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Standard
Heroes Like Ooze
von Michael Diezel
03.01.2013

Ein neues Jahr, ein neues Deck!

Damit herzlich willkommen in 2013, einem weiteren Jahr, in dem ich versuchen werde, Euch gebührend zu informieren und zu unterhalten. Nicht immer in dieser Reihenfolge. Beginnen wollen wir den Januar mit meinen Freunden aus Dresden, die sich im sächsischen Magic-Forum bei reya.de mit Problemen beim Angehen eines Standard-FNMs herumschlagen. Dabei geht es hauptsächlich um folgende Problemfelder:

a)
Standard ist so teuer (besonders in Dresden, was ganz tief im Osten liegt).
b)
Dort sind alles langweilige Netdecks.
c)
Eine Kombination aus a) und b).

Okay, das sind jetzt nicht unbedingt neue Schwierigkeiten mit dem Format. Leider lassen sie sich auch nicht so ohne Weiteres entkräften. Standards größter Vorteil - ständig erfrischend neu zu sein - ist hierbei der größte Feind, da mit den vergleichsweise schnellen Rotationen viele Karten nur für ihre (maximal) zwei Jahre Standardzugehörigkeit einen beachtlichen Tauschwert halten.


Billige Decks sind zwar prinzipiell immer möglich, allerdings sind sie gerade in Zeiten eines Mehrfarbenblocks wie Return to Ravnica sehr oft seltener und schlechter. Das liegt in der Natur der Vielfarbigkeit, die aktuell wieder sehr viele extrem starke Karten hervorbringt, die nur dadurch ausbalanciert werden, dass sie eben Mana verschiedener Farben benötigen. Damit man trotzdem all die schicken Goldkarten wirken kann, gibt es momentan supergute Doppelländer, die das Problem der Mehrfarbigkeit fast vollständig lösen. Allerdings zu einem beachtlichen Preis. So müsste man allein für die Länderbasis eines aktuell turniertauglichen dreifarbigen Decks ganz viele Booster öffnen und selbst die Konstrukte, die mit zwei Farben auskommen, benötigen zwingend je einen Satz der entsprechenden Ravnica-Länder (also die, die enttappt ins Spiel kommen, wenn man zwei Lebenspunkte zahlt) und der Innistrad- beziehungsweise M13-Länder, Glacial Fortress, Clifftop Retreat und Co.

Jeder Verzicht auf auch nur eins dieser Länder muss schon extrem gute Gründe haben, um gerechtfertigt zu sein. Deshalb erfüllen Anfang 2013 lediglich einfarbige Decks den Budgetanspruch. Diese wiederum sind im Normalfall schlechter als ihre mehrfarbigen Konkurrenten, einfach weil die mehrfarbigen Karten wie angedeutet so oft so gut und dank der tollen Länder auch problemlos zu integrieren sind. Einzig ein monorotes Deck konnte teilweise mithalten.

In eine ähnliche Argumentation hinein geht das Problem der Netdecks. Fakt ist, dass einige Karten und Strategien besser sind als andere. Die gerade angesprochenen Doppelländer sind ein prima Beispiel. So würde wahrscheinlich niemand auf die Idee kommen, auch nur ein Azorius Guildgate zu spielen, bevor nicht alle vier erlaubten Exemplare von Hallowed Fountain im Deck sind. Immer vorausgesetzt, man besitzt sie. Das wiederum führt dazu, dass es realistisch gesehen nur eine begrenzte Anzahl an potenziellen Decks geben kann. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass die Veränderung von drei Karten keinen neuen Ansatz darstellt. Insofern kann man ziemlich sicher sein, dass die meisten Ideen irgendwo schon einmal dagewesen sind und gerade bei den Klassikern stellen dann die erfolgreichen Netdecks einfach die aktuell beste Umsetzung dar. Zum Glück ist das Format so schnelllebig, dass sich die "aktuell beste Version" sehr flott wieder verlebt, größere Veränderungen in kurzer Zeit sind aber eher unwahrscheinlich.


Bevor Ihr jetzt jedoch alle zu den Ergebnissen der letzten Turniere greift, lasst Euch gesagt sein, dass nicht alles aussichtslos ist. Hin und wieder kann man tatsächlich eine Idee finden, mit der zumindest noch niemand Erfolg hatte, es ist nur nicht sonderlich wahrscheinlich. Immerhin versuchen tausende Spieler weltweit das Gleiche und je nach Euren Fähigkeiten sind zumindest ein paar davon besser als Ihr, haben ein fähigeres Team oder auch nur mehr Glück. Insofern können wir also festhalten, dass es sehr schwer sein wird, den Anspruch aus der Kombination von Erfolg und Kreativität möglichst auszufüllen.

Damit es vielleicht doch einmal klappt, ist es unglaublich wichtig, jedes Spiel, jedes Deck und jede einzelne Karte immer zu hinterfragen. Eine Fehleranalyse ist das A und O, nicht nur beim Deckbau, sondern in vielen Bereichen des Lebens. So weit mein Glückskeksspruch für 2013.

Doch natürlich will ich nicht nur große Reden schwingen, sondern mit gutem Beispiel vorangehen, ein Beispiel anbringen, das sowohl billig, als auch ganz schön gut ist. Und dabei spielt nicht ein Gebirge mit! Einfarbig ist es trotzdem, die Begründung steht oben.

Da Return to Ravnica bekanntermaßen voll von superstarken Goldkarten ist, habe ich mich eher beim vorhergehenden Block umgesehen und bin bei der entsprechenden Pro Tour auf folgendes Konstrukt aus dem Innistrad-Block-Constructed gestoßen:

Justin Plocher

25 Forest

4 Ulvenwald Tracker
4 Young Wolf
4 Mayor of Avabruck
(Howlpack Alpha)
4 Strangleroot Geist
4 Wolfir Avenger
4 Predator Ooze
1 Wolfir Silverheart


4 Prey Upon
2 Blazing Torch
4 Garruk Relentless
(Garruk, the Veil-Cursed)

Sideboard:

3 Gloomwidow
4 Bramblecrush
2 Nightshade Peddler
2 Blazing Torch
4 Grafdigger's Cage


Es gibt sogar ein Video, in dem erklärt wird, was warum mitspielen darf:



Dieses Gebilde war durchaus erfolgreich und spielt mit Predator Ooze eine Karte, die farblich dermaßen anspruchsvoll ist, dass man sie selbst in der heutigen Zeit nicht völlig schmerzfrei mehrfarbig verbauen kann. Ein weiterer Vorteil des Schlamms ist das momentan recht spärliche Auftreten von Antworten. Schaut man nämlich durch all die gefürchteten Netdecks der vergangenen Wochen, gibt es eine ganze Menge, die zwischen keiner und sehr wenigen Lösungen enthalten. Diese Antworten sind in erster Linie Detention Sphere und Oblivion Ring, Tragic Slip, Sever the Bloodline sowie temporär Azorius Charm und Unsummon, die offensichtlich trotzdem ganz schön gut sind, da das Ooze eine ganze Weile benötigt, um bedrohlich zu werden. Ganz schlimm für ein solches Kreaturendeck, welches eigentlich auf die Langlebigkeit seiner Männer baut, ist natürlich Terminus, der zum Glück (noch) hinter Supreme Verdict zurücksteckt.

Wie genau habe ich das Ganze jetzt verändert und ans Standardformat angepasst? Nun, zuerst habe ich Garruk Relentless eliminiert, da er das Budget sprengt. Dieser Planeswalker ist tatsächlich ein Verlust und das in vielerlei Hinsicht. Nicht nur, dass er als grüne Kreaturenzerstörung quasi das Monopol auf einen solchen Effekt hat, auch die Alternativen in der Manakurve sind überschaubar. Realistisch gesehen gibt es nur Deadbridge Goliath und Yeva, Nature's Herald. Letztere hat mich ganz schön überzeugt, kommt aber dank ihres Legendenstatus nicht über zwei Kopien hinaus. Der Goliath enttäuscht immer wieder, was besonders traurig ist, da ein 5/5er mit beachtlichem Bonus für lediglich vier Mana in meiner Jugend noch völlig bescheuert gewesen wäre. Aber diese mystische Jugend gab es auch in einem anderen Jahrtausend.

Immerhin wird dieses mutierte Insekt deutlich augewertet und zwar durch folgendes Schmuckstück, ebenfalls aus den 90ern:


Rancor macht alles, was dieses Deck benötigt. Viel Druck für wenig Mana, essenziellen Trampelschaden nicht nur für Deadbridge Goliath, sondern auch für das potenziell noch viel dickere Schlammwesen und natürlich ein Bodyupgrade, um besser kämpfen zu können. Damit meine ich jetzt das "Fight" und nicht den "Combat".

Ebenfalls eine spürbare Verbesserung gibt es mit der Integration von Arbor Elf. Der Sprung von ein auf drei Mana ist supergut, da so ein Ooze in Zug 2 ebenso beeindruckend ist wie etwa ein Strangleroot Geist mit Rancor. Das Deck verlässt dafür Young Wolf, der einfach zu oft ziemlich egal ist.

Dank der neu gewonnenen Manaelfen lassen sich ein bis zwei Länder entfernen und gleichzeitig die Anzahl von Wolfir Silverheart erhöhen. Diese zu beschleunigen gibt zusätzliche Geschwindigkeit, die besonders dann benötigt wird, wenn das Spiel ins sogenannte Race geht, bei dem beide Decks mehr oder weniger aneinander vorbei angreifen und versuchen, so schnell so viel Schaden wie möglich anzurichten. Auch ansonsten ist Papa Wolf durchaus eine Ansage. Damit wir die Beschleunigung noch zuverlässiger erreichen, spiele ich jetzt noch zwei weitere Manatiere und zwar diese Kameraden:


Natürlich ist das keine wirklich tolle Karte, erfüllt aber ihren Zweck. Insbesondere im Zusammenspiel mit Wolfir Avenger und Yeva, Nature's Herald gelingt schnell mal die Transformation, die dann alle Manaprobleme mit einem Schlag löst. Apropos Yeva: Besser als so ein doppelter +4/+4-Bonus (Wolfir Silverheart) ist ein doppelter +4/+4-Bonus, der als Spontanzauber gespielt werden kann.

Die letzte Neuerung stellt eine weitere an sich furchtbare Karte dar, die aber trotzdem ihre Daseinsberechtigung hat. Wenn nicht mehr!


Sehr viele Spiele laufen darauf hinaus, dass man ein gewaltiges Predator Ooze produziert oder irgendetwas mit Rancor und/oder Wolfir Silverheart ins Rennen schickt. Wie schon angedeutet gibt es darauf nicht so wahnsinnig viele Antworten. Gleichzeitig ist die so aufgebaute Bedrohung derart, dass dem Gegner fast nichts anderes übrigbleibt, als doch eine davon zu zücken. Schafft er das, gibt es Ranger's Guile und die ziemlich sichere Hoffnung, dass kaum weitere Antworten folgen werden. Natürlich klappt das nicht immer so, aber das jetzt integrierte Doppelpack ist doch selten völlig nutzlos und hat jederzeit das Potenzial, ein Spiel zu entscheiden.

So viel zur Theorie, hier ist die fertige Liste:


23 Forest

4 Arbor Elf
4 Strangleroot Geist
2 Deadbridge Goliath
4 Predator Ooze
4 Ulvenwald Tracker
4 Wolfir Avenger
3 Wolfir Silverheart
2 Yeva, Nature's Herald
2 Scorned Villager
(Moonscarred Werewolf)


4 Rancor
2 Ranger's Guile
2 Prey Upon

Sideboard:

1 Ranger's Guile
1 Prey Upon
3 Triumph of Ferocity
2 Plummet
3 Ground Seal
4 Bramblecrush
1 Pithing Needle


Was kann das Deck jetzt?

Zum einen ist es extrem stabil. 23 Wälder plus vier Manaelfen sorgen dafür, dass man in fast jedem Spiel ordentlich mitmachen kann.
P
Hinzu kommen mit Predator Ooze, Ulvenwald Tracker und Wolfir Silverheart Karten, die problemlos ein Duell im Alleingang entscheiden können.
P
Zwischen dem Aufblitzen von Yeva und Wolfir Avenger, der Regeneration des Letzteren, dem Undying von Strangleroot Geist und natürlich der Unzerstörbarkeit des Schleims hat man zudem eine Menge Kreaturen, die Kontrollmagier verschiedenster Zugehörigkeit vor Schwierigkeiten stellen können.

Was es nicht kann:

Die Qualität der Einzelkarten ist vergleichsweise niedrig. Das bedeutet, wenn ein gegnerisches Deck das macht, was es soll, und gleichzeitig Antworten für unseren Plan hat, wird es eng. Dieses betonte "und" ist aber tatsächlich eine ganze Menge, was dem Feind da abverlangt wird.
P
Eine zweite Schwierigkeit tritt immer dann auf, wenn der Gegner plötzlich vergisst, dass er ja eigentlich keine Antworten auf Predator Ooze und Co. spielen soll. Jeder Terminus zum Beispiel erhöht die Siegchancen für den Gegner drastisch.
P
Ein letzter Punkt ist das Sideboard. Gibt es schon im Deck selbst eine geringere Qualität dank der erzwungenen Einfarbigkeit, wird das bei den Sideboardoptionen noch deutlicher. Wirklich mächtig sind hierbei maximal das dritte Ranger's Guile (ein viertes will man trotzdem nicht, da nur selten mehrere benötigt werden beziehungsweise diese zu seltsamen Draws führen können) und der Triumph of Ferocity. Letztere empfehle ich mit einem Manaelfen in Zug 2 zu wirken, wenn man angefangen hat. Prey Upon ist die beste grüne Kreaturenzerstörung, die nicht Garruk heißt. Zuverlässig ist das Ding jedoch leider nur bedingt. Plummet braucht man vermutlich gar nicht, da es bis auf Restoration Angel und Thundermaw Hellkite kaum nennenswerte Ziele gibt. Ground Seal hilft gegen das Unburial Rites-Deck des Vertrauens … zumindest bis diese mit Ray of Revelation kontern. Bramblecrush ist ein sehr mäßiger Plan gegen die ganzen langsamen Decks, aber immerhin ist es ein Plan. Manchmal klappt es sogar ganz gut, den Gegner - wenigstens farblich - vor Manaprobleme zu stellen, und alle Jubeljahre trifft man einmal eine Detention Sphere oder gar Jace, Architect of Thought. Gegen diesen hilft natürlich auch Pithing Needle, die jedoch in erster Linie nicht für die diversen Planeswalker gedacht ist, sondern für folgenden Sportkameraden, der immer häufiger in verschiedenen Listen auftaucht:



Spielerisch bewegt sich das monogrüne Deck gewohntermaßen am unteren Durchschnitt der Schwierigkeit. Meist gibt einem das vorhandene Mana den Spielzug vor, knifflig wird es immer dann, wenn der Gegner mitmacht. Gern würde ich hier mehr schreiben, aber wie so oft sind die einzelnen Situationen so komplex, dass dies kaum sinnvoll möglich ist.

Ein kleiner Tipp dennoch an dieser Stelle: Auf Predator Ooze stehen drei Sätze. Der dritte wird gern mal vergessen und das kann in verschiedenen Szenarien relevant sein. Einfachstes Beispiel ist der ungeblockte Angriff, wo ein zusätzlicher Schadenspunkt winkt, wenn man das Ooze mittels Ulvenwald Tracker erfolgreich anderswo kämpfen lässt. Solche kleinen Details können durchaus über Sieg oder Niederlage entscheiden, insofern empfehle ich selbst ein scheinbar unkompliziertes Deck wie dieses vor seinem großen Auftritt eine Weile zu testen. Im Normalfall sollten damit die Siegchancen kontinuierlich steigen. Ich selbst bin aktuell bei sehr beachtlichen Werten angekommen, würde das Konstrukt also unbedingt als FNM-tauglich bezeichnen. Der große Vorteil solcher Testspiele liegt dann darin, dass man erkennt, womit der Gegner so spielt, und im Idealfall daraus lernt. Wenn Ihr zum Beispiel gegen den blau-weißen Kontrollmagier ein Ooze liegen habt und vor der Wahl zwischen Ooze Nummer 2 und Wolfir Avenger steht, spielt ihr bestimmt eher den Wolf, wenn Euer Doppel-Ooze schon mal wie meins das Opfer von Detention Sphere wurde.

In diesem Sinne, gebt dem Ganzen eine Chance, und selbst wenn die grünen Karten nichts für Euch sind, hoffe ich doch, gezeigt zu haben, dass es immer Hoffnung gibt!

Der MiDi




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