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Es kann nur einen geben...
von Frank Topel
06.01.2004

Prolog

Zunächst mal muß ich mich wohl für den klischeehaften Artikeltitel entschuldigen – ein besserer/ passenderer fiel mir leider nicht ein. In diesem Artikel wird sich alles um das Highlander-Format drehen, in der „echten“ Form „1.5+“, einer leicht modifizierten Form des ursprünglichen Highlander-Formats, welches auf dem offiziellen, aber toten 1.5-Format basiert (Typ 1 ohne Restricted-Karten). Einigen von Euch mag ich noch als umstrittener Webmaster von Magicplayer.debekannt sein, einer Magic-Site, die seit ca. 1 ½ Jahren brach liegt und auf Reanimation wartet;-) (die dieser Tage gerade erfolgt – ihr seit zum Sneaken eingeladen). Ich spiele seit Sommer 1995 Magic, als Revised gerade auslief, und Ice Age das Licht der Welt erblickte. Seit ca. 2 Jahren habe ich mich ziemlich auf das Highlander-Format spezialisiert, so daß viele Leute in meiner Spiel-Umgebung (Dortmund und Witten) mich als den „Highlander-Man“ bezeichnen (s. auch Mücahits Turnierbericht vom Auenland-Highlander-Turnier am 20.12.03).

Highlander, was ist das denn?

Aber was ist das denn nun Highlander? Nun, die namensgebende Grundidee des Formates ist natürlich, daß jede Karte nur ein Mal pro Deck erlaubt ist (von Basic Lands abgesehen). Um zusätzlichen Abstand von den gängigen Turnierformaten zu bekommen, ist die Mindestanzahl an Karten auf 100 festgelegt. Ich richte seit Jahren - früher unregelmäßig und heute in monatlichem Abstand - Turniere in diesem Format aus. In meiner Umgebung konnte ich dieses Format als nahezu ebenso häufig wie Typ 2 gespieltes Format etablieren, was den Spielstärkelevel der gespielten Decks stark angehoben hat in den letzten 1 ½ Jahren.

Das Format 1.5+ und die Decks to Beat
Mein erstes Highlander-Deck war schwarz-rot-blau mit vielen coolen, aber teuren Kreaturen wie Mahamoti Djinn, Shivan Dragon, Sengir Vampire, einer Menge Counter- und Burnspells, mit etwas Carddrawing und Removal garniert. Das war so ca. 1997. In der Anfangszeit konnte man damit wirklich gut „was reißen“. Zu der Zeit galt dieses Deck als das „stärkste" Highlander-Deck, was dazu führte, das viele Leute sich auf eine Menge Kontroll-Sprüche verlagerten (Control Magic, Binding Grasp, Legacy's Allure, Desertion etc.). Dann brachten WotC mit Treachery auch noch einen weiteren, verdammt guten Kontroll-Spruch heraus und auch Confiscate wurde gespielt. Dies führte natürlich dazu, daß ich regelmäßig von meinen eigenen Fetties verprügelt wurde, was ich gelinde gesagt als relativ frustrierend empfand (um ehrlich zu sein, habe ich es gehasst!!) und wodurch ich mich genötigt sah, alle Fetties aus meinem Deck zu verbannen und durch Männer mit Diplomaten-Paß wie Morphling, Zephid, Tetsuo Umezawa (kann nicht target von Enchant Creaturespells sein), Man-Lands etc. zu ersetzen. Das Deck wurde also viel Kontroll-lastiger als zuvor und schaffte es durch diese evolutionäre Entwicklung wieder zum formatdefinierenden Deck zu werden, was natürlich sicherlich auch daran lag, daß relativ wenige Leute (und vor allem keine pro-orientierten Spieler) sich damit auseinandersetzten. Bereits recht früh zeigte sich, daß es dem Format nicht gut tut, wenn es sich strikt am 1.5-Format orientiert. Problematische Karten waren immer solche, die demjenigen Spieler, der sie früh zog, den Sieg fast schon garantierten. Dazu gehörten in der Anfangszeit der Gletscher (Thawing Glaciers), die Cursed Scroll, der Dwarven Miner (!), aber allen Karten voran Survival of the Fittest, welches es beim hier besprochenene Format „Highlander 1.5+“ bis heute nicht wieder zurück in die Legalität geschafft hat. Was passiert, wenn man Survival zuläßt, hat eindrucksvoll ein vor ca. 2 ¼ Jahren stattgefundenes Turnier bewiesen, bei dem wir uns nicht auf eine von Typ 1.5 abweichende Banned-Liste einigen konnten. Es spielten 13 Leute mit, darunter 3 Survival-Decks (ja, man kann auch ein 100-Karten-Deck auf EINER Karte basieren lassen!), einige Beatdown-Decks (r/g oder b/r), besagtes b/u/r-Control-Deck und einige sicherlich eher funorientierte Decks, die nicht so ultimativ getuned waren. Ende des Liedes: Auf Platz 1-3 unangefochten die Survival-Decks! Eine ungesunde Mechanik für das Format erschien dann mit Buyback, so daß beim 1.5+-Format diese Karten zwar zulässig sind, der Buyback aber nicht genutzt werden darf. Mittlerweile hat sich das Format zu einem ernstzunehmenden Turnierformat entwickelt, mit verschiedenen Deck-Archetypen, gegen die das eigene Deck bestehen können muß, um auf einem Turnier erfolgreich zu sein. Alle bisher erfolgreichen Decks sind grob einer der 3 folgenden Kategorien zuzuordnen:

  • Kontrolle
  • Recursion
  • Beatdown
Was das Format so interessant macht – auch für Pro-Player

Es mag einem Formatneuling beim Highlander zunächst so vorkommen, als sei es nicht möglich, bei einem einhundert-Karten-Deck ein stringentes Konzept zu verfolgen, insbesondere, da man sich nicht darauf verlassen kann, bestimmte Key-Cards im ganzen Spiel überhaupt zu ziehen. Andererseits hat man dazu natürlich auch mehr Zeit, als in Typ 2 oder gar 1.x, denn naturgemäß ist das Format nicht ganz so schnell, was natürlich auch ein Hauptgrund für die Deckvielfalt und den anhaltenden Spaß beim Highlandern ist. Ein gut getuntes Beatdown-Deck gewinnt gegen Goldfisch vielleicht im Durchschnitt in Turn 5, mit wohlgesonnenem Topdeckgott auch mal in Turn 4 (wer also hier mit einem Goldfisch-Deck aufläuft, wird immer noch recht fix zu Fischstäbchen verarbeitet). Ein straightes Konzept wird beim Highlander natürlich primär dadurch möglich, dass es mittlerweile sehr viele verschiedene Karten mit vergleichbaren Fähigkeiten gibt, so daß man auf diese Weise die „nur ein Mal pro Deck“-Begrenzung faktisch unterlaufen kann. Durch die große Vielfalt an gespielten Karten, die dadurch auftretenden, abgefahrenen Boardsituationen und das überaus große Maß an Spielerinteraktion gehört das Highlander-Format sicher zu den skill-intensivsten Formaten überhaupt (was vermutlich auch mein schlechtes Abschneiden bei den letzten beiden Turnieren erklärt;-) ).

Wir spielen bei uns immer einen modifizierten Mulligan, der es den Spielern erlaubt, bei 0, 1 oder 7 Ländern auf der allerersten Starthand diese zu revealen und nochmal 7 Karten zu ziehen. Davon unberührt bleiben eventuell folgende Reisen nach Paris. Das reduziert natürlich die Anzahl der durch Mana-Screw verlorenen Matches, aber erlaubt natürlich auch den Beatdown-Decks, einen geringeren Landcount zu spielen. Bei dem Wust an starken Control-Karten, die in diesem Feld existieren und gespielt werden, ist dies auch nötig, denn nur ein sehr straight-forward konstruiertes Beatdown-Deck vermag die Ultra-Control-Decks konsistent zu schlagen. Und zu solcher Straightness gehört auch ein relativ niedriger Mana-Anteil. Ein Control-Deck spielt so ca. 38-42 Länder, in meinem r/g-Beatdown findet man nur 32 Länder (bei 100 Karten).

Mein Herzblut...

Über die Jahre habe ich ein 5-color-control.dec entwickelt, in dem mein ganzes Herzblut steckt; ich habe dabei stets den Anspruch verfolgt, DAS Highlander-Deck zu bauen, welches jedes andere Deck schlagen kann, also gleichermaßen gut gegen Beatdown und Control abschneidet und außerdem auch die meist auf Karten wie Genesis und Oversold Cemetery basierenden Recursion-Decks schlagen zu können. Eine lange Zeit performte das Deck so gut, daß ich heute oftmals Spiele verliere, da ich mich nicht für eine gute Option entscheide, die mir direkt zur Verfügung steht, nur weil es eine noch bessere Option gibt, die mir aber nur unter einer gewissen Bedingung überhaupt zur Verfügung stehen wird. Und dann mußte ich in letzter Zeit häufiger mal die Erfahrung machen, das mein Deck eben auch nur ein Deck und kein Wunschkonzert ist

Ein Beispiel: Ich spiele gerade die 6. Runde in einem „Jeder-gegen-Jeden“-Turnier (Best of One). Mein Gegner spielt ein r/g Beatdown, ich mein 5c-control. Ich habe einen guten Start, mit mächtigen Beats dank Serendib Efreet und Lightning Angel auf der Starthand. Mein Gegner spielt Turn 1 Basking Rootwalla, Turn 2 Quirion Dryad. Mir fehlt allerdings jegliches Removal. Arrogant wie ich mein Deck oftmals spiele, denke ich, daß ich die besseren Beats habe und gehe mit ihm in das Damage Race. In meinem 4. Turn liegt mir ein Rootwalla, die Dryade mit Führung des Elefanten und 4 Länder gegenüber. Ich muß mich entscheiden, den Academy Rector zu spielen, um aus der kontrollierten Defensive das Spiel zu gewinnen (was eigentlich der Playstyle meines Decks ist), oder den Lightning Angel zu legen und mich auf das Damage-Race einzulassen. Ich entschied mich für letzteres, drehte meinen Efreet nach rechts und verschob den Rector auf nächste Runde. Die gute Option wär dann eher Rector, block Dryade und dann Rector sucht Treachery auf Dryade gewesen. In seinem nächsten Turn rüstet der Guido dann noch die Dryade mit Empyrial Plate und Rancor (!!) aus, so daß ich bereits gezwungen bin, mit dem Lightning Angel zu chumpen. Auf diese Monsterdryade finde ich dann auch in meinem folgenden, letzten Turn keine Antwort mehr und auch der kleine Rector vermag mir gegen dieses grüne Trampel-Monster nicht mehr zu helfen, obwohl Guido es geschafft hat, daß die Dryade seit Turn 2 lag und nicht einen einzigen Counter bekommen hatte! Aber warum auch den sicheren Gewinnweg wählen, wenn man meint, noch schöner gewinnen zu können, indem man den Gegner einfach ignoriert?!?

Amüsante Board-Momente

Mir sind beim Highlander-Spielen schon so unendlich viele kuriose und amüsante Spielsituation begegnet, wie sie kein anderes Format in solch schöner Regelmäßigkeit zu produzieren vermag. So erst gestern geschehen: Mein Curiosity auf seinem Serendib Efreet. Mein Armadillo Cloak + Spirit Link auf seinem Juggernaut - mein Life war schon dreistellig, als mein Gegner endlich removal für seinen eigenen Mann fand!
Herrlich auch immer wieder die konfusen Regelfragen, die selbst gestandenen Level 3 Judges bisweilen Schweißperlen auf die Stirn treiben; unvergessen auch die Spielsituation vor einigen Jahren, als wir noch Typ 1 Karten in unseren Highlanderdecks spielten (die älteren Semester werden sich noch gut erinnern, was einem drohte, wenn man gefragt wurde, wieviel Karten man auf der Hand hatte...): Ich spielte mit einigen Kollegen ein Teamspiel 2 gegen 2 (Fachkundige nennen das Two-Headed Giant). Einer meiner beiden Gegner fragt mich die bewußte Frage nach meiner Handkartenzahl, die ich mit 6 beantworte. Daraufhin tappt er all sein Mana, castet Mindtwist 7 auf mich (um sicherzugehen ), worauf ich mir einen Moment Bedenkzeit erbitte, um genüßlich mein Mana für eine Ablenkung (Deflection) zu tappen („Einfallswinkel = Ausfallswinkel“ - der geilste Flavortext aller Zeiten!!), und den Mindtwist auf den Caster zurückzuwerfen. Das nimmt mein Mitspieler zum Anlaß, zwei rote Mana zu tappen und – ihr habt es sicher schon erraten! - eben diesen Mindtwist auf Gegner Nummer zwei zu FORKEN!!!!! Wir sind sicher eine viertel Stunde nicht aus dem Lachen herausgekommen und waren kurz davor, aus dem Lokal herauszufliegen...

Unterschlagen werden soll auch nicht eine Spielsituation, wie sie ca. 1996 auftrat, noch bevor Olle Rade mit Topdeck-Skills und seinem berüchtigten Spinnendeck (die gute Trapdoor-Spider!) Weltmeister wurde. Wir hatten schon die ganze Nacht gezockt und ein Freund von mir hatte zu der Zeit recht viele Spoiler in seinem Deck (er hatte immer nur eins, mit dem er uns totnervte) wie zum Beispiel Doppelländer, Icy Manipulator und Mana Drain. Wir spielen auch wieder Two-Headed, ich mit ihm zusammen gegen Andreas Wilkesmann und einen weiteren Magicmann. Ihr werdet das sicher kennen, daß man nach 15 Stunden Magic am Stück, - es ist längst wieder hell draußen - wenn man bereits drei Mal den „Toten Punkt“ zu überwinden hatte, irgendwann in diesen dem Bekifftsein nicht unähnlichen Zustand gerät, über alles und jeden lachen zu müssen... In genau so einer Phase legt Andreas inmitten all der Spoilercards, die so über den Tisch flogen, eine... W-O-O-L-L-Y SP-I-D-E-R! Ich und mein Mitspieler schauen uns ungläubig an ob der vermeintlich grottenüblen Spinne mit diesem oberpeinlichen Namen, zeigen beide gleichzeitig verächtlich auf die Spinne, prusten los „Waaaas ist daaaaas denn??Wuuuhaaaahahhaa! Muhaaaaaa!!!“ und kommen sicher fünf Minuten nicht aus dem Lachkrampf heraus, was der Andreas wirklich garnicht lustig fand (er war tatsächlich ziemlich „pissed off“). Zu Andreas Verteidigung sei natürlich gesagt, daß die Spinne derzeit wirklich eine ganz gute Kreatur war, und wir natürlich vollkommen im Unrecht waren. Aber wir hatten in der Situation wesentlich mehr Spaß...

Epilog

Während ich gerade diesen Artikel schreibe, hat der Flix schon einen zum gleichen Thema geschrieben. Leider propagiert der Flix natürlich ein sehr schwaches Highlander-Format (warum bitte nicht Typ 1.5??) und 60 Karten lassen die Decks dann doch wieder recht konsistent in nahezu jeder Partie das gleiche machen, womit man sich leider des größten Abwechslungsfaktors zu anderen Formaten beraubt. Aber tendenziell liegt der Flix natürlich ganz richtig und ist hiermit herzlich eingeladen, seine Highlander-Kräfte als Pro-Player auf einem unserer nächsten „letzter- Dienstag-im-Monat“-Turniere im Bochumer Grunewald unter Beweis zu stellen - dann allerding im einzig ECHTEN Highlander-Format 1.5+! Eine Deckliste will ich hier mal keinem vorgeben, denn einer der schönsten Teile des Formates ist sicherlich das Bauen, Umbauen und Tunen eines eigenen Decks. Bereits nach wenigen Testspielen gegen ein gut getunetes HL-Deck muß man dann einsehen, daß man mit beim after-draft-rarepicken leichtfertig geäußerten Sätzen wie „Den kann man immer noch im Highlander spielen“ sehr vorsichtig sein sollte, denn fast mehr noch als in jedem anderen Format gilt auch hier: Nur die Hatten komm' in Gatten! Sprich: Nur die besten sind gerade gut genug!

Schön sicherlich auch am Highlandern: Man hat endlich wieder Verwendung für viele Karten, die schon seit geraumer Zeit im Tauschordner vor sich hin schimmeln und Karten, die man nicht besitzt, muß man sich nur ein einziges Mal besorgen! Wer das Format ein Mal ausprobiert, kommt sicher nicht mehr davon los. Also: Tauschordner raus, Karten gegrabbt und losgebaut!

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