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Kalenderblatt
von Torben Thies
14.09.2010

Herzlich willkommen zu einer neuen Kolumne hier auf PlanetMTG! Wir haben lange nach einer Lösung für unser kleines Nachrichtenproblem gesucht, denn seien wir ehrlich: So richtig schnell, aktuell und auf den Punkt war unser Newsbereich eigentlich nie (obwohl Florian Koch im Moment mal wieder einen Versuch unternimmt, das zu beheben. Viva la motivación!). Mein Ziel ist es, euch jeden Dienstag auf den neusten Stand zu bringen, was die Entwicklungen in der Magic-Welt angeht. Ein festes Konzept habe ich bisher nicht; Je nachdem was ansteht, werdet ihr hier Schnellzusammenfassungen, Interviews, Decklisten et cetera finden. Meist werde ich das Ganze mit ein wenig subjektivem Senf anreichern, was aber nicht von den Fakten ablenken soll. Wir sind ja hier schließlich nicht am Grabbeltisch!


New Moon


Okay, so ganz neu ist der Mond nicht mehr, der da am Ende unseres ersten Besuchs auf Mirrodin aufgetaucht war, und in Wahrheit ist der Mond eine Sonne. Aber unter diesem Mond spielt sich das Drama ab, das uns jetzt erwartet. Anscheinend haben sich die Phyrexianer (beziehungsweise ihr Öl, Tobi kann euch da mehr erzählen) auf den glänzenden Metallplaneten geschlichen und korrumpieren sich still und heimlich unschuldige Bürger Mirrodins auf ihre Seite.

Übersetzungsbeschwerde 1: Ein Bewohner Mirrodins, im Englischen „Mirran“, ist im Deutschen ebenfalls ein Mirran. Wieso nicht Mirraner? (Ein „Phyrexian“ ist schließlich auch ein Phyrexianer.) Oder Mirrodinese? Und was ist überhaupt der Plural von Mirran?

Warum uns das interessieren soll, was die Borg des Magic auf einem fremden Planeten in einem fernen Multiversum so alles anstellen? Ganz einfach, in diesen Kontext sind die Karten der neuen Edition Scars of Mirrodin eingebettet.


Dass wir dorthin zurückkehren würden, wussten wir ja schon länger, aber die Spoiler haben diesmal doch einige Zeit auf sich warten lassen. Seit letzter Woche sind die Previews auf dem Mutterschiff aber in vollem Gange. Und nachdem wir schon in Amsterdam mit einer großen Menge an Leckereien verwöhnt wurden – ich meine nicht nur die Gratispizza –, kommen nun täglich Kaskaden an neuen Karten auf uns zu. (Apropos Kaskaden: ratet mal, was bald rausrotiert?) Die Frage ist nur: Wo finde ich all die bisher veröffentlichten Karten auf einen Blick? Die zwei einfachsten Optionen sind wohl wie jede Saison der Visual Spoiler, der tief in den Unterpunkten der Hauptseite verschachtelt ist (ehrlich, bookmarkt ihn euch!), und der inoffizielle Spoiler von MTGSalvation. Letzterer beinhaltet auch Karten aus eher dubiosen Quellen, also schenkt ihm – wie immer – nicht blind Vertrauen.

Übersetzungsbeschwerde 2: Ich habe ja nichts gegen Realismus in Fantasywelten, aber ein Planeswalker mit Flatulenzen geht mir dann doch zu weit. Oder wie sonst soll ich mir Venser der Gast vorstellen?

Übrigens hatte ich wirklich geraume Zeit gesucht, bis ich endlich den offiziellen Visual Spoiler gefunden hatte. Der erste Link, den ich fand, führte mich nämlich hierhin. Nehmt euch einen Moment Zeit für die Seite, wenn ihr sie noch nicht kennt. (Im Zweifel nimmt euch euer Browser bestimmt ein wenig Zeit beim Laden.) Ich warte auf euch.


Fertig? Was ihr da eben begutachten konntet, ist so etwas wie die neue Produktseite. Okay, die wirkliche Produktseite ist das hier, aber das Herzstück der Angelegenheit soll wohl diese Flashmonstrosität sein (Ist das Flash? Verzeiht einem Nichtinformatiker). Nehmt es mir nicht übel, wenn sich dieser Artikel kurz in einen pischneresken Beschwerdebrief wandelt, aber: Was soll der Blödsinn? Diese Seite ist umständlich, nichtssagend und unübersichtlich! Ich fühle mich nicht von der Welt eingenommen, die „Berichte“ wirken aufgesetzt und die ganze Seite an sich wie von einem Informatikstudenten mit zu vielen Ambitionen und zu wenig Ahnung realisiert. Da lobe ich mir doch die kleinen Tidbits mit eingestreuten neuen Bildern, die es vorher immer gab. Klar, die waren nicht flashig, multi-layered und facebookverlinkt, aber dafür musste man sich nicht nicht durch einen Wust an blinkendem Nichts kämpfen, um letztendlich festzustellen, dass das blinkende Nichts das Etwas sein soll. Na ja, vielleicht ist das ja auch nur ein postironischer Kommentar auf das gesamte Internet, wer weiß.


Marbles ist Selbram rückwärts


Weil die Stimmenauszähler wohl nicht mehr alle Murmeln im Regal hatten und Bram quasi verraten und verkauft wurde, macht diese Überschrift doch fast Sinn, oder?

Fangen wir von vorne an: Auf der Pro Tour Amsterdam (auf der scheinbar viele Dinge ihren Anfang nahmen) wurden am Sonntag die neuen Mitglieder der Hall of Fame – oder die „Class of 2010“, wie die Amerikaner so schön sagen – bekanntgegeben. Nach einer Regeländerung im Jahr 2009 werden nicht mehr pauschal die meistgewählten fünf Spieler, sondern nur noch alle, die vierzig oder mehr Prozent der Stimmen für sich gewinnen können, in die Halle eingeführt. Gabriel Nassif, Brian Kibler und Tomoharu Saito schafften diese Hürde ziemlich locker und wurden somit als neue Mitglieder angekündingt. Was folgte, war ein kleiner Aufschrei der Enttäuschung: Bram Snepvangers hatte trotz aller seiner Leistungen und einer Kampagne der niederländischen Community knapp den Weg ins Klassenzimmer verfehlt. 39,94% der Stimmen konnte er für sich gewinnen, was leider ziemlich genau eine Stimme zu wenig war.


Schon bald machten sich einige skeptische Stimmen breit. Der Umstand, dass Bram es in die Hall of Fame geschafft hätte, wenn er sich seiner Stimme enthalten hätte, war zwar tragisch, aber nicht weiter zu ändern. Den Anstoß für eine erneute Zählung gaben dann aber unser Hanno Terbuyken, der bemerkte, dass die Stimmen für Marco Blume nicht gelistet wurden, und ein Twitterer, der sich selbst als niederländischer Judge und Turnierorganisator bezeichnete. Letzterer bemerkte, dass Bram es doch knapp geschafft hätte, wenn die Stimmen so gewichtet worden wären, wie es die Regeln vorsehen. Die erste Berechnung wurde so vorgenommen, dass die Stimmen des Selection Committee mit zwei Dritteln und die des Players Committee mit einem Drittel der Stimmen gewichtet wurden. Das Problem: Die Regeln schreiben vor, dass die Verteilung 67 zu 33 sein soll, das SC also ein Stimmengewicht von etwas mehr als zwei Drittel hat.

Und siehe da: Kurz darauf erschien eine Meldung, dass Bram Snepvangers nun doch Mitglied der Hall of Fame 2010 ist. Drama, Baby!

-Die Hall of Fame
 
Seit 2005 gibt es nun schon die Pro Tour Hall of Fame, in die jedes Jahr die namhaftesten und leistungsstärksten Spieler ihrer Generation eingeführt werden. Wählbar ist jeder, der sein Pro-Tour-Debüt vor mindestens zehn Saisons feierte und in seinem Leben mindestens 100 Pro-Punkte erworben hat.

Gewählt werden die Mitglieder von zwei Gruppen: Das Selection Committee (SC) besteht aus handgepflückten Experten der Pro-Tour-Geschichte, deren Stimmen zwei Drittel zählen, also mit dem Faktor 0,67 multipliziert werden. Für das Players Committee (PC) kann jeder stimmen, der mindestens 100 Pro-Punkte in seinem Leben ergattert hat. Eine solche Stimme hat ein Gewicht von einem Drittel, wird also mit 0,33 multipliziert. Jeder Wahlberechtigte, egal zu welchem Komitee er gehört, kann fünf Stimmen abgeben, die er auf fünf Stimmberechtigte verteilen muss.

Der Spieler, der am Ende nach der Formel (SC% × 0,67) + (PC% × 0,33) vierzig oder mehr Prozent erreicht hat, wird bei den Weltmeisterschaften des jeweiligen Jahres feierlich in die Hall of Fame eingeführt. Nun nennen diese Spieler nicht nur einen fetten, gravierten Ring ihr Eigen und gehören offiziell zu den besten Spielern aller Zeiten, sondern erhalten noch ein paar „weltliche“ Begünstigungen:

bezahlte Reise und Hotel zur Weltmeisterschaft, bei der sie eingeführt werden
lebenslang mindestens Pro Level 5, was heißt: drei Byes bei allen GP, Einladung zu den Nationals, allen Pro Touren und der Weltmeisterschaft und sowie 250 Dollar Antrittsgeld bei den letzteren beiden


Der Bann ist gebrochen

Ich kann mir gut vorstellen, dass Martin Juza letzten Sonntag eine riesige Last von den Schultern gefallen ist. Bisher war mir das noch nie so richtig aufgefallen, aber: Der Level-8-Pro, der letzte Saison Zweiter im Player-of-the-Year-Race wurde, der bereits zwei Mal die Top 8 der Pro Tour und drei Mal die eines Grand Prix erreicht hat *lufthol*, hatte bislang noch nie einen internationalen Titel geholt! Unglaublich, aber wahr – Martin Juzas Sieg in Portland war der erste seiner Karriere.

Geschafft hat er das mit folgendem Draftdeck:

Martin Juza, Winner GP Portland

8 Island
8 Swamp
1 Terramorphic Expanse

1 Aether Adept
1 Alluring Siren
1 Armored Cancrix
1 Augury Owl
2 Azure Drake
1 Child of Night
1 Cloud Elemental
1 Conundrum Sphinx
1 Howling Banshee
1 Maritime Guard
1 Rotting Legion
1 Scroll Thief
1 Wall of Frost

1 Assassinate
1 Call to Mind
1 Deathmark
1 Diabolic Tutor
1 Diminish
1 Doom Blade
1 Foresee
1 Ice Cage
1 Sign in Blood


Sideboard:

1 Angel's Feather
1 Arc Runner
2 Autumn's Veil
1 Demon's Horn
1 Disentomb
1 Flashfreeze
1 Maritime Guard
1 Mighty Leap
1 Naturalize
1 Necrotic Plague
1 Prized Unicorn
1 Relentless Rats
1 Safe Passage
1 Spined Wurm
1 Tome Scour
1 Unholy Strength
1 Vengeful Archon


Das eigentlich Erstaunliche an diesem Grand Prix ist aber nicht die Top 8. Unter denen findet man nämlich das, was man auf so quasi allen US-Grand-Prix findet: Die üblichen Verdächtigen wie Paulo Damo Vitor da Paulo da Vitor da Rosa oder David Ochoa plus ein paar random Amerikaner. Wirklich beeindruckend finde ich die Teilnehmerentwicklung der amerikanischen Grand Prix:

2008:
Philadelphia (Extended): 966
Indianapolis (Sealed): 1123
Denver (Block Constructed): 625
Kansas City (Sealed): 746
Atlanta (Sealed): 682

Durchschnitt: 828,4

2009:
Los Angeles (Extended): 834
Chicago (Legacy): 1228
Seattle (Standard): 1125
Boston (Sealed): 1503
Tampa (Sealed): 831
Minneapolis (Sealed): 1183

Durchschnitt: 1104,2

2010:
Oakland (Extended): 767
Houston (Extended): 636
Washington D.C. (Standard): 1931
Columbus (Legacy): 1291
Portland (Sealed): 1354

Durchschnitt: 1195,8

Ich habe 2008 als Startpunkt genommen, weil in diesem Jahr eine magische Zahl geknackt wurde. In Indianapolis sprengte tatsächlich der erste Grand Prix die Marke von 1000 Spielern. Das war vorher in den USA undenkbar! Nicht dass dort weniger Leute Magic spielen würden als in Europa – im Gegenteil –, aber dieses Land ist riesig und vergleichsweise dünn besiedelt. Da ist es umso erstaunlicher, dass Magic in den USA im Moment anscheinend einen solchen Popularitätsschub erhält, dass vierstellige Zahlen zur Normalität geworden sind. In Washington wurden dieses Jahr sogar fast die 2000 geknackt!

Dass Extended vergleichsweise unbeliebt ist, ist bei einer solch hohen Einstiegsbarriere, wie das alte Format sie hatte, nicht weiter verwunderlich. Aber auch hier wurde in die richtige Richtung weitergedacht und Double Standard entwickelt. Ich bin wirklich gespannt auf die ersten Grand Prix in diesem Format.

Allen, die mal wieder meinen, dass Magic tot sei, behalten bitte diese Zahlen im Hinterkopf. Das Spiel wächst – und auch die internationale Turnierszene befindet sich auf einem sehr guten Weg.


Must Read!


Beschließen möchte ich den Artikel mit einer schönen Angewohnheit, die Nico Bohny vor einiger Zeit mal hatte. Er pickte sich immer die Top 5 eines beliebigen Themas heraus und gab seinen Senf dazu. Ich möchte auch am Ende jedes Textes eine Bestenliste liefern, die aber thematisch immer gleich bleibt. Hier die meiner Meinung nach lesenswertesten Nichplanetenartikel der letzten Woche:

Five Premiere Events Moments – Brad Nelson: Brad Nelson, der zurzeit vielleicht beste Spieler auf dem Planeten (also auf dem Planeten Erde, nicht auf dem Planeten MTG) listet seine fünf Lieblingsstorys aus Amsterdam auf. Es ist einfach schön zu lesen, wie ein veritabler Pro wie er von seiner Angst vor Kai Budde erzählt, oder wie er im Spiel gegen Guillaume Wafo-Tapa vor Ehrfurcht ergriffen erst mal sein ganzes Deck über den Tisch verteilt.

Adjusting to the Opponent's Style – Matt Nass: Eigentlich mag ich seine Artikel nicht so sehr, doch zu lesen, wie man seine Entscheidungen von der Person, die einem gegenübersitzt abhängig machen kann, ist schon sehr interessant. Der Text ist übrigens auch gut auf das FNM-Niveau übertragbar, wo man oft Woche für Woche gegen dieselben Gegner spielt.

Guess Who's Back? Pro Tour: Amsterdam Report *8th place* – Kai Budde: Der Titan ist zurück und bringt einen wirklich lesenswerten Turnierbericht mit. Ich mochte schon immer seinen etwas spröden Schreibstil, der die Sachen ohne große Umschweife auf den Punkt bringt. In diesem Artikel merkt man aber, dass er älter, weiser und relaxter geworden ist, was eine gewisse Lockerheit mit sich bringt. Insgesamt eine sehr runde Sache, ich freue mich schon auf den Top-8-Bericht aus Chiba.

Breaking Contracts for Fun and Profit – Gavin Verhey: Er trifft den Nagel nicht immer auf den Kopf, aber der Versuch, neue Theoriegebilde zu entwerfen, führt immer wieder in interessante Gedankengefilde. Lest euch einfach mal durch, was er zum Prinzip des „social contract“ zu sagen hat.

Bamboozling Glimmers – Lino Burgold: Unser Lieblingsrookieoftheyearzweitausendundneun erklärt, wie man Mirrormatches angeht. Er behandelt zwar nur das Ad Nauseam-Mirror, aber achtet einmal auf seine Vorgehensweise.





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