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Casual
Der Richter und sein Henker
von Michael Diezel
12.10.2012

Wie versprochen geht es heute weiter mit der genaueren Betrachtung der neuen Gildenchefs. Azorius steht auf dem Plan und damit folgendes Vögelchen:


Meiner unbedeutenden Meinung nach ist Isperia die am wenigsten spielbare der fünf Legenden. Das beginnt schon bei den Manakosten, die mit sechs insgesamt durchaus stattlich ausfallen. Die beiden letzten Jahre haben zwar gezeigt, dass auch derart teure Kreaturen in richtig starken Decks mitspielen können, aber diese hatten meist ein „Titan“ im Namen und das war dann auch Programm. Isperia bietet für all das Mana zunächst eher durchschnittliche Kampfwerte. Power 6 ist sehr anständig, aber die Widerstandskraft von vier lässt ziemlich zu wünschen übrig. Damit lassen sich eine Menge billigerer Kreaturen nicht blocken, ohne dass unser Supreme Judge ebenfalls draufgeht, und zudem gibt es mit Mizzium Mortars wichtige Kreaturenvernichtung, welche recht zielgenau die Vier hinten anvisiert. Als Sphinx hat sie zumindest die relevante Flugfähigkeit und somit ein beachtliches Haudraufpotenzial. Drei mal sechs ist bekanntlich 18 und somit können drei Angriffe gern mal ausreichen, um das Spiel einfach zu gewinnen.

Der eigentliche Wert von Isperia, Supreme Judge liegt aber – wie so oft bei Kreaturen – in der Textbox. Leider (und das ist der Grund, weswegen sie nur bedingt spielbar ist) bezieht sich der entscheidende Satz dort ausschließlich auf feindliche, angreifende Kreaturen und beschränkt somit die Wirksamkeit auf Gegner, die eben …

a)
Kreaturen im Spiel haben,
b)
auch noch gewillt sind, diese in die Waagerechte zu drehen.

Während a) bis auf wenige Ausnahmen wohl auf alle Decks zutreffen dürfte, ist b) ein ernsthaftes Problem. Zum einen gibt es nämlich eine Menge Decks, die gar nicht so sehr darauf ausgerichtet sind, mit zahlreichen Männern anzugreifen, zum anderen kann man das auch recht unkompliziert vermeiden: Man verzichtet einfach auf den Angriff.

Ganz so einfach ist es dann natürlich doch nicht, immerhin wird ein Gegner kaum ohne Angriff das Spiel gewinnen können. Auch die beachtlichen Offensivqualitäten von Isperia reduzieren ein wenig die feindlichen Möglichkeiten des Wartens. Trotzdem hat der Gegner zunächst eine Wahl und wie nachteilig sich so etwas auswirkt, sieht man ganz hübsch am Vergleichsobjekt Vexing Devil, der sich ja längst als ziemlich mies erwiesen hat.

Ein Beispiel zu Isperia selbst soll das verdeutlichen:


Isperia liegt im Spiel und der Gegner hat zehn Kreaturen jeweils mit Power 1. Jetzt hat er die Wahl anzugreifen (und uns somit zehn Karten ziehen zu lassen), die er nutzen wird, falls er zum Beispiel damit das Spiel gewinnt, weil wir auf weniger als zehn Lebenspunkten sind. Alternativ kann er es seinlassen und versuchen, eine Lösung für Isperia zu finden. Selbst in dem (für uns positiven) letzten Fall war Isperia dann zunächst nicht viel mehr als ein Fog.


Noch deutlicher wird es, wenn wir die zehn kleinen Männer durch, sagen wir, drei große ersetzen, die jeweils bei einem Zweikampf mit Isperia die Sphinx mit ins Grab nehmen würden. Auf einmal kommt nämlich selbst bei größeren Lebenspunktezahlen noch die Option hinzu, dass der Gegner einen einfach angreift und die drei Karten ziehen lässt. Blockt man jetzt mit Isperia, hat man netto eins zu eins den Mann getauscht und dazu drei Karten gezogen. Klingt erst mal nicht schlecht, gleichzeitig wurde man aber für eine Menge geschlagen und hat auch viel Mana gelassen. Je nach Situation kann jedoch der Gegner beurteilen, ob das für ihn vorteilhaft ist oder aber nicht.

Langer Rede kurzer Sinn: Isperia einfach so zu spielen, ist wahrscheinlich wenig sinnig, da die Fähigkeit zu speziell ist und man somit bessere Alternativen findet. Letzteres ist immer wieder wichtig. So ist unser Judge natürlich trotzdem eine mächtige Karte, die man auch locker in ein langsames blau-weißes Deck integrieren könnte. Allerdings gibt es eben Karten, die (fast) immer besser sind und deswegen für solche Decks geeigneter wären. Umgekehrt kann man sich allerdings nach Optionen umsehen, den Gegner zum Angriff zu zwingen, und schauen, inwiefern man das noch weiter ausnutzen könnte.

Zum Angriff zwingen können wir mit folgenden Karten:

Zwei Sachen fallen dabei auf: Abgesehen von der Provokateurin sind alle rot und vergleichsweise schwach. Das Problem bei dieser Art von Karten ist, dass sie nur in bestimmten Situationen überhaupt einsetzbar sind und dann auch noch spezielle Umstände benötigen, in denen sie dann tatsächlich etwas machen. Wenn der Gegner zum Beispiel sowieso angreifen würde, müssen wir nicht extra eine Karte dafür ausgeben. Immerhin haben sie fast alle noch einen kleinen Nebeneffekt, sei es, dass sie eine Kreatur sind, Schaden verursachen oder wenigstens an den Kampfwerten herumspielen.

Trotzdem sollte uns mehr einfallen, wie wir aus dem Attackiert-Werden weiteren Nutzen ziehen können. Interessant wäre beispielsweise Blood Reckoning, allerdings wäre das bereits die vierte Farbe. In Rot selbst finden wir dagegen folgende Schlafmütze:


An seinem Beispiel konnte man das gerade ausführlich angesprochene Problem dabei, dem Gegner die Entscheidung für oder gegen Angriff zu überlassen, übrigens schon vor Monaten beobachten.

Weitere Karten, die direkt davon profitieren, dass man angegriffen wird, habe ich leider nicht gefunden, deswegen müssen wir weiterhin Dinge suchen, die indirekt Bezug darauf nehmen. Das sind offensichtlich zunächst alle Kreaturen, die besser werden, wenn sie blocken. Dazu gehören etwa sämtliche Erstschläger, die vor allem gemeinsam eine undurchdringbare Mauer bilden. Apropos Mauer, selbstverständlich sind deren normalerweise stattlichen Kampfwerte beeindruckender, wenn sie auch tatsächlich zum Kämpfen kommen. Ebenfalls aufgewertet werden alle Karten, die nur dann funktionieren, wenn angegriffen beziehungsweise geblockt wird, wie Righteous Blow und Burning Oil. Gerade Letzteres mausert sich plötzlich zu einem sehr soliden Zerstörungszauber. Final gibt es noch eine letzte Gruppe an Profiteuren: sämtliche Planeswalker!


Warum? Gut, dass ihr fragt! Letztendlich wird ein Deck, dass darauf basiert, den Gegner angreifen zu lassen, vor defensiven Karten nur so strotzen. Entsprechend ausgeprägt sind auch Planeswalker geschützt und können folglich ihr beachtliches Potenzial entfalten. Der Planeswalker, der mit Sicherheit am besten ins Konzept passt, ist Jace, Architect of Thought, dessen erste Fähigkeit alle der geforderten Angriffe deutlich abschwächt. Leider hat er – wie es sich für Jace gehört – einen beachtlichen Tauschwert. Gerade jetzt im Moment gehe ich also nicht davon aus, dass sämtliche meiner Leser schon über größere Stückzahlen verfügen und werde deswegen ohne ihn bauen. Wer das Glück hat, welche zu besitzen, darf sie jedoch gerne integrieren. Wie gesagt, sie machen das Deck sicher nicht schlechter. Zumal ein Planeswalker auch traditionell in den Duellen stark ist, bei denen unsere Strategie sonst Probleme bekommen dürfte, nämlich gegen andere Decks mit wenigen Kreaturen.

Kommen wir zur Deckliste:


5 Mountain
2 Plains
4 Island
3 Transguild Promenade
1 Desolate Lighthouse
4 Evolving Wilds
2 Azorius Guildgate
4 Izzet Guildgate

3 Isperia, Supreme Judge
4 Fog Bank
4 Augur of Bolas
4 Slumbering Dragon


3 Chandra, the Firebrand
3 Azorius Charm
2 Mizzium Mortars
3 Sphinx's Revelation
4 Burning Oil
2 Cyclonic Rift
3 Curse of the Nightly Hunt


Mit Fog Bank, Augur und Slumbering Dragon hat man gleich zwölf Kreaturen, die am Anfang dichtmachen können. Zusätzlich gibt es mit Burning Oil, Azorius Charm, Mizzium Mortars und Cyclonic Rift zahlreiche Sprüche, die ebenfalls sehr zeitig Defensivqualitäten beweisen. Damit es wirklich zum feindlichen Angriff kommt, sind drei Exemplare des passenden Fluchs integriert. Dieser gewann den Platz im Deck gegen seine direkten Konkurrenten hauptsächlich durch die Kombination aus Zuverlässigkeit und Stabilität. Verzauberungen bekommt man eben nicht so leicht weg wie 1/1-Kreaturen.

Sphinx's Revelation ist eine meiner neuen Lieblingskarten, da sie im späten Spiel all das zurückgibt, was vorher verloren wurde: Lebenspunkte und Handkarten. Chandra, the Firebrand hat schließlich den Posten des vertrauensvollen Planeswalkers ergattern können, weil sie ihre zweite Fähigkeit hervorragend mit all den Sprüchen im Deck harmoniert.


Bei den Ländern habe ich erneut Abstriche zugunsten des Budgets in Kauf genommen. Prinzipiell sind natürlich die neuen – alten – Doppelländer um Steam Vents und Hallowed Fountain besser als die Gildentore, aber eben auch deutlich weniger leicht zu bekommen. Ihre Überlegenheit erklärt sich übrigens nicht nur aus der Option, sie bei Bedarf für zwei Lebenspunkte enttappt spielen zu können, sondern auch aus ihrer Synergie mit den seltenen Ländern aus M13 beziehungsweise Innistrad. Wer das Kartenmaterial hat, nimmt also auch Glacial Fortress und Sulfur Falls.

Die beiden raren Overloadkarten, die ich letztendlich integriert habe, sind wiederum Tauschempfehlungen meinerseits. Sie zeigen dabei schön, wie positiv die Möglichkeit zur eigenen Entscheidung den Ausfluss eines Spiels bestimmen kann. Zu Beginn eines Duells ordentliche Varianten eines Zerstörungszaubers beziehungsweise eines Rückrufs, können sie überladen gewirkt komplette Spiele drehen.

Ein vollständiges Sideboard kann und möchte ich euch auch diesmal wieder nicht mitgeben, da ich weiterhin glaube, dass hier einfach zu viele Faktoren eine Rolle spielen und es somit regional von Turnier zu Turnier größere Unterschiede geben dürfte. Für den Bau würde ich euch raten zu überlegen, gegen welche Decks ihr vermutlich spielen werdet und was das Deck im direkten Aufeinandertreffen macht. So erkennt ihr, welche Karten hilfreich und welche es nicht sind. Des Weiteren sollten so Ideen auftauchen, wie spezielle Feinde anzugehen wären … Ich arbeite schon am entsprechenden Artikel!

Bis dahin wünsche ich euch erst einmal viel Freude mit Isperia und dem schlafenden Drachen!

Der MiDi




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