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Block
Und Tschüss! Abschied von einem ungeliebten Format
von Andreas "Zeromant" Pischner
01.10.2002

Grand Prix Hamburg ist vorüber, und damit wurde der Schlussstrich unter das Format Odyssey Block Constructed gezogen - endlich!

Sehr viele Spieler haben bereits gesagt, dass ihnen OBC nicht gefällt, und obwohl Magic-Spieler bekanntlich an Allem etwas zu meckern haben, schienen sich doch hier die ablehnenden Stimmen besonders stark zu massieren.

Meiner Ansicht nach haben Wizards OBC schlicht und einfach in den Sand gesetzt! Nicht so schlimm wie seinerzeit den Urza-Block, oder auch später den Rebel...äääh, Masques Cycle, so dass einzelne Karten gebannt hätten werden müssen. Das Problem war keineswegs, dass ein oder zwei Decks besonders dominant gewesen seien (egal, was Patrick Chapin über das Wake-Deck behauptet!), sondern dass es insgesamt zu wenige starke Strategien gab, und dass immer wieder dieselben Schlüsselkarten auftauchten.

Ein Blick auf die auf dem Sideboard veröffentlichte Statistik über die im zweiten Tag des Grand Prix gespielten Karten macht das Desaster offensichtlich: Kein einziger Mountain. KEIN EINZIGER! Dabei hatte es am ersten Tag rote Decks gegeben - ich hatte (zu meiner Verwunderung) eigentlich immer irgendwo ein paar Gebirge im Blick gehabt (und ich hatte mich einigermaßen weit vorne im Feld herumgetrieben) - Rot-Grün, Rot-Schwarz Reanimator oder Landzerstörung, monoroter Burn oder Zwergen-Beatdown (!). Und es gab auch die eine oder andere Wake-Variante mit Rot-Splash für Burning Wish.

Aber geschafft hat es kein einziger Mountain.



Nicht nur das: Es wurden am zweiten Tag sogar weniger PLAINS gespielt als Wild Mongrel! Und in den Top Acht waren ACHTUNDZWANZIG Wild Mongrel zu finden...

Auch wenn sich Randy Buehler nach der Weltmeisterschaft von der Vielfalt der gespielten Decks überrascht zeigte - hey, es gehört zu seinem Job, auch einmal Dinge zu beschönigen! - wenn in einem Format eine Farbe praktisch vollständig fehlt, und eine Karte in beinahe allen Decks auftaucht, dann ist irgendetwas unbestreitbar schiefgelaufen. Die Ursachen sind mehrere: Da sind einmal - wie allerdings in beinahe jedem Format - sehr starke Karten, die durch ihre bloße Existenz die Anzahl der brauchbaren Deckstrategien stark einengen. Neben zum Beispiel Wild Mongrel, Upheaval, Cabal Coffers, Mind Sludge, Quiet Speculation und Roar of the Wurm (letzterer ist einer der Hauptgründe für die Abwesenheit roter Decks) sind da hauptsächlich die Incarnations, besonders Wonder und Glory. Selten sind in einem Format so viele Spiele dadurch entschieden worden, wer eine bestimmte Karte zuerst zieht - nicht SPIELT, sondern einfach nur ZIEHT, und oft war nicht einmal das notwendig...

Das Schlimmste jedoch war, dass es keine guten Antworten darauf gab! Nun soll mir niemand etwas von Morningtide, Krosan Reclamation oder Coffin Purge erzählen. Natürlich sind diese Karten, im Kontext dieses Formats betrachtet, wichtig. Aber sie sind eben nicht wirklich STARK! Mit Ausnahme vielleicht der Morningtide, die manche blau-grünen Decks mit brutaler Plötzlichkeit zur völligen Nutzlosigkeit verdammen konnte, konnten diese Karten zumeist bestenfalls Parität herstellen - ein abgeworfenes Wonder tauscht gegen eine Reclamation, eine Glory gegen eine Morningtide, ein Roar gegen einen Coffin Purge. Selten kam es vor, dass mehrere Karten gleichzeitig (oder nacheinander) neutralisiert wurden - aber WENN es passierte, dann meistens immer noch mit Kartennachteil (gegen Quiet Speculation, oder weil die Karten als Gratisbonus wie bei Mental Note in den Friedhof gelangten). Nicht nur das: Wenn der Bedarfsfall einmal NICHT eintrat, war die Karte nutzloser Ballast in der Hand, der nicht einmal gecycelt oder als Cantrip gespielt werden konnte.

Vergleichen wir diese Graveyard-Hoser doch einmal mit den Anti-Karten gegen Enchantments oder Artefakte: Sie geben entweder Kartenvorteil (wie Aura Blast oder Artifact Mutation), bieten Flexibiltät (Creeping Mold, Wax/Wane) oder beides (Uktabi Orangutan, Soltari Visionary). Mit anderen Worten: Sie mildern das Risiko, dass die Karte einmal nicht nützlich ist, ab, und belohnen einem im Erfolgsfall mit einem zusätzlichen Bonus! Karten dieses Kalibers braucht es, um eine bestimmte Art Karten in Schach zu halten. Da es gegen die Incarnations jedoch, die zumindest vom strategischen Standpunkt aus betrachtet einen eigenen Kartentyp darstellen, nur zweit- bis drittklassige Gegenmaßnahmen gab, dominierten sie das gesamte Format. Wizards haben gesagt, dass sie ganz bewusst den Graveyard-Hate im Odyssey Block schwach gehalten hatten, damit sich die Blockmechaniken voll entfalten können - aber hier haben sie nun einmal zu wenig des Guten getan!

Was allerdings sogar noch stärker für die fehlende Artenvielfalt bei den OBC-Decks verantwortlich zeichnete, war das Fehlen brauchbarer Manafixer. Tatsache ist, dass die einzigen Karten, die ohne allzugroße Abstriche an die Kartenqualität diese Aufgabe erfüllten, die Filterländer und die Tainted Lands waren! Tarnished Citadel, die Eggs, Diligent Farmhand, Far Wanderings, Riftstone Portal, Krosan Verge... Wenn sie überhaupt zu gebrauchen waren, dann nur in sehr speziellen Decks. Wenn aber die Aufgabe der Mana-Fixer ist, mehrfarbige Decks zu ermöglichen, damit das Format vielfältiger wird, dann ist eine Karte wie Krosan Verge, die eigenlich nur in einem kontrollorientierten Kombodeck wie eben dem Wake-Deck zu gebrauchen ist, nun einmal keine Hilfe.

Was die Tainted Lands anbetraf, stand deren Nützlichkeit die Notwendigkeit entgegen, mit dem Powerlevel anderer Decks mithalten können zu müssen - und das bedeutete eben entweder Zugriff auf die überstarken schwarzen Torment-Karten, was wiederum die Verwendung von Cabal Coffers etc... und somit die Maximierung der Swamp-Anzahl und dadurch ein einfarbiges Design verlangte, oder für wirklich zweifarbige Decks, dass sie zusätzlich die Filterländer spielen mussten, da sie ansonsten eine viel zu wacklige Manabasis hatten (und außerdem mussten auch sie, wegen der Vorbedingung, einen Swamp im Spiel zu haben, das Hauptgewicht auf Schwarz legen). Oder anders ausgedrückt: Man musste Schwarz-Blau oder Schwarz-Rot spielen, und da Rot in diesem Format einfach die Power fehlt, blieb nur Schwarz-Blau übrig.

Die Filterländer halfen leider nur Decks in befreundeten Farben, und da sie dort erstens die einzigen brauchbaren Mana-Fixer waren und zweitens wirklich nicht besonders stark, waren selbst diese Decks oft von Color-Screw betroffen! Decks in feindlichen Farben funktionierten daher nur mit Blau, wegen dessen Kartenziehern - also in Blau-Grün, da Rot ja nichts taugte.

Im Nachhinein kann man das gesamte Metagame in OBC durch die Schwäche von Rot und die fehlenden Mana-Fixer erklären: Vier spielbare Farben gibt es also, und nur Schwarz ist aufgrund seiner Überkarten aus Torment einfarbig spielbar (bei allem Respekt für die Hartnäckigkeit Gerwald Brunners, des Erfinders von "Buran", dem FAST monoweißen Deck!) Alle anderen Farben benötigen einen Partner, um den nötigen Powerlevel zu erreichen, und nur Blau kann mit einer verfeindeten Farbe kombiniert werden: Blau-Weiß, Weiß-Grün, Grün-Blau, Blau-Schwarz. Fertig ist das Metagame! (Gut, ich habe wieder einmal das berüchtigte Wake-Deck unterschlagen, aber Tatsache ist, dass es einfach nicht den endgültigen Beweis antreten konnte, konstant mithalten zu können.)

Um also noch einmal meine Meinung zu OBC zusammenzufassen: Ein Constructed-Format, in dem man selbst beim Spielen zweier befreundeter Farben regelmäßig aufgrund von Color-Screw verliert, und einen Großteil der Spiele dadurch gewinnt, dass man eine bestimmte Karte aus seiner Hand abwirft, ist scheiße! (IBC hingegen hätte ich, nachdem es vorbei war, am liebsten noch ein paar Monate weitergespielt!) Kein allzu großer Vorwurf an Wizards hier: Sie haben sich viel Mühe gegeben, ein neuartiges und kreatives Spielumfeld zu erschaffen - aber es hat halt nicht so richtig hingehauen. Hoffentlich wird aber der Onslaught-Block wieder interessanter!

Ach ja, ich wollte ja noch von meinem Abschneiden im Grand Prix berichten - ich werde es aber kurz machen, denn das Format ist ja nun nicht mehr von allzu großem Interesse...

Ich fuhr ganz ohne Byes nach Hamburg (und der Versuch, mir auf den Trials welche zu erspielen, hat mich ca. 100 Constructed-Punkte gekostet!), und hatte mich dazu durchgerungen, das Deck zu spielen, mit dem mein Teamkollege Peer Kröger zuletzt konstant erfolgreich gewesen war, allerdings mit einer kleinen Änderung - Beloved Chaplain anstelle von Suntail Falcon - und einem eigenen Sideboard. (Die Deckliste, falls sie noch jemanden interessiert, befindet sich am Schluss dieses Artikels). Das Deck war sehr stark gegen Grün-Blau und konnte mithilfe der Investition vieler Sideboard-Slots auch schwarze Decks schlagen.

Es gelang mir zwar damit, bis 3:0 vorzurücken, dann verlor ich jedoch in Runde 4 und 6 und konnte vor der letzten Runde klar erkennen, dass mein Tie-Breaker mich selbst bei einem Sieg und damit einer 6:2-Bilanz nie und nimmer in den zweiten Tag bringen würde (3:0 Spielen ist eben noch lange nicht so gut wie drei Byes haben!), und einigte mich daher mit meinem Letztrundengegener, dem es genauso ging, auf ein Unentschieden. Damit hatte ich also 5:2:1 gespielt und den 108. Platz belegt.

Das Metagame hatte ich - wie üblich - völlig falsch eingeschätzt - ich hatte mit viel Blau-Grün gerechnet, sowie immer noch monoschwarzer Kontrolle und ein wenig Pirates, U/B Braids und U/B Upheaval, ein paar verirrten Wake-Decks und ganz wenig Weiß.

Prompt spielte ich in vier der acht Runden gegen Grün-Weiß . Dabei waren das fast alles offensiver ausgerichtete, viel stärker auf Madness basierende Versionen, die im Gegensatz zu Peers etwas kontrollastigerem Deck sehr stark gegen Schwarz und Blau-Schwarz waren, aber Schwächen gegen Blau-Grün hatten. Da ich kaum Sideboard-Karten für das "Mirrormatch" hatte, erlitt ich konsequenterweise meine beiden Niederlagen gegen Grün-Weiß (obwohl zumindest in einem Match gleich zwei Mulligans auf Fünf wohl der entscheidende Faktor waren), und der Draw in der letzten Runde war ebenfalls gegen Grün-Weiß (weil ich die Nase einfach voll hatte!) Seine Siege holte das Deck gegen je einmal Pirates, U/B Upheaval, monoschwarze Kontrolle und U/G Threshold (also den Teil des Metagames, mit dem ich gerechnet hatte ).

Peer machte es mit seiner Version (und seinen drei Byes) deutlich besser und belegte den elften Platz!

Ich hingegen konnte am Sonntag dann endlich Onslaught spielen, und erste Eindrücke von diesem neuen Limited-Format sammeln... aber das ist dann doch wohl besser Gegenstand eines anderen Artikels! Die Kristallkugel wird eingemottet, aber sobald ich noch ein wenig mehr wirkliche Spielerfahrung mit den Karten habe, schreibe ich auch etwas - versprochen! (Und ich kann schon einmal sagen, dass ich einigen Einschätzungen, die ich an verschiedenen Stellen im Netz gelesen habe, energisch widersprechen werde!)

Aber bis dahin sage ich: Tschüss!

(Nachtrag: Mein Grand Prix Deck)
 
lands (24):
12Plains
8Forest
4Sungrass Prairie

creatures (24):
4Spurnmage Advocate
4Tireless Tribe
4Beloved Chaplain
4Wild Mongrel
4Anurid Brushhopper
4Glory

spells (12):
4Elephant Guide
4Battle Screech
4Divine Sacrament

60 cards
creatures (2):
2Phantom Centaur

spells (13):
4Morningtide
3Ray of Revelation
2Kirtar's Wrath
4Squirrel Nest

15 cards
 


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