recht abschreckend, sich z.B. für das Urza-Turnier eineinhalb Stunden vor Beginn schon in die Schlange stellen zu müssen, um noch einen Platz zu ergattern. Und zum anderen macht Sealed nicht einmal ansatzweise so viel Spaß wie Draft. Am Mittwoch hatte ich das Invasion Sealed verpasst, da ich meinte, sich eine halbe Sunde vor Beginn anzumelden, sollte reichen... naja, bis auf drei Meter kam ich noch an die Registration heran Letzlich war ich dann aber gar nicht einmal so unglücklich darüber, da ich dann bereits zwei Drafts gespielt (und einen davon gewonnen) hatte, bevor im Sealed auch nur die zweite Runde beendet war...

Beim Masken-Sealed meldete ich mich dann rechtzeitig an (also eine Stunde vorher) - nur, dass hier die letzten Plätze erst fünf Minuten vor Beginn vergeben wurde - hm, ist der Maskenblock etwa nicht so beliebt?

Im Verlauf des Turniers wurde ich jedenfalls daran erinnert, warum ich Sealed-Turniere eigentlich gar nicht mehr mag. Thrashing Wumpus, Two-Headed Dragon und Power Matrix entschieden um mich herum Spiele, während ich meine Lin Sivvi SPLASHTE, um meinem Deck die nötige Brokenness zu verleihen... Nach vier Runden stand ich mit meinem (für
diesen Block) soliden, aber keineswegs superstarken 19-Länder-Deck immerhin 3:0:1 und war gerade ein oder zwei Züge davon entfernt, das entscheidende Spiel der fünften Runde zu gewinnen, als ich einstellte: Irgendwie bekam ich nicht mit, dass mein Gegner meinen Saprazzan Outrigger mit seinem frischgespielten Waterfront Bouncer chumpblockte, der zusammen mit dem Defiant Vanguard angriff, und wollte ihn sieben Schaden nehmen lassen und zwei Karten für meine Coastal Piracy ziehen. Er wies mich daraufhin, dass er nur zwei Schaden nahm, da er geblockt hätte. Okay, sagte ich mir, dann sind es eben nur 2 Schaden. Dann ziehe ich mal zwei Karten... Tja, Dinge, die man nicht tun sollte! Eine zuviel gezogene Karte ist nun einmal ein Game Loss. Einen etwas bitteren Beigeschmack hatte die Sache schon, da ich mich erinnere, klar gesagt zu haben "dann ziehe ich zwei Karten", um meinem Gegner Zeit zu geben zu reagieren, und diser erst etwas gesagt hat, als ich die Karten dann auch tatsächlich zog. Auch, als der Judge dann seine Entscheidung damit begründete, dass sich nicht feststellen ließe, welche Karten ich denn nun gezogen hätte, und mich ansonsten mit einem Warning davonkommen lassen wollte, erinnerte sich mein Gegner plötzlich nicht mehr daran, dass er mir vorher noch bestätigt hatte, dass ich die selben Karten sofort zurückgelegt hatte... Da hat halt jemand eine Möglichkeit gefunden, ein völlig verlorenes Spiel noch zu gewinnen. Aber letztlich liegt die Verantwortung bei mir: Ich habe halt eine Karte zu viel gezogen, fertig aus! Und mit der Erkenntnis, dass ich wohl der einzige Idiot bin der versucht, seine Gegner an Regelfehlern zu HINDERN anstatt sie auszunutzen, muss ich eben leben.

Statt 4:0:1 stand ich dann also 3:1:1, und nach einer relistischen Einschätzung der Chance, mit meinem Deck 4:0 zu gehen und somit die Preisränge zu erreichen, droppte ich dann doch lieber, um noch ein wenig zu draften.

Zum Thema Droppen: Eigentlich mag ich es, Turniere bis zum Ende zu spielen! Mein Deck war zwar nicht der Hammer, aber doch ordentlich genug, dass man damit weiterspielen hätte können. Aber das ist ja auch eine Frage der Alternativen: Im Gegensatz zu den meisten anderen Turnieren bedeutete ein Aussteigen hier ja nicht, dass man stundenlang angereist ist, um ein paar Runden zu spielen und nach dem Drop wieder nach Hause zu fahren - hier hatte man ja die Gelegenheit, sofort weiter zu spielen! Und Draft ziehe ich Sealed eben vor. Ganz besonders albern finde ich es, einen Turniersieger nur im Sealed zu ermitteln - es ist schwierig genug, mit einem mittelmäßigen Deck auch nur den Top 8 Draft zu erreichen! Naja, warum ich hoffe, dass Sealed-Turniere irgendwann einmal aussterben, habe ich ja bereits in meinem Artikel "Sealed Deck - Der Zauber vergeht" geschrieben (hier hat ein fleißiger Admin hoffentlich ein Link eingefügt!) Er hat Andreas, er hat;-)

Freitag draftete ich dann nur ein wenig und ging auch zeitig nach Hause, um in Ruhe etwas zu essen und ausschlafen zu können, denn für den folgenden Tag hatte ich mir einiges vorgenommen! Vielleicht liegt es an meinem nunmehr für einen Magic-Spieler doch bereits recht fortgeschrittenen Alter, aber bei Mangel an der nötigen Grundversorgung bei Schlaf und Essen spiele ich einfach nur noch Schrott zusammen. Apropos Essen: Das Catering im Estrel war ja wohl, im Vergleich zu so ziemlich allem anderen, was ich bei ähnlichen Turnieren erlebt hatte, sensationell preiswert! Für 2 Euro 50 gab es da einen Hamburger - mit einer RICHTIGEN Boulette, nicht mit der geschmacksneutralen Pappe, wie man sie bei Burger King gewohnt ist! - zur eigenen Zusammenstellung! Und Eiskugeln zum Beispiel kosteten 50 Cent! Da konnte man doch wirklich ohne schlechtes Gewissen selbst als Berliner ab und zu so faul sein, dort etwas zu essen... Das Estrel war sowieso ein genialer Veranstaltungsort: Gut erreichbar, todschick, hervorragend klimatisiert - da konnte man sich so richtig wohlfühlen!

Viel zu schnell war bereits das Wochenende mit den "wichtigen" Turnieren gekommen. Die Block Constructed PTQs hatte ich ignoriert - ich mag das Format nicht und würde wohl
sowieso nicht nach New Orleans fahren. Einen normalen PTQ hätte ich vielleicht trotzdem gespielt, aber nicht bei diesen Alternativen! Der PTQ Amsterdam ist natürlich eine ganz andere Geschichte: Amsterdam ist eine so tolle Stadt, dass ich vielleicht sogar zur PT fahren werde, wenn ich nicht qualifiziert bin - und es ist Limited! Aber der PTQ ist halt leider Sealed Naja, die übliche Geschichte: Ordentliches, aber halt nicht spektakuläres Deck aufgemacht (trotz Quicksilver Dragon, der aber im Splash oft facedown bleiben musste), und beim Stand von 2:0 auf einen Gegner getroffen, der so etwas meinte wie "Okay, ich halte Deinen Quicksilver Dragon und erhöhe um einen Siege-Gang-Commander"! Nicht schlecht - zwei Bomben sind wohl besser als eine... Die Spiele waren trotzdem knapp, und die Entscheidung fiel dann durch ein Macetail Hystrodon, das sich Dragon Scales anzog - dieses Damage Race war dann wohl gelaufen . Naja, die Chancen des Decks auf 6:0 in den nächsten Runden realistisch eingeschätzt und dann folgreichtig gedroppt, um noch einmal in Ruhe etwas zu essen und den Trial für München zu spielen.


(Hier ist die versprochene Markierung, die Teil 1 von Teil 2 scheidet. Bis später!)


Der GP Trial fing dann gegen 18 Uhr 30 an - das erste Turnier, das ich spielte, das mit Verspätung begann. Aber dafür sollte es sich auch lohnen: 8 Runden Schweizer System mit anschließendem Top 8 Rochester Draft! Ich mache das übliche ordentliche, aber nicht spektakuläre Deck auf und schiele gierig über den Tisch zu dem Exalted Angel, der mich von dort anstrahlt... und Wunder über Wunder, es wird einmal über den Tisch getauscht und nicht weiter! Mein Gegenüber gratuliert mir zu diesem Deck, und er hat recht: Dieses Deck IST spektakulär! Zweifarbig weiß-schwarz, mit Exalted Angel und Havoc Demon und einigen guten Fliegern und Zombies, aber leider kaum Removal. Trotzdem ein Deck, das ich in die Kategorie "broken" einstufen musste. Tja, plötzlich war Druck da: Mit diesem Deck musste ich ja wohl Erfolg haben!

...und das klappte dann auch irgendwie. Ich stand schnell 4:0 und wurde dann gegen einen Herrn Oiso aus Japan gepaart. Wer ihn nicht kennt: Er hat gerade mit 49 Pro Tour Punkten das Rookie of the Year Race gewonnen! Wir spielen und er spielt mich einfach gegen die Wand - ich war noch nie so beeindruckt von einem Gegner! Sicher, sein Deck war ebenfalls sehr gut: Er hatte zweifarbig Rot-Schwarz mit VIEL Removal in beiden Farben einschließlich
Sparksmith und einer sehr guten Manakurve - und einem Soul Collector, der das erste Spiel beim Aufdecken einfach einmal um 180 Grad kippte (hey, war das nicht eben noch MEIN Gluttonous Zombie??) Vermutlich war sein Deck sogar noch besser als meines. Auf jeden Fall war aber der Spieler besser! Ich meine, nicht nur ein bisschen besser, sondern einfach auf einem ganz anderen Level! Die ganze Zeit spielte er in einem Tempo, dem ich kaum mit den Augen folgen konnte - und machte einfach keine Fehler, mehr noch, er manövrierte mich dabei auch noch aus! Dabei habe ich keineswegs selbst klare Fehler gemacht, sondern einfach nur taktisch falsche Entscheidungen getroffen, während ihm trotz praktisch gar keiner Zeit zum Nachdenken selbst die subtilsten Feinheiten nicht entgingen (Ihr kennt doch den Trick, eine Kreatur mit Sandskin nach Damage auf den Stack zu opfern? Ich kenne ihn auch - aber ich brauche ein paar Sekunden, um mich daran zu erinnern und zu planen, wie ich ihn am effizientesten einsetze. Oiso hat das einfach automatisch gemacht). Er spricht zwar kaum ein Wort Englisch, aber irgendwie unterhält man sich doch mit ihm, auch wenn sein Teil der Unterhaltung irgendwie nur aus Lächeln, Nicken und fröhlichem Lachen zu bestehen scheint - ein äußerst angenehmer Gegner! Aber gut, ich habe Euch jetzt lange genug mit Lobeshymnen auf diesen Japaner gelangweilt. Ich werde jedenfalls seine Fortschritte auf der Tour mit Spannung verfolgen!

Nachdem ich zügig 0:2 verloren hatte, hatte ich noch viel Zeit, mir die anderen Decks an den vorderen Tischen anzusehen. Hm, an diesem neuen Maßstab gemessen war mein Deck plötzlich bestenfalls durchschnittlich... Ich engele mich noch eine Runde durch und verliere dann zweimal gegen zweite Runde Sparksmith für 2, den ich einfach nicht wegbekomme, und plötzlich geht es in der letzten Runde um alles! Es muss irgendwann zwischen 4 und 5 Uhr nachts gewesen sein. Auf jeden Fall war ich bereits ziemlich müde. Jetzt noch Ausscheiden und vier Stunden an der Site herumhängen (ca. um halb neun würde ich erfahren, ob ich für den Celebration Draft ausgelost worden war, den ich natürlich mitspielen wollte)? Nein danke! Ich gewinne wieder schnell ein Spiel mit dem guten Engel, verliere das zweite trotz Engel im Damage Race gegen Starlit Sanctum & Noble Templar, weil mein Gegner in der letzten Runde einen Daru Warchief ausspielt (!) und sehe mich im entscheidenden dritten einem 4/4 Stinger gegenüber, den ich nicht wegbekommen KANN (mein Removal waren Sandskin, Smother & Crown of Suspicion). Mein Gegner greift mit allem an und ich bin tot. Aber Moment, er greift ja doch nicht mit allem an, sondern lässt seinen Stinger und noch irgendeine Kreatur zu Hause. (Die Situation war ein wenig zu komplex, um sie zu beschreiben, aber es gab dafür wirklich keinen anderen Grund als seine Übermüdung). Dadurch kann ich irgendwie genau so blocken, dass ich den Angriff überlebe und alle meine Evasion-Kreaturen behalte (muss aber meinen Battlefield Medic dazu benutzen). Ich habe jetzt Anurid Murkdiver, Gluttonous Zombie (kein schwarzer Blocker) und Wingbeat Warrior (der einen Carrion Feeder geblockt hat und das nicht hätte überleben dürfen, aber mein Gegner hat glücklicherweise First Strike Damage resolven lassen. Müdigkeit und so), die genau die nötigen neun Punkte Schaden machen können. Leider reicht die Anzahl der Kleriker im Spiel nicht aus, um den Warrior mit dem Medic vor seinem Stinger zu beschützen, und in seinem nächsten Angriff wäre ich tot. Also ziehe ich meinen "Ich-brauche-diesen Morph-im-Deck" Dawning Purist und gewinne ein eigentlich ungewinnbares Spiel!

Dadurch rutsche ich als einziger 6:2er aufgrund meines klar besten Tiebreakers in die Top 8 und darf Rochester Draften. Die Hälfte der Spieler kann vor Müdigkeit kaum noch die Augen offenhalten und einige beginnen mehr oder weniger unverblümt Rares zu draften! Mein linker
Nachbar, ein polnischer Spieler, hat sich erstaunlicherweise die dritte Position ausgesucht (einfach nur Unerfahrenheit), und ich sitze als Achter logischerweise vor ihm. Der erste Booster hat Sparksmith, Aven Fateshaper und Swat. Mein rechter Nachbar nimmt - den Fateshaper?! Ich nehme natürlich den Sparksmith und danach geht der Swat heraus. Bei meinem First Pick habe ich dann die Wahl zwischen Cruel Revival, Snarling Undorak und Thoughtbound Primoc. Was soll ich nehmen? An einem PT-Tisch hätte ich (wenn ich jemals wieder dahinkäme ) sicherlich den Primoc genommen, um die Farbverteilung zu klären. Aber an diesem Tisch hatte ich einfach Angst, dass das so nicht funktionieren würde! Der Fateshaper war bereits ein Frisör-Pick gewesen, so dass ich damit rechnen musste, von rechts keine Unterstützung für solche Pläne zu erhalten. Ich beiße die Zähne zusammen und nehme das Revival, in der Hoffnung, dass mein linker Nachbar nicht wegen eines Swats um Schwarz kämpfen wird, und um mir die Optionen auf beide Removal-Farben offenzuhalten, da ich erst einige Booster später erfahren werde, was meine rechten Nachbarn nehmen. (Oiso sitzt zwei Plätze rechts von mir und hat, glaube ich, eine schwarze und eine grüne Karte gewheeled, die beide kaum spielbar waren.) Als nächstes geht planmäßig der Undorak aus dem Pack und ich hoffe kurzfristig sogar, Schwarz-Rot zu bekommen.

Das klappt leider gar nicht! Links von mir wird ein klarer schwarzer First Pick aufgemacht und ich weiß, dass ich, um Schwarz zu behalten, kämpfen müsste. Rot hingegen sieht gut für mich aus - gut im Sinne von "es nimmt um mich herum sonst niemand". Dummerweise ist der Grund dafür, dass in den Boostern praktsich kein Rot ist! Ich nehme noch ein paar zweit- bis drittklassige rote Karten, um Rot weiter zu markieren, aber als die Booster um den Tisch wandern und meine höheren Picks an der Reihe sind, bekomme ich Panik - immer noch kein gutes Rot! Oiso zwei rechts von mir ist jetzt weiß-schwarz. Mein rechter Nachbar hat Grün (kein Kunststück, da ich beim fleißigen Markieren von Rot starke grüne Karten weitergegeben habe) und, naja, vermutlich Blau, denn er hat ja imerhin den Fateshaper gefirstpickt und keine Konkurrenz in dieser Farbe an unserer Tischhäfte. Der Pole hat ebenfalls massiv Grün und eben Schwarz. Und in Rot kommt nix. In Weiß aber auch nicht wirklich. Dafür sehe ich ein paar gute schwarze Karten! Also, was soll's, ich nehme sie! Mein linker Nachbar ist nicht glücklich darüber, aber ich bin jetzt der vierte schwarze Drafter am Tisch und sitze bei den meisten Picks vor ihm. Ach ja, bei den allerletzten Onslaught-Picks nimmt mein rechter Nachbar plötzlich Rot, als diese Farbe auf einmal in den Boostern auftaucht! Genau, wie ich befürchtet hatte! Trotz Sparksmith ist mein Schwarz jetzt bereits besser als mein Rot...

Die Legions Booster kommen, und ich kriege immer noch kein ordentliches Rot. Die Konsequenz ist klar: Ich muss Weiß nehmen! Dadurch bin ich zwar der vierte Weißdrafter am Tisch, aber es ist trotzdem die einzige Farbe, die in meiner jetzigen Positionierung Sinn ergibt, und einer der Weißdrafter ist eigentlich mehr ein Rare- & Foildrafter. Dabei mache ich noch einen dicken Fehler, als ich einen Stiinger für einen Redeemer durchlasse, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass mein Deck jetzt noch genügend Soldaten für ihn bekommen könnte. Beim zweiten Stinger und nach zwei Deftblade Elite und 2 Gempalm Avenger korrigiere ich diesen Fehler dann Rot weigert sich weiterhin aufzutauchen, aber Weiß ist super - ich bekomme noch einen Aven Warhawk und einen White Knight (äußerst relevant, da Michael Nessler, mein Viertelfinalgegner, hauptsächlich Schwarz spielt).

Tja, und als dann Scourge beginnt, lächelt mich nach einem Zombie Cutthroat ein Nefashu an und die Frage nach meinen Farben ist endgültig geklärt. Der Pole hinter mit tut mir leid, als ich ihm später auch noch eine Twisted Abomination vor der Nase wegschnappe, aber auch im Nachhinein sehe ich nicht, wie ich es hätte vermeiden können, Schwarz zu draften. In Weiß gibt es noch 2 Frontline Strategist, einen Noble Templar und einen Daru Warchief und gaaanz spät taucht noch ein Reaping the Graves auf und plötzlich ist mein Deck ziemlich gut!

Im Viertelfinale ging es eben also gegen Michael Nessler. Sein Deck ist fast monoschwarz, mit nur einem Torrent of Fire und 2 Pinpoint Avalanche in Rot und tonnenweise Removal sowie vielen Zombies einschließlich zweier Carrion Feeder in Schwarz (ich habe übrigens die Decklisten vor mir, deswegen kann ich das so genau sagen). Aber es ist nicht seine Nacht: Einmal Swattet er mir einen Cutthroat und ich gebe den entstandenen Tempovorteil mit Daru Stinger und doppelt amplifiziertem Aven Warhawk (Screeching Buzzard ist ein Bird, juchhu!)
nicht wieder aus der Hand. Danach stoppe ich seinen perfekten Beatdown-Draw (Carrion Feeder, Goblin Turncoat) mit zweite Runde White Knight und er findet nicht genügend Mana für die Avalanche und das Torrent in seiner Hand, bis ich ihn überenne. Sorry, Michi - 13 Stunden gespielt und dann doch keine Byes ist schon scheiße

Und im Halbfinale wartet natürlich Oiso auf mich. Sein Deck war, wie ich jetzt sehe, nicht ganz so stark, wie ich es in Erinnerung hatte, aber immer noch verdammt gut. (Und der Spieler noch besser!) Und er hatte 2 Stinger. Sollte ich jetzt wirklich bis morgens um sieben gespielt haben, nur um gegen einen Spieler, der sie sowieso schon hat, die drei Byes zu verlieren? Kurze Nachfrage beim Head Judge: Nein, Byes würden nicht heruntergereicht (unterdessen habe ich jetzt allerdings wieder etwas anderes gehört - wer kann es zuverlässig sagen?) Ich schaue noch ein wenig mit meinem hundemüde - äh, ich meine "treuherzigen Hundeblick" und Oiso macht mich endgültig zu seinem Fan, indem er mich ins Finale droppt, wo ich mit dem Polen, für den die Geschichte also auch ein Happy End hatte, splitte (okay, technisch gesehen hat er gedroppt, aber ich habe natürlich nachher erst mit ihm und dann mit Oiso gesplittet). Und somit hatte ich meine drei Byes für München und ein Display Booster (nach Splittings), und wenn ich nicht zu müde gewesen wäre, hätte ich wohl vor Freude auf dem Tisch getanzt!

Aber der eigentliche Höhepunkt der WM stand ja noch bevor: Der 10th Anniversary Celebration Draft! Aus allen 8-Personen Side Events wurden acht ausgelost, deren Sieger teilnehmen durften, und dadurch war ich auch zweimal im Lospool. Natürlich wollte ich mitspielen - so müde kann man doch gar nicht sein!

Ach so, da hat jemand mitgezählt und sich gefragt, warum ich zweimal im Pool war, und wie das mit dem "Splitten" bei den Drafts funktionierte? Nun ja, die Sache ist so: Aus irgendeinem Grund gab es, wenn man in Finale eines 8-Personen-Turniers einen ID machte, für beide Spieler nur den zweiten Preis! Das ist natürlich völlige Grütze für beide Spieler, da dadurch jedem 2 Booster verloren gingen. Was hingegen erlaubt war: Einer droppt und erhält den Preis für den zweiten Platz, der andere den Preis für den ersten (und gibt dann dem Zweitplatzierten vermutlich 2 Booster ab). Was das soll? Keine Ahnung - bei Magic Online wurde der Split bei ID im Finale sogar extra eingeführt, aber hier ging es nicht. Naja, einmal war ich gedroppt und zweimal meine Gegner, also hatte ich effektiv 2 Turniere gewonnen und wartete nun darauf, ausgelost zu werden!

Leider klappte das nicht. Das Ärgerliche daran ist, dass mehrere der ausgelosten Personen nicht da waren, und diese Plätze nur einmal neu verlost wurden - dann fing das Turnier einfach mit einer geringeren Anzahl Teilnehmer an! An dieser Stelle MEGASLOPS an die Organisatoren - da standen ein Dutzend Leute herum, die gerne mitgespielt hätten, und es wurde einfach nicht weiter verlost?? Ich war zu müde, um wütend zu sein, so war ich einfach nur enttäuscht. Was wäre denn so schwer daran gewesen, einfach eine Liste mit Namen auszulosen und solange vorzulesen und festzustellen, ob derjenige anwesend war, bis das Turnier voll war?

Jetzt war meine Energie dann doch weg. Ich verfolgte noch ein bisschen die Top 8, schlief aber bei den Wake vs. Wake Matches irgendwie immer wieder ein... Meinem Teamkollegen Peer konnte ich dann noch zum sechsten Platz gratulieren - und auch wenn er sich nicht wirklich darüber gefreut hat, so profitierte er doch zumindest ein wenig (naja, mit 1000$ halt) von Wolfgang Eders Niederlage gegen Humphreys...

Muss diese Geschichte hier eigentlich erzählt werden? Hm, ich fürchte schon - es wissen halt noch nicht alle die Details, aber es wird immer wieder im Netz darauf angespielt werden: Wolfgang hat leider das Viertelfinale gegen Humphreys aus eigener Kraft gründlichst versägt

Folgende Situation: Es stand 2:2 nach Spielen, und das fünfte Spiel stand kurz vor der Entscheidung. Es war Humphreys' Zug. Er hatte 4 Leben, 1 Island, 2 Forest und eine Aquamoeba im Spiel und ein Wonder im Graveyard, sowie zwei (oder mehr, was irrelevant ist) Handkarten. Wolfgang hatte 3 Mountain und einen Swamp (glaube ich) im Spiel, sowie 2 Goblin Warchief und einen Goblin Sledder sowie einen ungetappten Sparksmith. Er ist auf 3
Leben und hält, wenn er nicht einen davon nachgezogen hat, einen Goblin Warchief und einen Goblin Sledder in der Hand.

Humphreys greift an und switched die Aquamoeba mit einem Arrogant Wurm, den er via Madness zu spielen gedenkt. Fehler Nummer 1: Wolfgang lässt das Switchen resolven!

(Warum ist das ein Fehler? Wolfgang muss, um den Zug zu überleben, die fliegende Aquamoeba mit dem Sparksmith abschießen - was natürlich bedeutet, dass er vor der Verrechung des Schusses mit dem Sparksmith zwei Goblins mithilfe des Sledders opfern muss, weil ihn sonst der Sparksmith tötet. Wenn er auf das Switchen ANTWORTET, dann stirbt die Aquamoeba auf jeden Fall an zwei Schaden, egal, wie Humphreys hin und herswitchet, da sie irgendwann zwischendurch eine 3/1 Kreatur mit 2 Schaden ist. Jetzt allerdings, wo das erste Switchen bereits verrechnet ist, kann Humphreys sie überleben lassen, indem er sie als Antwort auf einen Schuss zurückswitcht! Da sie dann im Angriff immer noch einen Punkt Schaden macht, muss Wolfgang vor der Verrechnung des Schadens DREI Goblins opfern, um nicht an seinem Sparksmith zu sterben.)

Wolfgang erkennt seinen Fehler. Schießen muss er natürlich trotzdem, aber als Antwort darauf Goblins opfern. Das tut er - aber Fehler Nummer 2: Er opfert die beiden Warchiefs!

(Warum ist das ein Fehler? Dass er nur zwei Goblins opfert, ist okay - wenn Humphreys nicht antwortet, stirbt die Aquamoeba und Wolfgang verträgt die zwei Schaden vom Smith, WENN er allerdings antwortet, kann Wolfgang immer noch vor der Verrechnung des Schadens einen dritten Goblin opfern. Aber warum um alles in der Welt die beiden Warchiefs?? Natürlich muss er die beiden schwächsten Goblins opfern. Den Sledder kann er NICHT opfern, da er ansonsten auf ein Switchen von Humphreys nicht mehr reagieren kann - kein Sledder, kein Opfern - aber den Sparksmith und einen Warchief zu opfern wäre klar die richtige Maßnahme gewesen!)

Humphreys antwortet mit Switchen, und Wolfgang muss noch einen Goblin opfern. Im nächsten Zug spielt Wolfgang Warchief und Sledder - und macht Humphreys, der natürlich den Warchief mit dem Wum blockt, genau drei Schaden - mit einem zweiten Warchief im Spiel wären es 4 gewesen

Gut, nachdem Ihr jetzt alle fertig mit dem Hände-über-dem-Kopf-Zusammenschlagen und "Wie kann man nur?"-Rufen seid: Überlegt erst einmal, wie oft Ihr schon dumme - und dümmere! - Fehler gemacht habt. Aber nicht im Viertelfinale der Weltmeisterschaft?? EBEN! Da muss man erst einmal hinkommen! Und ob Ihr unter diesen Bedingungen dann WENIGER oder MEHR Fehler macht, sei auch erst einmal dahingestellt...

Insgesamt jedenfalls war die WM für die deutschen Spieler - und ganz klar auch für Wolfgang - ein Riesenerfolg, zu dem man gratulieren sollte - 3 deutsche in den Top 8 und den Weltmeister gestellt, das ist Spitzenklasse!

Ausnehmen muss ich davon allerdings unser Team Deutschland! Leute, das war echt MEGAPEINLICH!! Dabei ist es nicht die extrem schwache Platzierung (40!), die mir sauer aufstößt: Pech kann man immer haben, und auch wenn es kein Pech gewesen sein sollte, sondern Fehler (falsche Deckwahl, schwache Drafts) wäre das nicht sooo tragisch. Aber DROPPEN anstatt bis zuletzt zu kämpfen??? Jungs, Ihr seid als "Team Deutschland" angetreten! Wenn Ihr Euch dadurch nicht verpflichtet fühlt, Euer Bestes zu geben, dann habt Ihr überschnallknalllaute BUUUUUUUUUUH-Rufe verdient!!

Hoffentlich werden wir nächstes Jahr wieder würdiger vertreten!

(Und damit soll der Artikel auch endlich fertig sein! Nur noch eine letzte Anmerkung zum Frauen-Power-Turnier: Berlin hat die hübschesten Magic-Spielerinnen!!)

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