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Eternal
Der Schwarm
von Michael Diezel
18.06.2015

Wie wir letzte Woche schon festgestellt haben, muss ein Moderndeck ziemlich synergetisch sein, um auch ohne größere Investitionen mithalten zu können. Meist bedeutet dies, in den jeweiligen Blöcken nach potenziell brokenen Themen zu suchen, die dann möglichst auch später noch einmal aufgegriffen wurden. Affinity ist ein klassisches Beispiel, aber auch Dredge gehört da in den verschiedenen Spielweisen sicherlich dazu.

Eine andere Herangehensweise profitiert von der Ansammlung ähnlicher Effekte über die Jahre hinweg, um ein möglichst redundantes Deck zu erstellen. Das Branddeck beispielsweise ist nichts anderes als ein Best of Blitze der vergangenen Jahre und auch die verschiedenen Tribaldecks fallen in diese Nische: Goblins, Merfolk und neuerdings auch wieder Elfen. Solche werden ja immer und immer wieder gedruckt und da reicht es, wenn jeder zehnte oder so constructedtauglich ist, um auf die benötigte Menge zu kommen.

Dem Völkchen, dem wir uns heute zuwenden, war dies nicht vergönnt. Stattdessen rekrutieren wir unser Deck aus sehr wenigen Sets, die allerdings sehr fruchtbar waren. Ich spreche natürlich von den berüchtigten Slivern.


Nun stellt sich wie immer zunächst die Frage, warum wir uns überhaupt mit diesen possierlichen Remasuris auseinandersetzen sollen und nicht lieber auf Berseker oder Antilopen umsatteln. Dazu müssen wir als Erstes erkennen, dass man im Modern mit einem Tribaldeck zwei Faktoren erfüllen muss, um zumindest halbwegs konkurrenzfähig zu bleiben:

1)

Einen anständigen Goldfisch-Kill. Turn 5 sollte da mindestens drin sein, da man ansonsten gegen die ganzen Kombodecks alt aussieht. Natürlich kann man auch die eine oder andere Disruption spielen, um sich mehr Zeit zu erkaufen, aber allzu viel Platz dürfte nicht vorhanden sein, da die Tribalsynergien vermutlich nicht besser werden, wenn man anfängt, kräftig Stammesmitglieder zu kürzen.

2)

Einen Alternativplan für die Matchups, in denen der Gegner anfängt, auf einzelne Exemplare loszuballern oder anderweitig interagiert, da der durchschnittliche Goblin/Elf/Fisch oder halt Sliver vermutlich nicht ganz mit Einzelkarten der Marke Tarmogoyf mithalten kann.

Nimmt man als Beispiel die Siegerliste vom Grand Prix in Charlotte, sieht man das ganz hübsch:

Elfen von Michael Malone

1 Okina, Temple to the Grandfathers
1 Pendelhaven
3 Nykthos, Shrine to Nyx
4 Cavern of Souls
4 Razorverge Thicket
5 Forest

1 Elvish Champion
1 Eternal Witness
1 Fauna Shaman
1 Reclamation Sage
1 Scavenging Ooze
1 Spellskite
1 Thragtusk
3 Ezuri, Renegade Leader
4 Elvish Archdruid
4 Elvish Mystic
4 Elvish Visionary
4 Heritage Druid
4 Llanowar Elves
4 Nettle Sentinel


4 Chord of Calling
4 Collected Company

Sideboard:

1 Bow of Nylea
2 Fracturing Gust
3 Beast Within
2 Dismember
1 Hushwing Gryff
3 Kitchen Finks
1 Burrenton Forge-Tender
1 Reclamation Sage
1 Spellskite


Nahezu keine Interaktionsmöglichkeit mit dem Gegner bedeutet, man muss ordentlich loslegen können – und tatsächlich, die Elfen gehören ungestört zu den schnellsten Decks des Formats, nur knapp langsamer als ausgewiesene Kombospezialisten, die allerdings auch keinen Plan B haben. Die Elfen können im Notfall immer auf die beiden Doppel-Cs bauen, die sowohl qualitativ als auch quantitativ jede Menge erfolgreicher Alternativen zum schnöden GG-Draw aufzeigen.

Jetzt ist es also an uns, dafür zu sorgen, Ähnliches auch für die Remsuris wahr zu machen. Da ein Kombokill im Elfenstil unwahrscheinlich erscheint, bleibt uns nichts anderes übrig, als den traditionellen Weg des fairen Attackierens zu suchen. Dafür suchen wir verstärkt die Buben, welche billig sind und trotzdem hart zuschlagen:


Muscle Sliver 2.0 und 3.0 sind hierbei offensichtlich die erste Wahl und ich sehe auch nicht, wie man jemals an denen vorbeikommen kann. Interessanterweise ähnelt man hierbei dem Meervolkdeck, das mit Lord of Atlantis und Master of the Pearl Trident ebenfalls über zwei Lords in diesem Manabereich verfügt. Überhaupt kann man die Fische ganz gut als Vorbild nehmen und dann für drei Mana den völlig lächerlichen Chef auspacken. Was dem einen Merrow Reejerey, ist uns Sedge Sliver. Leider benötigt der Riedgrasremasuri die Unterstützung eines Sumpflandes, was uns vor mehrere Probleme stellen wird (*Spoileralarm*), es aber am Ende wert sein dürfte.

Ähnliches gilt auch für diese beiden:


Irgendwie unverzichtbar, gleichzeitig aber belastend für die Manabasis. Wenn wir den Stand der Dinge hier einmal zusammenfassen, haben wir je vier

weiße Sliver
grüne Sliver
blaue Sliver
rote Sliver, die zwingend einen Sumpf sehen wollen
farblose Länder

Ihr erkennt, das stellt selbst im Modernformat mit Fetchlands und passenden Ravnica-Duals ein Problem dar, das wir nur mit folgendem Duo lösen können:


Acht Regenbogenländer, eventuell noch um die eine oder andere City of Brass/Mana Confluence ergänzt reduziert die farblichen Schwierigkeiten ungemein, führt aber zu einem weiteren Problem: Sowohl Cavern of Souls als auch Sliver Hive produzieren farbliches Mana exklusiv für Sliver. Zusammen mit Mutavaults haben wir entsprechend fette zwölf Länder, die ausschließlich farbloses Mana zur Bezahlung aller Nicht-Sliver-Karten beisteuern. Da ein Großteil der verbleibenden Länder zur Aktivierung von Sedge Sliver darüber hinaus auch noch Sümpfe sein müssen, bleibt uns nichts anderes übrig, als strenge Restriktionen in der Sprücheabteilung in Kauf zu nehmen. Das ist nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick erscheint, da wir – wie schon mehrfach angedeutet – sowieso jede Menge Remasuris einplanen, aber bestimmte Dinge gehen dann eben doch nicht.

Collected Company zum Beispiel, das neue Nonplusultra für Kreaturendecks, würde auch die Sliver erfreuen, lässt sich aber mit geschätzt sechs bis acht Quellen nicht ausreichend unterstützen. Stattdessen wird man wohl auf farblose Sprüche zurückgreifen müssen, wobei farblos ein dehnbarer Begriff ist und auch Dinge wie phyrexianisches Mana einschließt. Alternativen sind Nichtkreaturen-Sliversprüche, von denen es jetzt nicht so wahnsinnig viele gibt. Eigentlich gar keinen – abgesehen natürlich von den Changeling-Sachen. Ich würde ja sehr gern darauf verzichten, Karten wie Nameless Inversion zu spielen, aber sie war zumindest in der engeren Auswahl, sodass ich sie euch nicht vorenthalten wollte.

Wichtiger werden aber wohl auch hier die alten Bekannten aus dem Meervolkdeck sein:


Beachtet, wie auch die Phiole die Anforderungen an farbiges Mana zurückschraubt und gleichzeitig das Spielen einer möglichst hohen Sliveranzahl belohnt.

An dieser Stelle können wir uns also genauer überlegen, welche Remasuris unser Deck vervollständigen sollen. Die Auswahl ist dabei gewaltig, insbesondere da uns ja die Farben egal sind. Der vermutlich wichtigste Sliver beim weiteren Vorgehen dürfte Homing Sliver sein. Der Tutor entscheidet ganz allein, ob es eine Sliver-Toolbox geben wird oder nicht. Auf der einen Seite liefert er so natürlich eine beachtliche Flexibilität, die per Definition dazu führt, dass wir situative Sliver wirklich nur einmal spielen müssen.

Wir reden hier von Kollegen wie …




… die aus verschiedenen Gründen zu schlecht für das normale Spiel sind, aber in bestimmten Matchups plötzlich zum Superstar aufsteigen können. Gleichzeitig kostet Homing Sliver allerdings erst einmal geschmeidige drei Mana zur Remasuriumwandlung, was für mich der ausschlaggebende Faktor war, hier doch lieber zu verzichten. Anders als beispielsweise die Toolbox der Elfen via Chord of Calling erscheinen mir die situativen Sliver vergleichsweise schwach und dann ist dieser Homing Sliver halt auch kein Chord. Es sei denn, man hat Æther Vial draußen, aber dann wird eh alles einfacher. Stattdessen habe ich versucht, einige der spielbareren Remasuris mehrfach zu integrieren und den Rest ins Sideboard zu verfrachten. Deswegen findet man Syphon Sliver, der vergleichsweise häufig ordentlich ist, doppelt im Maindeck, gleichzeitig aber keinen Harmonic Sliver, der ohne lohnenswertes Ziel erbärmlich kämpft.

Wenn man die Toolbox einmal ad acta gelegt hat, braucht man eigentlich nur noch die besten Optionen in den jeweiligen Bereichen der Manakurve zu suchen und fertig!


Ein Mana

Um direkt loslegen zu können, braucht es noch mindestens vier weitere Sliver für ein Mana. Die Auswahl fällt nicht ganz leicht. Sidewinder Sliver, Striking Sliver und Virulent Sliver haben allesamt Fähigkeiten die alle Jubeljahre mal relevant sein können. Am Ende spielen wir ganz einfach den, der sich am sichersten wirken lässt:


Auch bei diesem gibt es durchaus Situationen, in denen man seine Fähigkeit aktiviert, im Normalfall dann, wenn man ziemlich weit vorn auf dem Spielfeld ist und das dadurch absichern will, dass beide Spieler von oben spielen. Insbesondere gegen Kombodecks (inklusive Burn) kann man mithilfe von Mindlash Sliver auch extrem viel Zeit erkaufen.


Zwei Mana

Für zwei Mana bieten sich folgende Remasuris im Recall an …


Die anderen machen meines Erachtens einfach nicht genug beziehungsweise erfüllen andere Sliver ihre Aufgabe schlichtweg effektiver. Ein typisches Beispiel wäre Galerider Sliver, der die Mannschaftsevasion verteilt, was wiederum Gestalten wie Two-Headed Sliver oder auch Spined Sliver unnötig macht. Eine andere Problematik sind die Farbanforderungen, insbesondere bei den zweifarbigen Slivern. Da wir ja immer noch sicherstellen müssen, genug Sümpfe für Sedge Sliver unterzubringen, kann ein Cautery Sliver durchaus problematisch werden, da wir letztendlich lediglich 14 Quellen für rot-weißes Mana haben. Das letzte Ausschlusskriterium ist dann die Mächtigkeit der verliehenen Boni. Vigilance etwa ist prinzipiell eine sehr schöne Fähigkeit, aber letztlich im Modern ebenso wenig spielentscheidend wie Reach.

Auf diese Weise bleiben noch die genannten vier übrig, von denen ich aktuell eine Verteilung von zweimal Darkheart Sliver, dreimal Manaweft Sliver und je nullmal Diffusion und Frenzy Sliver spiele. Die Zweifarbigkeit von Darkheart Sliver stört dabei weniger als gerade angedeutet, weil eines der beiden benötigten Manasymbole halt der Totenkopf ist, den wir sowieso besonders fördern. Diffusion Sliver hingegen war lange Zeit dabei, ist aber am Ende doch rausgeflogen, weil er gegen einen Großteil der Decks nahezu gar nichts gemacht hat und die removalstarken Gegner fast immer über jede Menge Abrupt Decay verfügen, wogegen sich nicht so gut diffundieren lässt. Manaweft Sliver kann zu ganz albernen Starts führen, aber auch im späteren Spiel gibt es in Form von Sliver Hive mindestens eine nette Senke für all das ganze Mana.


Drei Mana

Aus den genannten Gründen können wir die ursprünglichen 15 3-Mana-Sliver auch ganz schnell auf wenige ernsthaft in Betracht kommende reduzieren:


Blur Sliver ist wieder die aggressive Variante, die mir ganz einfach zu schwach ist. Frenetic Sliver hat mich extrem positiv überrascht, deshalb gibt es ihn auch im Sideboard. Nicht nur gegen Spotremoval kann der tollste Moves machen, sondern auch gegen die spätestens nach dem Boarden allgegenwärtigen Massenvernichter. Sehr schön übrigens auch für die Moral, wie so ein Münzwurf ganze Duelle entscheiden kann … Im ersten Spiel erwarte ich noch nicht so viele Massenvernichter, sodass Frenetic Sliver erst einmal draußen bleibt und stattdessen Necrotic und Syphon Sliver ran dürfen. Die Kombination Syphon und Darkheart Sliver sorgt recht zuverlässig dafür, dass andere aggressive Decks ganz gut zu besiegen sind.

Necrotic Sliver wiederum ist unser Schweizer Taschenmesser gegen alles. Nicht sonderlich ökonomisch, aber zumindest gründlich gibt es kaum ein Deck, was nicht über das eine oder andere Permanent verfügt, das besser weggemacht werden sollte. Egal ob Land, Kreatur oder Verzauberung, der Necro schafft sie alle – wenn er das noch aus der Phiole springend erledigt, sogar mit der Aussicht auf Kartenvorteil (in Reaktion auf gegnerisches Removal zum Beispiel).


Vier Mana

Ein Spruch für vier Mana sollte im Modernformat schon fast das Spiel gewinnen. Der einzige Sliver, auf den das zumindest manchmal zutrifft, ist dieser hier:


Über Doppelschlag und besonders dessen Potenzial habe ich bis heute ja schon bestimmt 300 Mal geschrieben. Der ganzen Truppe die Fähigkeit zu verleihen, kann entsprechend nicht so schlecht sein und führt im Alleingang dazu, dass die Goldfisch-Kills durchschnittlich um mehr als einen Zug nach vorn gezogen werden. Klappt zugegeben auch nur gegen den Goldfisch, aber ihr würdet staunen, wie viele Duelle im Format sich zumindest in den ersten Spielzügen auch so anfühlen.


Fünf Mana

Hier wären sicher noch die beiden Lords zu erwähnen.


Beide müssen aber damit fertigwerden, dass wir bestenfalls 17 Länder haben, die farbiges Mana produzieren. Das ist klar zu wenig, selbst wenn wir noch Æther Vial und Manaweft Sliver in die Rechnung einbeziehen.

Klar sind die dann wirklich gut, wenn sie einmal im Spiel ankommen, aber dieses „wenn“ ist mir deutlich zu vage. Auf die Idee, stattdessen Mutavault zu kürzen, um mehr farbiges Mana integrieren zu können, würde ich nie ernsthaft kommen. Falls ihr das nicht begreift, probiert das Deck einfach mal aus …


3 Necrotic Sliver
4 Galerider Sliver
4 Predatory Sliver
4 Sedge Sliver
4 Sinew Sliver
4 Virulent Sliver
3 Manaweft Sliver
2 Bonescythe Sliver
2 Syphon Sliver
2 Darkheart Sliver

4 Æther Vial
3 Dismember


4 Sliver Hive
4 Cavern of Souls
1 Swamp
1 Overgrown Tomb
4 Verdant Catacombs
4 Mutavault
1 Watery Grave
1 Blood Crypt
1 Godless Shrine

Sideboard:

1 Syphon Sliver
1 Dismember
2 Darkheart Sliver
2 Spellskite
3 Harmonic Sliver
2 Slaughter Pact
4 Frenetic Sliver


Die Probleme mit dem farbigen Mana verfolgen uns auch beim Bau des Sideboards. Gern würde ich hier mit den ganzen albernen Karten arbeiten, die man sonst so auf Modernersatzbänken wiederfindet. Stattdessen gibt es weitere farblose und Remasurikarten.

Syphon und Darkheart Sliver werden ziemlich maximiert, um die „fairen“ Decks so richtig schön zu zermürben. Harmonic Sliver ist der Disenchant-Effekt, den man immer benötigt und Spellskite ist … nun ja, Spellskite halt. Auch über Frenetic Sliver habe ich schon doziert. Im Normalfall ersetzt er Syphon und Darkheart Sliver in den Matchups, die sich nicht um Lebenspunkte drehen, da dort fast automatisch mit allerlei Removal um sich geworfen wird. Ausnahme sind die Kombodecks, bei denen man schauen muss, inwiefern sie von welchen Permanents abhängig sind, sodass man Dismember und/oder Necrotic Sliver cutten kann. Der einzige farbige Spruch ist dann Slaughter Pact, aber je nach erwarteten Metagame gibt es hier bestimmt auch noch Alternativen.

Alles in allem haben sich die putzigen Tierchen erstaunlich wacker geschlagen. Der Druck, den ein solider Draw aufbauen kann, ist durchaus beachtlich und dabei sind sie sogar recht widerstandsfähig, weil man sehr viele austauschbare Bedrohungen spielt, die zudem durch gleich acht Länder (Mutavault, Sliver Hive) abgesichert werden. Dadurch kommt es kaum zur gefürchteten Flut – bei gleichzeitig solider Managrundlage.

Natürlich bemerkt man hin und wieder die mangelhafte Einzelkartenqualität, die aber doch häufig von der Gesamtsynergie ausgeglichen werden kann. Wie witzig so ein Sliverdeck jetzt ist, darüber kann man bestimmt streiten. Ich selbst mag sie ja eigentlich nicht so, weil mir die Synergie zu holzhammermäßig daherkommt, aber auf der anderen Seite liegt der letzte ernsthafte Auftritt dieser possierlichen Wesen eben auch schon ein paar Monde zurück.

Zeit, das zu ändern! Viel Freude dabei …

Der MiDi




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