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Draften mit Judgment - Praxis & Theorie
von Andreas "Zeromant" Pischner
14.07.2002

Die Praxis: Der Draft

Eigentlich wollte ich von meinem freitäglichen Draft nur einen kurzen Bericht ins Zusammenkunft-MasterWizards-Forum stellen, da ich davon ausging, dass ein Kurzbericht eines 10-Personen-Drafts nicht übermäßig interessant ist. Die Reaktionen auf Eriks Draftbericht haben mir jedoch ins Gedächtnis gerufen, wie wenig Material zu diesem Thema doch im deutschsprachigen Raum vorhanden ist, und außerdem habe ich unterdessen die eine oder andere neue Einsicht in dieses Format gewonnen. Daher habe ich dann doch noch einen Draftbericht geschrieben - diesmal allerdings ein wenig kürzer Im zweiten Teil werde ich dann meine Einschätzung des Formates zusammenfassen.

Bei dem Turnier handelte es sich um einen sanktionierten, aber in sehr lockerer und netter Atmosphäre abgelaufenen Draft an einem Zehn-Personen-Tisch. Dabei waren außer mir relativ wenige Spieler mit viel Drafterfahrung, dafür aber mehrere Draft-Neulinge oder Fast-Neulinge anwesend.

Zum Draftverlauf: Ich öffnete einen Booster mit Second Thoughts, Elephant Ambush und Nantuko Disciple und nahm den Disciple (einfach die klar beste Karte). Dann erhielt ich einen Overrun aus einem Booster, in dem eine Common fehlte, und schloss daraus, dass mein Nachbar mich auf Grün haben wollte. Das war leider ein Irrtum, weil er einen Wild Mongrel darübergedraftet hatte - so gut der Mongrel ist, halte ich das doch für einen dicken Fehler, besonders mit Hinblick auf die Signalwirkung! (Ein Mongrel bei einer fehlenden Uncommon hätte hingegen nichts Eindeutiges ausgesagt.) Dadurch gelangte ich jedoch auf Grün und ging davon auch nicht mehr herunter.



Weitere Picks bescherten mir einige recht gute schwarze Karten (Famished Ghoul, Childhood Horror und ein SEHR spätes Ghastly Demise), sowie mittelmäßiges Grün (2 Cartographer & ein Krosan Avenger). Einmal nahm ich einen 5th Pick Cartographer ganz bewusst über Puppeteer & Repel (!), um erstens Grün vollständig abzublocken (ein paar gute grüne Karten hat Torment ja auch), und zweitens und wichtiger, meinen Nachbarn unmissverständlich auf Blau zu schicken! Nach meinem Plan würde er dann U/W gehen und die Finger von meinem Torment-Schwarz lassen - zwar war Schwarz zumindest von rechts überdeutlich markiert, aber was nützt das schon, wenn der dritte Booster Judgment heißt... Das Markieren von Blau gelang, aber leider hielt mein Nachbar den 2nd und 3rd Pick Elephant Ambush, den er von mir erhalten hatte, für Signale und ging U/G.

Zum Thema Elephant Ambush: Ein früher Ambush ist absolut kein Signal! Selbst von vielen guten Uncommons sowie Commons anderer Farben abgesehen, gibt es alleine 4 grüne Commons, die man darüber draften sollte (Wild Mongrel, Nantuko Disciple, Stalking Tiger, Rabid Elephant), daher ist ein Ambush bis einschließlich Pick 5 durchaus normal!

Ich öffnete dann in einem guten Torment-Booster zum ersten Mal seit ewigen Zeiten einen Faceless Butcher (über Possessed Centaur & Violent Eruption), und bekam dann planmäßig recht ordentliches Schwarz. Besonders erwähnenswert sind ein ca. 6th Pick Cabal Torturer, der ein Chainer's Edict hätte sein sollen (den ein anderer Schwarzdrafter fälschlicherweise darübergenommen hatte) und ein viiiiiel zu später Mesmeric Fiend, der von Anfängern immer wieder weit unterschätzt wird - er ist die viertbeste schwarze Common in Torment (ja, klar vor Soul Scourge)!

In Judgment hatte ich dann die Wahl zwischen Anurid Brushhopper (als Splash-Option), Toxic Stench und - Harvester Druid, sonst war nix drin für mich! Mit Hinblick auf meine Mana-Kurve nahm ich den Druid. Im zweiten Booster lachte ich mich dann tot, weil ich noch einmal einen Druid nahm und danach nicht mehr eine einzige Karte in meinen beiden Farben darin war! Das Lachen verging mir dann nach und nach, als ich neben drei mäßigen grünen Kreaturen nur noch eine richtige Bombe bekam (Sylvan Safekeeper) - die dafür aber unerklärlich spät! Ich nutzte meine letzten Picks dafür, ein paar unglaublich späte weiße Karten (Shieldmage Advocate, Prismatic Strands, Benevolent Bodyguard) counterzudraften Die Erklärung: Rechts von mir drafteten DREI Leute Grün! Ich saß also zwischen vier Grün-Draftern, drei vor mir, einer hinter mir... unter diesen Umständen konnte ich noch sehr froh sein, dass ich immerhin genau 23 spielbare Nichtlandkarten für mein Deck hatte!

Slops & Props zu meinem Draftverlauf:

Props Slops
  • Schwarz-Cutten und Geschenke machen wurde belohnt!
  • Schlechte Drafter um einen herum können auch ein Vorteil sein - so gelangte ich an meinen zweiten Torturer, den zweiten Fiend und den Safekeeper.
  • Ich konnte meine Draftrichtlinien umsetzen! (Außer natürlich: "Öffne einen Spoiler!")
  • Untermittelprächtige First Picks: (Nantuko Disciple, Faceless Butcher, Harvester Druid). Der 2nd Pick Overrun half zwar etwas, wurde aber durch den 2nd Pick Druid wieder ausgeglichen. Also wirklich, egal wieviele Grün-Drafter neben mir sitzen: Wenigstens zwei sehr starke grüne Karten sollte man aus Judgment schon herausholen können!
  • Missverständliche Signale: Der Overrun-Pick musste mich einfach auf Grün schicken, besonders da ich schon einen grünen First Pick hatte. Und nach den beiden Ambushs hatte ich nichts Besseres in Grün mehr durchgelassen als zwei Moment's Peace, aber irgendwie dachte mein linker Nachbar trotzdem, dass Grün für ihn frei sei.


Auf die Draftrichtlinien komme ich noch einmal zurück, nachdem ich das Deck gepostet habe:
 
lands (17):
9Forest
6Swamp
2Bog Wreckage

creatures (19):
1Sylvan Safekeeper
2Harvester Druid
2Mesmeric Fiend
1Ironshell Beetle
2Cabal Torturer
2Cartographer
1Nullmage Advocate
1Anurid Barkripper
1Krosan Avenger
1Nantuko Disciple
1Nantuko Cultivator
1Nantuko Calmer
1Famished Ghoul
1Childhood Horror
1Faceless Butcher

spells (4):
1Strength of Lunacy
1Ghastly Demise
1Waste Away
1Overrun

40 cards
creatures (2):
1Benevolent Bodyguard
1Shieldmage Advocate

spells (6):
2Psychotic Haze
2Mental Note
1Prismatic Strands
1Coffin Purge

8 cards
 
(Den Bodyguard habe ich dann tatsächlich einmal als Splash hereingesideboardet, gegen ein Deck, dass nur aus Lost in Thought, Stupefying Touch, Afflict, Crippling Fatigue, Facless Butcher etc... zu bestehen schien )


Zurück zu meinen Draftrichtlinien:
1. Nütze die ersten Picks, um Deine Farben möglichst schnell zu finden und bemühe Dich, zweifarbig zu Draften: Check!...auch wenn die Farben sich im Nachhinein nicht als die besten erwiesen. In der Rückschau wäre es ideal gewesen, Blau-Schwarz zu draften - dann wäre mein Deck der Oberknaller geworden! Aber das konnte ich leider nicht wissen...

2. Drafte ein Deck mit einer guten Manakurve: Check - die Manakurve ist absolut phantastisch!

3. Achte darauf, nicht die stärksten Karten zu draften, sondern diejenigen, die das Deck am dringendsten benötigt: Check! Dadurch entstand sowohl die perfekte Manakurve als auch die sehr gute Funktionen-Aufteilung zwischen Kreaturen, Removal & Utility.

4. Habe ein Auge auf Synergien (das kann man nicht stärker formulieren, da es normalerweise in diesem chaotischen Draft-Format ein Luxus ist, auch noch diesen Punkt zu berücksichtigen): Check! Safekeeper und starke Utility Creatures funktionieren wunderbar, Manakurve und Overrun sind toll, Cultivator & Cartographer funktionieren gut, und Threshold-Geber habe ich auch ein paar!

Ergebnis: Obwohl das Deck meinen ursprünglichen Erwartungen aufgrund der Phalanx von Grün-Draftern vor mir nicht ansatzweise gerecht wurde, ging ich doch mühelos dreimal 2:0!

Die erste Partie gewinne ich gegen ein eigentlich recht ordentliches Blau-Grün in den Händen eines fähigen Spielers: Im ersten Spiel lege ich einfach Kreaturen in meine Manakurve, und beende die Geschichte beim ersten Austappen mit meinem Overrun. Im zweiten klauen meine beiden Fiends seine besten Karten, und meine Utility Creatures (Torturer & Disciple) dominieren den Tisch nach Belieben.

In der zweiten Runde gewinne ich gegen einen Neuling mit Rot-Schwarz. Ich hielt und halte dieses Deck für einen absoluten Haufen - voll von suboptimalem Zeugs wie Longhorn Firebeast, Goretusk Firebeast, Scorching Missile und HYPNOX!, aber irgendwie hat er seine beiden anderen Matches gegen durchaus nicht allzu schlechte Spieler gewonnen und ist 2 zu 1 gegangen! Gegen mich jedenfalls ist er einmal etwas Color-Screwed und meine Fiends sorgen dafür, dass er nichts in der Hand hat, was er ausspielen kann. Im zweiten Spiel liegen seine beiden besten Karten (Chainflinger & Treacherous Vampire) unter meinen (Fiend & Butcher) und ich kontrolliere mit meinem Torturer trotz Mana-Flood solange den Tisch, bis mein Childhood Horror ihn erledigt.

In der dritten Runde ist mein Gegner ein bereits recht erfahrener Spieler. Sein U/W/B-Deck hat sehr viel Removal und Pseudo-Removal-Enchantments. Er kommt jedoch im ersten Spiel mit seinem Removal nicht hinter meinen Utility Creatures hinterher, und im zweiten Spiel lege ich erste Runde Safekeeper, ziehe genügend Länder und behalte einfach alles, was ich behalten will

Resummee: Obwohl die Kartenqualität in meinem Deck nicht allzu überwältigend war (da liefen ganz andere Bomben im Turnier herum!), hatte ich vermutlich das beste Deck - einfach, weil die Karten gut ineinandergriffen!

Die Theorie: Gedanken zum Format

Noch nie war es so schwer, Signale zu setzen! Besonders Schwarz-Drafter haben es schwer: Wenn Schwarz von rechts durchgelassen wird, nützt einem das halt fast gar nichts, da es nach der ersten Booster-Runde nur noch von links kommt. Es nach links zu cutten hilft nur, wenn man dies a) konsequent macht (denn den linken Nachbarn interessiert nicht die Zukunft, sondern nur die Gegenwart, sprich seine schwarzen Odyssey-Karten) und b), wenn man dem Nachbarn andere Farben klar markiert, damit er nicht nach der ersten Boosterrunde noch nach seiner Zweitfarbe sucht und dann unweigerlich auf Schwarz landet. ( Und c) schützt das alles nicht vor unerfahrenen Draftern, die so oder so auf Schwarz gehen, wie Erik leidvoll erfahren musste!)

Trotzdem ist Schwarz nicht hoffnungslos! Man sollte allerdings dazu mindestens eine Farbe finden, die von rechts klar markiert wird: Wenn Weiß oder Grün markiert werden, ist alles gut - Schwarz-Grün ist eine starke, etwas unterschätzte Farbkombination (die ich seit Erscheinen von Odyssey liebend gerne gedraftet habe), und Schwarz-Weiß hat vielleicht nicht die Synergien von Blau-Weiß oder Blau-Schwarz, ist aber, wenn man sich nicht zu sehr auf Threshold verlässt, durchaus spielbar! In diesen beiden Fällen draftet man eine Farbe, die stark von links kommt, und eine, die stark von rechts kommt, und sollte in der Lage sein, ein gutes Deck zusammenzubekommen.

Wenn Blau markiert wird: Das ist auch in Ordnung! Blau ist in Judgment durchaus spielbar, und in Torment ebenfalls sehr stark. Die Synergie von Blau-Schwarz bleibt natürlich unübertroffen, und in Torment werden ab und zu auch noch nette Geschenke verteilt (Balshan Collaborator). Weiterhin ein sehr starker Archetyp, der, abgesehen von seiner kleinen Schwäche gegenüber Enchantments, einfach alles kann!

Wenn Rot markiert wird: Das ist NICHT so toll... Rot besteht in Judgment im Wesentlichen aus Arcane Teachings, die auch noch sehr gut splashbar sind und einem daher oft vor der Nase weggedraftet werden. Rot-Schwarz KANN auch funktionieren, aber dazu muss man diesmal Rot (zusätzlich zu Schwarz, was sehr schwierig ist) CUTTEN (bzw. andere Farben ganz klar markieren)! Rot ist in Torment am Besten, und insbesondere hat man die Möglichkeit, Karten wie Barbarian Outcasts und Pardic Collaborator sehr spät zu bekommen, weil sonst niemand etwas damit anfangen kann - aber gnade einem Gott, wenn in dern nächsten drei Seats links neben einem ein anderer Rot-Schwarz-Drafter sitzen sollte! Rot-Schwarz halte ich daher für die riskanteste Farbkombination... Wenn man jedoch der einzige Rot-Schwarz-Drafter am Tisch sein sollte (was nicht unwahrscheinlich ist), dann kann man dafür fürstlich belohnt werden!

Zu Weiß: Weiß erscheint, vermutlich wegen der schlechten Erinnerung an das OD/OD/TO-Format, oft underdrafted. Dazu möchte ich sagen, dass meiner Meinung nach das Odyssey-Weiß immer ein wenig überschätzt wurde (Ich halte von den weißen Commons nur Mystic Zealot für einen würdigen First Pick, und dies auch nur mit Hinblick auf Blau-Weiß - insbesondere vor dem Healer habe ich immer weniger Respekt), das Judgment-Weiß hingegen zur Zeit noch enorm unterschätzt wird: Benevolent Bodyguard z.B. sollte in jedem weißen Deck ein Muss sein, landet aber oft im SB oder wird als 12. Pick countergedraftet; Shieldmage Advocate ist vermutlich sogar besser als Hallowed Healer (da nicht so furchtbar anfällig) und Prismatic Strands ist ein Trick, der sowohl Embolden als auch Moment's Peace locker in den Schatten stellt - was habe ich nicht schon alles für Spiele mit dieser Karte gewonnen! Den Nutzen von Phantom Nomad, Battlewise Aven, Vigilant Sentry, & Guided Strike muss ich ja wohl nicht weiter hervorheben, und selbst die "schwachen" Karten Cagemail, Border Patrol & Trained Pronghorn können im richtigen Deck durchaus nutzbringend eingesetzt werden.

Das Hauptproblem mit Weiß ist, dass man es eigentlich nur mit Blau wirklich gerne kombinieren will! Das funktioniert dann, wenn entsprechende Markierungen von rechts vorhanden sind, auch sehr gut - Blau ist durchgehend die zweitstärkste Farbe im Block, und Weiß bietet in Judgment noch einmal sehr viel. Die klassische Schwäche von U/W gegen Utility Creatures kann man oft mit einem Mini-Splash beheben: Besonders bieten sich Karten wie Firebolt, Flame Burst, Ghastly Demise, Waste Away & Arcane Teachings an. Auch wenn der Splash in U/W oft durch diese Notwendigkeit motiviert ist, ist er darüberhinaus auch durch die normalerweise defensive Strategie von U/W gerechtfertigt, die einem genügend Zeit verschaffen sollte, an seine Drittfarbe zu gelangen.

Schwarz-Weiß habe ich bereits erwähnt: Hier muss man beim Draften andere Prioritäten setzen (Mystic Zealot ist bei Weitem nicht mehr so interessant, da man vermutlich nur sehr schwer Threshold erreichen kann). Die mangelnde Synergie dieser beiden Farben KANN man mit hoher Kartenqualität durchaus wettmachen, WENN es eben gelungen ist, dem linken Nachbarn Schwarz auszureden UND man von rechts klare Weiß-Signale erhalten hat.

Weiß-Rot hat enorme Probleme: Rot ist generell die schwächste Farbe, und viele zweitklassige rote Karten, die in Rot-Grün eine sehr starke Wirkung entfalten können (wie z.B. Rites of Initiation & Demoralize) sind für das langsamerere Rot-Weiß oft nicht interessant. Außerdem macht Rot-Weiß eine Wandlung von einer sehr offensiven Ausrichtung in Odyssey (weiße & rote Bären etc...) bis zu einer sehr defensiven in Judgment durch (Schwerpunkt auf recht teuren Sprüchen bis hin zu Border Patrol & Ember Shot). Meiner Ansicht nach ist der schnelle R/W-Archetyp tot. Ein kontrollorientiertes R/W-Goodstuff-Deck, das möglicherweise sogar in der Lage ist, bis 7 Mana zu überleben, um dann die mit Sicherheit sehr spät erhaltenen Kamahl's Sledge & Ember Shot einzusetzen, ist denkbar, WENN zumindet Weiß klar von rechts markiert war - aber, ehrlich gesagt, ich würde es nicht versuchen wollen! Rot-Weiß halte ich für die undankbarste Farbkombination!

Bleibt Grün-Weiß! Diese Farbkombination hat einige sehr große Vorzüge: Man draftet die allegemein stärkste Farbe sowie die im dritten Booster, aus dem man normalerweise die meisten Picks spielen kann, zweitstärkste Farbe; man erhält gelegentlich eine der Grün-Weißen Rare-Bomben aus Judgment sehr spät, weil sie niemand sonst gebrauchen kann; und man hat Zugriff auf die beste Kreaturenbasis und die besten Combat Tricks!
Nachteile: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man rechts von sich weder einen Grün- noch einen Weißdrafter hat, was die Stärke dieser Farben in Judgment ein wenig relativiert. Außerdem hat man das Problem, das U/W mit Utility Creatures hat, sogar noch stärker, da einem nicht einmal Psionic Gift, Aether Burst, Repel oder Stupefying Touch zur Verfügung stehen.

Die Patentlösung für U/W - der Mini-Splash für Removal - ist auch hier eine Option, funktioniert jedoch nicht ganz so gut, da man offensiv ausgerichtet ist und nicht so viel Zeit hat, auf seinen Splash zu warten. Außerdem fehlen einem die blauen Kartenzieher. Ich denke jedoch schon, dass G/W (meiner Ansicht nach zum ersten Mal überhaupt im Limited!) ein starker Archetyp sein kann! Der Schlüssel zum Erfolg ist hier die Mana-Kurve: Ein erfolgreiches G/W-Draft-
Deck muss schnell, schnell, schnell sein! Wenn man Wild Mongrel, Patrol Hound, Muscle Burst, Shelter, Seton's Desire, Basking Rootwalla, Phantom Nomad, Ironshell Beetle & Sudden Strength hat, dann ist man auf dem richtigen Weg. Wenn man jedoch "nur" Hallowed Healer, Springing Tiger, Elephant Ambush, Rabid Elephant, Aven Flock, Acorn Harvest, Teroh's Faithful, Battlewise Aven & Giant Warthog hat, hat man ein Problem - man wird zwar ein paar Matches haben, in denen man den Gegner einfach mit Fatties überrennt, aber auch viele Matches, in denen man einfach nur jede Runde Kreaturen legt und zusieht, wie der Gegner mit seinen interaktivereren Karten die Kontrolle erlangt. Natürlich sind ein paar Fatties (oder noch besser, ein Overrun!) als Finisher gut, aber wichtig ist vor allem, dass man den Gegner so unter Druck setzt, dass er einfach nicht genügend Zeit hat, seine Defensive aufzubauen! Ein weiterer Vorteil der schnellen Variante ist, dass man damit sogar mit einem Grün-Drafter direkt vor einem noch einigermaßen gut klar kommen kann, weil der einem oft die Bären (Nantuko Tracer, Ironshell Beetle) in den frühen Judgment-Packs drinlässt, während er sich Fatties (Giant Warthog) und Mana-Beschleuniger (Harvester Druid) besorgt. Ärgerlicherweise wird er wohl etwaige Elephant Guides herausnehmen, aber auf Muscle Burst (in Odyssey) und Sudden Strength, die für diesen Decktyp besonders wichtig sind, sollte man einigermaßen gute Chancen haben.

Zu Rot-Grün gibt es nicht viel Neues zu sagen: Es ist immer noch gut! Der Hauptgrund dafür ist meiner Ansicht nach eben die optimale Verwertung eigentlich zweitklassiger Karten
(Demoralize, Rites of Initiation, Blazing Salvo, Acorn Harvest, Longhorn Firebeast). Je nachdem, was von rechts stärker durchgelassen wird, kann man ein schnelles Rot-Grün (mit vielen billigen Kreaturen und einigen roten Finishern, dafür vermutlich aber weniger echtem Burn) draften, oder ein langsameres Rot-Grün, mit größeren grünen Kreaturen, dafür aber qualitativ höherwertigem Burn. Der letztere Typ gilt als weniger stark, das ist aber meiner Ansicht nach eine Frage der Kartenqualität: Wenn man Firebolt, 2 Flame Burst, Acceptable Losses, Violent Eruption, Fiery Temper, Sonic Seizure und Arcane Teachings hat, dann kann man auch mit einer Kreaturen-Manakurve, die nach Diligent Farmhand und Harvester Druid mit einigen Cartographern beginnt und über Springing Tiger, Elephant Ambush, & Rabid Elephant zum Giant Warthog führt, Spiele gewinnen! Sicherlich sind Wild Mongrel und Basking Rootwalla auch in diesem Deck nicht verkehrt, aber wenn man die schnellen grünen Critter UND den guten Burn kriegt, dann hat man wohl im Schlaraffenland gedraftet... Nichtsdestotrotz sollte man auch hier möglichst ein paar Bären aus Judgment mitnehmen und zur Not auch durchaus einmal mit Rites of Spring spielen - das lohnt sich in diesem Decktyp!

Blau-Grün: Das ist eine sehr starke Farbkombination, einfach weil das die beiden stärksten Farben in diesem Block sind! Natürlich sind sie daher auch am anfälligsten dafür, overdrafted zu werden. Wenn das aber nicht der Fall sein sollte, dann gibt es immer noch eine Sache, auf die man besonders achten sollte: Tempovorteil! Auch Blau-Grün kann nicht allzuviel gegen Utilty Creatures machen, und muss daher immer am Drücker bleiben. Hier muss man jedoch nicht für Removal splashen (es ist auch äußerst unwahrscheinlich, dass man zu gutem Blau & Grün auch noch Removal bekommt!): Das kann man einerseits mit einem schnellen Threshold-Build (mit den Schlüsselkarten Werebear, Springing Tiger, Mental Note etc...) verwirklichen, und andererseits mit guten Combat Tricks und (noch wichtiger!) Bounce! Aether Burst, Repel und Churning Eddy, ja selbst Dematerialize können helfen, den Druck aufrechtzuerhalten und den gegnerischen Hallowed Healer / Cephalid Looter / Chainflinger / Nantuko Disciple vom Tisch zu halten, bis es zu spät ist. Blau-Grün ist auch die Farbkombination, in der Gamebreaker ala Deluge am stärksten sind. Langsame Blau-Grüne Decks hingegen sollten schon eine SEHR hohe Kartenqualität haben, um bestehen zu können - aber das ist ja durchaus möglich!

Und zum Abschluß Rot-Blau: Hier behaupte ich gegen alle konventionelle Weisheit, dass man daraus etwas machen kann! Voraussetzung ist allerdings dafür, dass man Blau klar markiert bekommt. Dann jedoch ist das underdraftete Rot manchmal die einzige Zweitfarbe, die sich anbietet - und ich denke, da kann man auch zugreifen! Die Idee ist klar: Mit Burn & Bounce (und dem gelegentlichen Dreamwinder) die gegnerische Bodenoffensive stoppen und durch die Luft gewinnen! Dazu benötigt man allerdings dringend sowohl sehr starkes Blau als auch Rot, was nur gelegentlich der Fall ist, aber wie gesagt, WENN es denn einmal der Fall sein sollte, braucht man vor dieser Kombination auch nicht zurückzuschrecken! Ein besonderes Augenmerk darf man hier auf Swirling Sandstorm richten, den sonst eigentlich niemand so richtig haben will, der aber für Blau-Rot erfunden worden zu sein scheint!

Dreifarbige Decks - RICHTIG Dreifarbige Decks, nicht zweifarbige mit Mini-Splash - kann ich einfach nicht empfehlen - das hier ist nicht mehr der Invasion-Block, der Dreifarbigkeit mit starken mehrfarbigen Karten ermutigt und mit vielen Mana-Fixern sowie leicht splashbaren Karten ermöglicht hat! Für mich ist ein dreifarbiges Draft-Deck im Odyssey-Block ein Zeichen, dass etwas so richtig schief gegangen ist - was allerdings in diesem chaotischen Format leider gar nicht einmal so selten vorkommt. In jedem Fall möchte ich von dem berühmten U/B/W-Deck abraten, das meistens als U/W beginnt und dann plötzlich anfängt, sich Butcher und Fatigue einzuverleiben! Nicht nur, dass man seinem rechten Nachbarn wahrscheinlich damit den Draft versaut, man wird auch bei einer furchtbaren Mana-Verteilung ala 6/6/6 oder bestenfalls 7/6/5 landen. U/W/b mit GESPLASHTEM Removal (also KEIN Butcher), B/W/u mit Splash für Repel, Think Tank (weil er hier einmal gut ist!) oder Balshan Collaborator und B/U/w mit Splash für Mystic Zealot oder Shelter können alle Sinn ergeben, aber vollständige Dreifarbigkeit sollte man nach Möglichkeit immer durch kluge Vorausplanung zu vermeiden suchen.

Wenn es denn aber gar nicht anders als dreifarbig geht, dann sollte man Grün als Hauptfarbe mit zwei Nebenfarben draften - Grün ist in Odyssey die reichhaltigste Farbe, so dass man vermutlich bei seiner Farbsuche einige grüne Picks genommen hat, und sollte einen normalerweise auch in Judgment nicht enttäuschen. Wichtiger noch ist, dass man mit Diligent Farmhand, Rites of Spring, Deep Reconnaissance, Far Wanderings und besonders Harvester Druid (mit einem Sacland!) doch zumindest ein paar Chancen hat, sich das richtige farbige Mana zu besorgen. Das entstehende Deck wird vermutlich eine furchtbare Mana-Kurve haben - aber diesen Nachteil muss man eben durch erhöhte Kartenqualität (das Beste aus drei Farben) wettmachen, und darauf hoffen, dass der Grund für das Ausbleiben klarer Signale, das einen in die Dreifarbigkeit gezwungen hat, ist dass zumindest die Spieler in der näherern Umgebung ebenfalls keine großartigen Deck haben. Leider können Booster an verschiedenen Seiten eines Draft-Tisches furchtbar unterschiedlich ausfallen...

So, das soll für diesmal genügen - entgegen anderslautender Gerüchte werde ich nämlich NICHT nach Zeichenanzahl bezahlt!

Bis zum nächsten Mal!

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