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Limited Draften mit dem Durchschnittsheinz von Torben Thies |
20.03.2009 |

Hallo erst mal! Ihr kennt mich wahrscheinlich eher als den Nachrichtenverantw ortlichen hier, aber überraschenderweise spiele ich auch Magic, und das nicht zu knapp. Leider bin ich kein Pro, habe keine Grand-Prix- oder PTQ-Top-8 zu verbuchen und bin auch ansonsten eher mäßig erfolgreich. Mäßig ist aber genau das Attribut, mit dem ich hervorstechen will.

„Wie kann man mit Mittelmäßigkeit hervorstechen?“, fragt ihr euch jetzt bestimmt. Ganz einfach: Dadurch, dass ich kein übermäßig guter, kein übermäßig schlechter, aber ein durchaus begeisterter Drafter bin, sehe ich meine Entscheidungen nicht als Anleitung, sondern eher als Diskussionsgrundlage. Heute werde ich mit euch den ersten Booster eines 8-4-Drafts auf Magic Online durchgehen. Hierbei werde ich euch auf Fragestellungen aufmerksam machen, die sich zwangsweise immer in einem Draft ergeben. Meine Antw ort dazu ist nie in Stein gemeißelt, sondern nur mein eigener Lösungsansatz.
Wichtig ist: Hinterfragt diese Ansätze kritisch und bildet euch eure eigenen Grundlagen und Verhaltensmuster. Bei besonders kritischen Picks bitte ich euch übrigens, die Abstimmungsfunktion zu nutzen, bevor ihr euch meine Wahl und meine Begründung dazu anseht. Im besten Fall soll aufgrund der Fragestellungen und der Umfragen eine lebhafte Forendiskussion entstehen. Seid ihr bereit? Dann kann's ja losgehen!
Gefahrenquelle Nr. 1 – der First Pick
Der erste Pick ist ja immer so eine Sache. Man hofft darauf, entweder eine glasklare Bombe oder einen leeren Booster mit einer einzigen guten Karte zu öffnen, aber meistens kommt es eben doch anders. Wobei dieses Exemplar noch zu den meiner Ansicht nach eindeutigeren seiner Art gehört. Die diskussionswürdigen Karten sind wohl folgende:
Den Gargantuan und den Aven kann man meiner Meinung nach schnell wieder aus der Gruppe entlassen. Ihr Powerlevel ist einfach nicht hoch genug, um einen dreifarbigen First Pick zu rechtfertigen, besonders weil man sie normalerweise auch später im Draftverlauf noch ohne Weiteres bekommt. Unter den einfarbigen Optionen schätze ich den Knight klar besser als das Elemental ein. Im Gegensatz zu Algae Gharial oder Scavenger Drake hat das Elemental weder Schutz vor Removal und wird somit meist entweder direkt abgeholzt oder von Bodenkreaturen aufgehalten. Den Knight spiele ich im Gegensatz dazu in fast jedem Deck, das irgendwie Weiß und Grün beinhaltet, sehr gern.
Aber ist er auch besser als das Removal in dieser illustren Runde? Meiner Meinung nach ist er das nicht. Agony Warp ist ein eiskalter Killer und tauscht meiner Erfahrung nach öfter zwei zu eins, als man denkt. 2-Mana Kreaturen bekommt man einfach öfter als diesen wirklich exzellenten Entsorgungsdienst. Mein Pick hier also: Agony Warp
Hier noch einmal meine Herangehensweise an den First Pick zusammengefasst (wenn sich keine Bombe im Booster befindet, die das Spiel allein gewinnt).
1. Auswählen der Karten, die es immer ins Maindeck schaffen.
2. Aussortieren der Karten, deren Farbanforderung oder Anwendungsgebiet zu einschränkend ist.
Jetzt hat man man meist nur noch zwei bis drei Karten übrig, über die man sich den Kopf zerbrechen muss. Und hier folgt dann der für mich schwerste und subjektivste Teil des Auswahlprozesses.
3. Ausscheiden der Karten, die zwar gut sind, deren Rolle aber auch durch viele andere Optionen ausgefüllt werden kann.
Dieser Punkt ist der Grund, warum mein First Pick meist ein Removal ist. Kreaturen erfüllen für mich in erster Linie eine Funktion: Sie hauen. Entweder früh und schnell oder spät und hart. Und diesen Part kann meiner Meinung nach meist ein x-beliebiger Papphorst erledigen. Kreaturenabrüstungsarsenal, dazu noch welches, das Kartenvorteil kreieren kann, ist doch um einiges rarer gesät. Natürlich sollte man sich später im Draft schon gelegentlich dafür entscheiden, eine Karte zu picken, um etwaige Löcher zu stopfen, beim First Pick finde ich diese Gedanken aber relativ irrelevant.
Relativ irrelevant sind auch die sagenumwobenen Signale zu diesem Zeitpunkt für mich. Mein linker Nachbar geht gleichzeitig mit mir denselben First-Pick-Prozess durch und wird meist das Ziel haben, als Nächstes eine Karte zu nehmen, die zu seiner ersten passt.
Gefahrenquelle Nr. 2 – die Farbwahl (Episode I)
Hier hatte ich gleich beim zweiten Pick die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen, die ich eigentlich gern noch zwei oder drei Picks aufgeschoben hätte. Seitdem Skeletonize nicht mehr Spiele abstürzen lässt, ist es wieder eine sehr gute Karte, nur hätte ich mit dieser Wahl innerhalb von zwei Picks drei Farben gewählt. Die Surfoptionen sind hier Puppet Conjurer, Blister Beetle und Skeletal Kathari. Wer sich noch einmal völlig neu orientieren will, hat hier in Steward of Valeron, Skullmulcher und Sighted-Casted Sorcerer die besten Optionen. Und wieder habt ihr die Gelegenheit, eure Meinung mit einem Klick kundzutun:
An diesem Pick sitze ich wirklich so lange, dass mir die Draftuhr irgendwann durch ein dezentes Ticken verständlich macht, dass ich noch fünf Sekunden hätte, um meine Wahl zu treffen. Das Skeletonize ist im Vakuum die stärkste Karte, danach kommt Puppet Conjurer, der aber nur in Esper oder in Verbindung mit Bone Splinters extrem gut wird. Blister Beetle schafft es meistens ins Deck und rüstet öfter mal einen entscheidenden Manaelfen oder Pinger ab.
Machen diese Aussagen die Entscheidung einfacher? Für mich nicht. Nach endlosem Zögern nehme ich das Skeletonize. Im Kampf einem Angreifer die Füße wegreißen und mit seinen Überresten einen Klobo blocken zu können, ist zu verlockend für mich. Hätte ich hier lieber im blau-schwarzen Bereich bleiben sollen?
Das hier ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie ich an den zweiten Pick herangehe. Ist eine Karte im Booster, die „Bombenfaktor“ besitzt, aber in einer anderen Farbe ist, nehme ich sie meist. Die Chance ist nicht sehr hoch, dass der rechte Nachbar in derselben Farbe ist. Wahrscheinlich hat er eher eine Bombe in einer anderen Farbe gepickt. Bekomme ich im zweiten Booster einen Battlegrace Angel zu sehen, besteht zwar die Möglichkeit, dass auch noch eine Foil-Elspeth darin enthalten war, aber das Risiko muss man wohl eingehen.
Viel interessanter ist aber die Frage die danach folgt: Befindet sich eine Karte im Pack, die es rechtfertigt, seine bisherige Farbwahl um ein Spektrum zu erweitern? In den häufigsten Fällen bin ich eher vorsichtig und schaue, was der Freund zu meiner Rechten mir anbietet. Manchmal packt mich aber auch die Gier und ich schnüre das Paket (in diesem Fall Grixis) früher, als man sollte. Wichtig ist nur, dass man sich nicht allzusehr daran klammert, wenn der Weihnachtsmann auf einmal sagt, dass da eine Verwechslung vorlag.
Gefahrenquelle Nr. 3 – Strategiewahl
Diesmal keine Umfrage, aber ein Gedankenanstoß. Was würdet ihr jetzt picken, wenn ihr im ersten Booster Knight of the Skyward Eye und im zweiten Steward of Valeron genommen hättet? Und wärt ihr zufrieden mit eurer Situation?
Der Pick an sich ist hier nicht besonders schwer, Corpse Conoissasuteureur ist der Held dieses Packs. Jetzt haben wir schon drei Karten zusammen, der Draft ist zwar noch jung, aber trotzdem ist ein ganz guter Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, wie man aus diesen starken Einzelpicks ein funktionierendes Gesamtpaket bastelt. Der Leichenexperte ist ein ganz gutes Beispiel, schwingt er doch den Fleischknüppel und ruft: „Unearth!“ Trotzdem habe ich mir zu diesem Zeitpunkt eine geistige Notiz gemacht, verstärkt auf Kreaturen zu achten, die sich selbst ausgraben können. Gewünschter Modus des Decks ist also eine Kontrollstrategie, die auf Unearth-Basis ein Race entscheiden kann.
Aber egal welche Karten ich nach dem dritten Pick vor mir liegen habe, ich überlege mir, in welchem Umfeld sie sich am wohlsten fühlen. Und wenn das nur so vage Begriffe wie Control, Weenie- oder Kloboaggro sind. In den nächsten paar Boostern muss ich dann überprüfen, ob diese Strategie auch verfügbar ist. Wenn ja, kann ich mich verständlicherweise einen runden Keks freuen. Wenn nicht, versuche ich wenigstens innerhalb der schon angefangenen Farben zu bleiben, um den ersten Picks, die ja meistens die stärksten sind, nicht den Wert zu nehmen.
Trilands sind super, besonders in diesen harten Zeiten, wo uns einfach ein Alara-Booster weggenommen wurde. Außerdem sind Trilands zu diesem Zeitpunkt ein gutes Signal, ob die Farbkombination offen ist. Vorsichtiger Optimismus in Hinblick auf die nächsten Picks ist also durchaus angebracht. Undead Leotau ist zwar ebenfalls prima für das momentan angestrebte Deck geeignet, aber mir ist eine solide Manabasis meist wichtiger als irgendwelche Kreaturen. (Ich scheine Kreaturen echt nicht zu mögen... das war mir bisher nie so klar.)
Oh, ein zweiter Corpse Connyfriseur! Grixis und insbesondere Unearth scheinen offen zu sein. Bei diesem Kollegen bin ich mir auch jetzt noch nicht sicher, ab welchem Pick er als Signal zu sehen ist. In diesem Fall nehme ich ihn einfach als kleinen Schubser wahr, der mich weiter in die eingeschlagene Richtung schiebt.
Gefahrenquelle Nr. 4 – Signale, welche Signale?
Jetzt begeben wir uns langsam in Bereiche, die mir manchmal glasklar erscheinen, manchmal jedoch wie ein Buch mit sieben Siegeln für mich sind. Mein Pick ist nicht besonders schwer, Fire-Field Ogre passt in die Strategie wie Columbo in seinen Trenchcoat.
Aber wo hätte uns unser rechter Nachbar denn gern? Schaut euch noch mal die letzten paar Picks an. Könnte er sich gedacht haben: „Zuerst gebe ich ihm mit dem vierten Pick Sighted-Caste Sorcerer, dann Resounding Wave, dann Deft Duelist“?
Und was habe ich für einen Eindruck hinterlassen? Ich denke, ich konnte den kleinen Fahnenschwenk Richtung Bant guten Gewissens nach links weitergeben. Die Grixiselemente waren einfach stärker und deswegen war ein Umdenken nicht notwendig. Oder habe ich mir da möglicherweise zu wenig Gedanken gemacht und bin einem Zaunpfahl traumwandlerisch ausgewichen? Auf Signale und die verheerende Wirkung von Ignoranz gehe ich übrigens im nächsten Draft noch einmal genauer ein.
Noch eine letzte Meinung zu Signalen: Allgemein akzeptiert ist, dass die Signale, die man bekommt, wichtiger sind als die, die man gibt. Das liegt einfach daran, dass man zwei Booster von rechts einsteckt, aber nur einen in diese Richtung austeilt. Was aber, wenn alle so denken? Wenn alle auf Signale warten, aber niemand sich die Mühe macht, sie zu geben?
Okay, wenn DAS kein Signal ist, fress ich Matt Damon. Da haben wenigstens alle was von.
Covenant of Minds eingesteckt, bedankt, weiter im Text. Unsere Strategie können wir jetzt wohl einloggen.
Hier dürft ihr noch einmal in bester DSDS-Manier abstimmen: Fixing, Klobo oder Flieger...?
Was passt am besten in die Strategie?
Ich will mir die Chance auf einen Weißsplash nicht nehmen, besonders da in C onflux noch einige Schätze warten. Esper Panorama wandert also in meinen Stapel. Wieder zeigt sich hier meine (vielleicht übertriebene?) Abneigung gegen Durchschnittskreaturen.
Gefahrenquelle Nr. 5 – die Farbwahl (Episode II)
Wir haben jetzt unsere drei Farben, aber welche Priorität wird ihnen eingeräumt? Im Normalfall versuche ich, mindestens eine Farbe zur Splashfarbe zu machen. Wenn ich jetzt Cancel nehme, heißt das nicht, dass Blau auf einmal zur Hauptfarbe werden muss, aber während der erste Booster langsam ausklingt und die Picks nicht mehr die uneingeschränkte Aufmerksamkeit erfordern, kann ich ein bisschen sortieren und schauen, welche Farben ich direkt ins Rampenlicht stellen möchte. In diesem Fall scheint Schwarz auf jeden Fall erheblichen Platz zu brauchen, Blau und Rot werden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einig. Im Verlauf des zweiten Boosters will ich mir da aber Klarheit verschaffen.
Geht das nur mir so, dass ich Undead Leotau vor dem Tablen mit Verachtung strafe und danach dankbar annehme?
Fürchtet euch, Blauspieler, hier kommt der Shore Snapper!
Spell Snip ist meiner Ansicht nach eine relativ gute Maindeckkarte. Viele Spieler kann man damit auf dem falschen Fuß erwischen.
Gustrider Exuberant.
Jhessian Lookout. Wäre der Lookout übrigens beispielsweise Soul's Grace, würde ich wohl die Plains nehmen. Ich weiß nicht, wie viele von euch diese Art von Signalgebung praktizieren bzw. sinnvoll finden, aber ich finde sie ganz praktisch. Mein rechter Nachbar hält anscheinend nicht so viel davon, deswegen ist mein Last Pick ein Forest. Apropos Signale: haltet ihr den Lookout für ein Signal? Eine schlechte Karte ist er ja nicht, Bärchenwerte, kurvenausfüllend...
Zum Schluss zeige ich euch noch den zweiten Booster und lasse euch abstimmen, was ihr genommen hättet. Die Auflösung folgt beim nächsten Mal. Bis dahin macht es gut, möge die Diskussion fruchtbar sein. 
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