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Duel Masters
von Torben Thies
05.07.2011

Nach einem etwas längeren Hiatus (sorry, das Kalenderblatt oder irgendetwas Regelmäßiges ist zurzeit nicht drin) konnte mich Tobi mit einem dicken Köder wieder aus meiner Hütte locken: „Hier, du kriegst Duels of the Planeswalkers 2012 geschenkt. Spiel es und schreib darüber.“ Meine Antwort? Hell yeah!


Für alle, die über kein internetfähiges Gerät verfügen (toll, dass ihr PlanetMTG telepathisch lest!) und/oder hinter dem Mond leben: Duels of the Planeswalkers 2012 ist der Nachfolger des, wie sagt man so schön, Smash-Hits Duels of the Planeswalkers, der dem Spieler zum ersten Mal seit Shandalar (1997, hatte kurioserweise eine Erweiterung namens „Duels of the Planeswalkers“) wieder ermöglichte, gegen Computergegner anzutreten (ab jetzt kürze ich „Duels of the Planeswalkers“ mit „Duels“ ab (und benutze keine syntaxverkomplizierenden Klammern mehr, versprochen!)).

Duels wurde 2009 zunächst auf der Xbox veröffentlicht und verkaufte sich wie geschnitten Brot. Ein Jahr später folgten Versionen für den PC und die Playstation 3. Zusätzlich hatte das Spiel drei Erweiterungen. Durch seine „Arcadehaftigkeit“, also die Möglichkeit, ohne viel Vorbereitung sofort in das Spiel einzusteigen, wurde es nicht nur für Kenner der magischen Materie interessant. Insgesamt konnte man Duels guten Gewissens als die beste Einstiegsdroge auf dem Markt bezeichnen. Aber selbst die, die schon lange an der Mananadel hingen, verbrachten damit mehr Zeit, als zu erwarten war. Einen schönen Überblick über die Stärken und Schwächen des ersten Spiels findet ihr übrigens hier.


Alles neu?

Ein kleiner Spoiler: Alles, was Duels so erfolgreich gemacht hat, wurde im Sequel wieder aufgegriffen. So ist das eben in der Videospielindustrie: Während man sich bei neuen Teilen eines Filmfranchise auf das Schlimmste gefasst machen muss, kreieren Spielefortsetzungen meist eine positive Erwartungshaltung. Das, was man an einem Spiel gemocht hat, findet man meist im Nachfolger wieder. Zusätzlich werden viele Details verbessert, die das Gesamterlebnis vorher noch gestört haben.

Wahrscheinlich habt ihr schon den gedanklichen Sprung vom Allgemeinen ins Spezielle gemacht. Ihr habt richtig geraten, Duels 2012 erfindet das Rad nicht neu, gibt dem Reifen aber Profil und spendiert ihm ein paar hübsche Felgen. Und um ehrlich zu sein, ist das genau das, was man erwartet, denn am Ende will man doch nur gutes Magic gegen gute Gegner spielen.


Choose Your Weapon

Wie im Vorgänger bestreitet man seine Spiele mit vorkonstruierten Decks. Im Laufe der Kampagne spielt man gegen verschiedene, uns meist gut bekannte Planeswalker und schaltet deren Decks frei, bis man am Ende zehn verschiedene Listen zur Auswahl hat. Für jede Partie, die man mit einem Deck gewinnt, werden Bonuskarten freigeschaltet, die man dann implementieren kann.

Hier findet man auch die erste große Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. Ich gebe zu, den Vorgänger nie gespielt zu haben. Ein Hauptgrund für meine Verweigerung diesem Produkt gegenüber war, dass man seine Decks nicht verändern konnte. Karten wurden freigeschaltet und dem Deck hinzugefügt, bis man einen großen Stapel neben sich liegen hatte. Nichts gegen Simplifizierung, aber ein bisschen Auswahl hätte ich schon gern.


Und genau dieses bisschen Auswahl bietet nun Duels 2012. Die 16 Bonuskarten, die mit jedem Deck erspielt werden können, können für andere Karten eingewechselt werden. Dabei kann man frei schalten und walten, solange man nicht die Mindestdeckgröße von 60 unterschreitet. Ihr habt also immer noch vorkonstruierte Decks als Basis, könnt sie aber viel besser euren Bedürfnissen anpassen. Und glaubt mir: Es fühlt sich echt gut an, wenn man endlich alle Raging Goblin aus seinem Deck kicken konnte.

Insgesamt sind die Decks ziemlich gut aufeinander abgestimmt. Jede der zehn Listen hat das Potenzial, gegen die anderen zu gewinnen, ohne komplett unfair zu sein (obwohl mein Kiora-Atua-Deck online bislang ungeschlagen ist). Der Einzige, der ein wenig im Abseits steht ist Koth, dessen Big-Red-Strategie in den seltensten Fällen zum Sieg führt. Man kann ihn aber auch als sportliche Herausforderung sehen. Denn um mit ihm die Kampagne zu bewältigen, muss man schon exzellent spielen und alle Lücken nutzen.

Apropos Strategien: Auch hier haben sich die Entwickler Mühe gegeben, die verschiedenen Facetten unseres Lieblingsspiels darzustellen. Zwar stützen sich die meisten Pläne auf Kreaturen, aber von White Weenie über (erstaunlich starke) Illusionen bis zu grünen Kloppern ist alles dabei. Artefaktsynergien und Rampstrategien runden das Bild ab. Lediglich pure Kontrollstrategien fehlen, was bei einem auf Anfänger abzielenden Spiel aber durchaus verständlich ist. Der Interaktions- und Metzelfaktor soll schließlich so hoch wie möglich sein.

Wer die Promotionskampagne von Duels 2012 mitbekommen hat, wird bemerkt haben, dass Magic 2012 und besagtes Videospiel eng miteinander verzahnt sind. Dieser Umstand macht sich vor allem bei den Einzelkarten bemerkbar. Es macht wirklich Spaß, mit blutdurstigen Vampiren oder Illusionsherrschern, die noch nicht das Licht der Pappkartenwelt erblickt haben, das Schlachtfeld unsicher zu machen.

Zwei gegnerische Decks, die im Laufe der Kampagne auftauchen und sehr interessant aussehen, sind übrigens noch nicht freischaltbar. Zusätzlich benutzen eure Gegner in der Revanche-Kampagne (dazu später mehr) Karten, auf die ihr noch keinen Zugriff habt. Das lässt auf gute Add-ons hoffen. Ein wenig Mundwasser aus Eigenproduktion findet ihr, wenn ihr hier klickt.


Know your (Arch-)Enemy

Das Herz des Spiels ist die aus drei Teilen bestehende Kampagne. Im ersten Drittel duelliert ihr euch durch die illustre Reihe der verschiedenen Planeswalker, um deren Decks freizuschalten. Der Schwierigkeitsgrad steigt dabei stetig an und die Gegner können euch durchaus mit unfairen Methoden zu Leibe rücken. Seid also nicht zu enttäuscht, wenn ihr selbst als erfahrene Spieler mehrere Versuche braucht, um ein Match zu gewinnen. Dafür bestraft das Spiel einen auch in keinster Weise für eine verlorene Partie.


Nachdem ihr dann zum ersten Mal eure Feinde besiegt und zu Verbündeten gemacht habt (das jedenfalls ist die sehr dünne „Story“), könnt ihr es mit vereinten Kräften mit euren Erzfeinden aufnehmen. Ja, richtig gehört: Ihr spielt Archenemy, zu Deutsch Erzfeind. Zusammen mit zwei Computer- oder Spielerverbündeten stürzt ihr euch auf einen Gegner. Damit das nicht zu unfair wird, startet dieser mit 40 Lebenspunkten und verfügt über ein Deck aus Komplotten, von denen in jedem seiner Züge eins zufällig ausgelöst wird. Den Erzfeind zu bezwingen, kann ziemlich herausfordernd und manchmal auch frustrierend sein, macht aber aufgrund seines Absurditätsfaktors eine Menge Spaß.


Das letzte Drittel der Reise bestreitet ihr wieder in der der guten, alten Duellform gegen dieselben Gegner wie in der Hinrunde. Diesmal haben sie aber ihre Decks stark verbessert und stellen euch vor neue Herausforderungen. Habt ihr schließlich diesen Teil auch geschafft, werdet ihr belohnt mit … Genugtuung? Hier war ich ein bisschen enttäuscht, dass sich das Ende ein bisschen unepisch anfühlt. Mir persönlich hätte schon eine Kleinigkeit, wie eine zusätzliche Bonuskarte für das jeweilige Deck, gereicht.


Challenge Accepted

Ebenfalls wieder mit von der Partie sind die sogenannten Herausforderungen, die ihr im Laufe der Kampagne freischalten könnt (die kleinen Punkte auf dem Kampagnenbild). Dabei handelt es sich um Rätsel im Stil von „Du hast das, dein Gegner hat das, überlebe seinen Angriff und gewinne im nächsten Zug“, die anfangs eindeutig an Neulinge gerichtet sind (mehrere Blocker gegen Trampelschaden stellen etc.), danach aber auch für uns alte Hasen harte Nüsse darstellen. Besonders für die erste Erzfeind-Herausforderung habe ich eine Weile gebraucht und mich, als ich die Lösung hatte, extrem blöd gefühlt.


Die Rätsel machen wirklich Spaß und sind, wie gesagt, teilweise echt herausfordernd. Für meinen Geschmack hätten es aber durchaus ein paar mehr sein können. Zusätzlich sind manche von Entscheidungen des Gegners abhängig (Stichwort: Gifts Ungiven) und lassen sich somit nicht nur durch klare, eiskalte Logik bezwingen, sondern benötigen zusätzlich einen erheblichen Anteil an Trial and Error.


Ewig Single oder auf Partnersuche?

Auch wenn man schon etliche Zeit damit verbringen kann, alleine die Kampagnen und Herausforderungen zu bezwingen und alle 160 Karten für seine Decks freizuschalten, hat man irgendwann doch alles geschafft. Aber keine Angst, der Spaß hört noch lange nicht auf!


Versucht euch beispielsweise mal am schwersten Schwierigkeitsgrad. Während die KI im einfachsten Modus noch sehr unbeholfen agiert, zeigt sie auf der höchsten Stufe, was sie kann. Und im Gegensatz zu den Strohpuppen aus Shandalar ist das einiges. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, dass einem ein menschlicher Gegner gegenübersitzt. Dass eure Planeswalkerfeindfreundverbündeten zusätzlich noch perfekt zu ziehen scheinen, steigert die ohnehin schon immense Herausforderung ins Unermessliche.

Wie jedes gute Spiel auf dem Markt verfügt Duels 2012 aber natürlich auch über einen Online-Modus, in dem ihr euch in Duellen, Mehrspielerpartien, Two-Headed Giant sowie Archenemy aneinander messen könnt. Hier schlummert enorme Langzeitmotivation, die leider aber durch zwei kleine Mankos getrübt wird. Auf der einen Seite wäre da die fehlende Chatfunktion, die zwar in der Steuerung angezeigt wird, aber einfach noch nicht funktioniert. Ein Patch wird hier zeitnah Abhilfe schaffen, denke ich. Bis das aber nicht behoben ist, macht es leider gefühlsmäßig keinen allzu großen Unterschied, ob ihr gegen Bots oder echte Gegner spielt.

Eine andere Sache, die mich stört und wohl leider nicht mit einem Patch (aber vielleicht mit einem Add-on?) behoben werden wird, ist, dass man selbst nie der Erzfeind sein kann. Selbst online wird der Oberbösewicht immer von einer KI verkörpert. Hier wurde meiner Ansicht nach viel Potenzial verspielt.


Fazit (und kleine Kritteleien)

Ihr habt meine Botschaft sicher schon im Subtext entdeckt: Duels of the Planeswalkers 2012 macht Spaß. Die paar kleinen Mängel, die das Spiel aufzuweisen hat, fallen beim Spielen nicht auf, weil alles so flüssig ist. Es entsteht ein Sog, der typisch für alle herausragenden Titel ist.

Wirklich faszinierend ist aber die Brücke, die hier geschlagen wird. Anfänger sind bei Duels 2012 bestens aufgehoben, weil sie mit langsam steigender Lernkurve in die Faszination Magic eingeführt werden. Gleichzeitig bekommen aber auch Veteranen wie wir (ich gehe einfach mal davon aus, dass ihr ein gewisses Grundverständnis von Magic habt, wenn ihr diese Seite besucht) viel mehr, als man von so einem „simplen“ Spiel erwarten könnte.

Die einzigen Abstriche, die erfahrene Spieler machen müssen, finden beim automatischen Tappen vom Mana (Countermana offenhalten wird hier oft zur Kunst) und beim Deckbau statt. Hinweis an die Entwickler: Käufer würden echt eine Menge Geld dafür bezahlen, frei aus dem Kartenpool ihre Decks zu bauen. Ich weiß, Einsteigerprodukt, Überschneidung mit Magic Online und so weiter und so fort. Aber gleichzeitig würdet ihr einen riesigen Batzen Geld verdienen! Hört ihr mich? Geld! Geeeeeld!!!

Für 8,99 Euro ist Duels of the Planeswalkers definitiv ein Schnäppchen. Dass sich dahinter dann auch noch ein vollwertiges, umfangreiches und gut designtes Spiel verbirgt, macht es meiner Ansicht zu einem Pflichtkauf für Magic-Spieler. Und ich verspreche euch, ich hatte nicht vor, eine Dauerwerbesendung zu schreiben.

Zu guter Letzt übrigens noch ein lustiges Bild, das zeigt, dass das Interface selbst in Extremsituationen funktioniert:






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