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It's Tough to Be a BUG
von Michael Diezel
13.11.2014


Ein gutes Kontrolldeck zu bauen, ist gar nicht so einfach. Zunächst braucht man eine genaue Kenntnis des Metagames, um herauszufinden, was man eigentlich kontrollieren möchte. Jede Einzelkarte und jede Strategie verlangt jeweils ganz spezifische Antworten, die dann besser in der richtigen Anzahl im Deck auftauchen sollten. Zusätzlich muss man sich noch Gedanken über Konzepte wie Kartenvorteil oder Finisher machen, schließlich will der Vorteil eines kontrollierten Spiels ja weiter ausgebaut und schließlich sogar in ein gewonnenes Duell umgemünzt werden.

Im aktuellen Standard ist das eine noch größere Herausforderung als sonst. Zum einen sind die Bedrohungen vielseitiger und zugleich ernsthafter als je zuvor und zum anderen fehlen die herausragenden Defensivkarten wie die diversen Varianten von Wrath of God der Vergangenheit, um die man seine Abwehrmaßnahmen aufbauen konnte. Deshalb ist der Erfolg echter Kontrolldecks auch ziemlich überschaubar. Eigentlich ist nur das blau-schwarze Deck der Pro-Tour-Top 8 überhaupt erwähnenswert:

Ivan Floch: Blue-Black Control

3 Bile Blight
4 Despise
4 Dig Through Time
4 Disdainful Stroke
4 Dissolve
2 Drown in Sorrow
4 Hero's Downfall
2 Silence the Believers
2 Thoughtseize

2 Bloodstained Mire
4 Dismal Backwater
2 Flooded Strand
4 Island
4 Polluted Delta
4 Swamp
4 Temple of Deceit
1 Temple of Malady
1 Temple of Mystery
1 Urborg, Tomb of Yawgmoth


4 Prognostic Sphinx

Sideboard:

1 Bile Blight
3 Clever Impersonator
2 Drown in Sorrow
2 Negate
1 Pearl Lake Ancient
1 Pharika's Cure
2 Returned Phalanx
1 Set Adrift
1 Silence the Believers
1 Thoughtseize


Das Deck war erfolgreich, insofern kann ich nicht zu viel kritisieren, aber mir persönlich gefallen zahlreiche Aspekte überhaupt nicht, in erster Linie die Unfähigkeit, einen Rückstand wieder aufzuholen. Eine vergleichbare Version der Amerikaner um Owen Turtenwald spielte aus diesem Grund Perilous Vault, aber das ist ja nun wirklich mal eine langsame Magic-Karte …

Nun fehlen dem Format auch irgendwo die Möglichkeiten, da End Hostilities ja schon das Nonplusultra im Bereich Massenvernichtung darstellen – Weiß aber gleichzeitig fast nichts anderes für ein Kontrolldeck beiträgt.


Deshalb habe ich den Weg eingeschlagen, den so viele Decks im Standard gehen und Sylvan Caryatid integriert. Über die Vorteile brauchen wir nicht lange zu diskutieren, stattdessen schauen wir doch lieber mal auf die potenziellen Nachteile:

1)

Das Mana wird schlechter. Ganz offensichtlich müssen wir jede Menge grüner Quellen spielen, denn die Karyatide will ja auch zuverlässig in Zug 2 gespielt werden können. Diese Maßnahme schwächt wiederum entweder die Zuverlässigkeit des Mana oder die Geschwindigkeit (da man mehr Tappländer nutzen muss) oder beides. Immerhin hilft sie dann auch noch dabei, die beiden anderen Farben zu sichern, was auch dringend notwendig ist, da man mit hoher Wahrscheinlichkeit doppelfarbigen Kosten gegenübersteht.

2)

Sobald man mit der Karyatide ein weiteres Permanent spielt, werden sämtliche Massenvernichter wie End Hostilities oder Perilous Vault natürlich schlechter, weil man im Ernstfall gezwungen wäre, eigene Karten mit abzuräumen.

3)

Grün ist jetzt nicht unbedingt als die stärkste Kontrollfarbe bekannt. Und jetzt nur für einen glorifizierten Manaelfen zu splashen, erscheint auch wenig sinnvoll.

4)

Zusammen mit der traditionell großen Menge an Ländern nähert man sich einer Anzahl von Manaquellen, die so hoch ist, dass man sich wirklich Gedanken machen muss, wie effektiv eigentlich die Karten sind, die etwas machen sollen, da man schlecht immer nur eins zu eins abtauchen kann, wenn man im Laufe des Spiels spürbar mehr Länder ziehen muss als der Gegner.

5)

Die Gegner haben sich mittlerweile derart auf die Karyatide eingestellt, dass sie eigentlich gar nichts mehr blocken kann.

Ihr ahnt es, ich würde mir nicht so viel Mühe machen, wenn ich all diese Argumente nicht entkräften könnte:

1)

Die Verschlechterung des Mana ist ein unbestrittener Fakt, der allerdings weniger essenziell ist, als man glaubt. Die zur Verfügung stehenden Länder sind einfach so gut, dass man es im Großteil der Spiele problemlos verkraftet. Insgesamt spiele ich auch nur zwei Tappländer mehr und den Verlust des Lebenspunkts von Dismal Backwater gleicht man durch die Mauer dann doch mehr als aus.

2)

Wie bereits erwähnt enthält Flochs Deck sowieso keine Massenvernichtung und das aus gutem Grund. Perilous Vault ist langsam und End Hostilities zwingt einen in eine Farbe, in die man eigentlich nicht möchte.

3)

Völlig überraschend gibt es neben der Karyatide noch mindestens eine weitere grüne Karte, die gut genug ist, um sich für sie zu verbiegen, nämlich Courser of Kruphix. Dieses Pferd übernimmt so viele verschiedene Aufgaben dermaßen hervorragend, dass es vielleicht noch relevanter ist als die Karyatide selbst. Da wären der ständige Lebenspunkt, der ständige Kartenvorteil und diverse weitere Synergien, auf die ich noch zu sprechen komme. Der einzige wirkliche Nachteil ist, dass man natürlich alles Removal des Gegners auf einmal anschaltet. Doch auch dazu später mehr.


Für den Moment will ich noch auf eine weitere grüne Karte, Sultai Charm, verweisen, die vielleicht nicht so flashy ist, aber in ihrer Flexibilität einfach unschlagbar. Ich könnte jetzt aufzählen, was man damit alles anstellen kann, aber letztendlich steht das ja auf der Karte. Nur ganz kurz der Hinweis, dass der dritte Modus viel, viel besser ist, als man denkt, gerade in Verbindung mit der Option auf die beiden anderen Modi. Dadurch macht man im Normalfall einfach was kaputt – und wenn nicht, hat man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit irgendeine völlig nutzlose Karte (Removal, Thoughtseize, Land), sodass man gefühlt einfach zwei Karten zieht. Spontan. Und noch den Friedhof füllt, worüber sich bekanntlich Dig Through Time wie ein Schnitzel freut.

4)

Was die drohende Manaflut angeht: Ich habe Euch ja gerade Courser of Kruphix und Sultai Charm nähergebracht. Beide sind unheimlich potent darin, so etwas zu vermeiden. Und dann gibt es ja auch noch Dig Through Time und Prognostic Sphinx

5)

Das Problem fehlender Blockmöglichkeiten für 0/3er ist dagegen leider relevanter, als es möglicherweise scheint. So gibt es kaum noch irgendein Deck, gegen das eine Turn-2-Caryatid überhaupt einmal blocken kann. Gerade zu Beginn des Spiels. Später klappt das etwas besser, da man jede Menge spontanes Removal spielt und deshalb zumindest einige der häufigen Tricks der aggressiven Gegner in Kartenvorteil ummünzen kann. Trotzdem sollte man auch nicht unterschätzen, was selbst ein einmaliger Block alles aufhalten kann und zu diesem kommt man dank Hexproof nun wirklich fast immer.

Okay, nachdem ich jetzt quasi schon das komplette Deck gespoilert habe, hier einmal die Liste:


4 Sultai Charm
3 Dig Through Time
4 Hero's Downfall
4 Thoughtseize
3 Bile Blight
1 Ætherspouts
1 Silence the Believers
2 Kiora, the Crashing Wave

4 Temple of Malady
4 Temple of Mystery
1 Urborg, Tomb of Yawgmoth
3 Forest
2 Island
3 Swamp
4 Polluted Delta
4 Opulent Palace
1 Temple of Deceit


4 Sylvan Caryatid
4 Courser of Kruphix
1 Hornet Queen
3 Prognostic Sphinx

Sideboard:

3 Drown in Sorrow
3 Nylea's Disciple
3 Negate
3 Polukranos, World Eater
3 Ashiok, Nightmare Weaver


Diskutieren wir das Ganze doch mal der Reihe nach und starten bei den Ländern. Hier gibt es jede Menge Vorgaben, an denen man nicht vorbeikommt, ungefähr Folgendes:

4 Opulent Palace
8 grüne Tempel
4 Polluted Delta
5 Island/Swamp (Mit weniger würde ich mich bei vier Fetchlands unwohl fühlen.)
1 Urborg, Tomb of Yawgmoth

Da man am Ende bei 25–26 Ländern landen will, dürfte der Rest hauptsächlich mit Wäldern aufgefüllt werden, sodass man dann bei etwa 15 Manaquellen pro Farbe landet. Ich persönlich würde in diesem Deck gern Yavimaya Coast und Llanowar Wastes meiden, weil man den potenziellen Schadenspunkt so gar nicht gebrauchen kann und es eben auch eigentlich nicht nötig hat. Richtig spannend finde ich das letzte Land, aktuell noch Temple of Deceit. Je mehr ich spiele, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass man eigentlich noch eine grüne Quelle möchte. Leider gibt es keine Tempel mehr, also müsste man zum Wald oder Painland greifen oder aber zu einem der grünen Fetchlands, Wooded Foothills beziehungsweise Windswept Heath. Die fixen zwar keine Farbe und sorgen darüber hinaus noch für Schaden, im Gegenzug arbeiten sie aber ganz hervorragend mit dem Courser und Dig Through Time zusammen. Auch im Hinblick aufs Sideboard könnte ein zusätzliches grünes Land sicher nicht schaden. 26 Länder spiele ich übrigens lieber als 25. Man möchte eigentlich jeden Zug ein Land legen und wie oben angedeutet gibt es solide Floodprotection.


Bei den Finishern habe ich mich für dreimal Prognostic Sphinx und eine Hornet Queen entschieden. Die Sphinx wird noch einmal besser, wenn sie beschleunigt gelegt wird und/oder ein Courser danebenliegt. Apropos Courser of Kruphix, dessen Nachteil, ein Removalfänger zu sein, wirkt sich ebenfalls positiv auf die Sphinx aus, da man so eine höhere Wahrscheinlichkeit hat, nicht ständig Karten abwerfen zu müssen, um gegnerisches Removal zu neutralisieren. Gerade in Situationen, in denen man die Sphinx zwingend als Blocker benötigt, ist das von erhöhtem Wert. Ansonsten hat Prognostic Sphinx mit dem Fünfer-Hintern eine entscheidende Größe, mit der sie sowohl Stoke the Flames als auch Sarkhan, the Dragonspeaker überlebt. Hornet Queen ist dazu das Random 1-off, um einfach mal ein Spiel unspektakulär und humorlos zu gewinnen. Zu guter Letzt gehört dann noch Kiora, the Crashing Wave in diese Gruppe, weil auch eine beachtliche Menge an Spielen durch ihr Ultimate gewonnen wird. Zuvor schwankt die Lady extrem in ihrer Nützlichkeit, wobei sie eigentlich nur gegen die roten Decks richtig furchtbar ist.

Dann müssen wir noch über Dig Through Time reden, den neuen Stern am Carddrawhimmel, den ich bewusst nicht viermal integriert habe. Hatte ich für ewige Zeit, aber irgendwann ist mir aufgefallen, dass ich mehr Spiele verlor, weil ich das Ding zu zeitig oder im Doppelpack zog, als dadurch, dass ich keins zog. Versteht mich nicht falsch, DTT ist ein feuchter Traum eines jeden Kontrollmagiers, aber eben doch ganz gern mal klobig. Insbesondere, wenn man plötzlich relevant mehr Permanents spielt als das blau-schwarze Original. Zusätzlich kommt man mit Courser, Kiora, Prognostic Sphinx und vor allem Sultai Charm auch so ganz gut durch die Bibliothek, sodass man über kurz oder lang ein Dig findet und das greift sich dann sowieso Nr. 2 …


Noch spannender ist die Removalfrage. Neben Sultai Charm und Hero's Downfall, für die mir einfach keine Gegenargumente einfallen, stehen noch folgende Kandidaten zur Verfügung:

Eine ganze Weile durfte hier Drown in Sorrow mitmachen, weil das in der Theorie perfekt passt. In der Praxis hat das aber nie oder nur ganz selten so geklappt, unter anderem weil es drei Mana kostet, wie ungefähr jede andere Karte im Deck auch. Wirklich vermissen tut man die Karte eigentlich nur gegen aggressive rote Decks sowie ironischerweise gegnerische Hornet Queens. Letzteres bekommt man hoffentlich noch so in den Griff und gegen Rot muss halt das Sideboard ran, ist ja auch nicht so, dass man das Deck jede Runde beim Gegner antrifft.


Gegen so ziemlich alles andere gefällt mir Bile Blight besser, eben weil es schicker in die Manakurve passt. Silence the Believers und Ætherspouts sind dann die „Massenvernichter“, die uns zur Verfügung stehen. Ætherspouts haben dabei das bei Weitem größere Potenzial, da sie tatsächlich Spiele ganz alleine gewinnen. Trotzdem ist ein Exemplar gefühlt genau richtig, da dieses Potenzial schließlich deutlich geringer wird, wenn der Gegner weiß, was ihn erwartet. Allerdings ist auch das nicht automatisch furchtbar, da ein zu vorsichtiges Spiel von dem Deck mit all dem Spotremoval ebenfalls bestraft werden kann.

Kommen wir zum Sideboard. Hier habe ich schon diverse Sachen ausprobiert. Übrig geblieben sind zunächst die offensichtlichen Karten Drown in Sorrow und Nylea's Disciple gegen Aggro und Negate gegen Kontrolle. Spannender sind da vermutlich Ashiok, Nightmare Weaver und Polukranos, World Eater. Ashiok ist dabei so eine Karte, die man im richtigen Metagame auch gerne mal im Maindeck auspacken könnte. Dazu würde aber gehören, dass man das Spiel beginnt, denn das macht Kollege Albtraumweber ungleich besser. Außerdem ist Ashiok doch des Öfteren völlig egal und kostet dafür noch die berüchtigten drei Mana. Deshalb Sideboard, sodass man garantieren kann, dass die Umgebung passt.


Polukranos wiederum darf mitmachen, um Karten wie Stubborn Denial oder Keranos, God of Storms anzugehen. Die beiden Beispiele scheinen zunächst nichts gemein zu haben, am Ende ist ihre Aufgabe aber jeweils folgende: Unseren Gameplan zerstören beziehungsweise eine spezifische Schwäche ausnutzen. Polukranos wiederum dreht den Spieß um und geht davon aus, dass dem Gegner gegen die Megahydra nicht viel einfällt. So einfach besiegt man den Weltenverschlinger nämlich nicht und wenn doch (fast) immer auf Kosten des eigentlich geplanten Matchplans. Weiterhin stellt die Hydra einfach eine sehr beachtliche Bedrohung dar, die eine Spielzeit extrem abkürzen kann, womit ebenfalls nicht jeder Gegner rechnet.

Insgesamt bekommt man ein rundes Paket, was gegen kaum ein Deck wirklich furchtbar aussieht. Ausnahmen sind vor dem Boarden die Extreme, also Monorot oder Blau-Schwarz, die aber auch nicht ungewinnbar sind. Je weiter man in den Bereich Midrange vordringt, desto besser werden die Matchups, allerdings sollte man sich auch hier bewusst sein, dass es quasi keine virtuellen Freilose gibt. Dazu sind die Einzelkarten viel zu stark. Dank Sultai Charm hat man zudem eine Maindeckantwort auf Verzauberungen wie Jeskai Ascendancy oder Ensoul Artifact, wodurch man deutlich weniger Spiele gegen jene einfach mal so verliert.

Also, wenn Ihr noch ein Deck für die kommenden PPTQ sucht, gebt dem Ding eine Chance, es macht auch richtig Spaß zu spielen, weil man viele Entscheidungen – große und kleine – treffen muss. Darin liegt natürlich auch immer eine gewisse Gefahr, nicht nur, weil man sich doch mal falsch entscheiden kann, sondern auch, weil die Rundenzeit begrenzt ist. Insofern gilt es, die richtige Entscheidung zu treffen und das auch noch schnell. Viel Erfolg dabei!

Der MiDi




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