miraclegames.de
Community
To Infinity!
von Florian Koch
07.01.2011


Magic kann ein teures Hobby sein, und wenn man dann auch noch Magic Online spielen möchte, wird es sicher nicht billiger. Bevor sich die Hälfte schon an dieser Stelle verabschiedet – ich werde nicht darüber jammern, dass Jace zu teuer ist und Mythics das Spiel kaputtgemacht haben. Es ist einfach so, dass Magic Geld kostet, was insofern sogar gut ist, als dass der Hersteller sonst längst pleite wäre. Für die Online-Variante gilt diese Feststellung übrigens ziemlich grundsätzlich. Wenn ich kompetitiv spielen möchte, muss ich Tix ausgeben. Im Real Life kann man zur Not mit zwei geproxten Decks am heimischen Küchentisch gegen 'nen Kumpel zocken, aber das ist online schwieriger beziehungsweise es nimmt Magic Online den entscheidenden Vorteil, nämlich dass man immer zocken kann, wenn einem gerade danach ist. Für den durchschnittlichen Spieler, nennen wir ihn Schüler oder Studenten, ist es aber kaum finanzierbar, alle zwei Tage online einen Draft zu spielen. Was? Sind nicht eh alle infinite?



I
don't
think
so
!

Ehrlich, heutzutage reden die meisten nicht mehr so viel darüber, aber eine Zeit lang gehörte es zum guten Ton, dass jeder behauptete, er sei infinite und überhaupt könne man sich doch jeden Monat 100 Dollar bei Paypal auscashen lassen, weil man eh so viel gewinnt. Ich habe in den letzten zwei Monaten sehr viel online gespielt, viel gedraftet und auch einigermaßen viele Daily Sealeds mitgemacht. Meine Erfahrung war, dass ich, wenn ich die Karten behalten möchte, 8-4-Drafts in etwa +/−0 spielen kann. Alles andere, was Limited ist, kostet Geld. Dummerweise ist Magic ein Spiel, das viel Spaß macht, und man möchte natürlich trotzdem spielen können. Ständig zuzuzahlen, ist allerdings kein besonders erhebendes Gefühl. Was kann man da tun? Die einfache Antwort ist: „Constructed spielen!“

Aber ich wollte mal etwas genauer wissen, wie lukrativ es ist, welche Events zu spielen, und das Ergebnis davon möchte ich heute präsentieren. Es erwartet euch eine hübsche Ansammlung von Analysen, was man in welchen Eventformen unter welchen Bedingungen leisten muss, um infinite zu sein. Das sind viele Zahlen und bei aller Mühe wird es vermutlich nicht toll zu lesen sein, aber ich hoffe, dass es zumindest informativ sein wird. Auf geht's!


Was muss man wissen?

Zur Methodik: Wenn man das Ganze sinnvoll angehen möchte, gibt es ein paar Rahmenbedingungen, die man beachten muss. Es ist nicht damit getan, einen Booster als vier Tix zu rechnen und sich dann zu überlegen, wie viel Prozent seiner Matches man gewinnen muss, um mit 4-3-2-2-Drafts infinite zu sein. Tatsächlich muss man berücksichtigen, welchen Wert die Einzelkarten haben und wie der Boosterpreis tatsächlich gerade ist. Wenn man es genau wissen will, könnte man sich auch noch Gedanken darüber machen, wie es um die Varianz bestellt ist. Darauf werde ich allerdings nur sehr allgemein eingehen, weil das doch recht komplex ist, wenn man es wirklich mathematisch exakt machen will.


8-4-Drafts

Zunächst mal als allgemeines Rechenbeispiel. Der positive Teil unseres Erwartungswerts ist, dass wir das Finale erreichen und gewinnen mal 32 Tix, plus die Wahrscheinlichkeit, dass wir das Finale erreichen und nicht gewinnen mal 16 Tix. Wenn wir eine Win-Percentage von W haben, wäre das also W×W×(1−W)×16 für den Fall, dass wir verlieren, plus W×W×W×32 für den Fall, dass wir gewinnen. Der negative Teil unseres Erwartungswerts ist das, was wir eingezahlt haben, also 14 Tix. Daraus ergibt sich:

EV(8-4-Draft) = 16WW(1−W)+32WWW−14 = 16(W2+W3)−14

Bei einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 80% pro Match kommt man so zum Beispiel auf einen Erwartungswert von 4,432. Man würde also im Schnitt pro Draft ungefähr einen Booster plus machen. Leider muss man aber auch einkalkulieren, dass die Booster nicht immer einen Wert von vier Tix haben. Tatsächlich ist es so, dass Scars of Mirrodin-Booster im Moment etwas unter 3,5 wert sind. Wie rechnet man das mit ein? Die Gleichung oben lässt noch erkennen, wo die Boosterpreise eingegangen sind und so kommt man, wenn der Wert eines Boosters B ist, ganz flott zu:

EV(8-4-Draft) = 4B(W2+W3)−3B−2

Nehmen wir als Beispiel mal den etwas realistischeren Fall einer Siegquote von 70% und eben den Boosterpreis von 3,5, dann erhalten wir einen durchschnittlichen Verlust von 0,838 Tix pro Draft. Almost infinite! Glücklicherweise behält man ja aber auch noch die Karten, die man aufmacht. Die sind im Falle von Scars of Mirrodin leider auch nicht besonders viel wert. Ein Komplettset geht online derzeit für 100 Tix – tausche Scars-Komplettset gegen Jace … Wenn sich der Wert eines Sets ausschließlich auf die Mythics verteilen würde, käme man dann auf 0,826 Tix zusätzlichen Wert aus den Boostern, was bedeuten würde, dass man bei 70% Wins ungefähr 1,6 Tix pro Draft im Plus ist. Aber glücklicherweise sind die Rares online ja auch noch ein wenig was wert, so dass man noch ein bisschen mehr Gewinn macht. Aus den MTGO-Traders-Preisen ergibt sich, dass die Mythics in etwa 77% des Werts eines Scars-Komplettsets ausmachen und die Rares in etwa 21%. Dass die Uncommons und Commons noch mehr als zwei Dollar wert sein sollen, überrascht mich ehrlich gesagt, aber egal. Vernachlässigen wir die trotzdem mal. Dann kommt man am Ende dazu, dass der Inhalt eines Boosters ziemlich exakt ein Ticket wert ist. Man würde mit diesen 70% Wins also fast 2,2 Tix pro Draft gewinnen. Immer noch ein ziemlich solider wert, wobei 70% Wins ja auch schon sehr ordentlich ist. Wenn man gegen durchnittliche Magic-Spieler spielen würde, müsste man ein Rating von 1770 haben, was durchaus realistisch klingt, tatsächlich muss man aber 170 Punkte besser sein als der durchschnittliche 8-4-Drafter. Das ist schon noch eine Herausforderung. Beim aktuellen Preisniveau schafft man das Break even jedenfalls bei 64% Siegen. Das entspricht einem Ratingvorsprung von ungefähr 110 Punkten auf die anderen Drafter am Tisch. Wenn man nur 50% seiner Spiele gewinnt, dann kostet ein Draft im Schnitt 4,25 Tix.

Kennzahlen 8-4-Draft Scars of Mirrodin:

Boosterpreis: 3,5 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 1 Ticket
EV bei 50% Wins: −4,25 Tix
Break even: 64% Wins
Varianz: hoch
Investitionskosten: 12,5 Tix oder 2 Tix + 3 Booster pro Draft

Wenn man die ganzen Zahlen ein wenig verändert und davon ausgeht, dass die Einzelkarten im Schnitt zwei Tix und die Booster noch ihre vier Tix wert sind, wie das bei Masters Edition IV zum Beispiel am Anfang sein wird, dann kommt man auf folgende Kennzahlen:

Kennzahlen 8-4-Draft Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2 Tix
EV bei 50% Wins: −2 Tix
Break even: 57% Wins
Varianz: hoch
Investitionskosten: 14 Tix oder 2 Tix + 3 Booster pro Draft


4-3-2-2-Drafts

Wenn man zu den 4-3-2-2-Drafts übergeht, muss man erwarten, dass man deutlich mehr Matches gewinnen muss als im 8-4, um das Break even zu schaffen. Das liegt daran, dass die Preisausschüttung insgesamt geringer ist. Dafür spielt man bei den 4-3-2-2-Drafts tendenziell gegen schwächere Gegner, wobei auch in den 8-4-Drafts längst nicht nur Pro-Player sitzen. Der andere Vorteil ist, dass die Varianz sinkt. Gewinnt man im 8-4-Draft 50% seiner Matches, dann erhält man nur in jedem vierten Draft Preise, was zu sehr langen Durststrecken führen kann, die nicht nur finanziell unangenehm sind, sondern auch psychologisch schwierig sein können. Beim 4-3-2-2 erhält man unter gleichen Bedingungen hingegen schon bei jedem zweiten Draft Preise, was die Wahrscheinlichkeit für lange Durststrecken deutlich verringert.

Kennzahlen 4-3-2-2-Draft Scars of Mirrodin:

Boosterpreis: 3,5 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 1 Ticket
EV bei 50% Wins: −4,6875 Tix
Break even: 79,5% Wins
Varianz: mittel
Investitionskosten: 12,5 Tix oder 2 Tix + 3 Booster pro Draft

Kennzahlen 4-3-2-2-Draft Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2 Tix
EV bei 50% Wins: −2,5 Tix
Break even: 65% Wins
Varianz: mittel
Investitionskosten: 14 Tix oder 2 Tix + 3 Booster pro Draft


Swiss-Drafts

Die Swiss-Drafts sind, insbesondere was die Varianz angeht, ein anderes Tier. Bei den Swiss-Drafts ist es nämlich so, dass die Turnierform überhaupt keine zusätzlich Varianz einbringt. Was meine ich damit? Wenn ich im Swiss sechsmal gewinne und sechsmal verliere, dann habe ich am Ende sechs Booster, völlig unabhängig davon, wann ich gewonnen und wann ich verloren habe. Beim 8-4-Draft hingegen kann ich mit dem gleichen Ergebnis am Ende zwischen null und 16 Boostern gewonnen haben. Längere Durststrecken sind im Swiss also gewissermaßen sehr unwahrscheinlich. Auf der anderen Seite könnte man natürlich auch behaupten, dass Swiss-Drafts eine einzige lange Durststrecke sind, denn mit ähnlichen Mitteln kann man sich überlegen, was man fürs Break even braucht. Betrachten wir den Swiss-Draft einfach als eine Serie aus einzelnen Ante-Matches. Was haben wir da im Topf? Der Buy-in ist ein Drittel eines Drafts, also ein Booster und zwei Drittel eines Tickets. Der potenzielle Preis ist ein Booster, außerdem ist der Inhalt des geöffneten Boosters als Preis garantiert. Wenn man gewinnt, macht man also ein Drittel Ticket Gewinn. Eine Niederlage bedeutet circa 3,17 Tix Verlust. Fürs Break even muss man also fast neun von zehn Matches gewinnen. Viel Gück!

Kennzahlen Swiss-Draft Scars of Mirrodin:

Boosterpreis: 3,5 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 1 Ticket
EV bei 50% Wins: −4,25 Tix
Break even: 89,5% Wins
Varianz: keine
Investitionskosten: 12,5 Tix oder 2 Tix + 3 Booster pro Draft

Kennzahlen Swiss-Draft Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2 Tix
EV bei 50% Wins: −2 Tix
Break even: 67% Wins
Varianz: keine
Investitionskosten: 14 Tix oder 2 Tix + 3 Booster pro Draft


TNMO-Drafts

Schließlich gibt es noch die TNMO-Drafts und auch die wollen wir natürlich nicht ganz außer Acht lassen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Swiss-Drafts mit dem Unterschied, dass sie keine Tix kosten und der Sieger einen zusätzlichen Booster bekommt. Außerdem erhalten alle Teilnehmer eine TNMO-Karte, die 3:0er sogar eine in Foil. Klingt nach einem guten Deal? Ist es auch!

Kennzahlen TNMO-Draft Scars of Mirrodin:

Boosterpreis: 3,5 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 1 Ticket
EV bei 50% Wins: −1,8125 Tix
Break even: 63% Wins
Varianz: minimal
Investitionskosten: 10,5 Tix oder 3 Booster pro Draft

Kennzahlen TNMO-Draft Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2 Tix
EV bei 50% Wins: +0,5 Tix
Break even: 46,5% Wins
Varianz: minimal
Investitionskosten: 12 Tix oder 3 Booster pro Draft


Prerelease-Drafts

Und zum Abschluss gibt es auch noch Prerelease-Drafts. Während der Prereleases können die Einzelkartenpreise noch recht hoch sein, aber ich vernachlässige das an dieser Stelle mal, weil ich eh nicht genau weiß, wie das da so ist und zu Beginn eines Sets die Preise auch noch stärkeren Schwankungen unterworfen sind. Behaupten wir aber, um den Prerelease-Drafts gegenüber nicht zu unfair zu sein, dass der Inhalt eines ME4-Boosters zu diesem Zeitpunkt noch 2,5 Tix wert sein wird.

Kennzahlen 64er-Prerelease-Draft Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2,5 Tix
EV bei 50% Wins: −6,75 Tix
Break even: 63% Wins
Varianz: mittel
Investitionskosten: 20 Tix

Kennzahlen 64er-Release-Draft Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2,5 Tix
EV bei 50% Wins: −0,3125 Tix
Break even: 52% Wins
Varianz: mittel
Investitionskosten: 20 Tix


Sealed

Kommen wir damit mal zu den Sealed Events, also denen mit sechs Boostern. Da sind zwei Typen zu unterscheiden: Swiss-Sealed-Flights und Premier-Events, wobei es beide zu verschiedenen Anlässen mit unterschiedlicher Preisausschüttung gibt. Swiss-Sealeds gibt es immer einfach so als Dailies und dann gibt es die ungleich lukrativeren Release-Events. Bei Premier-Events gibt es normalerweise das Gleiche, es gibt sie einfach so und als Release-Events. Dazu kommen in diesem Fall noch Classic-Product-Events, aber die lasse ich mal raus, da der Erwartungswert doch sehr stark vom Wert der Booster abhängt.

Kennzahlen Sealed-Swiss-Daily Scars of Mirrodin:

Boosterpreis: 3,5 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 1 Ticket
EV bei 50% Wins: −7,625 Tix
Break even: 66,5% Wins
Varianz: sehr hoch
Investitionskosten: 23 Tix oder 6 Booster und 2 Tix pro Sealed

Kennzahlen Sealed-Swiss-Prerelease Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2,5 Tix
EV bei 50% Wins: −7 Tix
Break even: 66% Wins
Varianz: minimal
Investitionskosten: 30 Tix pro Sealed

Kennzahlen Sealed-Swiss-Release Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2 Tix
EV bei 50% Wins: +3,75 Tix
Break even: 43% Wins
Varianz: minimal
Investitionskosten: 24 Tix pro Sealed

Kennzahlen Top-8-Premier-Release-Event Masters Edition IV:

Boosterpreis: 4 Tix
Einzelkartenwert pro Booster: 2 Tix
EV bei 50% Wins: abhängig von der Teilnehmerzahl
Break even: abhängig von der Teilnehmerzahl
Varianz: hoch
Investitionskosten: 24 Tix oder 6 Booster und 4 Tix pro Sealed





Kommentiert
.in unserem Forum

[ drucken ]

Weitere Artikel/Berichte von Florian Koch

[07.11.2018]Vorschau: Pro Tour Guilds of Ravnica
[09.04.2013]Testtagebuch: UWR
[19.07.2012]Aufmarsch von Legionen an Plagen
[05.06.2012]Avacyn Restored Limited Review: Schwarz
[31.05.2012]Avacyn Restored Limited Review: Blau


miraclegames.de
 
 
zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite