Diese Adventszeit ist ja eine Zeit voller Vorfreude und Überraschungen … Ganz anders sieht es in Sachen
Magic aus: Hier sind im späten Dezember alle relevanten Turniere gespielt, die Constructed-Formate sind erschlossen und gedraftet wird bestenfalls im Cube.
Für mich also
die Gelegenheit, da ein bisschen entgegenzusteuern. Deshalb gibt es heute meinen ganz persönlichen Adventskalender für die verbliebene Zeit bis Weihnachten. Hinter jeder Tür wartet dabei eine Karte aus dem aktuellen Standardformat, der ich im Laufe der kommenden Monate deutlich mehr zutraue, als sie bisher gezeigt hat. Natürlich mit Begründung. Und ohne Garantie. Viel Freude beim Aufklicken der Türchen!
Türchen Nummer 17
Okay. Bei der Karte von einem Geheimtipp zu sprechen, dehnt die Bedeutung des Wortes schon fast ins Lächerliche. Schließlich hat sie so ziemlich jeder meiner Autorenkollegen auf seinem öffentlichen Wunschzettel gehabt. Zudem steigen nicht nur die Verkaufszahlen der Karte, sondern auch ihre Präsenz in relevanten Decks.
Trotz dessen beziehungsweise gerade deshalb will ich noch einmal auf sie hinweisen. Zunächst ist sie einfach eine überaus solide Einzelkarte. Drei Karten für drei Mana klingen für den Moment nicht so viel besser als zwei für zwei (die Lebenspunkte ignorieren wir für den Moment), allerdings waren auch Karten wie
Sign in Blood oder
Night's Whisper alles andere als unbrauchbar. Die Dreifarbigkeit stört bekanntermaßen auch kaum, da wir uns unterhalb derer derzeit sowieso kaum auf ein Standardturnier trauen. Bleiben lediglich die feindlich-feurigen roten Karten, die
Painful Truths gegenwärtig noch verstärkt auf die Ersatzbank bringen. Allerdings werden sie auch immer häufiger im Maindeck angetroffen – und dieser Trend wird sich sogar noch verstärken. Spätestens, wenn
Treasure Cruise und
Dig Through Time aus dem Format rotieren (was gar nicht mehr so lange dauert), wird man sich an
Painful Truths erinnern. Doch auch davor profitieren insbesondere alle, die gern Karten ziehen wollen, aber aus verschiedenen Gründen nicht bereit sind, ihre Friedhofskarten für Delve zu verwenden, weil sie zum Beispiel …
Selbst mit den Delvespells gibt es noch Argumente für
Painful Truths. Nehmen wir
Treasure Cruise. Die beste Kombination zweier Card-Draw-Spells dürfte nämlich im Normalfall Truths plus Cruise sein und nicht zweimal Cruise.
Türchen Nummer 18
Ach,
Woodland Bellower. Der hat ja nun wirklich fast alles, was ein Klops braucht, um im Constructed relevant zu sein: Solide Stats und vor allem einen Trigger beim Ins-Spiel-Kommen, sodass auch noch was übrigbleibt, wenn er sofort wieder umgeschossen wird.
In dem Fall ist es eine grüne Kreatur. Nicht legendär steht da noch und ich behaupte, ohne diese Einschränkung hätten wir das Biest schon viel öfter gesehen. Gleiches gilt logischerweise für
Nissa, Vastwood Seer. So gibt es gleich drei Dinge, die den Bellower zurückhalten:
1. | kaum relevante grüne Kreaturen
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2. | sehr solide Alternativen bei den Klopsen
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3. | fehlende Decks
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Zu Punkt 1 fallen mir gleich mehrere Optionen ein:
Catacomb Sifter und insbesondere
Shaman of the Pack, aber auch
Deathmist Raptor oder
Undergrowth Champion haben einen gewissen Reiz. Gerade der Schamane könnte dabei natürlich auch von der Tutor-Funktion der Bestie profitieren. Zumal Elfen ja auch nicht ganz schlecht im Mana produzieren sein sollen.
Das wäre auch schon eine Anregung für Punkt 3. Aktuell sind die grünen Decks des Formats so aufgebaut, dass sie entweder recht schnell Druck entwickeln, dessen Höhepunkt dann bei circa vier Mana erreicht ist. Nach den
Siege Rhinos sichern dann flexiblere Karten wie
Den Protector das Lategame. Oder aber sie gehen noch zwei, drei Manastufen weiter und rampen dann in die völlig bescheuerten Karten wie Ugin oder Ulamog.
Türchen Nummer 19
Surrak ist der erste Vertreter von Karten, die momentan durch bessere Alternativen mehr oder weniger völlig unspielbar bleiben. Im Falle von Surrak ist das hauptsächlich das gute, alte
Siege Rhino, das für vier Mana einfach deutlich beeindruckender ist. An dieser Stelle kann ich aber erneut auf die in wenigen Monaten anstehende Rotation verweisen, der unter anderem auch Dr. Rhino zum Opfer fallen wird. Tragisch.
Für Surrak könnte dies hingegen zum Glücksfall werden. Überhaupt dürfte sich das Aussehen aggressiver Decks verändern, so ganz ohne
Temur Battle Rage und
Become Immense. Auf einmal ist 5/4 nämlich wieder dick.
Ein weiterer Vorteil von Surrak ist zudem seine Flexibilität. So ist unser Caller sowohl als Lategame für offensive Decks beachtlich als auch in Konstrukten mit Manatieren zu gebrauchen, da die Kurve Manatier – Surrak – Klops nun wirklich mal Druck aufbaut.
Türchen Nummer 20
Ich zitiere mal den guten LSV, der dem Sire fürs Constructed bloß zwei Punkte gab: „
Sire of Stagnation does not seem like the most fun card to play against, but I sure would like to have one in play. The
Consecrated Sphinx comparison is a natural one, except the opponent can just kill this with sorcery-speed removal without giving you a card. They can even choose not to play lands, putting the trigger wholly under their control. That, unfortunately, makes this very far from
Consecrated Sphinx indeed.“
Nach den letzten Wochen zu urteilen: Recht hat er! Nächste Karte.
Moment. Während auch ich nicht wirklich glaube, dass
Sire of Stagnation jemals über
Dragonlord Silumgar gewählt werden wird, möchte ich einmal kurz ein paar Argumente aufwerfen, die ihn eventuell doch zumindest an den Rand der Spielbarkeit rücken:
| Er ist größer als so ziemlich alle Alternativen unter sieben Mana.
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P |
| Man kann in ihn auch hineinrampen. Offensichtlich wird er immer besser, je eher er das Spielfeld betritt. Stellt euch den mal in Zug 4 on the play gelegt vor!
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P |
| Der Gegner sollte besser ein Removal bereithalten. Okay, aktuell ist das kein großes Problem. Valorous Stance, Abzan Charm, Murderous Cut … Fällt euch etwas auf? All unser liebgewonnenes Removal für wenig Mana verlässt demnächst das Format. Vermutlich wird bis dahin Ersatz gedruckt werden, falls jedoch nicht … Umbrennen wird man den Knaben jedenfalls kaum.
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Türchen Nummer 21
Nachdem ich gerade ausgeführt habe, welche relevanten Removalsprüche das Format demnächst verlassen, gibt es hier einen, der bleibt.
Zugegeben, ohne
Khans of Tarkir wird es vermutlich weniger bunt zugehen im Standardformat, allerdings sind wir selbst dann noch weit von einer Einfarbigkeit entfernt. Anscheinend wird es ja – Spoileralarm! – in
Oath of the Gatewatch ebenfalls einen Cycle legendärer Kreaturen für alle Farbkombinationen geben und auch sonst bleiben uns ja die Drachenlords und ihre Anhänger erhalten. Nun weiß ich nicht, was die Zukunft noch so bereithalten wird, kann mir aber durchaus eine Umgebung vorstellen, wo das Ding hier eine gewisse Relevanz erfährt. Dabei ist
Radiant Purge nie eine außergewöhnliche Karte, aber das würde von
Valorous Stance vermutlich auch niemand behaupten – und trotzdem gehört sie zu den wichtigeren Karten des Formats.
Türchen Nummer 22
Die Karte taucht aktuell vereinzelt in irgendwelchen roten Sideboards auf. Erstaunlich oft macht sie von dort aus dann auch richtig Betrieb.
Und das wird nicht weniger werden. Hauptargument ist in meinen Augen die Fähigkeit Haste. Ich möchte nämlich ein wenig einen Weggang von den extremen Midrange-Schlachten der vergangenen Monate ankündigen, was so ziemlich die schlechteste Umgebung für Haste überhaupt ist. Besser ist es, wenn Kontrolle oder Rampe dominieren, beides Entwicklungen, die ich mir gut vorstellen könnte.
Die Berserker forcieren das Ganze noch ein wenig, da ihr ganzes Wesen danach schreit, möglichst erst einmal ungeblockt Schaden zu machen. Sie sind somit eine Art extreme Haste-Kreatur und entsprechend massiv davon abhängig, wie sich das Metagame entwickelt. Deshalb die Verbannung auf die Ersatzbank, wobei die Karte mir dort fast zu unspektakulär ist. Letztendlich ist sie ja selbst in ihren guten Matchups nichts anderes als eine sehr gute Kreatur. Was dann vermutlich auch die Seltenheit der Sideboardeinsätze erklärt. Ein letztes Argument für eine Steigerung der Bedeutung in der mittleren Zukunft: Einige direkte Konkurrenten verschwinden aus dem Format, zum Beispiel
Hordeling Outburst und
Flamewake Phoenix.
Türchen Nummer 23
Was für eine Varianz!
Diese Karte kann locker ein Spiel im Alleingang gewinnen – oder auch gar nichts machen. Die Upside ist allerdings wirklich nicht zu verachten, sodass ich mich doch ein wenig wundere, dass sie noch fast niemand ernsthaft ausprobiert hat, wenigstens auf der Ersatzbank. Am vergangenen Wochenende war es endlich soweit:
Joe Lossett's Five-Color Bring to Light
| 4 Abzan Charm 2 Complete Disregard 1 Crackling Doom 1 Dispel 1 Kolaghan's Command 1 Negate 1 Silumgar's Command 2 Utter End 3 Bring to Light 1 Languish 1 Radiant Flames 3 Treasure Cruise
2 Forest 1 Island 1 Plains 2 Swamp 3 Bloodstained Mire 1 Canopy Vista 1 Cinder Glade 2 Flooded Strand 1 Lumbering Falls 4 Polluted Delta 1 Prairie Stream 1 Smoldering Marsh 1 Sunken Hollow 2 Windswept Heath 3 Wooded Foothills
| | 4 Siege Rhino 4 Jace, Vryn's Prodigy (Jace, Telepath Unbound) 2 Nissa, Vastwood Seer (Nissa, Sage Animist)
Sideboard:
1 Dispel 2 Hallowed Moonlight 1 Negate 4 Surge of Righteousness 1 Anafenza, the Foremost 1 Infinite Obliteration 2 Painful Truths 2 Radiant Flames 1 Talent of the Telepath
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Habt ihr es gesehen? Die letzte Karte? Im Sideboard?
Machen wir ein wenig Mathematik. Ein typisches Esper-Deck spielt ungefähr 24 Spontanzauber/Hexereien. 40
%. Das heißt, unter den sieben aufgedeckten Karten sind durchschnittlich 2,8 Ziele für das Talent. Oft sogar noch ein paar Nachkommastellen mehr, da ja bekanntlich eifrig gefetcht wird. Also vergleichbare Dimensionen wie
Collected Company. Auch ansonsten lassen sich beide Karten ganz gut vergleichen: Wenn alles optimal funktioniert, macht man für vier Mana nicht nur quantitativen Kartenvorteil, sondern auch noch extremes Tempo, da man ja kein Mana mehr für das Wirken zahlen muss. Im Falle des Telepathentalents potenziell sogar noch mehr als bei der Company, da man keinerlei Manaangaben oben rechts beachten muss. In den Fällen, wo das Ding nichts findet, macht man das, was man bei einer fehlgeschlagenen
Collected Company auch macht: Jammern.
Wie gesagt, die recht speziellen Anwendungsgebiete verdonnern
Talent of the Telepath vermutlich für alle Zeiten ins Sideboard. Dort aber sollte es zukünftig doch häufiger auftauchen. Falls nicht
Painful Truths und andere Converge-Karten endgültig das Format übernehmen. Die sind nämlich nicht wirklich gut, wenn man sie ohne Mana wirkt …
Türchen Nummer 24
Das ist eigentlich die optimale Kreatur für Kontrollecks. Schwer zu töten, beherrscht auch ein überlegenes Board und gewinnt bei Bedarf recht zügig. Dass sie dennoch nicht gespielt wird, liegt an zwei relevanten Faktoren:
Okay, das ist ein wenig polemisch formuliert, im Kern aber richtig.
Dragonlord Ojutai mitsamt seines Kollegen Silumgar und insbesondere
Silumgar's Scorn sind in Kombination zumindest nicht schlechter. Auf Ojutai selbst treffen die meisten der oben genannten Argumente ebenfalls zu – und anders als das Ringmädchen muss er sich dafür noch nicht einmal anstrengen.
Dig Through Time wiederum ist die Karte, welche den Friedhof voller Spontanzauber und Hexereien weiter verwurstet. Zusammen mit der zweiten Fähigkeit des transformierten Jace bleiben einfach nicht genug Ressourcen für
Disciple of the Ring übrig.
Während an der Drachendominanz im Esper-Spektrum wohl nicht zu rütteln sein wird, verabschieden wir uns aber demnächst von
Dig Through Time und der gesamten Delve-Mechanik. Ohne diese könnte der Friedhof als Ressource wieder völlig offenstehen und
Disciple of the Ring zu einem verhassten Finisher werden, besonders in blauen Decks ohne Weiß und entsprechend ohne olle Ojutai.
Ich hoffe, ich konnte euch noch die eine oder andere Karte für den weihnachtlichen Wunschzettel näherbringen. Falls nicht, müssen es halt die neuen Karten richten, die wir ab Ende Januar eintüten können. Bis dahin werde ich das Standardformat in Ruhe lassen. Was euch stattdessen erwartet? Lasst euch überraschen!
In diesem Sinne, einen schönen vierten Advent!
Der MiDi
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