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Out of Control
von Michael Diezel
20.06.2013

Es ist eine schwierige Zeit für die Kontrollzauberer dieser Welt. Während Kontermagie und (spontaner) Carddraw immer schlechter werden, erfahren die eigentlichen Bedrohungen des Spiels – Kreaturen – stetige Aufwertungen. Daraus ergibt sich das Problem, dass auch nur eine einzige nicht rechtzeitig beantwortete Frage selbst bei ansonsten hervorragend verlaufendem Spiel noch zu einem negativen Ergebnis führen kann.


Hinzu kommt eine beachtliche Resistenz zahlreicher Kreaturen gegenüber herkömmlichen Removal. Haste, Undying, Hexproof heißen einige der aktuell häufig gesehenen Keywords und diese decken nur einen Teil des Spektrums ab.

Trotzdem glaube ich, dass aktuell ein solider Moment wäre, um Kontrolle auszupacken. Der Grund ist relativ einfach: Das Metagame wird hauptsächlich von „gemäßigten“ Aggrodecks beherrscht, also von all den Naya-Varianten ohne „Blitz“, Aristokraten und so weiter. Dazu kommen allerdings noch die extremen Decks, „echtes“ Aggro wie Rg einerseits oder Reanimator andererseits, die völlig unterschiedliche, aber eben sehr stringente Spielziele verfolgen und effektive, sehr verschiedene Antworten verlangen. Diese Herausforderung, von Burning-Tree Emissary über Voice of Resurgence und Geist of Saint Traft bis zu Unburial Rites alle Bedrohungen beantworten zu können, erscheint fast nicht zu bewältigen. Lediglich UWR verzeichnet relativ konstant gewisse Erfolge und selbst das hat noch diverse Schwierigkeiten.


Mein Ansatz geht von drei Grundsätzen aus:

1)

Sphinx's Revelation muss gespielt werden, da es die einzige Karte ist, die das Late Game ausreichend dominiert.

2)

Ground Seal ist die mit Abstand effektivste Karte gegen Unburial Rites, da sie als einzige annähernd problemlos in Maindecks gespielt werden kann. Zufällig negiert es auch noch eine wichtige Karte anderer Kontrolldecks, Snapcaster Mage.

3)

Terminus wird als Ergänzung zu Supreme Verdict benötigt, um die diversen schwer zu zerstörenden Kreaturen elegant in den Griff zu bekommen.

Dies bedeutet gleichzeitig eine Festlegung in den Farben auf die Scherbe Bant, also UWG, aber auch Folgendes:

Snapcaster Mage ergibt keine sonderlich gute Kombination mit Ground Seal und kann deswegen nicht gespielt werden.
P
Man kann nicht unendliche Mengen an Verdict und Terminus gleichzeitig einpacken, zumindest, wenn man auch noch gegen Decks gewinnen will, die weniger als 32 Kreaturen enthalten.
P
UWG hat traditionell größte Probleme, Kreaturen einzeln zu beseitigen. Wenn man nicht für jeden Mann direkt den Zorn Gottes zeigen will (siehe 2)), gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder man sorgt dafür, dass der Gegner mehr Männer auf den Tisch legt, um mit Verdict/Terminus eben doch mehrere zu erwischen (das geht zum Beispiel über eigene Kreaturen, möglichst mit Enter-the-Battlefield-Triggern, da es bei denen nicht mehr so schlimm ist, wenn sie bei der Massenzerstörung mit kaputt gehen oder über entschärfende Maßnahmen, etwa Tamiyo) oder man nutzt doch das Removalangebot der Farben und schaut, welche der Restriktionen, mit denen die quasi alle kommen, man am geschicktesten umgehen kann. Azorius Charm etwa ist supergut gegen richtig aggressive Decks, da die aus naheliegenden Gründen angreifen müssen und lässt sich zudem problemlos in eine neue Karte umwandeln, wenn der Gegner eben nicht sonderlich offensiv unterwegs ist. Selesnya Charm erledigt nur die großen Jungs, Renounce the Guilds die mehrfarbigen und Oblivion Ring/Detention Sphere zwar alles, aber das recht behäbig. All diese haben also bestimmte Anwendungsgebiete, in denen sie das Nonplusultra sind und andere, in denen sie zwischen wenig bis gar nichts machen. (Selbst Azorius Charm hat eine Schwäche, namentlich Voice of Resurgence.) Hier die richtige Auswahl zu treffen, ist bestimmt nicht ganz einfach.

Eine weitere relevante Frage für den Deckbau ist die der verwendeten Kreaturen. Prinzipiell kann man in UWG zwischen ziemlich vielen Männern (Augur of Bolas, Snapcaster Mage über Loxodon Smiter und Restoration Angel bis hin zu Prime Speaker Zegana) bis nahezu gar keinen alles ausprobieren. Interessanterweise fühlt sich das oft ein wenig schizophren an, da die besten kleinen Männer (Augur of Bolas, Snapcaster Mage) sehr gern eine große Menge Nichtkreaturen im Deck sehen, gleichzeitig aber mit bestimmten Kreaturen (Restoration Angel) mächtig aufgewertet werden.


Ich habe es mir diesmal ganz einfach gemacht und spiele nur Kreaturen, denen nahezu sämtliches Removal fast völlig egal ist, nämlich Ætherling und Thragtusk. Das schließt auch Augur of Bolas aus und zwar aus folgenden Gründen:

1)

Selbst schlecht angebrachtes Removal des Gegners ist besser als überhaupt nicht angebrachtes Removal.

2)

Selbst mit vielen Sprüchen (sagen wir 24) bleibt der Augur eine Varianzkarte, die einfach hin und wieder (und sei es nur in jedem fünften Auftritt) nicht besser als der gefürchtete Lumengrid Augur ist.

3)

Snapcaster Mage ist als Tag-Team-Partner aus oben geschilderten Gründen nicht dabei.

4)

Restoration Angel will ich auch nicht spielen (siehe 1)).

An dieser Stelle sind wir mit den Überlegungen zum Deck schon fast fertig, auch wenn es vielleicht nicht so aussieht:

ungefähr 26 Länder
ziemlich genau viermal Thragtusk und zweimal Ætherling
mehr als vier globale Massenvernichter, darunter mehr als ein Terminus
ein bisschen (~3−4) Kontermagie
viermal Farseek
drei- bis viermal Sphinx's Revelation

Der Rest setzt sich dann aus Think Twice sowie dem oben angesprochenen Einzelremoval zusammen. Kommen wir zu den angedeuteten offenen Fragen …


Kontermagie: Eigentlich sind Gegenzauber ja sehr flexibel, da sie prinzipiell alles beantworten, unabhängig vom genauen Kartentext. Aktuell stimmt das aber nur bedingt, weil sehr viele Karten schon gefährlich werden, bevor selbst der billigste Konter bereit ist – besonders wenn der Gegner das Würfeln gewinnt. Zusätzlich gibt es noch Cavern of Souls im Format, ein Land, das ohne jegliche Subtilität Counter lächerlich aussehen lassen kann.

Im Gegenzug sind Neutralisationszauber aber eben so effektiv wie immer schon, falls sie angebracht werden können. Da momentan wieder etwas weniger Cavern of Souls gespielt wird, halte ich drei bis vier für eine optimale Anzahl. Die Kandidaten sind Syncopate (schnell, dafür nur bedingt zuverlässig), Dissipate (das genaue Gegenteil) und Plasm Capture (sehr große Spannweite von absolut furchtbar bis völlig broken). Aktuell spiele ich zweimal Syncopate und ein Dissipate, Nummer 4 wäre dann wohl Plasm Capture, einfach um das zweifellos vorhandene Potenzial genauer auszutesten.


Think Twice: Eigentlich finde ich Think Twice in diesem Format fast zu langsam. Nicht nur der sehr schnellen Aggrodecks wegen, sondern auch aufgrund der Nachdrücklichkeit der Bedrohungen langsamerer Decks, die es erstaunlich selten möglich machen, in aller Ruhe ein zweites Mal nachzudenken. Deswegen läuft es in der optimalen Welt auch so, dass man als Kontrollzauberer die ganze Zeit beschäftigt wird und – falls das doch mal einen Zug ausbleibt – Sphinx's Revelation spielt. Das wiederum zwingt einen zu abenteuerlichen Länderzahlen (siehe zum Beispiel hier), die natürlich ihrerseits gern zu Länderklumpen führen und eine hohe Abhängigkeit von der Sphinx bedeuten. Dass ich hier jetzt doch das eine oder andere Think Twice integriert habe, liegt zum einen an der etwas gedrosselten Geschwindigkeit der meisten Decks im Format sowie der sehr hohen Anzahl an Removal, die man in Duellen mit langsameren Gegnern dadurch besser verschmerzen kann.

Sphinx's Revelation: Hier bin ich ziemlich überzeugt davon, dass drei ausreichend sind und zwar ganz einfach wegen unserer Hauptwinkondition, dem Ætherling. Wollte man früher von Revelation in die nächste Revelation ziehen und deswegen unbedingt vier Exemplare spielen – auch auf die Gefahr hin, mit multiplen das zeitige Spiel zu verschlafen –, bevorzugt man jetzt Revelation into Ætherling, der dann zeitnah das Spiel beendet.

Eigene Planeswalker: Hier kommt man an den Punkt, wo das Fehlen irgendwelcher blockender Dudes zum größeren Nachteil wird. Ohne diese hat man oft große Probleme, Planeswalker auch nur ein wenig zu beschützen und daher spiele ich einfach keine.


Removal: Die verschiedenen Optionen habe ich ja oben schon genannt. Relevant ist auf jeden Fall Azorius Charm, um rechtzeitig mit den aggressivsten Decks interagieren zu können sowie Oblivion Ring, weil der – wenig elegant, aber immerhin – Planeswalker ausschaltet. Der Ring wiederum bekommt den Vorzug vor der Detention Sphere, da ich inzwischen ein ziemlicher Fan von Renounce the Guilds geworden bin. Das Ding ist nahezu nie tot (und wenn, dann meist, weil der Gegner selbst welche spielt) und erledigt diverse teilweise sehr anstrengende Probleme: Voice of Resurgence (damit das Verdict dann wirklich aufräumt), Boros Reckoner, Domri Rade sind die vielleicht häufigsten, aber auch Rakdos Cackler, Geist of Saint Traft, Falkenrath Aristocrat oder gar Assemble the Legion gehören zum Kundenkreis.

Cavern of SoulsÆtherling: Kontrollmirror gehören seit Beginn des Spiels zur Krönung des anspruchsvollen Duells. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein EM-Finale 1999, wo zwischen den beiden Kontrahenten mehr als 40 Counterspells fluktuierten. Heute ist das leider ziemlich genau ins Gegenteil verkehrt. Ein Großteil der Spiele läuft nämlich einfach auf die oben angedeutete Kombination hinaus, gegen die man ziemlich genau keine relevanten Antworten findet. Ich warte deswegen auch noch auf das erste Spiel dieser Art, in der nicht derjenige gewinnt, der das zuerst auf den Tisch bekommt. Natürlich gibt es immer noch anders entschiedene Spiele, beispielsweise wenn einer der Magier in Zug 4 einfach mal darauf verzichtet, ein viertes Land zu legen, oder einer völlig aus der Kalten heraus Jace spielt und resolvt, aber inwiefern das jetzt skillintensiver ist, sei dahingestellt.

Zumindest in der Theorie hat Bant den Vorteil von Farseek und damit des schnelleren Shapeshifters, in der Praxis zeigt sich das jedoch auch nur bedingt. Die andere Funktion von Ætherling ist ganz eindeutig, ein Spiel schnell (!) zu beenden. Denn wie schon in der Einleitung beschrieben gibt es zur Zeit so viele brokene Karten, dass man selbst nach erfolgreicher Revelation für viel nur selten sicher sein kann, nicht gegen eine beziehungsweise eine Kombination mehrerer noch zu verlieren. Deshalb ist es das Sicherste, möglichst wenige zusätzliche Draws zuzulassen. Davon abgesehen, löst Aetherling auch noch einige der auftretenden Schwierigkeiten, etwa Planeswalker – und das oft auch ohne die passende Cavern of Souls.


2 Cavern of Souls
2 Hallowed Fountain
3 Breeding Pool
4 Hinterland Harbor
4 Sunpetal Grove
4 Temple Garden
4 Glacial Fortress
1 Alchemist's Refuge
2 Island

4 Farseek
2 Renounce the Guilds
1 Dissipate
4 Supreme Verdict
2 Terminus
2 Ground Seal
2 Oblivion Ring
3 Think Twice
3 Sphinx's Revelation
2 Syncopate
3 Azorius Charm


4 Thragtusk
2 Ætherling

Sideboard:

2 Renounce the Guilds
2 Rest in Peace
2 Progenitor Mimic
2 Rhox Faithmender
1 Dissipate
3 Centaur Healer
2 Dispel
1 Ætherling


So sieht das fertige Produkt also aus. Die Manabasis überzeugt mich noch nicht hundertprozentig, aber letztendlich will man eben zu Beginn genau ein Ravnica-Dual haben und dann eigentlich nur noch die schmerzfreie Alternative. Dieses eine benötigt man aber zwingend, da sonst ja alles getappt ins Spiel kommt. Auch Farseek muss berücksichtigt werden, das man aus nachvollziehbaren Gründen möglichst in Zug 2 wirken will. Das erklärt die hohe Anzahl grüner Duals beziehungsweise die geringe von Hallowed Fountain. Alchemist's Refuge gefällt mir ausnehmend gut und hat schon die wildesten Situationen herumgebogen. Mehr gehen deswegen aber trotzdem vermutlich nicht, da man ja auch die Seelengewölbe (Plural) noch unterbekommen muss.


Im Sideboard gibt es dann verhältnismäßig wenige Überraschungen, da die meisten lediglich Ergänzungen oder Verbesserungen bereits bestehender Bausteine darstellen. Gegen die richtig aggressiven Decks benötigt man zusätzliche Stoppschilder, die in Form der Kombination aus Centaur Healer und Rhox Faithmender präsentiert werden. Für die Fans könnte man zudem Elderscale Wurm integrieren, weil dieser doch einige Aggromagier vor größere bis unlösbare Probleme stellen könnte. Progenitor Mimic übernimmt den Klonteil des Sideboards. Da dieser aus Platzmangel klein ausfallen muss, nimmt man lieber die beeindruckendere Karte als die billige (Original-Klon).

Ich würde euch jetzt gern sagen, dass mit diesem Deck das Metagame gebrochen sei, dafür müsste ich aber lügen. Positiv gesprochen ist Bant-Control in dieser Form zumindest theoretisch gut in der Lage, quasi jedes feindliche Deck zu besiegen. Die Kartenqualität ist sehr hoch, was immer von Vorteil ist, und eine gewisse Konstanz ist auch gegeben. Auf der Gegenseite spielt man das Kontrolldeck in einem Format, das – ganz oben könnt ihr es nachlesen – wirklich nicht sonderlich freundlich für Kontrolldecks zu bespielen ist. Manchmal ist man entsprechend einfach tot und hat keine, aber auch wirklich gar keine Chance, das zu ändern. Das birgt einen gewissen Frustfaktor, der durch die angedeutet bemerkenswert zufälligen Mirrorspiele sicher nicht geringer wird. Auch ist man trotz aller Bemühungen darauf angewiesen, immer mal die richtige Karte an der richtigen Stelle zu präsentieren. Man selbst kann zwar die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen (zum Beispiel indem man möglichst viele der richtigen im Deck hat), aber das allein reicht manchmal nicht.

In jedem Fall hat es mir jedoch Spaß gemacht, zur Abwechslung mal wieder Inseln ins Feld zu führen und dabei durchaus eine anständige Anzahl an Spielen zu gewinnen. Genau diesen Spaß wünsche ich euch auch, vielleicht schon am kommenden Samstag beim PTQ in Leipzig (für den müsst ihr euch nicht mal voranmelden)!


Bis dahin, möge immer ein Terminus auf dem Deck liegen, wenn man es dort braucht – und nie auf der Starthand …

Der MiDi




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