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Was am Ende zählt
von Michael Diezel
12.11.2015

Am Ende war alles wie immer. Die Pro Tour, nahezu sämtliche Grands Prix und sogar in der MOCS – jede Menge unterschiedlicher Decks, aber am Ende gewinnt immer Abzan. Jeskai das beste Deck? Vier Ugins, vier Ulamogs in einem Deck? LSV spielt Nantuko Husk? Alles egal – am Ende steht immer Abzan. Deswegen wollen wir heute unseren Widerstand ein für allemal aufgeben und uns der schwarz-weiß-grünen Seite der Macht anvertrauen. Denn stark diese zu sein scheint.


Abzan bedeutete in den vergangenen Wochen eigentlich immer eine Version, die vor ein paar Monaten noch als Abzan-Aggro unterwegs gewesen wäre. Neben den unvermeidlichen Rhinos, werden Warden of the First Tree, Hangarback Walker, Anafenza und Wingmate Roc ausgepackt, garniert mit Gideon und sieben verschiedenen Spontanzaubern, gedruckt auf zwei Karten – Dromoka's Command und Abzan Charm.

Mein heutiger Ansatz hingegen sieht völlig anders aus. Warden, Anafenza, Wingmate Roc und bis zu einem bestimmten Punkt auch Hangarback Walker haben nämlich eine große Schwachstelle, die jedoch kaum ausgenutzt wird: Languish.


Languish ist offensichtlich nicht so gut gegen Siege Rhino oder Tasigur, aber man kann ja nicht alles haben. Ja, wir können das sogar nutzen, indem wir die genannten Karten selbst an den Start bringen. Ist ja nicht so, dass das jetzt schlechte Karten wären. Ansonsten ist Languish natürlich auch gegen andere Decks wirklich gut: Jeskai, sämtliche Formen von GW oder rote Aggrodecks spielen nicht gern dagegen und selbst Kontrolle verliert ungern Dragonlord Ojutai an eine Einzelkarte.

Offensichtlich ist Languish eher mäßig gegen kreaturenlose Kontrolle oder Rampe, aber hier muss dann entweder der Rest des Decks oder das Sideboard ran. So weit die Grundidee. Diese ist jetzt nicht so ausgefallen, dass vor mir noch niemand darauf gekommen wäre, insbesondere nicht, nachdem wir ein gefühltes Jahrhundert Abzanscher Übermacht hinter uns haben. Aber recht schnell wurde erkannt, dass Abzan ohne Courser, Elspeth und Konsorten einfach nicht mehr in der Lage war, das Spiel ausreichend zu stabilisieren beziehungsweise am Ende auch souverän zu gewinnen. Deshalb spielt man einfach mehr Kreaturen und ist so nicht mehr gezwungen, ewig durchzuhalten. Zumal wir hier von einer qualitativ absolut hochwertigen Kreaturenbasis sprechen.

Aus genau diesem Grund dürfte es auch uns schwerfallen, komplett beziehungsweise auch nur massiv auf Kreaturen zu verzichten. Allerdings können wir bewusst darauf achten, dass sie gut mit Languish zusammenarbeiten und sie entsprechend auswählen. Während das im späteren Verlauf der Manakurve kein großes Problem mehr darstellt, müssen wir bei den billigeren Karten Kreativität beweisen:


Okay, um auf den zu kommen, benötigt es kein Genie. Theoretisch sogar in der Lage, Languish zu überleben, wenn er sich nur lange genug aufladen kann, behält man selbst im alternativen Fall jede Menge Thopter übrig. Man sollte lediglich aufpassen, dass man den Walker nicht in Reaktion auf das Languish kaputtschießt.


Der Dinosaurier fällt zwar auch einfach an Languish um, bleibt danach aber oft genug nicht tot. Ein weiterer Vorteil der Karte ist, dass sie eine eingebaute Synergie mit Massremoval aufweist. Eine der besseren Ansätze, um den Raptor zu besiegen, liegt nämlich in dem Bestreben, ihn einfach mit Masse zu überrennen – etwas, worüber Languish sich ziemlich freut.


Wer Deathmist Raptor sagt, muss dann natürlich auch Den Protector rauslassen. Dank seiner Megamorphfähigkeit ist der aufgedruckte Body eher Zugabe, sodass man nicht sonderlich traurig ist, wenn er beim großen Aufräumen mit umfällt. Der nächste Den Protector ist zudem bestimmt bald am Start und startet eine Kette.


Mit Nissa ist es ganz ähnlich. Kommt ins Spiel, sucht einen Wald, und wenn sie dann umfällt – egal ob an Removal, im Kampf oder halt als Opfer vom eigenen Languish –, ist es nur eine überschaubare Tragödie. Manchmal klappt es sogar, das Mädel vorher in eine Planeswalkerin zu transformieren, und dann ist sowieso alles perfekt.

Okay, bis hierhin hielten sich die Überraschungen eher in Grenzen. Auf der anderen Seite muss man eben auch sehen, dass all diese Kreaturen einfach völlig lächerlich gut sind. Für vier Mana spielen natürlich auch wir zunächst einmal Siege Rhino – Überraschung! –, bevor wir ernsthaft an Alternativen zu denken brauchen. Dabei gibt es zumindest eine, die ich erwähnen möchte:


Es ist nicht sonderlich schwer, sich vorzustellen, dass noch eine vierte Farbe unser Abzan-Deck bereichern wird. Ihr wisst ja, wir spielen Flooded Strand sowieso und da können Sunken Hollow und Prairie Stream ja nicht weit sein. Oder aber wir machen das vergleichbar mit Rot. So oder so sollte die vierte Farbe für Woodland Wanderer drin sein, der dann zu einer geschmeidigen 6/6 mutiert. Trampelnd und wachsam, versteht sich. Das sind dann tatsächlich Werte, wo selbst das Rhino erst einmal staunt. Zugegeben, das reicht immer noch nicht – und zwar noch lange nicht –, um Slots vom Rhino zu fordern, dazu ist der Trigger des Nashorns einfach zu Banane, aber als Ergänzung könnte man über ein oder zwei Exemplare sicher nachdenken.




Das spätere Spiel gehört bekanntlich den Dragonlords (zumindest bis Ulamog auftaucht) und da haben wir auch eine stattliche Auswahl. Dromoka kann ich persönlich überhaupt nicht leiden. Alle Nachteile, die mir nämlich zu Woodland Wanderer einfallen und die größtenteils mit R anfangen und mit -emoval aufhören, gelten gleichsam für Dromoka. Größtenteils, weil Kontermagie, insbesondere Ojutai's Command davon ausgeschlossen ist und natürlich auch Ultimate Price. Dafür kostet der Drache allerdings sechs Mana und nicht vier. Klar hat er noch andere Fähigkeiten, aber glaubt mir, so einen 6/6-Vigilance-Trampler ract man auch ohne Lifelink nicht sonderlich gut.

Die beiden anderen finde ich deutlich spannender. Silumgar steht gerade in der Blüte seines Schaffens. Supergut gegen Gideon, weil man den im Normalfall einfach klauen kann, um dann sein Ultimate zu aktivieren. Übrig bleibt danach ein Knight-Ally beim Gegner sowie ein Drachenfürst und eine unzerstörbare Glorious Anthem auf unserer Seite. Kein ganz schlechtes Szenario. Aber Ugin, Ulamog oder wie auch immer die ganzen Karten mit den Phanatsiemanakosten so heißen, klaut man ebenfalls gern. Im Gegenzug gibt es natürlich jede Menge Situationen, in denen Dragonlord Silumgar einen glorifizierten Maze Glider abgibt. Atarka wiederum mag ich persönlich am liebsten, allerdings gilt für sie so ein wenig das Gegenteil wie für Silumgar. Während dieser im Zenit steht, scheint Atarkas Strahlkraft sich mehr oder weniger vollständig in ihrem Command zu bündeln. Dafür gibt es jede Menge Gründe: Sieben Mana zu kosten, ist einer, Ojutai's Command sicher ein anderer.

Am Ende benötigen wir natürlich noch Tasigur, dessen Fünfer-Hintern super passt; und dass Delve eine nette Mechanik in einem Format darstellt, in dem die Decks im Schnitt zwölf Fetchlands spielen, sollte sich auch herumgesprochen haben.


Bei den Sprüchen gibt es zunächst eine wichtige Wahl, die man treffen muss und zwar die, ob man Gather the Pack spielt. Auf Gather the Pack kommt man auf den ersten Blick nicht so schnell, aber wenn man länger darüber nachdenkt, erscheint die Karte durchaus interessant:

Füllt den Friedhof für Delve (Tasigur und Murderous Cut).
Füllt den Friedhof mit Deathmist Raptor.
Besorgt Zeug, was man mit Den Protector und gegebenenfalls Kolaghan's Command wiederholen kann.
Macht im späteren Spiel recht zuverlässig quantitativen Kartenvorteil.
Kostet lediglich zwei Mana.

Entscheidet man sich für Gather the Pack, benötigt man offensichtlich ein paar Kreaturen mehr als ich ansonsten spielen würde. Weiterhin gewinnen bestimmte Karten spürbar an Reiz, hauptsächlich jene, die in der Liste gerade namentlich erwähnt wurden. All das kostet allerdings Platz im Deck – der dann anderen Karten fehlt. Wenn wir als Beispiel von ziemlich gierig kalkulierten 20 Kreaturen und wohl benötigten 26 Ländern ausgehen, bleiben mit dem Playset Gather the Pack lediglich zehn Slots für andere Sprüche. Dabei gibt es dort so leckere: Murderous Cut und Kolaghan's Command habe ich schon angesprochen; Abzan Charm und Dromoka's Command sind in ihrer Flexibilität unerreicht und deshalb eigentlich immer in nahezu unendlicher Stückzahl dabei. Hinzu kommen Duress, Read the Bones/Painful Truths, Ultimate Price, Valorous Stance oder gar Ob Nixilis Reignited. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, mehr als 20 Kreaturen zu spielen.

Die Möglichkeiten sind also nahezu unbegrenzt, lassen sich sogar noch erweitern (zum Beispiel mit einem ausgeweiteten Blau-Splash für, sagen wir, Treasure Cruise oder diesen ominösen Jace, von dem man immer so viel liest) und bestehen quasi ausschließlich aus supereffektivem Material. Aber auch das ist wohl eine Charakteristik dieses Formats.


4 Den Protector
3 Deathmist Raptor
3 Tasigur, the Golden Fang
4 Siege Rhino
1 Nissa, Vastwood Seer
(Nissa, Sage Animist)
4 Hangarback Walker
2 Dragonlord Atarka

2 Murderous Cut
4 Abzan Charm
2 Languish
3 Gather the Pack
2 Kolaghan's Command


2 Canopy Vista
3 Forest
1 Plains
3 Windswept Heath
1 Swamp
1 Mountain
4 Wooded Foothills
4 Bloodstained Mire
4 Sandsteppe Citadel
2 Smoldering Marsh
1 Cinder Glade

Sideboard:

1 Murderous Cut
1 Languish
2 Dromoka's Command
3 Arashin Cleric
3 Duress
1 Ugin, the Spirit Dragon
2 Surge of Righteousness
2 Radiant Flames


So ungefähr könnte eine Liste mit Gather the Pack aussehen. Wie gesagt, ich denke, wenn man diesen Ansatz wählt, kommt man um die vierte Farbe nicht herum. Ich habe Rot gewählt, ganz simpel, weil ich Dragonlord Atarka für deutlich zu wenig gespielt halte und außerdem Kolaghan's Command sehr schätze. Wenn man Blau auspackt, kommen Treasure Cruise, Dragonlord Silumgar und vielleicht sogar Torrent Elemental in die engere Auswahl und man erhält natürlich weitere Sideboardoptionen, etwa Dispel, Negate oder Disdainful Stroke.

Nicht sicher bin ich mir bei der Manabasis. Diese ist eher traditionell gehalten (Sandsteppe Citadel>Flooded Strand) und funktioniert eigentlich auch ganz anständig. Vielleicht sogar gut genug, dass man sich einen Haven of the Spirit Dragon leisten könnte.

Als Gegenentwurf hier einmal eine eher defensive Variante ohne Rot:


4 Den Protector
2 Tasigur, the Golden Fang
4 Siege Rhino
2 Nissa, Vastwood Seer
(Nissa, Sage Animist)
4 Hangarback Walker

4 Abzan Charm
3 Languish
3 Duress
2 Painful Truths
1 Ugin, the Spirit Dragon
1 Utter End
2 Ob Nixilis Reignited
2 Ruinous Path


2 Canopy Vista
3 Forest
1 Plains
4 Windswept Heath
4 Shambling Vent
3 Llanowar Wastes
1 Smoldering Marsh
4 Sandsteppe Citadel
4 Wooded Foothills

Sideboard:

3 Arashin Cleric
1 Duress
1 Painful Truths
2 Infinite Obliteration
1 Greenwarden of Murasa
2 Silkwrap
1 Mastery of the Unseen
2 Wingmate Roc
2 Surge of Righteousness


Ein riesengroßer Vorteil am wirklichen Dreifarbdasein ist sicherlich, dass man jede Menge Shambling Vents spielen kann, wobei ich erneut darauf hinweisen möchte, dass die Aktivierung des Manlands viel seltener tatsächlich eintritt, als ich einmal gedacht hatte. Ansonsten kann man dank des dreifachen Languish auf die ansonsten erforderlichen billigen Removalspells verzichten. Das hat zum einen den großen Vorteil, dass man weniger Slots im Decks benötigt. Darüber hinaus gibt es zurzeit halt auch nicht das Nonplusultra im Bereich der günstigen Kreaturenentfernung. Ultimate Price, Valorous Stance, Dromoka's Command und Silkwrap haben allesamt Gegner, gegen die sie nicht so gut funktionieren, und da den falschen in einem wichtigen Moment zur Hand zu haben, ist schon sehr ärgerlich. Kann natürlich mit Languish ebenso passieren, ist aber unwahrscheinlicher. Zudem ist die potenzielle Upside halt wirklich gewaltig. Im Gegenzug vertraut man allerdings schon darauf, über kurz oder lang so ein Siechen zu ziehen, und wenn sich dann alle drei Exemplare am Boden des Decks verstecken, hat man meist ein Problem.

Des Weiteren habe ich versucht, euch über zwei recht unterschiedliche Sideboards die in diesem Breich vorhandenen Möglichkeiten aufzuzeigen. Diese sind nämlich wirklich gewaltig und lassen sich ebenfalls erweitern. Gesetzt ist vermutlich eine Mischung aus Arashin Cleric und Surge of Righteousness gegen die aggressiven roten Decks. Danach kann man jedoch kaum noch verlässliche Zusagen machen. Sicher möchte ich nach dem Boarden die Option auf mindestens dreimal Duress haben. Sind diese schon im Maindeck – wie beim zweiten Deck –, was ich im aktuellen Metagame ziemlich gut nachvollziehen kann, gibt es natürlich mehr freie Slots. Diese kann man nach Belieben (oder Gegnererwartung) dann mit Bedrohungen (zum Beispiel Wingmate Roc oder diverse Planeswalker) füllen oder bewusst recht spezielle Karten einbauen. Ein typisches Beispiel für Letzteres sind die Infinite Obliterations, die mehr oder weniger exklusiv für Ulamog enthalten sind. Letztendlich fällt aber auch Mastery of the Unseen irgendwo in diese Kategorie.


Eine letzte interessante Karte hier ist vermutlich Greenwarden of Murasa. Eine der größeren Enttäuschungen aus Battle for Zendikar – zumindest für mich. Auf der anderen Seite ist eine Eternal Witness für sechs Mana halt schlechter als die für drei plus zwei Mana, die auch noch flexibler einsetzbar ist. Der potenzielle Bonus einer zweiten Friedhofskarte ist dann auch wirklich eher theoretischer Natur, da dieser Greenwarden einfach nie stirbt, wenn man es gern hätte. Witzigerweise lässt sich das wiederum mit Languish ganz gut bewerkstelligen, weshalb man über das Ding auch im Maindeck nachdenken könnte. Nach dem Boarden ist diese Interaktion eher unwahrscheinlich, da Greenwarden eher gegen Decks gebraucht wird, bei denen man kein Languish mehr spielen will. Trotz alledem ist die Karte natürlich für jede Form von Kontrolle erst einmal eine Ansage, wodurch sie ihren Slot zumindest testweise rechtfertigt.

Inwiefern diese neue Form von Abzan jetzt besser als die andere ist, hängt nicht unerheblich am Metagame. Im direkten Duell ist sie zum Beispiel überlegen, ebenso im Kampf gegen die meisten anderen Kreaturendecks. Dafür dürfte man es gegen Kontrolle schwerer haben und Rampe ist zumindest in Spiel 1 nahezu nicht zu besiegen. Aber irgendetwas ist ja immer. Gut ist das Deck auf jeden Fall. Man spielt schließlich Abzan – und das gewinnt am Ende sowieso.

In diesem Sinne, möge immer ein Rhino auf eurem Deck liegen!
Der MiDi




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