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The Lost Boys
von Michael Diezel
13.12.2012


„Es gibt viel schlimmere Dinge, die der Mensch ertragen muss, als den Tod.“
Dracula (1931)

Wenn man aktuell ein Standardturnier spielt, wird man kaum durch die Runden kommen, ohne mindestens einmal ein Duell mit den Zombies ausgetragen zu haben. Angeführt von Gravecrawler und Geralf's Messenger gehören sie zum Besten, was das Format zu bieten hat. Doch neben den Hirnlosen gibt es noch weitere, deutlich smartere Untote, die es verdient hätten, dass man um sie herum ein Deck baut: die Vampire.


Diese sind auf Ravnica (beinahe) ausgerottet, sodass wir größtenteils auf Personal von Innistrad zurückgreifen müssen. Dort waren die Blutsauger bekanntlich einer der Hauptgegner der Menschen und dadurch in beachtlicher Anzahl und Qualität vorhanden. Farblich gesehen verteilen sie sich recht fair auf die Farben Rot und Schwarz, wie man sowohl am passenden Lord, als auch am besten Vampir des Formats gut erkennen kann:


Dass die Aristokratin gut ist, steht auf der Karte ja quasi drauf. 4/1-Flieger mit Eile sind sowieso eine Ansage, die potenzielle Unzerstörbarkeit setzt dem Ganzen dann die Krone auf, da es nur sehr wenige Karten gibt, die sie überhaupt abrüsten können und gleichzeitig von anderen Decks gespielt werden. Die wichtigsten sind vermutlich Tragic Slip und Terminus. Eins der größten Probleme, das sich dem Mädel ansonsten in den Weg stellen könnte, sind kleine Geistspielsteine, wie sie zum Beispiel Lingering Souls billig und in größerer Stückzahl produzieren.

Hierfür gibt es mehrere Lösungsansätze. Thundermaw Hellkite ist vermutlich die effektivste Lösung, da er selbst eine ansehnliche Bedrohung darstellt, aber auch Massenzerstörung wie Bonfire of the Damned oder einfach ein steter Strom an Opfern – idealerweise menschlicher Natur – helfen weiter. Eine weitere Option, auf die wir heute zurückgreifen wollen, bietet unser Vampirchef des Vertrauens. 4/1 sind nämlich Kampfwerte, bei denen die Fähigkeit „Erstschlag“ so richtig Sinn ergibt. Vom Verbessern der Zahlen mal ganz abgesehen. Auch darüber hinaus stellt Erstschlag eine durchaus potente, oft unterschätzte Fähigkeit dar, besonders in der Defensive. Stellen sich dort nämlich ein paar mögliche Blocker nebeneinander auf, wird es selbst für ansonsten ausgewachsene Tiere schwer, noch sinnvoll Schaden zu machen. Diese Überlegung behalten wir ein bisschen im Hinterkopf, sorgt sie doch dafür, dass wir vermutlich ein etwas gemächlicheres Tempo mit unserem Deck einschlagen werden. Vampire genießen ihren Auftritt eben.

Eine zweite kleine Synergie des Captains ergibt sich im Zusammenspiel mit einem weiteren Bekannten:


Erstschlag kombiniert mit Todesberührung sorgt für den klassischen K.O. jeder gegnerischen Kreatur, die nicht selbst mit ausgewählten Gegenmaßnahmen vorbereitet ist.

Unsere anderen Vampire profitieren zwar nicht in dem Maße vom Chef wie die bisher vorgestellten, so ein netter +1+1-Bonus schadet aber bestimmt keinem. Doch was sind eigentlich diese anderen Vampire, von denen ich gerade gesprochen habe?

Sicherlich nicht die aggressiven Brüder wie Bloodcrazed Neonate oder Crossway Vampire. Stattdessen spielen wir einfach noch einen Lord und zwar einen, der diesen Namen auch wirklich trägt:


Um diesen optimal zu nutzen, benötigen wir eigentlich ein Deck, welches nicht zu sehr auf Geschwindigkeit ausgelegt ist (ansonsten sind vier Mana für eine 3/3-Kreatur, die nicht sofort ins Spielgeschehen eingreift, einfach zu viel), aber trotzdem eine Menge Vampire enthält, um die überaus beeindruckende Transformation schnell zu bewerkstelligen. Insofern ist unser Ansatz – zumindest in der Theorie – ideal. Der nächste Vampir dürfte ebenfalls vielen schon im Standard untergekommen sein, was meist ein gutes Indiz für die Spielstärke ist:


Sein Job ist es, den Gegner möglichst frühzeitig vor Probleme zu stellen, da er flott auf beachtliche Größe anwächst. Hierbei hilft Stromkirk Captain übrigens ebenfalls, indem er den edlen Freund nämlich an nahezu allen zu diesem Zeitpunkt möglicherweise auftauchenden Feindkreaturen vorbeibringt.

Nachdem wir auf diese Art nach und nach alle richtig guten Vampire versammelt haben, wird es Zeit uns Gedanken über den Rest zu machen. Dabei gibt es – wie so oft im Leben – mindestens zwei vertretbare Wege. Nummer 1 (langweilig) kombiniert unsere Beißerchen mit den diversen guten Karten der Farbkombination. Nummer 2 wird uns jetzt im Detail beschäftigen und wartet mit einem Duo zweier weiterer Vampire:


Allein gelassen sind beide nicht die ganz große Hilfe. Ihr Wert ergibt sich erst in kleinen Kombinationen mit anderen Karten, wobei Blood Artist eher der Gruppe der Profiteure zugehört, während Bloodthrone Vampire solche Synergien überhaupt erst ermöglicht. Anhand des Kartentexts kann man gut erkennen, dass es auf ein kräftiges Opfern hinausläuft, wodurch der Blutkünstler für einen kontrollierten Lebenspunkteumschwung sorgt. Da man neben Bloodthrone Vampire noch Falkenrath Aristocrat hat, der ebenfalls jederzeit Männer frühstücken kann, ist es weiterhin sinnvoll, nach zusätzlichen Opfern Ausschau zu halten.

Diese finden wir auf der gegnerischen Seite des Spielfelds, von wo wir sie uns mit sogenannten Threaten-Effekten ausleihen. Diese sind nach dem Onslaught-Original benannt und bezeichnen ebenjene Zauber, die für einen Zug die Kontrolle über eine Kreatur des Gegners erlauben. Im Normalfall sorgt das für einmaligen Schaden, doch bei uns kommt dank der angesprochenen Opferkreaturen noch ein nachträgliches Entfernen hinzu. Karten, die dies ermöglichen sind aktuell Mark of Mutiny, Traitorous Blood und Zealous Conscripts.


Letzteren kommt eine weitere wichtige Aufgabe zu: Sie sind unsere Hauptwaffe gegen Kontrolldecks mit sehr wenigen Kreaturen. Gegen die sind wir nämlich ansonsten ziemlich dürftig aufgestellt. Kreaturenklau ist mäßig, wenn der Gegner keine Kreaturen hat, ebenso Kreaturenzerstörung, mit der wir uns gleich beschäftigen werden. Zusätzlich sind ja einige unserer Vampire die zugehörigen Synergieträger, was bedeutet, dass sie ebenfalls nicht sonderlich beeindruckend sind, wenn ihre Partner (eben die genannten Kreaturendiebe) nicht mitspielen. Aber selbst jemand wie unser Captain möchte eigentlich lieber gegen wenig Removal spielen, da er nur so sein Potenzial abrufen kann, dass sicher nicht in seinem einsamen Kampfwerten als 2/2-Erstschläger besteht.

Doch wie genau helfen jetzt die Rekruten?

Ganz einfach, sie stehlen feindliche Planeswalker! Im Idealfall, wenn diese genug Marken für ihr Ultimate haben, aus Cavern of Souls gezaubert, damit sich auch der Neutralisationsmagier nicht dagegen wehren kann. Ansonsten übernimmt man mit ihnen natürlich auch gern sämtliche dicke Kreaturen, um sie nach einem Angriff in den Opfervampir des Vertrauens zu werfen.

Nachdem wir auf diese Weise die Kreaturenbasis gelegt haben, füllen wir noch auf. Vermutlich mit Kreaturenzerstörung und wahrscheinlich mit Ländern. Bei Ersterem hat man die Qual der Wahl: Pillar of Flame, Searing Spear, Dreadbore, Bonfire of the Damned … wären problemlos und gut spielbar. Ich selbst habe mich jedoch für folgende Kombination entschieden:

Mizzium Mortars sind gleichzeitig zuverlässige Punktlösung ab Zug 2 und die Massenvernichtung, wenn es doch mal wieder länger dauert. Wie schon mehrfach angedeutet passiert das besonders im Kampf gegen andere Kreaturendecks gern, da hier die Defensivqualitäten der Vampire beachtlich sind. Klingt seltsam, ist aber so.


Tragic Slip wiederum hat gleich ein ganzes Bündel an Proargumenten, etwa das Dasein als Spontanzauber, welches nicht nur gegen Haste oder Flash relevant ist, sondern auch zusammen mit den diversen Erstschlägern als ordentlicher Trick im Kampf funktioniert. Ansonsten kann man dank der verschiedenen Opferkreaturen ja auch morbid recht selbständig anwerfen und dadurch nahezu jeden Mann besiegen.

Wie gesagt, gerade in diesem Bereich gibt es aber durchaus auch andere Variationen. Ebenfalls denkbar sind noch kontrollierendere Karten wie etwa Rakdos's Return oder zumindest Sign in Blood. Gegen diese habe ich mich entschieden, da sie ihre Stärken eher gegen kreaturenarme Decks ausspielen. Solche Gegner benötigen jedoch sowieso weitere Zuwendung, für die ich einfach keinen Platz sehe. Insofern akzeptieren wir Probleme in diesen Duellen immer zugunsten von guten Matchups gegen Kreaturendecks. Muss man trotzdem gegen kreaturenarme Gegner ran, hilft sowohl der angesprochene Conscripts-Plan als auch – zumindest manchmal – die Stärke der Einzelkarten. Gerade unsere 4-Mana-Kreaturen gewinnen eben durchaus unbeantwortet im Alleingang. Darüber hinaus muss das Sideboard herhalten, welches entsprechend besonders auf die ausdauernden Matchups ausgerichtet sein muss.

Bevor wir uns diesem aber zuwenden, schauen wir noch auf das fertige Maindeck:


6 Swamp
4 Mountain
4 Dragonskull Summit
4 Blood Crypt
4 Cavern of Souls
2 Rakdos Guildgate

2 Mizzium Mortars
3 Tragic Slip
2 Mark of Mutiny


3 Zealous Conscripts
4 Bloodline Keeper
(Lord of Lineage)
4 Vampire Nighthawk
3 Bloodthrone Vampire
4 Falkenrath Aristocrat
4 Stromkirk Captain
4 Stromkirk Noble
3 Blood Artist


Bei den Ländern gibt es nicht viel zu sagen. Lediglich die Inklusion des Komplettsatzes Cavern of Souls würde ich herausstellen, die in diesem Deck wirklich gut wie in kaum einem anderen sind.

Zum Sideboard: Wenn wir davon ausgehen, dass der Gegner wenige bis keine Kreaturen auf den Tisch legt, wollen eigentlich folgende Karten nicht mehr mitspielen: Bloodthrone Vampire, Blood Artist, alle sechs Nichtkreaturensprüche. Wer mitgezählt hat, kommt auf 13 Karten, die ersetzt werden wollen. Und da haben wir noch nicht mal über Stromkirk Captain gesprochen, der ebenfalls ganz schön mäßig ist, wenn man davon ausgehen muss, dass kaum Vampire liegenbleiben.

Doch bleiben wir für den Moment bei 13, oder eigentlich eher so zehn bis elf: Da man fast immer davon ausgehen kann, dass spätestens nach dem Boarden doch zumindest irgendein Mann beim Gegner auftaucht, sollte man gut überlegen, bevor man tatsächlich jeden Zerstörer entfernt. Trotzdem noch eine ganze Menge und diese werden durch folgende Dinge ersetzt:


Sideboard:

2 Underworld Connections
2 Bonfire of the Damned
2 Slaughter Games
2 Rakdos's Return
4 Duress
3 Cremate


Das sind theoretisch 13 Karten gegen Kontrolle (alles außer Bonfire), die sich jedoch auch problemlos staffeln lassen. Prinzipiell ist die Idee, nur noch relevante Karten auf den Tisch zu bekommen, was mit Duress abgesichert ist. Slaughter Games und Rakdos's Return sorgen dann dafür, dass man mehr Bedrohungen hat, als der Gegner eigene beziehungsweise Antworten. Spielt der Gegner hingegen viele Kreaturen, lässt sich kaum etwas finden, das auch nur ansatzweise schlecht ist. Entsprechend beschränkt sich mein Eingreifen in die Konfiguration dann normalerweise auf ebendiese beiden Bonfires, gerade auch, wenn der Gegner sich eher in Richtung Token bewegt.

Zum Abschluss noch kurz ein paar Worte zu Vampire Nocturnus beziehungsweise dessen Fehlen im ausgewiesenen Vampirdeck. Sein Bonus ist mit Sicherheit gewaltig, verlangt aber nach extrem vielen schwarzen Karten. Dies ist zwar so gegeben, dass man auf ungefähr 50% Trefferwahrscheinlichkeit kommt, aber das reicht mir nicht. Ohne eine Form die Spitze der Bibliothek zu beeinflussen (etwa über Fetchländer), hat man jeden Zug wirklich nur genau den einen Versuch. Hinzu kommt, dass unser Deck in der jetzigen Konfiguration ganz schön weit entfernt von einem reinen Aggrodeck ist, welches aber der optimale Platz für den Vampir der Nacht wäre. Wie es ist, verliert er einfach das direkte Duell mit Bloodline Keeper (mit Falkenrath Aristocrat sowieso), der allein mehr Präsenz zeigt und bei Bedarf einen ähnlich mächtigen Bonus verteilt, allerdings ohne Zufallskomponente.

Aber auch ohne ihn dürften noch eine Menge ziemlich unterhaltsamer Karten und Synergien enthalten sein. Habt also Spaß beim Ausprobieren!

Der MiDi




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