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Heiße Weihnacht
von Michael Diezel
27.12.2013


„Am Weihnachtsbaume, die Lichter brennen …“

Brennen, das ist zum Jahresausklang ein hervorragendes Stichwort. Als überzeugter Verfechter der Strategie des Brand-ins-Gesicht-Schießens waren die vergangenen Monate ja ziemlich hart, seit aus meinen geschätzten Lightning Bolts Shocks und aus Searing Blaze Searing Spear geworden sind.


Die Karten selbst haben sich natürlich nicht verbessert, aber dass die Zeit trotzdem reif ist, um endlich mal wieder ein Burndeck in die Hand zu nehmen, hat spätestens der Auftritt von Darin Minard beim Grand Prix in Dallas gezeigt:


4 Chandra's Phoenix
2 Chandra, Pyromaster
4 Young Pyromancer

4 Boros Charm
4 Chained to the Rocks
4 Lightning Strike
4 Magma Jet
4 Shock
4 Skullcrack
4 Warleader's Helix


10 Mountain
4 Sacred Foundry
4 Temple of Silence
4 Temple of Triumph

Sideboard:

4 Assemble the Legion
4 Boros Reckoner
3 Spark Trooper


Diese Version des Decks habe ich als Ausgangspunkt genommen, da eine Top-8-Platzierung ausreichend anständig ist, um selbst seltsam anmutenden Einzelkarten eine Chance zu geben. Und davon gibt es hier ja doch eine ganze Menge: Skullcrack, Chained to the Rocks oder Young Pyromancer sind jeweils sehr spezifische Karten, die deutlich machen, wie sehr selbst so ein scheinbar eintöniges Deck mit dem Ton der Zeit gehen muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ihr habt richtig gelesen, Brand ist heutzutage nicht nur ein Metagame-Call, sondern muss sich auf dieses auch sehr gezielt einschießen (welch Wortspiel!).

Ein paar Beispiele des Maindecks mit guten und schlechten Matchups:

Young Pyromancer:

+ Monoblau und sämtliche Decks mit wenig Removal
− alle Decks mit viel Removal

Chained to the Rocks:

+ alle Decks mit Ausnahme von Esper/UW
− Esper/UW

Anger of the Gods:

+ White Weenie, Grün, Monorot, manche Devotiondecks (je nach Draw)
− UW, schwarze Kontrolle (aber nicht furchtbar, da man Ziele findet)

Skullcrack:

+ alle Decks, die nicht selbst Druck machen
− alle Decks, die selbst Druck machen

Toil // Trouble:

siehe Skullcrack

Ihr seht, man kann diese Karten tendenziell in Anti-Control- und Anti-Aggro-Optionen einteilen, wobei sie sich noch stark in ihrer tatsächlichen Varianz unterscheiden. Anger beziehungsweise Chained to the Rocks sind zum Beispiel absolut furchtbar gegen Kontrolle, wohingegen Young Pyromancer zumindest einen Removalspruch verlangt und bei dessen Ausbleiben sogar richtig gut werden kann.

Hinzu kommen weitere Aspekte des Metagames, aktuell etwa dieser hier:


Solange das monoschwarze Devotiondeck ein monoschwarzes Devotiondeck war, hatte man mit dem Branddeck ein herausragendes Matchup. Ich meine, was wollten sie denn machen? Kein Druck, die Disruption kostet Leben und ist ziemlich egal und Gary, der Gray Merchant of Asphodel, wurde stilecht mit Skullcrack beantwortet. Mittlerweile jedoch heißt der Ansatz immer öfter Bw-Control und das kleine „w“ steht eben für den Blutbaron, der sich nur ganz, ganz schwer mit Brandsprüchen racen lässt. Wenn man diese Überlegung weiterführt, werden Antworten für diesen logischerweise immer wertvoller, egal ob die jetzt Mizzium Mortars oder gar Chandra's Outrage (ja, das ist eine Karte) heißen. Im Gegenzug werden die An den Felsen gekettet massiv abgewertet, weil man mit dieser rein auf Kreaturen ausgelegten Antwortkarte dieses Premiumziel eben nicht erwischen kann.

Doch was bedeutet das jetzt für unseren Deckbau? Nun, da zwei der wichtigsten Archetypen (UW, Bw) wie gezeigt abenteuerlich schlecht für Chained to the Rocks sind, könnte man darüber nachdenken, die Ketten ins Sideboard zu verfrachten – insbesondere, wenn man weiter schlussfolgert, dass grüne Decks unterrepräsentiert sind beziehungsweise durch rote Devotiondecks ersetzt wurden. Rote Devotiondecks spielen als Finisher des Vertrauens …


… unseren Freund den Drachen hier, der offensichtlich auch nicht sonderlich gut von Chained to the Rocks beantwortet wird – dafür umso besser von Mortars, Outrage oder auch Anger plus Chandra oder so.

Letztere Option rückt ein wenig mehr in den Mittelpunkt, wenn man wirklich den Schritt wagt, die Ketten wegzupacken, da man dadurch Slots gewinnt, die gezielt für kreaturenreiche Matchups gedacht sind. Aktuell bedeutet das hauptsächlich White Weenie (wahlweise mit Splash R oder B), Monorot (-Aggro beziehungsweise -Devotion) und Monoblau. Anger of the Gods ist in all diesen Matchups nur selten schlechter als Chained to the Rocks, häufig sogar stärker. Das wiederum bedeutet, dass so ein Switch im Moment sehr viel Sinn hätte. Hinzu kommt, dass so ein Anger of the Gods auch insgesamt besser zum Gameplan passt. Einzeln Männer abzustellen, lässt uns nämlich nur wenig Raum, Brände direkt mit dem Gegner in Verbindung zu bringen, und ohne diese zusätzlichen Schadensquellen fehlt oftmals eine ganze Menge bis zur magischen 20. Natürlich zieht das weitere Konsequenzen nach sich. Pyromancer und Chandra's Phoenix werden in ihrer Stärke reduziert und müssen entsprechend neu betrachtet werden und selbstverständlich sind drei Mana auch mehr als eines, was Folgen für die Manakurve mit sich bringt.

Diese wird nach oben gezogen, wodurch mehr Länder in den Bereich des Möglichen rücken. Überhaupt fand ich die 22 Länder überraschend knapp. Ich meine, man denkt ja: einfach zwei ausspielen und dann reicht das schon für nahezu alle Blitze, aber in Wirklichkeit möchte man eigentlich bis Runde 4 immer eins legen, nicht nur um die Helix wirken zu können, sondern auch um mehrere Sprüche pro Zug zu wirken. Natürlich sind mehr Länder immer gefährlich für das Branddeck, da ja im späteren Spiel jedes Nicht-Land gleichbedeutend mit circa drei Schadenspunkten sein sollte. Genau dafür spielt man aber die Scry-Länder. Dafür und um am Anfang zunächst überhaupt mit den Ländern in die Gänge zu kommen. Ihr kennt das ja: ein Land on the draw ⇒ Mulligan, ein Scry-Land on the draw ⇒ Snapkeep. Das ist jedoch kein ganz so guter Plan, zumal man die Scry-Länder gern später spielen würde, um ebendort die Flut zu vermeiden.

Die Antwort sind also mehr Länder, mindestens eines. Ich würde sogar über zwei nachdenken, was aber auch daran liegt, dass ich aktuell ein riesengroßer Fan von Stormbreath Dragon selbst bin. Der Plan „Männer umschießen und dann irgendwie gewinnen“ klappt nämlich direkt viel besser, wenn der Drache das „irgendwie“ verkörpert. Insbesondere, wenn das momentan wichtigste Aggrodeck aus 38 weißen Karten besteht. Ebenfalls gar nicht übel ist der Drache im Duell gegen UW. Nicht unbedingt in Spiel 1, wo er mit Supreme Verdict noch halbwegs anständig beantwortet werden kann, sondern vielmehr nach dem Boarden, wo der UW-Magier sich zwischen Verdict, Last Breath und Detention Sphere entscheiden und sie obendrein im richtigen Moment ziehen muss. Das wird dadurch erschwert, dass er eigentlich nicht das quantitative Maximum dieser Karten im Deck behalten möchte, weil sie ja nur eingeschränkt nützlich sind.

Mehr Länder also. Wenn man hier zulegt, macht auch direkt der letzte Maindeckneuzugang Sinn, den ich euch präsentieren will:


Offensichtliche Hauptanwendung hierfür ist natürlich als glorifizierter Storm Seeker. (Ja, die Karte gab es mal in Grün.) Je mehr Länder man spielt, desto interessanter wird aber auch der Toil-Teil unserer Splitkarte, weil das Fusen immer wahrscheinlicher wird beziehungsweise man auch im späteren Spiel ein schlechteres Sign in Blood nicht ablehnen würde. Das benötigte schwarze Mana bekommt man beinahe geschenkt. Die entsprechenden Scry-Länder spielt man sowieso und die eine oder andere Blutkrypta tut auch nicht weh. Zumindest nicht sehr.

Die fertige Deckliste:


3 Stormbreath Dragon
4 Chandra's Phoenix

3 Chandra, Pyromaster
3 Warleader's Helix
4 Shock
4 Anger of the Gods
4 Boros Charm
4 Lightning Strike
4 Toil/Trouble
4 Magma Jet


4 Temple of Triumph
8 Mountain
4 Sacred Foundry
4 Temple of Silence
3 Blood Crypt

Sideboard:

2 Mizzium Mortars
3 Glare of Heresy
4 Skullcrack
2 Assemble the Legion
4 Chained to the Rocks


Ein weiterer Wechsel, den ich gemacht habe, ist der einer Helix für eine dritte Chandra. Dies ist einfach ein Erfahrungswert, der besagt, dass Draws mit multiplen Helixen oft nicht explosiv genug sind, besonders gegen Decks, in denen das Spiel nicht zum Race wird. Chandra, Pyromaster hingegen wird noch einmal besser, da sie in Kombination mit Anger of the Gods die angesprochenen Problemkreaturen beseitigt.

Weitere, massive Veränderungen erfährt das Sideboard. Dies liegt zum einen daran, dass einige der typischen Sideboardkarten sich jetzt auf einmal im Maindeck wiederfinden, wodurch natürlich Platz frei wird. Der andere Grund ist jedoch, dass ich mit der Performance anderer Karten schlicht unzufrieden war. Boros Reckoner zum Beispiel. Klar ist die Kuh eine gute Karte, aber die Matchups, in denen sie so richtig glänzt, gibt es aktuell nicht oft genug (grüne Devotion zum Beispiel) beziehungsweise haben selbst gute Antworten. Bestes Beispiel ist vermutlich das rote Devotion-Deck mit eigenem Chained to the Rocks, was ansonsten leider kaum Ziele findet. Stattdessen spiele ich jetzt Glare of Heresy, was nicht nur eine wunderbare Antwort gegen die weißen Kreaturendecks ist, sondern auch UW erstaunlich Probleme bereitet. Angezielt werden wahlweise Detention Sphere oder aber Fiendslayer Paladin, für den man besser ein Out parat hält.

Nachdem wir jetzt die Deckliste an den aktuellen Stand des Metagames angepasst haben, noch ein paar Worte zum Spielen selbst. Ja, die sind tatsächlich notwendig (oder zumindest hilfreich), das Deck ist sehr oft viel schwerer zu spielen, als man denkt – nicht nur für ein Branddeck. Der Grund dafür liegt ganz einfach darin, dass man in sehr vielen Spielen kaum Raum zum Manövrieren hat.

Die mit Abstand spannendste Frage ist dabei sehr häufig, ob man die Blitze auf Männer oder auf den Gegner schießen sollte. Nach meiner Erfahrung muss die Antwort viel öfter „ins Gesicht“ lauten, was für sehr, sehr viele Spieler ein Problem zu sein scheint. Die Ursache liegt vermutlich darin, dass wir alle so dermaßen auf spielerische Basics wie Kartenvorteil automatisisert sind, dass uns ein Shock auf die Kreatur viel logischer erscheint, als wenn er zehn Prozent der gegnerischen Lebenspunkte abzieht. Für die Entscheidung bei dieser Frage solltet ihr euch immer überlegen, ob der Mann – Ähnliches gilt übrigens auch für Planeswalker – wirklich eine ernstzunehmende Gefahr darstellt und zwar insofern, als dass er dem Gegner entscheidend hilft, euch schneller zu töten als ihr ihn. Wichtige weitere Hilfen bei der Antwort sind Einzelkarten wie Anger of the Gods, Stormbreath Dragon oder Chandra, Pyromaster, die allesamt ein längeres Spiel bevorzugen. Ebenfalls nützlich könnte ein kurzer „Damagecheck“ sein, also die Frage, wie viel Schaden man mit den aktuellen Handkarten in welcher Zeit anrichtet. Das kurz mit der Bedrohung des Gegners vergleichen und entsprechend handeln. Aber noch einmal: Im Zweifel gehört der Brand mit diesem Deck ins Gesicht!

Ein weiterer wichtiger Teil des Spielens versteckt sich in den Scrys. Das mag simpel klingen, am Anfang braucht man logischerweise Länder und später Sprüche, ist doch klar. Aber was genau macht man denn jetzt mit einer Hand, die nur wenige Länder hat, in Fällen, wo das Land oben liegt? Auch hierfür gibt es von mir eine Faustregel und zwar, im Zweifel nicht das Land zu nehmen. Gilt natürlich nicht, wenn man es dringend braucht, um überhaupt Sprüche wirken zu können oder man mit zwei Ländern und Chandra, Helix, Drache dasitzt. Aber in all den kritischen Fällen, zumal ja unter dem Land immer noch ein zweites stecken könnte.

Mit diesen beiden – sehr groben – Hinweisen hoffe ich, doch einigen von euch helfen zu können. Insbesondere denjenigen, die bisher immer das Gefühl hatten, dass den roten Karten „irgendetwas fehlt“. Und wer weiß, vielleicht findet der eine oder andere ja Gefallen daran, noch andere Dinge anzubrennen als nur die Lichter am Weihnachtsbaum …

Damit verabschiede ich mich für 2013. Ich wünsche ein gutes Ende des alten (zum Beispiel hier) beziehungsweise einen hervorragenden Start ins Neue Jahr!

Der MiDi




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