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Sieben Thesen
von Michael Diezel
05.05.2011

Nach der kurzen Osterpause stürzen wir uns gleich Hals über Kopf in Das Neue Phyrexia. Dort angekommen wissen wir gar nicht, wohin wir zuerst blicken sollen: Farblose Planeswalker, Sprüche ohne Manakosten, gleich zwei Zyklen nahezu unbezahlbarer Guys, Legenden, die obligatorische rote Verzauberung im Rare-Slot, die nichts macht – Magic-Herz, was willst du mehr?

Ein wenig Ordnung vielleicht, damit wir uns genauer ansehen können, welche der neuen Karten demnächst auch im Constructed zu sehen sein könnten. Constructed bedeutet dabei in erster Linie Standard, weil in diesem Format in den nächsten Wochen immerhin Pro Tour Qualifier stattfinden werden.

Dafür gibt's jetzt sieben Thesen, nicht ans Kirchentor genagelt, sondern von Tobi bestimmt liebevoll aufgearbeitet, in denen ich meine ersten Eindrücke verarbeite:


1. Phyrexianisches Mana ist broken


Der fürs Constructed wahrscheinlich wichtigste Zugang ist das phyrexianische Manasymbol. Wie ihr wahrscheinlich schon gehört habt, bedeutet dies nichts anderes, als dass man statt farblicher Energie einfach zwei Lebenspunkte bezahlen kann. Klingt zunächst ganz unschuldig – wer möchte sich schon gern selbst schaden …?

In Wirklichkeit ist es das genaue Gegenteil, zumal die entsprechenden Karten, auf denen dieses Symbol zu finden ist, durchaus relevante Eigenschaften besitzen. Wenn man überlegt, welche Gründe es dafür geben könnte, statt farbigen Manas einfach ein paar Leben zu bezahlen, kommt recht schnell auf die folgenden:

1) Speed: Das Spiel ist durch Manakosten ausbalanciert. Dank dieser gibt es einen Geschwindigkeitsaspekt, wodurch wir nicht einfach schauen können, wer den fetteren Mann kontrolliert. Dank der 1-Land-pro-Zug-Regel ist das Tempo normalerweise ganz gut reguliert. Verschiedene Karten, die darüber hinaus mehr Mana zur Verfügung stellen, sind deswegen durchaus oft in funktionierenden Decks zu finden. Ja, einige der brokensten Karten aller Zeiten machen eigentlich nichts anderes, als popliges Zusatzmana bereitzustellen. Phyrexianisches Mana funktioniert ganz ähnlich: Durch das Bezahlen von Lebenspunkten, können wir vergleichsweise mächtige Sprüche zeitiger wirken, als das eigentlich geplant ist. Anders als bei normaler Manabeschleunigung wie Llanowar Elves oder Rampant Growth verwenden wir dafür jedoch nicht die Ressource Karten, sondern Leben. Wenn man sich fragt, ob das ein guter Tausch ist, darf man sich gern an eine Karte namens Channel erinnern. Immerhin ist die Brokenness dadurch beschränkt, dass nur wenige Karten mit phyrexianischem Mana existieren, die noch dazu zwar gute, meist aber keine übermäßig starken Effekte besitzen.

2) Farb(los)igkeit: Alle magischen Farben haben ihre eigenen Stärken und Schwächen. Grün etwa verfügt (normalerweise) über die besten Männer und sehr gute Karten gegen Artefakte und Verzauberungen. Im Gegenzug kann man mit Grün keine Kreaturen zerstören. Das wiederum kann Schwarz meist besonders gut, dafür ist man recht hilflos gegen andere, einmal im Spiel liegende Permanents. Neben der damit erzielten Ausbalancierung der einzelnen Farben schafft man so auch eine Identität, die dem geneigten Turnierspieler zwar herzlich egal ist, jeden Neuling aber zunächst zu der berühmten Frage treibt: „Und, welche Farbe spielst du?“ Im Constructed wie auch im Limited bedeutet dies normalerweise, dass man die Schwächen einer Farbe entweder über einen noch gewaltigeren Ausbau der eigenen Stärken oder den Zusatz einer zweiten Farbe ausgleichen muss. Phyrexianisches Mana hebt diese Grenzen auf. Theoretisch erhält jede Farbe Removal, Gegenzauberei, Direktschaden, Threaten und so weiter. Das ist natürlich nicht automatisch schlecht, erschwert aber den Deckbau (und auch das Spielen selbst) ungemein.

Schaut doch einfach mal auf folgendes Deck, dass ich in circa fünf Minuten zur Verdeutlichung gebaut habe:


14 Forest
4 Inkmoth Nexus

4 Glistener Elf
4 Plague Myr
4 Blight Mamba
4 Ichorclaw Myr


4 Mutagenic Growth
4 Mental Misstep
4 Dismember
4 Giant Growth
4 Groundswell
4 Vines of Vastwood
2 Livewire Lash


Eine Art Gift-Stompy featuring Daze und Swords to Plowshares beziehungsweise deren moderne Vertreter. Das Deck selbst ist nicht gut, zeigt aber recht anschaulich, wie albern phyrexianisches Mana sein kann. Auch die farbliche Komponente wird deutlich: Musste man vorher unter Garantie eine andere Farbe splashen, um feindliche Kreaturen vom Tisch zu bekommen, genügt jetzt ein farbloses Mana (und vier Lebenspunkte, die einem derartig offensiven Deck aber völlig egal sein dürften), um nahezu jeden Mann, der in den ersten Runden ausgespielt werden kann, zu beseitigen – meist mit beachtlichem Tempogewinn.

Macht all das phyrexianisches Mana jetzt wirklich broken? Nicht zwingend, aber ich wollte ja euer Interesse wecken.

Richtig gut ist es aber auf jeden Fall.


2. Das Format wird schneller


Das Metagame aus Jace-, Valakut- und Stoneforge Mystic-Decks lässt sich bekanntlich ganz gut mit richtig schnellen Karten angehen. So weit nichts Neues. Inwiefern phyrexianisches Mana diesen Decks helfen kann, wurde gerade angesprochen, aber auf der anderen Seite sind aggressive Karten natürlich auch gut gegen diese Form der Beschleunigung. Hat der Gegner de facto nur 16 oder 14 Lebenspunkte, schmerzt jeder Angriff, jeder Blitz gleich deutlich mehr.

Hinzu kommt wohl (mindestens) ein weiteres Kombodeck um Deceiver Exarch und Splinter Twin, was das benötigte Goldfischtempo der Decks weiter beschleunigt, die keine guten Störmöglichkeiten besitzen. Wie genau das entsprechende Deck übrigens aussehen wird, weiß noch keiner so genau. Vorschläge reichen von straight Izzet über Grixis bis hin zu Intet.

Ebenfalls unbekannt ist die wahre Kampfstärke, da man die Kombo ja sowohl gegen Kreaturenremoval als auch Enchantmentremoval verteidigen können muss und beide Einzelteile für sich jetzt auch nicht sonderlich stark sind. Hinzu kommen mehrere neue Extraktionsmöglichkeiten, von denen zumindest eine (Surgical Extraction) wohl auch gespielt werden wird. Beim ersten Punkt, dem Schutz, hilft aber vielleicht eine weitere Karte des neuen Phyrexias, auf die ich gleich zu sprechen komme.


3. Kreaturen in Zug 2 müssen umgeschossen werden


Beschränkte sich diese Aussage bisher auf Lotus Cobra und Fauna Shaman, kommt jetzt noch mindestens eine hinzu:


Okay, der ist jetzt nicht neu im Format, sein neuestes Spielzeug aber schon …


In meinen ersten Versuchen mit New Phyrexia hat sich gezeigt, dass die Kombination der beiden wirklich ziemlich lächerlich ist, aber recht schnell vergleichsweise fair wird, wenn man für das Equipment wirklich fünf bezahlen muss.

Dass es neben den genannten 2-Mana-Männern noch eine ganze Menge weiterer Jungs (und natürlich Mädels) gibt (zum Beispiel Grand Architect), die unangetastet Spiele ganz allein gewinnen, ist bekannt. Gerade im nächsthöheren Manabereich warten einige nur darauf, dass jemand ein Deck um sie baut, was jedoch bisher an der Anfälligkeit gegenüber dem allgegenwärtigen Blitz gescheitert ist.

An dieser Stelle möchte ich euch jetzt mit Spellskite bekannt machen, der/die/das [der – Tobi] die nahezu optimale Antwort für dieses Problem darstellt:


Dieses Gerät beschützt auch Deceiver Exarch vor mindestens einem Removal, sodass man nicht aufs Austappen des Gegners hoffen oder ausreichend Mana für Gegenmaßnahmen offen halten muss. Der Nachteil ist eine offensichtliche Nutzlosigkeit ohne zusätzlichen Mann, insbesondere gegen Decks, gegen die der 0/4-Body bedeutungslos ist. Aber irgendwas ist ja immer.


4 Stirring Wildwood
4 Razorverge Thicket
4 Forest
4 Swamp
1 Plains
4 Verdant Catacombs
3 Marsh Flats

4 Birds of Paradise
4 Spellskite
4 Stoneforge Mystic
3 Sylvok Replica
4 Glissa, the Traitor
3 Precursor Golem
2 Wurmcoil Engine


4 Dismember
3 Beast Within
1 Mortarpod
1 Sword of Feast and Famine
1 Sword of War and Peace
1 Bonehoard
1 Batterskull



4. Artefakte und entsprechendes Removal werden noch häufiger anzutreffen sein


Auch abgesehen von der zwingend notwendigen Aufwertung von Stoneforge Mystic, gibt es in der neuen Edition eine Menge constructedtauglicher Artefakte. Mit Ausnahme vom ziemlich interessanten Birthing Pod funktioniert der größte Teil davon in dezidiert artefaklastigen Decks. Egal ob jetzt in dem vor zwei Wochen vorgestellten Mono-Rot (Moltensteel Dragon, Shrine of Burning Rage), blauen Tezzeret-Decks (Phyrexian Metamorph) oder Tempered Steel, alle haben das Zeug dazu, ins Rampenlicht aufzusteigen.

Gerade Letzteres kann endlich elendige Karten wie Vector Asp durch massiv überlegene Alternativen (Hex Parasite) ersetzen. Auch hier kann man sich noch über das genaue Antlitz streiten, sowohl was die Farben (W, WUB, WR) angeht, als auch die Geschwindigkeit.

Einfach mal kurz zwei Beispiele zur Verdeutlichung:


4 Memnite
4 Ornithopter
4 Signal Pest
4 Vault Skirge
4 Hex Parasite
4 Steel Overseer
3 Porcelain Legionnaire
3 Blade Splicer


3 Mox Opal
2 Piston Sledge
4 Tempered Steel
4 Dispatch
4 Contested War Zone
13 Plains


4 Hex Parasite
4 Vault Skirge
4 Phyrexian Revoker
4 Steel Overseer
4 Porcelain Legionnaire
4 Blade Splicer

3 Mox Opal
4 Tempered Steel
2 Dismember
4 Dispatch
4 Tezzeret, Agent of Bolas


4 Seachrome Coast
4 Darkslick Shores
3 Creeping Tar Pit
4 Marsh Flats
3 Swamp
1 Plains



5. Monoschwarz wird kein konkurrenzfähiges Deck

Schade.


Im Ernst. Mit Phyrexian Obliterator und Lashwrithe gibt es mindestens zwei Neuzugänge, die ein Deck dafür belohnen, dass es (fast) ausschließlich Sumpfländer zur Manaproduktion heranzieht. Beides sind offensichtlich richtig gute Karten, müssen sie aber auch sein, um den Nachteil aufzuwiegen, nicht auf die guten Sachen anderer Farben zurückgreifen können. Das tun sie meines Erachtens genau nicht. Der Obliterator etwa ist ein weiterer starker Bursche, der besonders gegen Decks ohne echtes Removal zum MVP aufsteigen kann. Kommt euch das bekannt vor? Mir schon:


Lashwrithe ist da schon ein anderes Kaliber. Hier sehe ich das Problem der Stärkenmaximierung. Überlegen wir doch mal, wie ein Deck aussehen müsste, um die Ausrüstung möglichst optimal nutzen zu können:

1)
monoschwarz
2)
mit einigen Männern, um im Bedarfsfall auch jemanden zum Ausrüsten zu finden

Erkennt noch jemand einen Widerspruch? Okay, Vampire haben ihre Konkurrenzfähigkeit bereits unter Beweis gestellt und in einer monoschwarzen Variante könnte dieses Gerät quasi den Finalpunkt setzen, abgesehen davon, befürchte ich jedoch, werden wir weiter auf Cabal Coffers warten müssen.

Schade.


6. Myr Superion ist der neue Tarmogoyf …


… zumindest manchmal.

Zweiter Zug 5/6 ist bekanntermaßen nicht soooo schlecht und bei dem Knaben muss man sich auch nicht unendliche Mühen machen, um ihn wirklich auf den Tisch zu bekommen. Leider beißen sich die meisten mit These #3, wodurch es nicht total albern wird. Da es zudem noch weitere Karten gibt, die ein angreifendes Deck mit Kreaturenmanabeschleunigung (denn in ein solches möchte er gern verpackt werden) gern sieht, sehe ich hier durchaus Möglichkeiten auf einen neuen Archetyp. Meine Versuche dazu könnt ihr in der nächsten Woche bestaunen.

Überhaupt finden sich im Neuen Phyrexia jede Menge Karten, die nur darauf warten, dass man sie ins richtige Deck steckt. Phyrexian Unlife, Puresteel Paladin, Phyrexian Metamorph, Geosurge, Slag Fiend, Urabrask the Hidden, Birthing Pod, Fresh Meat, Etched Monstrosity und Omen Machine, um nur einmal die zu nennen, die mir spontan einfallen. Würde mich schon sehr wundern, wenn nicht um wenigstens eine der Genannten etwas Solides aufgebaut würde. Insofern stehen Goldene Wochen für Deckbauer an, ihr werdet über meine Versuche lesen.

Als Beispiel nur kurz eine Erinnerung an die vorletzte Woche:


2 Chandra Nalaar
2 Contagion Clasp
4 Everflowing Chalice
4 Koth of the Hammer
4 Lightning Bolt
2 Sphere of the Suns
4 Tumble Magnet
2 Shrine of Burning Rage


4 Moltensteel Dragon
3 Urabrask the Hidden
4 Inferno Titan

20 Mountain
4 Tectonic Edge
1 Valakut, the Molten Pinnacle



7. Diesmal (!) haben sie die Raritäten fair verteilt


Wie so viele andere habe ich ja in den letzten Wochen und Monaten die Preise für Einzelkarten kritisiert. Eine der wichtigsten Ursachen dafür ist sicher die mythische Raritätsstufe, die in letzter Zeit erschreckend häufig für Karten verwendet wurde, die am besten im Playset in diversen Constructed-Decks auftauchen und dabei nicht einmal besonders mythisch wirken (siehe Lotus Cobra, Vengevine etc.).

In New Phyrexia sieht es ein wenig anders aus und zwar ziemlich genau so, wie ich von Anfang an hoffte, dass die Mythics belegt sein würden:

Ein Planeswalker, der ausreichend teuer ist, um (wenn überhaupt) nur in speziellen Decks gespielt zu werden.

Zwei alberne Ausrüstungen, von denen zwar eine (Batterskull) für mich auch als Rare gereicht hätte, die aber zumindest in den kommenden Monaten wohl nur in Ausnahmefällen mehr als einmal benötigt werden. Stoneforge Mystic sei Dank. Dadurch wiederum wird ihr Preis nicht völlig absurd werden.

Der Prätoren-Zyklus, der neben den Titanen überschaubar mächtig wirkt. Trotzdem sind die Dinger offensichtlich ziemlich legendär (und damit irgendwie … mythisch).

Zwei weitere Karten mit sehr ausgewählten Manakosten ( beziehungsweise ), wodurch zumindest die Flexibilität der Einsatzfähigkeit massiv herabgesetzt wird.

Auf der anderen Seite sind einige Karten dankenswerterweise nicht rar geworden, die sonst ebenfalls beachtliche Preise erzielt hätten. Schaut nur einmal, was Mental Misstep aktuell so kostet …

So, damit wäre ich am Ende meiner ersten Eindrücke. Ab der nächsten Woche sehen wir dann, wie sich die neuen Schätze so in der Praxis bewähren. Bis dahin wünsche ich euch viel Spaß beim ersten Kontakt und zwar beim Prerelease eurer Wahl!

Der MiDi




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