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Bye Byes
von Jan Engelhardt
29.02.2012

Erst vor Kurzem ist Magics neueste Erweiterung erschienen, was traditionell bei vielen Spielern zu einer gesteigerten Deckbaubegeisterung führt; bei der Pro Tour vor gut zwei Wochen konnte man die neuesten Decks dann zum ersten Mal im Einsatz erleben …

Man könnte meinen, dazu gäbe es einiges zu sagen. Habe ich aber nicht vor. Ich stelle euch in diesem Artikel ein Deck vor, das weder Dark Ascension-Karten beeinhaltet noch erfolgreich bei der Pro Tour genutzt wurde. Es hat mich jedoch zweimal ins Finale der Grand Prix Trials in Leipzig gebracht und dabei eine überraschend gute Figur gemacht.


Die Rede ist von einem blau-schwarzen Infectdeck. Es hat sich über die letzten Monate aus einer monoschwarzen Variante entwickelt, die ursprünglich ungefähr so aussah:


20 Swamp
4 Inkmoth Nexus

4 Lashwrithe
4 Virulent Wound
1 Doom Blade
2 Victim of Night
2 Liliana of the Veil
2 Trigon of Rage
2 Nihil Spellbomb
1 Geth's Verdict
2 Despise
1 Dismember


2 Skithiryx, the Blight Dragon
4 Phyrexian Crusader
4 Plague Stinger
2 Spellskite
3 Whispering Specter

Sideboard:

3 Black Sun's Zenith
1 Despise
1 Skithiryx, the Blight Dragon
2 Ratchet Bomb
2 Nihil Spellbomb
2 Phyrexian Vatmother
2 Distress
2 Curse of Death's Hold


Schon in dieser Form hat es mir etliche Spiele und Booster gewonnen. Doch das Meta hat sich nicht sonderlich positiv für 1/1-Flieger entwickelt. In Ermangelung starker Infectkreaturen neben Phyrexian Crusader und Skithiryx, the Blight Dragon stellte sich allerdings die Frage, was mit den freiwerdenden Plätzen im Deck zu tun wäre. Die Lösung präsentierte sich mir in Form eines Artikels von Ben Stark, in dem er die Performance seines blau-schwarzen Kontrolldecks beim Grand Prix Orlando ausführlich lobte. Infectkreaturen, die den tödlichen Schaden verabreichen, gab es in meinem Deck genügend, warum also nicht einfach ein paar blaue Kontrollzauber hinzufügen, um sie besser vor gegnerischem Unheil zu schützen? Bevor ich auf ebendiese eingehe, möchte ich kurz die wichtigen Kreaturen vorstellen:

Phyrexian Crusader: Überlegt euch einmal, mit welchem standardlegalen Zauberspruch man eine 2/2-Kreatur gerne kaputtmachen würde. Jetzt zieht alle ab, die rot oder weiß sind oder Doom Blade heißen. Am Ende bleiben erstaunlich wenige übrig. Häufiger anzutreffen sind, neben Edict-Effekten, eigentlich nur Go for the Throat, Dismember sowie ein morbider Tragic Slip; vorübergehend funktionieren noch Vapor Snag und Dungeon Geists. Bis der Gegner eine passende Antwort gefunden hat, bleibt jedoch meist genügend Zeit, um durch eine größeren Anzahl Giftmarken viel Druck aufzubauen.

Skithiryx, the Blight Dragon: Angenommen, man konnte dem Gegner schon zwei Giftmarken verpassen, dann kann Skithyrix das Spiel im Eilverfahren innerhalb von zwei Zügen beenden. Bei feindlichen Versuchen, ihn daran zu hindern, hilft die Regenerationsfähigkeit.

Inkmoth Nexus: Es dauert eine Weile, bis man mit Tintenmotten allein den Gegner erfolgreich vergiftet hat; um die letzte oder vorletzte Marke zu verteilen, sind sie allerdings ideal. Man sollte bloß beachten, dass alles Removal, was mangels anderer Ziele in der Hand des Gegners versauert, üblicherweise dazu verwendet wird, die kleinen Motten zu erschlagen.

Fehlen also nur noch die passenden Zauber, um lange genug am Leben zu bleiben, dass eben erwähnte Kreaturen genug Schaden anrichten können. Dabei habe ich mich im Wesentlichen an „normalen“ blau-schwarzen Kontrolldecks orientiert. Man nehme Kartenzieher (Think Twice, Forbidden Alchemy), um die Siegbedingungen zu finden, ein paar Gegenzauber (Mana Leak, Dissipate), um sie zu beschützen, sowie ein paar Gemeinheiten, um die Offensive des Gegners aufzuhalten (Doom Blade, Black Sun's Zenith, Despise). Des Weiteren würde man gelegentlich gerne alle zehn Giftmarken in einem Zug verteilen können. Das hatte im monoschwarzen Deck Lashwrithe erledigt. Da wir quasi Sümpfe raus- und Zauber reingetan haben, übernimmt diese Aufgabe nun Runechanter's Pike.

Dies resultierte in meinem Fall in folgender Deckliste:


4 Inkmoth Nexus
4 Darkslick Shores
4 Drowned Catacomb
7 Swamp
5 Island

4 Mana Leak
3 Despise
2 Doom Blade
1 Go for the Throat
3 Virulent Wound
4 Forbidden Alchemy
3 Think Twice
3 Black Sun's Zenith
2 Runechanter's Pike
2 Dissipate
1 Contagion Clasp
1 Ratchet Bomb


4 Phyrexian Crusader
3 Skithiryx, the Blight Dragon

Sideboard:

2 Nihil Spellbomb
3 Negate
2 Liliana of the Veil
2 Ratchet Bomb
2 Phyrexian Vatmother
2 Spellskite
2 Disperse


Fassen wir die Spielstrategie noch einmal kurz zusammen: Am Anfang sollte man so viele zusätzliche Karten ziehen, dass man die Offensive des Gegners durch Removal, Despise und Black Sun's Zenith aufhalten kann, während man die nötigen Karten für den tödlichen Schlag zusammensammelt. Erst wenn man mit ausreichend Gegenzaubern bewaffnet ist, sollte man eine der wenigen Infectkreaturen spielen. Ist eine solche erst einmal im Spiel, wird sie schnell zum Problem für den Gegner und man beendet das Spiel nach spätestens fünf Angriffen mit „Sieg durch Vergiften“.

Mit diesem Plan wollte ich mir am 11. Februar insgesamt sechs Byes für die Grand Prix in Madrid und Lille erspielen. Das FNM am Abend davor endete spät; nichtsdestotrotz habe ich es Samstag früh geschafft, pünktlich am Turnierort zu sein und „Skithiryx, the Blight Dragon“ korrekt in meiner Deckliste einzutragen. Ich werde jetzt nicht im Einzelnen die insgesamt 16 Runden der beiden Turniere beschreiben. Stattdessen gibt es eine Zusammenfassung für jeden Archetyp.


Rot-Grün-Kessig Wolf Run 2:0 (4:1) – Bei den GPTs hatte ich kaum Probleme mit den Titanen. Den ersten Titanen kann man bequem mit Mana Leak verhindern, weil es bis dahin kaum etwas gibt, das man countern will (oder kann). Währenddessen kann man anfangen, mit Inkmoth Nexus und Phyrexian Crusader Giftmarken zu verteilen. Inferno Titan ist übrigens deutlich weniger furchteinflößend als Primeval Titan, da er die Infectkreaturen weder blocken noch töten kann. Nach dem Sideboarden hilft Spellskite, die Eigenschaften von Kessig Wolf Run beziehungsweise dem vom Gegner eingewechselten Beast Within zu neutralisieren. Liliana of the Veil ist ebenfalls eine gute Ergänzung, da der Gegner keine zusätzlichen Karten zieht und man gern dabei zusieht, wie er seine einzige Bedrohung opfern muss.


Blau-schwarze Kontrolle 2:0 (4:1) – In den Top 8 bin ich zweimal auf ein Deck, ähnlich dem von Ben Stark, gestoßen. Beim FNM am Tag davor hatte ich gegen das Deck noch 2:1 verloren, dabei aber gelernt, dass ich einfach sehr, sehr geduldig sein muss. Wenn man nach schier unendlichen Zügen Think Twice, Forbidden Alchemy und den entsprechenden Flashbacks genug Gegenzauber gesammelt hat, um eine Kreatur sicher ins Spiel zu bekommen, geht es eigentlich erst los. Erfreulicherweise tut das gegnerische Deck bis dahin nichts wirklich Bedrohliches. Eine Infectkreatur, die im Spiel liegt, setzt den Gegner dann schnell gehörig unter Druck. Tragic Slip ist in diesem Matchup übrigens eine sehr nervige neue Karte. Vor allem Inkmoth Nexus ist bedauerlicherweise oft ausgerutscht. Nach entsprechender Vorbereitung des Gegners müssen aber auch alle anderen Kreaturen sehr aufpassen. Wenn man dies mit Mana Leak beziehungsweise nach dem Sideboarden auch noch mit Spellskite und Negate verhindern kann, stehen die Chancen für einen Sieg jedoch nicht schlecht.


Esper-Kontrolle 0:3 (2:6) – Auf dieses Deck, immer vom selben Spieler gespielt, traf ich zweimal im Swiss und einmal im Finale um die Byes für Madrid. Sein Deck wartete im Wesentlichen auf Jace, Memory Adept, Consecrated Sphinx, Elesh Norn, Grand Cenobite oder Wurmcoil Engine. Die Spiele waren meist knapp und keiner von uns hatte den Eindruck, dass das Matchup außergewöhnlich schlecht für mich wäre, aber verloren habe ich doch. Die Tatsache, dass mein Gegner gelegentlich noch kleinere Kreaturen (Geist of Saint Traft und Mirran Crusader) geboardet hat, kam für mich unerwartet. Besonders sein Mirran Crusader hat mich zweimal erfolgreich auf ziemlich kalten Füßen erwischt.


Delver of Secrets-Varianten 2:1 (5:2) – Bei diesem Matchup ist es meistens die Frage, ob man lange genug lebt, um den ersten Black Sun's Zenith für vier Mana spielen zu können, vorzugsweise mit einem Mana Leak in der Hinterhand. Danach kommen zwar viele 1/1-Geister ins Spiel, aber an denen stirbt man eigentlich nie und blocken können sie Phyrexian Crusader auch nicht. Genauso die meisten Kreaturen im Delver.Deck, mit Ausnahme einiger blauer Menschen, die dabei anstandslos sterben. Die Niederlage erlitt ich leider ausgerechnet im Finale vom Grand Prix Trial für Lille. Im ersten Spiel hielt ich eine 6-Karten-1-Land-Hand und wurde sogleich von Invisible Stalker plus Sword of War and Peace bestraft. Im zweiten Spiel konnte ich alles neutralisieren, bis ich meinen ersten Phyrexian Crusader im Spiel hatte. Dieser hat das Spiel, mit baldiger Verstärkung, zügig beendet. Im dritten war es dann vorbei mit meinem Glück. Bis zur 5-Karten-Hand hatte ich genau ein Land gesehen und das war inzwischend wieder weg. Da ich auch erst mal keine Länder nachzog, war die Entscheidung schnell gefallen.


Tempered Steel-Artiges 2:0 – Black Sun's Zenith ist noch spielentscheidender und mangels gegnerischer Gegenzauber bedenkenloser zu spielen.


Birthing Pod 0:1 – Ich habe es nicht geschafft, mir meine Mana Leak für den Namensgeber aufzuheben. Sobald diese Karte liegt, wird das Spiel schnell unangenehm.

Fazit der GPTs: Gegen fast alle Decks hat blau-schwarzes Infect gut bis sehr gut abgeschnitten, abgesehen von Esper-Kontrolle. Dies erscheint mir jedoch weder ein Deck to beat noch unbesiegbar. Ich vermute außerdem, dass es im Control-Mirror das meiste Potenzial für spielerische Verbesserungen meinerseits gibt. Ich habe zwar zweimal knapp keine Byes gewonnen, aber immerhin war unter den fünf Preisbooster der begehrte Sorin, Lord of Innistrad-plus-Huntmaster of the Fells-Booster.


Was bringt die Zukunft?

Infect wurde, soweit ich gesehen habe, überhaupt nicht auf der Pro Tour gespielt und Dark Ascension hat meinem Deck auch keine neuen Karten gebracht. Über Undying Evil könnte man nachdenken, allerdings ist es im jetzigen Konzept eigentlich nicht vorgesehen, dass meine Kreaturen sterben. Ich halte Infect trotzdem für sehr gut aufgestellt im jetzigen Meta. Dass gerade niemand erwartet, auf ein solches Deck zu treffen, hilft natürlich auch. Der große Sieger von der Pro Tour, das Kessig Wolf Run-Deck mit Huntmaster of the Fells, macht mir nicht viele Sorgen. Der Lebensgewinn des Huntmaster stört Infectdecks überhaupt nicht und meine Kreaturen kann er ebenfalls nicht umschießen. Insgesamt fünf rote Massremoval (Slagstorm, Whipflare) die Phyrexian Crusader gar nicht und Skithiryx, the Blight Dragon nur sehr schwer töten, machen das erste Spiel ebenfalls relativ angenehm.

Inwieweit mir das neue Delver-Deck mit Drogskol Captain größere Probleme bereiten kann, wird man sehen. Prinzipiell scheint Black Sun's Zenith aber nach wie vor eine gute und nötige Antwort zu sein. Ideal für mein Deck wäre, wenn monorote Decks wieder etwas beliebter würden, was in einem neuen Metagame nicht ausgeschlossen ist. Dank Phyrexian Crusader, Spellskite und Massremoval sind rote Zauberer meist sehr unglücklich, wenn sie sehen, was ich spiele.

Am Maindeck würde ich nicht viel ändern. Disperse im Sideboard hat mich wenig begeistert und könnte man durch Snapcaster Mage ersetzen. Leider halten sich dessen Synergien mit dem Rest des Infect-Decks so stark in Grenzen. Mental Misstep könnte außerdem eine gute Ergänzung sein, um Delver-Decks am Anfang zu verlangsamen. Allerdings bin ich skeptisch, ob ich diese Karte einem echten Counter vorziehen würde. Im späteren Spiel ist Letzterer durchaus wichtig.

Ich werde auf jeden Fall bei den anstehenden Grand Prix ausprobieren, ob der Rest der Welt sich noch an Infect erinnern kann und gegebenenfalls davon berichten. Falls es Ideen gibt, welche Dark Ascension-Karte doch ins Infectdeck passt oder wie man es besser an das Post-Pro-Tour-Meta anpassen könnte, würde ich mich über Kommentare im Forum freuen.




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