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Tiago und seine Spießgesellen
von Michael Diezel
26.07.2012

M13 hat aktuell einen schweren Stand. Zwar gibt es durchaus eine beachtliche Menge interessanter Karten, doch dürfte ein Großteil davon erst mit der Rotation im Herbst wirklich spielbar werden. Bis dahin ändert sich wohl nicht mehr sonderlich viel im Standardformat. Die Ursache liegt in der unglaublichen Stärke verschiedener Einzelkarten beziehungsweise Minisynergien, die zum einen schlichtweg stärker sind als alles Vergleichbare und zum anderen sehr oft auch noch gut splashbar.

Schaut euch nur mal eine Kreatur wie Thundermaw Hellkite an:


Von ihren Kampfwerten her die vielleicht stärkste rote Kreatur aller Zeiten – und trotzdem bestenfalls eine Randerscheinung, da ein Vanillabeater für fünf Mana einfach nicht gegen Vapor Snag oder Engeltricks ankommt. Ganz ähnlich ergeht es auch diversen anderen eigentlich vielversprechenden Exemplaren. Selbst ein Thragtusk, der ja nun wirklich Vapor Snag-sicher ist, wird dank seiner Schwäche gegenüber anderen Karten (hauptsächlich Kreaturen wie Blade Splicer) kaum gespielt. Schade? Mit Sicherheit. Überraschend? Eher nicht.

Deswegen war es auch ein eher unauffälliger kleiner Mann mit potenziell überragender Enters-the-Battlefield-Fähigkeit, der am meisten mein Interesse weckte:


Angenommen, man trifft den Zauberspruch und gelangt somit in den Besitz einer weiteren Karte, stellt er ein beachtliches Upgrade zu dem durchaus spielbaren Sea Gate Oracle dar und dürfte sogar Silvergill Adept verblassen lassen. Insofern ist das Potenzial auf jeden Fall gegeben. Anders als bei vielen Karten muss man allerdings ein wenig arbeiten, denn, falls man unter den ersten drei Karten keinen Spruch findet, bleibt nichts anderes übrig als ein Lumengrid Warden, der in seiner aktiven Zeit nicht unbedingt zu den gefürchtetsten blauen Karten zählte.

Um genau dieses Szenario zu vermeiden, müssen wir offensichtlich so viele Hexereien und Spontanzauber wie nur möglich spielen. Welch Glück, dass dies zufällig auch auf diese beiden anderen Karten zutrifft, die gerade das Format dominieren:


Wer jetzt jedoch glaubt, man könnte einfach ein herkömmliches Delver-Deck nehmen und nur irgendwie ein paar Auguren addieren, wird eine böse Überraschung erleben. So genügen die durchschnittlich gespielten circa 18 Sprüche nicht, um konstant eine Extrakarte mit dem Augur zu bekommen. Außerdem sind seine Kampfwerte zwar defensiv durchaus hübsch und halten gerade Gegner wie Strangleroot Geist oder Gravecrawler solide in Schach, sorgen aber im Gegenzug nicht unbedingt für den eindringlichsten Beatdown. Da die meisten Delver-Listen auch nur sehr begrenzte Möglichkeiten enthalten, dies zu ändern (vielleicht mal das eine oder andere Schwert, aber da hört es schon auf), erhält man eine Kreatur, die im Kampf nicht wirklich weiterhilft und gleichzeitig zu oft keinen zusätzlichen Effekt mitbringt. Mehr Sprüche sollten es entsprechend sein, mein Minimum liegt mittlerweile bei 24 und das ist schon optimistisch gedacht. Wer sich jetzt kurz die typischen Delver-Listen in Erinnerung ruft, wird feststellen, dass diese mit der namensgebenden Fliege, Snapcaster, Geistern und dem Engel eigentlich keine kürzenswerten Kreaturen haben und somit nicht genug Platz für das Meervolk freiräumen können.

Anderer Meinung war hier übrigens Adam Prosak, der mit folgender Liste einen ersten Ansatz für ein reinblaues Zaubererdeck recht erfolgreich ins Turnier schickte:

Adam Prosak, SCG-Open Saint Louis

3 Glacial Fortress
9 Island
2 Moorland Haunt
4 Seachrome Coast

4 Gitaxian Probe
2 Gut Shot
2 Mana Leak
2 Mental Misstep
2 Mutagenic Growth
4 Ponder
1 Sword of Feast and Famine
1 Sword of War and Peace
4 Thought Scour
4 Vapor Snag


3 Augur of Bolas
4 Delver of Secrets
2 Phantasmal Image
4 Snapcaster Mage
3 Talrand, Sky Summoner

Sideboard:

1 Cavern of Souls
2 Dismember
1 Dissipate
1 Gut Shot
2 Negate
2 Phantasmal Image
4 Restoration Angel
2 Steel Sabotage


Für mich völlig unverständlich verzichtete er dabei auf die meines Erachtens unabdingbare nächste Synergiekarte namens Runechanter's Pike. Wenn ich schon das Cantripdeck mit den 24+ Zaubersprüchen spiele, will ich doch auf den dann brokenen Pump der Lanze nicht verzichten. Auf diese Weise fühlt sich das Ganze nämlich fast wie ein Kombodeck an, welches versucht, erstens am Leben zu bleiben, zweitens Schaden durchzubringen und dann drittens mittels Pike in einem Angriff zweistelligen Schaden zuzufügen. Vervollständigt wird das Ganze durch Inkmoth Nexus, welcher noch einmal aus einem völlig anderen Winkel angreift und zusammen mit dem Equipment gern mal den Kill in nur einem Angriff hinbekommt.

Diese Überlegung ist am vergangenen Wochenende auch von Shaheen Soorani angestellt worden, der es aber mit seiner Version nicht so eindeutig aufbaute wie ich. Doch vergleicht selbst:

Shaheen Soorani, SCG-Open Las Vegas

2 Inkmoth Nexus
3 Cavern of Souls
15 Island

4 Thought Scour
3 Runechanter's Pike
4 Gitaxian Probe
4 Vapor Snag
3 Gut Shot
4 Ponder
4 Mana Leak


4 Delver of Secrets
1 Augur of Bolas
2 Phantasmal Image
4 Snapcaster Mage
3 Talrand, Sky Summoner

Sideboard:

2 Tamiyo, the Moon Sage
1 Phantasmal Image
3 Mental Misstep
3 Spellskite
1 Dismember
2 Surgical Extraction
1 Steel Sabotage
2 Negate

Meine Version

14 Island
4 Inkmoth Nexus

4 Gitaxian Probe
4 Ponder
4 Vapor Snag
2 Mana Leak
4 Thought Scour
3 Gut Shot
3 Runechanter's Pike
2 Mutagenic Growth
1 Unsummon
1 Mental Misstep


4 Snapcaster Mage
4 Delver of Secrets
3 Augur of Bolas
2 Talrand, Sky Summoner
1 Phantasmal Image

Sideboard:

1 Talrand, Sky Summoner
2 Phantasmal Image
1 Cavern of Souls
2 Dismember
1 Dissipate
2 Negate
2 Steel Sabotage
1 Sword of Feast and Famine
2 Sword of War and Peace
1 Surgical Extraction


Zu einigen wichtigen Diskussionen kurz meine Stellungnahme:


Talrand, Sky Summoner


Nachdem ich eingangs so intensiv darüber diskutiert habe, warum eigentlich unglaublich starke Kreaturen trotzdem aktuell so furchtbar sind, spielen jetzt in allen Versionen zwei bis drei Talrands mit, der sich ja nun wirklich nicht durch seine spontane Boardpräsenz auszeichnet. Und tatsächlich ist er sehr oft eine furchtbare Karte, da er sowohl extrem teuer für ein Deck mit weniger als 20 Ländern ist als eben auch nicht mehr als ein anfälliger 2/2-Dude. Versucht übrigens jetzt nicht mit den Argumenten zu kommen, wie man ihn in Zug 4 hinlegt und dann gefühlte zwölf Null-Mana-Cantrips spielt. Das klappt nämlich nie. So hat man nur selten in Zug 4 überhaupt schon vier Mana, und wenn doch, so liegt das vermutlich daran, dass man ungefähr jeden Spruch aus der Hand spielen musste. Drittes Hindernis beim Weg zum optimalen Talrand ist oft das eigene Lifetotal. Multiple Sprüche ausschließlich für phyrexianisches Mana zu wirken, fällt nicht mehr so leicht, wenn man schon einstellig startet.

Nach all diesen Contras gibt es jetzt trotzdem ein paar Pros:

Falls er doch mal liegen bleibt, gewinnt er auch sehr oft schnell das Spiel.
P
Er verstärkt den Komboaspekt.
P
Von den wichtigsten Decks haben sowohl Delver als auch Naya größere Probleme mit (fliegenden) Kreaturenmassen. Beide Decks verfügen darüber hinaus nicht unbedingt über wirklich viel hartnäckiges Removal.
P
Man will eigentlich so wenig wie möglich zusätzliche Kreaturen spielen, irgendwie benötigt man aber noch einen echten Finisher, falls aus irgendwelchen Gründen die Pike mal nicht ausreichen sollte (wegen Lingering Souls zum Beispiel). Da man kostentechnsich durchaus eingeschränkt ist, bleiben nicht sonderlich viele Optionen offen, nach Talrand dürften wohl am ehesten Gestalten wie Blighted Agent oder meine Lieblingskarte Invisible Stalker mitmachen.

Nach zahlreichen Testspielen, bei denen ich ständig zwischen zwei und drei Exemplaren hin- und hergewechselt habe, bin ich letztendlich ziemlich sicher bei zweien gelandet. Im Normalfall kommt man ausreichend schnell an ein Exemplar ran und die Gefahr, dies nicht zu tun, ist weniger bedrohlich als die Aussicht, mit Doppel-Talrand dazusitzen. Das ist nämlich oft schlechter, als es im ersten Moment klingt, weil wir eben eine Art Kombo spielen, für die beinahe jede Karte entscheidend sein kann. Ein letzter Punkt: Abgesehen von anderen Delver-Decks spielen alle anderen, wirklich relevanten Feinde zwischen einem Bonfire of the Damned und vier. Wer also argumentieren möchte, dass Talrand beispielsweise gegen Naya ja unendlich gut sei, darf diesen Punkt nicht vergessen.


Augur of Bolas


Meine beiden amerikanischen Kollegen vertrauen ihm noch längst nicht so intensiv wie ich. Das liegt vermutlich daran, dass sie noch mehr Delver als Kombo spielen. Mehr als meine Version versuchen sie also auch, mit vergleichsweise normalen Mitteln wie Delver-Beatdown zu gewinnen, wohingegen ich eher versuche, am Leben zu bleiben, bis die Pike oder Talrand direkt gewinnen. Der Augur unterstützt diesen Plan gleich doppelt. Treffend verschafft er uns einen weiteren Spruch und gleichzeitig macht er den Boden dicht, was im Normalfall Zeit verschafft.

Zusätzlich sichert man sich auch gegen Decks mit hohem Controlanteil ab, da hier jeder Mann mit potenziellem Kartenvorteil für den Gegner besonders unschön zu entfernen ist.


Phantasmal Image


Unter meiner Aufwertung des Auguren leidet hauptsächlich unser Image, da der Platz für mehr Meervölker ja irgendwo herkommen muss – und zwar nicht aus der Riege der Sprüche. Image ist und bleibt eine der stärksten Karten im derzeitigen Format, die noch dazu im seltensten Fall tot ist. Dass ich es trotzdem auf ein Minimum reduziere, hängt mit folgenden Punkten zusammen:

Schlechte Kombo mit der Pike.
P
Die typischen defensiven Einsatzgebiete wie etwa gegen Strangleroot Geist sind nicht so benötigt wie in anderen Versionen.
P
Ohne gegnerisches Kopierobjekt fehlen mit Restoration Angel relevante eigene Ziele.
P
Als eine Art Kombodeck kann man es sich oft nicht erlauben zu warten, bis eine bestimmte Karte (das Image) endlich ihre Bestimmung erfüllt. Mit anderen Worten: In Zug 2 möchte ich gern aktiv etwas tun, und zwar ohne darauf vertrauen zu müssen, dass mein Gegner schon ein passendes Ziel gespielt hat.


Restoration Angel


Diese waren im Deck von Adam Prosak ja noch immer im Sideboard, meines Erachtens übrigens zu Unrecht, da ich sie in seiner Variante besser als Talrand finde. Prinzipiell harmonieren sie auch wirklich richtig gut mit den Auguren, allerdings leider nicht mit Inkmoth Nexus. Diesen und zusätzlich weiße Quellen wie Seachrome Coast ins Deck zu bekommen, hat sich als nicht erfüllbar herausgestellt. Insofern heißt es, Engel oder Nexus, eine Frage, die übrigens gar nicht so einfach beantwortet werden kann. Für heute bleibt's beim Giftland, weil ich diesen Ansatz deutlich spannender finde.


Cavern of Souls


Damit sind wir direkt im Bereich der Länder und dort beim eigentlich einzigen Kandidaten fürs Maindeck, abgesehen von Inkmoth Nexus und diversen Inseln. Für das Seelengewölbe spricht, dass man mit der Wahl von „Wizard“ so ziemlich jede Kreatur des Decks ausspielen kann. Und das auch noch durch die bekanntlich auftretenden Mana Leaks hindurch. Dagegen spricht die dafür notwendige Kürzung bei der Anzahl der Inseln, was das Deck nicht wirklich verkraftet, da sich die benötigten Tropfen für die verschiedenen Cantrips erstaunlich schnell ansammeln.

Falls man mit einem mit Mana Leak angereicherteren Metagame rechnet, findet man bestimmt den Platz für ein bis zwei Stück, aus sogleich folgenden Gründen glaube ich aber nicht recht daran und verzichte daher.


Mana Leak


Damit sind wir direkt beim Mana Leak und damit der Karte, die in den vergangenen Tagen in meinem Team wie keine zweite für Diskussionsstoff gesorgt hat. Denn wo das Playset früher quasi an die erste Stelle der Deckliste geschrieben wurde, reduziert man mittlerweile auf weniger Exemplare und kann tatsächlich darüber nachdenken, das Ding ganz hinauszuwerfen. Solche Blasphemie zu erklären, ist nicht ganz leicht, ich versuche es trotzdem:

Von den genannten Decks, die aktuell das Format bestimmen, geht nahezu durchweg eine erhöhte Aggressivität aus. Dadurch kommt man viel seltener in die Luxussituation, dass man so weit vorn ist, um gemütlich mit Mana Leak dazusitzen.
P
Dank 18 Ländern ist man oft gezwungen, in den frühen Zügen Aktionen zu machen, um überhaupt an genügend Mana zu gelangen. Wenn man aber in Zug 2 beispielsweise Ponder oder Snapcaster Mage plus Gitaxian Probe spielen muss, gibt es offensichtlich kein Mana Leak mehr.
P
Ebenso sind die Antworten auf einen frühen Delver zahlreicher geworden, sodass dieser allein als Druck oft nicht mehr ausreicht.
P
Cavern of Souls werden in immerhin drei der drei wichtigsten Decks (Delver, Naya, Zombies) mehr oder weniger zahlreich gespielt, sodass man selbst bei theoretisch optimalen Start mit nutzloser Kontermagie erwischt werden kann.

All das führt dazu, dass man ein Playset nach meiner Erfahrung nicht mehr verkraften kann. Ganz missen möchte man es trotzdem nicht, da man doch im Verlauf des Spiels sehr oft genau einen Counter zeigen will. Man muss sich aber wiederholt klarmachen, dass man deutlich seltener Turn 2 leakt, als vielmehr im späteren Verlauf.


Gut Shot, Mutagenic Growth, Mental Misstep


Ah, das brokene phyrexianische Mana … Ich habe die Karten einfach mal zusammengefasst, da sie doch vergleichsweise ähnliche Aufgaben erfüllen, obwohl sie eigentlich völlig verschiedene Effekte haben. Prinzipiell sind sie – dank der unglaublichen Kosten von null – die Vollkommenheit des Tempoplays und ein Grund, warum sowohl 18 Länder ausreichen als auch Talrand zu so einer Maschine wird. Bei der Auswahl starten wir direkt mit der Nummer 1: Gut Shot. Erneut werde ich euch auf die besten Decks des Formats verweisen, die allesamt mindestens ein lohnendes Ziel mit der magischen Toughness 1 aufweisen. Gerade gegen Naya hat man mit Gut Shot die vielleicht wichtigste Karte für das Matchup. Im Gegenzug gibt es im erweiterten Kreis der gespielten Kartenhaufen jedoch das eine oder andere Exemplar (Esper, Ramp), gegen das der Bauchschuss bestenfalls miserabel ist. Selbst gegen Delver oder Zombies besteht die Möglichkeit, zu viele davon zu ziehen, weil man zwar meist gern einen für Delver beziehungsweise Blood Artist haben möchte, einen zweiten aber schon nicht mehr unbedingt. Und wenn doch, gibt es ja unseren Freund, den Snapcaster Mage. Deswegen bleibt es bei drei, wobei der 1-of Mental Misstep des Öfteren eine vergleichbare Funktion übernimmt.

Mit dem wiederum erwischt man zusätzlich noch ein paar ausgesuchte Sprüche, zum Beispiel Vapor Snag, Ponder, Tragic Slip, Pillar of Flame und macht dem Gegner Angst. Nachteilig zeigt sich hingegen, dass es eine reaktive Karte ist, was gerade mit Talrand hin und wieder richtig nerven kann.

Mutagenic Growth schließlich ist eigentlich zu schlecht, da er im wichtigsten Matchup (Delver) nur sehr schwer anzubringen ist, ohne in Vapor Snag zu laufen. Mitspielen darf er trotzdem, da er den Gesamtplan fast am besten unterstützt: Erstens beschützt er unsere Männer vor einigem wichtigen Removal (Bonfire, Tragic Slip, Pillar of Flame, Whipflare), zweitens ist er ein Combattrick, der sehr oft wie ein Removal wirkt (beispielsweise im häufigen Duell geflippter Delver versus Restoration Angel) und drittens stellt ein einzelner Mutagenic Growth auf einen mit Runechanter's Pike ausgerüsteten Nexus einen erstaunlich effektiven Gewinnplan dar.


Unsummon


Die legendäre 60. Karte. Theoretisch wären hier auch zahlreiche Alternativen denkbar, ein paar davon (zum Beispiel weiterer Talrand, Gut Shot, Mental Misstep, Cavern of Souls, Phantasmal Image) habe ich schon genannt. Eigentlich möchte man einen weiteren Cantrip, wobei die nächstbeste Alternative mit Twisted Image wohl knapp zu schlecht ist. Unsummon selbst ist als fünfter Vapor Snag solide, so richtig *klick* hat es zwischen uns beiden aber noch nicht gemacht.


Das Sideboard


… ist diesmal vergleichsweise geradlinig gehalten und sollte sich ganz gut selbst erklären. Die einzig spannende Überlegung, die wir hierzu noch angestellt haben ist, ob man nicht doch einfach ein paar Invisible Stalker addieren könnte, da diese den Komboaspekt in bestimmten Matchups noch weiter verfeinern könnten.

Nachdem ich jetzt so viel Zeit auf scheinbar kleine Details verwendet habe, dürfte klargeworden sein, dass man mit dem 18-Land-Delver ein Konstrukt hat, welches „on the edge“ gebaut ist, vielleicht vergleichbar mit typischen Legacy-Decks. Bedeutet nichts anderes, als dass es wirklich eine gut geölte Maschine ist, die höchst effizient arbeitet – es sei denn, irgendein kleines Steinchen gerät ins Getriebe. Dann fällt schnell alles zusammen und man verliert chancenlos.

Noch gravierender als beim Deckbau gestaltet sich das beim Spielen. Hier hat man in vergleichsweise kurzer Zeit eine extrem hohe Anzahl an Optionen und längst nicht alle verfügbaren Wege führen letztendlich zum gewünschten Ergebnis. Leider ist es mir nicht möglich, im Detail auf alle erdenklichen Situationen einzugehen, aber ein paar grundlegende Hinweise möchte ich doch geben.


Wir brauchen einen Plan


Das absolut Entscheidende beim Spielen eines Delver-Decks allgemein, bei dieser Version im Besonderen und überhaupt in jeder Partie Magic ist die Entwicklung eines Plans, wie man das Spiel gewinnt. Während einige Decks das quasi automatisch vorgeben (roter Brand zum Beispiel), ist es hier deutlich schwieriger, immer den richtigen zu erkennen. Wichtig ist jedoch, dass man trotzdem möglichst zeitig einen erkennt und entsprechend darauf hinarbeitet, diesen zu erfüllen.

Typische Varianten sind:

1)

Schneller Delver of Secrets, der gut abgesichert viel Schaden macht, und dann wird der Rest in typischer Delver-Manier irgendwie durchgedrückt

2)

Siege per Pike:

a)
mittels deren Stärke, indem sie zeitig ausgerüstet nicht beantwortet wird
b)
überraschend auf einen am Ende Zugs gespielten Snapcaster Mage
c)
wenig überraschend, aber schwer zu beantworten auf einem Flieger
d)
doppelt so gut dank Infect auf Inkmoth Nexus

3)

Wins über Talrand, Sky Summoner

4)

Mischformen

Bei der Analyse, welchen Weg man einschlägt, gibt es zahlreiche Faktoren zu beachten. Einige sind offensichtlich leicht zu erkennen (wenn mein Delver sich Gut Shot fängt und ich keinen weiteren habe, wird es wohl nichts mit Plan 1), andere ergeben sich erst im Verlauf des Spiels.


Tempo ist alles


Wie wir gerade festgestellt haben, gibt es verschiedene Wege zum Sieg, etwas ist ihnen aber allen gemein: Sie führen über Tempo zum Ziel. Das gesamte Delver-Konzept basiert auf Tempo und somit Anfangsdruck. Karten wie Vapor Snag können sich nur entfalten, wenn zeitgleich Druck auf dem Tisch liegt. Ansonsten macht Snag letztlich Kartennachteil und das ist selten eine gute Idee. Für unser Spiel ist es also im Normalfall unbedingt notwendig, den einen oder anderen Angreifer in die Waagerechte zu bekommen. Ohne Delver bedeutet das eben auch gern mal im zweiten Zug den Snapcaster zu legen (und möglichst Gitaxian Probe oder Gut Shot backzuflashen), was gleich in mehreren Punkten noch einmal die Argumentation gegen Mana Leak unterstützt.

Immerhin hat man mit Pike und Talrand gleich zwei Backup-Pläne, die jedoch ebenfalls ungleich einfacher durchzuführen sind, wenn der Gegner sich bei deutlich weniger als 20 Lebenspunkten befindet.


Wiederkehrende Kleinigkeiten


All die kleinen, blauen Karten bieten nahezu unbegrenzte Möglichkeiten der Anwendung. Insofern kann man auch in diesem Punkt keine allgemeingültigen Aussagen treffen, nur ein paar des Öfteren auftretende Szenarien kurz ansprechen:

Gitaxian Probe: Allein die Frage, ob man in Zug 1 die Probe spielt und – falls ja – mit blauem oder phyrexianischem Mana, könnte ganze Bücher füllen. Prinzipiell gilt (wie für die meisten anderen Cantrips auch): Nur spielen, wenn man entweder die Information oder die Karte benötigt, idealerweise beides. Gerade im ersten Zug gibt es oft kaum Optionen, sodass man die Probe noch zurückhalten kann. In Zug 2 existieren dann normalerweise zahlreiche Spielwege und die Entscheidung für den einen wird durch die Information zur Hand des Gegners deutlich einfacher gemacht. Ein weiteres Argument für verzögerte Proben ist – wie bei fast jedem unserer Sprüche – das Potenzial mit Talrand.

Thought Scour: Neben dem typischen „Am Ende des Zugs mühle ich mich für zwei“ (ohne weitere Informationen immer dem Gegner vorzuziehen, da eigene Karten im Friedhof für Snapcaster und Pike gebraucht werden und beim Gegner auch gern mal Lingering Souls oder so den Weg in den Friedhof finden), gibt es gleich mehrere Möglichkeiten, mit Thought Scour Alternativ-Plays anzubringen. Diese beginnen meist mit Informationen zu der/den obersten Karte(n). Diese liefern beispielsweise Ponder oder Delver of Secrets, übrigens ebenso beim Gegner. So kann man nach feindlichem Ponder auch mal diesen anzielen, gleichermaßen, wenn der Delver den tödlichen Vapor Snag vorzeigt. Im Gegenzug kann etwa ein überschüssiges Land von der eigenen Bibliothek direkt in den Friedhof gemühlt werden.

Vapor Snag/Unsummon: Mehr noch als in anderen Delver-Versionen kann und muss man die Unsummon-Effekte manchmal auf die eigenen Männer verwenden. Passende Situationen gibt es zahlreiche, meist im Zusammenhang mit einem Kreaturenmangel beim Gegner.

Augur of Bolas: Er arbeitet gleich in vielerlei Hinsicht mit Ponder zusammen, die wichtigste Variante ist vielleicht, wenn man mit vorgespielten Ponder sicher treffen kann. Aber auch als Quasi-Thought Scour fürs Entfernen zweier nicht benötigter Karten ist der Augur nicht verschwendet, selbst wenn die dritte Karte kein Spruch ist und man somit keine Extrakarte erhält. Zwei (beziehungsweise vermutlich sogar drei) unnütze Karten wegzubekommen, ist oft mehr wert als der quantitative Gewinn einer Karte.

Snapcaster Mage: Überhaupt ist Kartennachteil für Tempogewinn ein entscheidender Punkt beim erfolgreichen Delver-Spiel, was gerade deswegen schwerfällt, weil es sämtlichen antrainierten Instinkten widerspricht. Spätestens, wenn ihr das erste Mal eine Value-Kreatur des Gegners gebounct habt, um noch ein paar Schadenspunkte durchzubringen, wisst ihr wovon ich spreche. Nach meinen Erfahrungen werden die meisten Delver-Spiele verloren, weil einfach zu defensiv, also zu sehr wie ein Kontrolldeck agiert wurde. Gerade Snapcaster Mage holt ja auch ein wenig vom erwirtschafteten Kartennachteil wieder rein, und die Tatsache, dass man lediglich 18 Länder spielt, hilft ebenfalls. Deshalb Tempo > Karten.


Der weise Schluss

Das Deck ist gut, richtig gut sogar, dabei aber weit weg von unbesiegbar. Schwächen werden am einfachsten von Kreaturenmassen offenbart, das heißt, ein einzelnes Exemplar von Lingering Souls kann bereits für größere Schwierigkeiten sorgen. Auch eine unbeantwortete Thalia, Guardian of Thraben ist kaum zu besiegen. Der große Vorteil liegt meines Erachtens darin, dass man erstaunlich souverän einen Großteil der Roguedecks total kaputtmacht. Insofern ist es also eine ziemlich gute Wahl für größere Turniere, dann benötigt man dort nämlich nur noch die guten Draws, um alle Decks zu besiegen, die wirklich gefährlich werden können (meist die mit extrem geradlinigen Strategien wie Aggro (Naya, Zombies) oder echte Kontrolle).

Die letzte Frage dürfte dann noch sein, inwiefern es eigentlich besser als herkömmliches Delver mit Geistern und Engeln ist. Antwort: Ist es nicht – aber auch nicht schlechter –, bloß anders.




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