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Extended
Mission: Hawaii – Teil 4: Ein Paradies für schrille Vögel
von Michael Diezel
27.01.2009

Von allen Tagen der Woche sind ausgerechnet Dienstag und Mittwoch die beiden, in denen ich momentan so gut beschäftigt bin, dass mir kaum Möglichkeiten bleiben, im Forum aktiv auf die zahlreichen, durchaus interessanten Fragen reagieren zu können. Sorry.

Das bedeutet aber nicht, dass ich sie nicht lesen und mir Gedanken machen würde. Ebenso genau verfolge ich natürlich die Kritiken und Wünsche. Wie zum Beweis soll heute ein Thema im Mittelpunkt stehen, dessen Grundlage im Forum zu finden ist:

-Babak
 
„mich würd mal interessieren, was du zum neuen bant aggro deck sagst. denke, dass es im aktuellen meta mit storm, burn und feen sehr stark ist.“

Klingt logisch, dachte ich mir und machte mich an die Arbeit.

Hierfür müssen zunächst die Veränderungen im Metagame-Roulette analysiert werden. Beim Grand Prix LA wurden neben dem Staatsfeind Nr. 1 – Feen – verschiedene Rock-Varianten, Storm-Kombo-Decks, Affinity und rote Brandkarten in den Mittelpunkt gerückt. Leicht nachvollziehbar, da bis auf Letztgenanntes alle mindestens ordentlich gegen die blauen Karten aussehen.

Das Metagame wird sich entsprechend anpassen und so würde es wohl niemanden verwundern, wenn der nächste PTQ plötzlich wieder ein Elfen-Deck an der Spitze sieht, da der notwendige Hate nach und nach verschwindet.

Prinzipiell kann man jedoch davon ausgehen, dass bis zu diesem Zeitpunkt die oben genannten Decks auch jene sind, die es zu schlagen gilt und in der Theorie sollte ein Bant-Aggro da gut funktionieren. Mit folgender Liste versuchte ich mir einen ersten Eindruck zu verschaffen:


4 Birds of Paradise
4 Tarmogoyf
3 Gaddock Teeg
4 Rhox War Monk
3 Vendilion Clique
2 Venser, Shaper Savant
2 Glen-Elendra Archmage

4 Bant Charm
3 Spell Snare
3 Stifle
3 Umezawa's Jitte
2 Sword of Fire and Ice

3 Treetop Village
4 Windswept Heath
4 Flooded Strand
3 Breeding Pool
1 Temple Garden
2 Hallowed Fountain
2 Forest
2 Island
1 Plains
1 Sacred Foundry

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Das eine rot-weiße Shock-Land war für Sideboardkarten bestimmt, wo ich u.a. Ancient Grudge, Boil und Engineered Explosives ausprobierte.

Ich spielte ein wenig mit dem Deck und verlor. Ich veränderte einige Kleinigkeiten und verlor noch mehr. Ich ging zurück zur Ausgangsversion und gewann annähernd kein Spiel mehr.

Frustriert versuchte ich herauszufinden, wo das Problem lag. Die Idee ist doch eigentlich genial: Billige, dafür fähige Kreaturen anheuern und deren Arbeit mit den bekannt starken blauen Karten absichern. Zusätzlich war doch für annähernd jedes Matchup eine unendlich brutale Karte dabei: Stifle für den Storm-Magier, verschiedene Schwerter gegen die kleinen Kreaturen und ordentlich Lifegain gegen alles, was Berge spielt.

In der Praxis hingegen stand man schon ab Runde 1 vor einem Problem: Wie halte ich mir eigentlich Mana für die blauen Karten frei? Spell Snare und Stifle benötigen zwar nur je einen Tropfen, aber die Männer wollen trotzdem zeitnah mitmachen, um ihre Effizienz auch ausspielen zu können – dabei kann ein unscheinbares Mana in diesem schnellen Format entscheidend sein (und ist es des Öfteren).

Leider verlieren Spell Snare und Stifle im fortlaufenden Spiel ein wenig an Stärke (die besonders bei Ersterem auch vom Tempogewinn abhängt), so dass der andere Plan – erst die Männer legen und diese dann beschützen – nur bedingt funktioniert. Nehmt zum Beispiel folgende Starthand: Birds of Paradise, Rhox War Monk, Spell Snare, Bant Charm, drei Länder. Eigentlich nicht schlecht, selbst wenn der Gegner (um es noch deutlicher zu machen) das Spiel eröffnet. Schon steht man im ersten Zug vor der Frage Vogel oder Zauberschlinge?


Ohne Vogel kommt so schnell kein Druck auf den Tisch, mit ihm kann der Gegner aber beruhigt seinen 2-Drop spielen und ab da ist es fraglich, welchen Einfluss Spell Snare noch nehmen wird. Wofür man sich entscheidet, hängt auch vom Deck des Gegners ab. Hat dieser eine ordentliche Chance, den Paradiesvogel direkt wieder loszuwerden, bleibt fast nur Spell Snare als Option, da man ansonsten gleich noch Zug 2 mehr oder weniger überspringt, falls der Bird tatsächlich den Beginn der nächsten Runde nicht erlebt.

Benutzt man die Zauberschlinge, ist aber der Vogel nahezu zur blanken Karte geworden, da seine Fähigkeit im späten Spiel nur noch bedingt von Nutzen sein wird. Deswegen auch die hohe Anzahl an Schwertern, die zumindest seine Kampfkraft noch über die bedauerliche Null vor dem Bindestrich heben können. An dieser Stelle könnte ich noch auf das Mana zu sprechen kommen, welches – gerade ohne den Vogel in Runde 1 – gern unvollständig oder wenigstens schmerzhaft in die Gänge kommt.

Ich versuchte mein Glück noch ein wenig mit anderen Einzelkarten wie Troll Ascetic, Iwamori, Remand, Cryptic Command, Kitchen Finks oder Watchwolf ohne die Erfolge massiv steigern zu können.

In diesem Moment sah ich zwei Möglichkeiten, das Deckkonzept noch zu retten:

1.


Mehr Paradiesvögel, um wenigstens sicher in die höheren Manaregionen vordringen zu können. Statt der billigen blauen Karten, würden dann teurere, dafür mächtigere (sprich: Cryptic Command) versuchen, die hoffentlich gewonnene Initiative beizubehalten. Während aktuell diese Idee einfach am Fehlen weiterer Paradiesvögel scheitert, erwartet uns in Conflux dieser Geselle:


Im Gegensatz zu den Llanowar Elves gelingen mit dem Knaben der Kriegsmönch oder die Vendilion Clique doch deutlich problemloser.

2.


Anstelle der Manavögel kommt der Druck direkt aus dem 1-Mana- bzw. 2-Mana-Slot. Hierbei müsste dann Wild Nacatl ran (natürlich mit einer minimal gesteigerten Anzahl Gebirge) und auch der eine oder andere 2-Mana-Drop wäre nicht schlecht. (Das Kernproblem wird dadurch aber keineswegs gelöst – ersetzt in besagter Starthand Birds durch Nacatl und seht selbst!)

Variante 2 nähert sich dann recht schnell den bekannten Zoo-Decks an, nur dass man die Brenner durch billige Kontermagie ersetzt. Ein Tausch der erst mal nicht wirklich Sinn zu machen scheint. Die Übergänge zwischen Bant-Aggro und Zoo sind dabei jedoch so fließend, dass tatsächlich Hybriden entstehen können, wie dieses Beispiel, erfolgreich von Mike Thompson auf den Worlds gespielt, beweist:


1 Breeding Pool
4 Flooded Strand
1 Forest
1 Hallowed Fountain
1 Overgrown Tomb
1 Plains
1 Sacred Foundry
1 Steam Vents
1 Stomping Ground
1 Temple Garden
4 Windswept Heath
4 Wooded Foothills

1 Figure of Destiny
2 Gaddock Teeg
1 Isamaru, Hound of Konda
4 Kird Ape
4 Mogg Fanatic
3 Rhox War Monk
4 Tarmogoyf
4 Wild Nacatl

4 Lightning Helix
3 Seal of Fire
3 Threads of Disloyalty
4 Tribal Flames
2 Umezawa's Jitte


3 Burrenton Forge-Tender
4 Duergar Hedge-Mage
3 Firespout
2 Ranger of Eos
3 Sulfuric Vortex

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Und auch Bant Charm hat es als blaue Karte schon in Zoo-Decklisten geschafft. Vertraut man jedoch verstärkt den kontrollierenden Elementen, gibt es einfach keinen Grund, nicht direkt zu den zaubernden Feen zu greifen.

Variante 1 hingegen zeigte sich mit dem neuen Hierarchen deutlich stabiler, allerdings blieb doch immer die Frage der Berechtigung der einzelnen Farben: besonders Blau. Letztendlich spielt man ja ein aktives Deck, welches auf reaktive Elemente zur Kontrolle setzt. Eigentlich ein Widerspruch, wie sich eben auch in der Praxis zeigte. Das bedeutet nicht, dass es nicht gut sein kann. Gerade wenn man sich Druck und Kontrollelemente in der richtigen Reihenfolge zusammenzieht, kann man nahezu unschlagbare Draws entwickeln. Wehe jedoch, wenn nicht.

Deswegen beschloss ich, die blauen Karten einfach rauszuschmeißen und mich in anderen Farben umzusehen. Die Kombination mit Rot führt, wie schon gezeigt, sehr schnell zu den bekannten Zoo-Decklisten, so dass nur noch Schwarz übrig bleibt. Diese Farbe setzt meist auf Handzerstörung als kontrollierende und behindernde Maßnahme, somit also auf eine recht aktive Form.

Fassen wir zusammen: Manabeschleunigung – effektive Tiere – Discard – das klingt wie etwas, was vor nicht allzu langer Zeit im Standard recht erfolgreich war. Im Extended sieht es dann etwa so aus:


4 Birds of Paradise
4 Tidehollow Sculler
4 Tarmogoyf
4 Dark Confidant
4 Doran, the Siege Tower
4 Kitchen Finks

4 Thoughtseize
3 Umezawa's Jitte
2 Profane Command
2 Oblivion Ring
2 Slaughter Pact
2 Chrome Mox

3 Treetop Village
2 Overgrown Tomb
2 Godless Shrine
2 Bloodstained Mire
4 Windswept Heath
1 Stomping Ground
2 Temple Garden
2 Swamp
2 Forest
1 Plains


3 Boil
3 Ancient Grudge
3 Loxodon Hierarch
3 Extirpate
3 Engineered Explosives

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Verglichen mit dem ursprünglichen Bant-Deck haben wir die Counter gegen gezielten Discard getauscht, Vendilion Clique wird Tidehollow Sculler und aus dem albernen 3/4-Lifelink-Mann wird der ähnlich bescheuerte 5/5-Kamerad für drei Mana.

Und siehe da: Das Deck hat schon deutlich besser funktioniert. Im Gegensatz zum Bant bestimmt man einfach selbst den Zeitpunkt, an dem man das Mana erübrigen kann, um den Gegner in seiner Entwicklung zu stören. (Leider kann dies auch manchmal der falsche sein…) Immerhin hat man hier ein Deck, welches durchaus im aktuellen Metagame mithalten kann.

Allerdings gibt es ähnlich wie für das Bant-Deck einige Karten, die man kaum in den Griff bekommt und die dadurch die Matchups ziemlich verzerren können. Das beste Beispiel ist Sulfuric Vortex. Gegen das Brand-Deck ist man nämlich eigentlich sehr ordentlich aufgestellt (Lifegain, schnelle Clock und die gute Jitte), allerdings fällt alles zusammen, wenn der Gegner einfach in Runde 3 das gefürchtete Enchantment auf den Tisch legt. (Dies ist übrigens auch einer der Gründe, warum dieses Format nur begrenzten Spaß macht.)

Zum Abschluss möchte ich noch eine dritte Variante präsentieren und zwar jene, die den größten Nutzen aus dem Manatier in der ersten Runde zieht:


4 Birds of Paradise
4 Llanowar Elves
3 Gaddock Teeg
3 Troll Ascetic
4 Kitchen Finks
3 Loxodon Hierarch
3 Wilt-Leaf Liege

3 Chalice of the Void
3 Umezawa's Jitte
4 Trinisphere
2 Sword of Fire and Ice
3 Oblivion Ring
2 Chrome Mox

5 Forest
4 Brushland
4 Temple Garden
4 Treetop Village
2 Mutavault

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Der große Vorteil dieser Version ist seine Stabilität. Mit nur zwei Farben kann man eigentlich immer seine Kreaturen auf den Tisch bringen. Diese sind vielleicht nicht ganz so beeindruckend wie der 5/5-für-3-Baum aber immer noch gut genug für eine anständige Offensive. Ansonsten gliedert sich das Deck in folgende Bestandteile:

Manatiere:
Vögel und Elfen sind aktuell sicher gesetzt. Ob der noble Hierarch in das Oktett eindringen kann, wird noch zu testen sein. Vielleicht geht man sogar auf mehr als acht (neun bis zehn) dieser billigen Manatiere, ansonsten wird vermutlich der Llanowarelf weichen müssen. Leider ist es extrem wichtig, dass man möglichst einen in Runde 1 auf den Tisch bekommt, weil man ansonsten doch sehr an Speed verliert. (Die 2-Mana-Drops sind entsprechend überschaubar.) Deswegen müssen auch einige Moxe mitmachen, obwohl man deren eingebauten Kartennachteil nur schwer verkraften kann.

Treter:
Alle anderen Kreaturen müssen im Idealfall drei Eigenschaften erfüllen:

1. Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (mindestens Power = Casting-Cost)
2. besondere Stabilität (z.B. Persist, Shroud oder Regeneration)
3. Bonus (Leben, gegnerische Sprüche verbieten)

Es gibt durchaus Alternativen, die wichtigsten findet Ihr oben im Bant-Abschnitt.

Schwerter:
Ein offensichtlicher Nachteil dieses Deckkonzepts sind die mehr oder weniger unnützen Manatiere im späteren Spielverlauf. Nicht weniger als 31 Manaquellen dürfen nämlich mitspielen, dass sind locker zehn mehr als das durchschnittliche Zoo-Deck. In Zeiten der Ausgeglichenheit, wo man „von oben“ zieht, ist man dementsprechend massiv im Nachteil. Abhilfe schaffen die beiden Schwerter, die selbst aus unschuldigen Paradiesvögeln beachtliche Streithähne machen. (Okay, das eine nur, wenn es vorher schon erfolgreich ausprobiert wurde.) Die 3-2-Verteilung hat sich seit Jahren bewährt und auch im Testen überzeugt.

Disruption:
Oblivion Ring ist das Schweizer Taschenmesser und als Alleinunterhalter verantwortlich für alles, was es beim Gegner an wirklich Störendem ins Spiel schafft.
-Trinisphere
Noch der nötige Vermerk zur Funktion der Trinisphere: Grob gesagt ist sie das Letzte, was berücksichtigt wird, so dass auch wirklich alles die drei Mana kostet. Egal ob Suspend oder Isochron Scepter, alles wird teurer. Das sollte sich heutzutage doch gut merken lassen.

Damit er damit nicht überfordert ist, gibt es noch Trinisphere und Chalice of the Void. Diese beiden sorgen erst dafür, dass auch die alleralbernsten Decks fair spielen müssen – und für drei und mehr Mana gibt es kaum Decks mit mehr Power als dieses hier. Bestimmte Gegner lassen sich gar nahezu vollständig mit dem Ausspielen eines der beiden Artefakte besiegen.

Ansonsten würde ich gern noch mehr zum Funktionieren des Decks schreiben, allerdings ist das tatsächlich so einfach und offensichtlich, wie es auf den ersten Blick aussieht. Deswegen gleich zum Sideboard:

Hier hat man gewohnt viele Möglichkeiten. Gegen die blauen Decks hat sich Vexing Shusher bewährt, da Choke (wie im Forum richtigerweise festgestellt wurde) teilweise nicht genug macht. (Zu viele Nicht-Inseln bei einigen Feen-Versionen.) Für den im Friedhof wühlenden Gegner (insbesondere auch gegen Life from the Loam-Unsinn) empfehle ich das Relikt des „10/10-Mannes mit Protection from Everything“ und für jegliche Form von angreifenden Männern Ghostly Prison.

Ein weiterer Kandidat sollte sich mit Enchantments u.v.a. Artefakten beschäftigen. Hier stehen Seal of Primordium, Krosan Grip, Kataki, War's Wage und als Geheimtipp Aura of Silence zur Wahl. Weitere interessante Kandidaten sind Worship (gefürchtete Kombo mit dem Troll) und Thorn of Amethyst.



Somit haben wir heute Decks kennengelernt, die noch so Magic spielen, wie es gedacht war: Männer legen und mit dem Gegner interagieren. Damit das auch in diesem Format funktioniert, wo man gern in Runde 2 oder 3 umgeboxt wird, bedient man sich einiger mehr oder weniger spezieller Stopp-Schilder. Entsprechend ist der Erfolg dieser Decks extrem davon abhängig, wie geschickt man diese aufgestellt bekommt. Gelingt es, hat man durchaus sehr konkurrenzfähige Decks, wenn nicht, kann man sich nach den Sideevents erkundigen...

Andererseits – gibt es überhaupt Extended-Decks, auf die dieser Satz nicht zutrifft?

Deswegen werde ich auch eine kleine Pause machen, was das Format angeht, und nächste Woche einen Blick auf unser aller neue Lieblingsedition werfen.

Bis dahin wünsche ich Euch viel Erfolg beim Erreichen der Domäne und vor allem Freude am Prerelease-Wochenende.




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