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Casual
Typ ABC - Magic nach Buchstaben
von Andreas "Zeromant" Pischner
13.06.2002

Es war einmal... 1995, glaube ich.

Ein Spieler (nennen wir ihn A, oder besser Alexander), spielt einen Shivan Dragon aus.
(Für die, die sich nicht mehr erinnern: Der Drache war damals DIE ultimative Kreatur, welche ein Spieler in seinem Deck haben konnte - mit Abstand die teuerste Karte aus dem Grundset, klar vor den Doppelländern, und beinahe unmöglich anzutauschen.)

Spieler B (Bernhard) stiehlt ihn nächste Runde mit einem Control Magic.
Christoph kommt als nächster an die Reihe, und platziert ein weiteres Control Magic auf dem Drachen, das Bernhard allerdings sofort Disenchanted.
Dieter spielt dann das dritte Control Magic.
Alexander kommt wieder an die Reihe und enttappt sein Mana. Seine Tranquility wird von Dieter gecountert.
Dieter behält den Drachen, countert ein paar Runden später noch ein Swords to Plowshares von Christoph und gewinnt das Spiel.

Ja, so war das damals.... Was ich gerade beschrieben habe, war nicht etwa EIN Fun-Spiel, das ich beobachtet hatte, sondern die Essenz aus bestimmt einem Dutzend, die alle gleich abliefen: Alle Spieler legten Doppelländer, ab 5 Mana kamen die guten Kreaturen (Serra Angel, Sengir Vampire, Mahamoti Djinn und eben Shivan Dragon), dann die Terrors und Swords to Plowshares, und wer am Schluss das oberste Control Magic auf dem übriggebliebenen Shivan Dragon zu liegen hatte, gewann das Spiel.

Natürlich sahen nicht alle Mehrspielerrunden so aus, aber irgendwie war dieser Verlauf des Free-For-All (oder vielleicht treffender: Chasing the Dragon) für mich der Repräsentant dieser Gattung, und ich konnte keinerlei Interesse dafür aufbringen. Was mich darüberhinaus abschreckte, war der "Risiko"-Faktor (den man heute vielleicht eher als das "Siedler"-Syndrom bezeichnen würde), benannt nach jenem "Strategie"-Spiel für 3 bis 6 Personen: Es kam letzlich nicht darauf an, taktisch besonders brilliant innerhalb der Spielregeln zu agieren, sondern eher darauf, sich möglichst unauffällig zu verhalten, Allianzen gegen Stärkere einzugehen, und im entscheidenden Moment zum Vernichtungsschlag gegen seine "Verbündeten" auszuholen - eben das diplomatische Moment. (Richard Garfield hatte einmal im Duelist den vielleicht besten Artikel über Spiele, den ich je gelesen habe, verfasst, der sich mit diesem Thema beschäfigt. Wenn ich den jemals im Netz auftreiben sollte, sorge ich dafür, dass er auf Planetmtg ein eigenes Link erhält!)

Dann gab es da noch das Grand Melee, in dem jeder nach links angreift und nach rechts verteidigt. Hier war der "Risiko"-Faktor mindestens genauso groß, verkompliziert durch den Umstand, dass manche Spieler völlig zufrieden damit waren, ein oder zwei Spieler links von sich zu eliminieren und dann auszuscheiden, oder mit einer Harakiri-Aktion wie einem Armageddon (das ja nur einige Plätze weit reichte) effektiv sich selbst und ihre Nachbarn gleichzeitig aus dem Rennen zu werfen - ein völlig chaotisches Geschehen, das für mich weniger unter der Bezeichnung "Fun" als vielmehr "Versauter Nachmittag" lief.

Meinem Bedürfnis nach einem geregeltem Ablauf, in dem taktisches Geschick sich auch auszahlte, schien eher das damals aufkommende Emperor-Format (damals eigentlich immer in der klassischen Variante drei gegen drei) zu entsprechen. Doch bereits nach wenigen Spielen hatte ich davon bereits die Schanuze voll, da irgendwie jedes Emperor-Game gleich abzulaufen schien: Einer von den sechs Spielern hatte schlimme Mana-Probleme und wurde schnell eliminiert. Danach hatte dann die zahlenmäßig überlegene Seite keinerlei Mühe, das Spiel siegreich zu beenden. Auch war es irgendwie unmöglich, sechs Spieler an einem Tisch zu versammeln, die das Spiel ernst genug nahmen, um nicht ihren Nachbarn mit irgendwelchen "lustigen" Aktionen (wie zum Beispiel das Ausspielen eines Winter Orbs zwischen zwei befreundeten Kontrolldecks - weil der nun einmal doch im Deck drin war!) in den Rücken zu fallen.

Als etwas später das Two-Headed-Giant-Format in Berlin ein wenig populärer wurde (Grand Melee wurde immer bevorzugt, da die Teilnehmerzahl nicht durch vier teilbar sein musste) hatte ich bereits erhebliche Vorurteile gegenüber Mehrspielervarianten und "Fun"-Spielrunden und gerade damit begonnen, "ernsthaft" (das heißt, erfolgsorientiert) zu spielen und zu den ersten PTQs zu fahren. Die Two-Headed-Giant-Spieler waren dann auch noch fast alles "Typ 1"-Anhänger, obwohl es ihnen zumeist an den allerteuersten dieser Karten mangelte, und brachten daher reichlich degenerierte Deck-Paare mit. Ultraschnelle White Weenies mit 8 Crusades und einigen Jihads waren sehr verbreitet und noch harmlos - Stasis-Teams hingegen einfach schreckenerregend. Ich stellte schnell fest, dass ich keinen Spaß an diesem Format haben konnte, ohne mich intensiv damit zu befassen, und diese Zeit investierte ich dann doch lieber in Turnierformate.

Bald darauf wurde ich Mitglied im Team Istari, fuhr regelmäßig zu PTQs, nahm an jedem erreichbaren sanktionierten Turnier teil und gelangte schließlich sogar auf meine erste Pro Tour. Ich hatte den Eindruck, dass ich nicht einmal genügend Zeit zum Playtesten für wichtige Turniere hatte, daher standen irgendwelche "Fun"-Formate gar nicht erst zur Diskussion. Ich verlor sie aus den Augen und vermisste sie nicht einmal.

Vorspulen ins Jahr 2002, zum heutigen Tag.

Eines hat sich nicht geändert: Ich habe immer noch nicht so viel Zeit für Turnierformate, wie ich gerne hätte, eher weniger als damals, obwohl das Problem heute eher darin besteht, sanktionierte Turniere zu finden - die Berliner Turnierszene ist im Vergleich zu der in Hochburgen wie Hamburg oder Köln erbärmlich, und Fahrten zu PTQs werde immer seltener, seit die meisten Mitglieder meines Teams kaum noch Zeit für erfolgsorientiertes Magic-Spiel haben und die gemeinschaftliche Anreise im Auto der Vergangenheit angehört.

Das Verlangen nach "Fun"-Formaten jedoch ist wiedererwacht!

Wie kommt das? Ich sehe da zwei Gründe, einen "physischen" und einen "psychischen":

Der "physische" sind die Karten, die ich besitze... obwohl ich zwischendurch meine gesamte Kartensammlung verkauft hatte, hat sich da wieder eine riesige Menge angesammelt, und selbstverständlich werden 90% davon (überschüssige Kopien von Commons nicht einmal berücksichtigt) niemals eines meiner Turnierdecks von innen sehen. Warum kann ich eigentlich mit diesen ganzen Karten nicht spielen? Warum habe ich kein Deck mit coolen Fatties wie Penumbra Wurm oder Molimo, Maro-Sorcerer? Warum versammeln meine Barbaren sich nicht um Balthor the Stout? Warum kann ich nichts mit den schicken Apocalypse-Disciples bauen? Meine Kartensammlung erinnert mich immer wieder an die unerforschten Möglichkeiten, obwohl ich wohl außer bei sanktionierten Turnieren eher online spielen werde.

Nicht ganz so offensichtlich ist der "psychische" Grund, und ich habe eine Weile gebraucht, bis ich ihn analysieren konnte: Standard (das einzige Constructed-Turnierformat, das ich realistisch zu spielen erwarten kann) fordert meine Kreativität nicht.

Nein, das soll NICHT bedeuten, dass ich mich dem Gejammere vieler Leute anschließe, die nur Psychatog, Draino, Trenches & R/G Beatz für spielbar halten (oder was immer gerade das aktuelle Metagame ist) und keinen Raum für eigene Ideen sehen. Dieser Raum ist vorhanden, da bin ich mir sicher.

Da Problem ist, dass mir die KOMPETENZ fehlt, um erfolgreich eigene Decks zu entwerfen. Mein Team ist praktisch nicht mehr aktiv, und ich betreibe keinerlei Playtesting mehr, das den Namen verdient. Ohne Team und Playtesting geht es aber nicht.

Ich vergleiche Deckbauen immer gerne mit dem Beruf eines Ingenieurs, gerade wenn ich es mit Spielanfängern zu tun habe, die stolz ihre ersten eigenen Kreationen bei einem Turnier ins Rennen schicken, nur um dann von aus dem Netz kopierten Decks furchtbar eins auf die Zwölf zu bekommen: Bevor man eigene Entwürfe erfolgreich verwirklichen kann, sollte man erst einmal bestehende Objekte studieren und verstehen. Nur so erhält man die notwendigen Grundlagen, auf die dann kreativ aufgebaut werden kann.

Darüber hinaus (und das ist der Teil, der mich aktuell betrifft, denn in "klassischer" Magic-Strategie bin ich sehr gut bewandert) muss ein Ingenieur sich auch fortgesetzt weiterbilden, immer auf dem neuesten Stand der Technik bleiben und insbesondere auch die Produkte anderer Ingenieure analysieren. Wenn ihm das nicht gelingt, kann er nicht erwarten, konkurrenzfähig zu bleiben.

Und daran fehlt es mir einfach. Ich bin nicht einmal in der Lage, aus eigener Spielerfahrung heraus zu sagen, welche Variante eines der verbreiteten Archetypen mir am stärksten erscheint (obwohl meine "theoretischen" Strategie-Kenntnisse und die Beobachtung, welche guten Spieler welche Varianten spielen, hier ein wenig helfen). Noch viel weniger könnte ich daher ein Deck entwerfen, das die verbreiteten Archetypen schlägt. Hier habe ich einfach einen enormen Rückstand aufzuholen (und im Moment kann ich nicht sagen, wann - und ob überhaupt - diese Aufholjagd stattfinden wird). Wenn die PTQ-Saison im Odyssey-Block-Constructed (mit Judgment) beginnt, und alle Spieler mehr oder weniger von Null anfangen, kann ich wieder versuchen, kreativ zu werden (letztes Jahr bei IBC hat mir das Testen sehr viel Spaß gemacht, auch wenn die Turnierergebnisse danach ein wenig durchwachsen waren). Aber bis dahin liegt meine Magic-Kreativität einfach brach.

"Fun"-Formate könnten die Lösung sein! Besonders, seit ich mich ein wenig an das Online-Spielen mit Apprentice gewöhnt habe (obwohl ich an meine Telefonrechnung für diesen Monat besser nicht denke - ICH BRAUCHE EINE FLATRATE!), habe ich so richtig Appetit darauf bekommen, mit den ganzen Karten in dessen Datenbank auch zu spielen. Und "Fun"-Formate gibt es ja reichlich - spätestens, seit Anthony Alongi auf http://www.magicthegathering.com eine Kolumne speziell für "casual players" verfasst, bin ich mit bestehenden Varianten auf absehbare Zeit gründlich eingedeckt.

...aber dummerweise sind die allermeisten der dort besprochenen Varianten einfach nichts für mich. Damit ich Spaß an einem "Fun"-Format haben kann, müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:

1. Es muss ein Zwei-Spieler-Format sein. Das liegt zum einen daran, dass ich den "Risiko"-Faktor bei Magic verabscheue, was nur die Team-Varianten übrig lässt. Diese scheiden dann aus, weil ich einerseits auf meine Erfahrungen im Deckbau (die nur für One-on-One-Duelle gültig sind) aufbauen möchte, und andererseits wohl nur online, über Apprentice, zum Spielen kommen werde. Die Beschränkung auf Zwei-Spieler-Formate sortiert bereits einen großen, wenn nicht sogar den größeren Teil aller im Netz beschriebenen Formate aus.

2. Es muss ein Format mit klar definierten Regeln sein. Das klingt vielleicht selbstverständlich, ist aber weit davon entfernt! Viele "Fun"-Spielerrunden besitzen nur subjektiv empfundene, ungefähre Richtlinien, welche Karten und Decktypen "Fun" sind und welche nicht... Die dahinter stehende Philosophie, die einem im Internet immer und wieder begegnet, ist dass Spaßhaben wichtiger als Gewinnen ist. So selbstverständlich das klingt, so idiotisch erscheint es mir: Der Sinn eines Magic-Spiels liegt für mich darin, zu versuchen zu gewinnen und DABEI Spaß zu haben! Wenn es den Spaß an einem Spiel nimmt, wenn man im Rahmen der Regeln alle taktischen Kniffe benutzt, um zu gewinnen, dann sind die Regeln das Problem! Ich habe jedenfalls nicht den geringsten Spaß daran, absichtlich schlechtere Decks zu bauen als ich es könnte, nur weil meine stärksten Decks "nicht Fun" sind. Wenn ich feste Regeln habe, die definieren, was erlaubt ist und was nicht, dann halte ich mich auch daran (oder, wenn ich sie unannehmbar finde, spiele ich eben etwas anderes). Ich habe allerdings keinerlei Lust, nicht mein Bestes in einem Spiel zu geben, nur weil meine Mitspieler dann keinen Spaß haben - dann ist es an der Zeit, entweder die Regeln, das Spiel, oder halt die Mitspieler zu wechseln.

3. Das Format darf nicht "broken" sein, also von Strategien dominiert werden, die (mir) keinen Spaß machen. Das ist jetzt natürlich ein zum großen Teil subjektives Kriterium (und wäre daher als Regel zum Beispiel in einem Formate-Erfinde-Wettbewerb nicht besonders geeignet). Nichtsdestotrotz bestimmt es, was für mich in Frage kommt. "Typ 1" (eigentlich "Vintage") mit seinen Lotussen, Moxen und Ancestral Recalls ist einfach nichts für mich, auch wenn man durchaus die Ansicht vertreten kann, dass es nur noch ein Fun-Format ist. (Es fällt übrigens für mich auch wegen des nächsten Punktes aus.) Das berühmte 5-Colour-Format mit seinen 250-Karten-Decks lehne ich ebenfalls ab, nicht nur, weil ich keine Lust habe, mir Decklisten für 250-Karten-Decks auszudenken, sondern auch, weil ich die Banned-Liste des Formats nicht für gründlich durchdacht halte (als ich sie zuletzt gesehen hatte, war Contract from Below immer noch nicht drauf - hallo?) und dem "random"-Feeling eines 250-Karten-Decks auch nichts abgewinnen kann (Selbst ein 60-Karten-Highlander-Deck funktioniert vorhersagbarer).

4. Das Format darf nicht ZU etabliert sein, da ich ansonsten auf die gleichen Probleme stoße, wie in Standard. Wenn es bereits ein bestehendes Metagame gibt, dann muss ich einfach zu lange "Weiterbildung" betreiben, bis ich meine eigenen Ideen umsetzen kann. An dieser Voraussetzung scheitert "Vintage Restricted" (auch 1,5 genannt) - wenn es auch viele Spieler der jüngeren Generation nicht zu kennen scheinen, existiert es doch schon eine ganze Weile, und es gibt daher auch bereits ein etabliertes Metagame.

An dieser Stelle möchte ich dann gleich noch einen Hinweis einflechten: Diejenigen, welche über die angekündigte Rotation in Extended jammern, sollten sich einmal mit Vintage Restricted befassen! Wenn man das Problem des Zugriffs auf die benötigten Karten einmal außer Acht lässt (und auch hier liegt "1,5" viel näher am alten Extended als am unbezahlbaren "Typ 1") ist Vintage Restricted mit Abstand das beste nicht turnierrelevante Format, da es trotz seines gigantischen Kartenpools aufgrund seiner Banned-Liste (die mit der "Typ 1"-Restricted-Liste plus Banned-Liste identisch ist) ausgewogen ist!

So, das waren eine ganze Menge Einschränkungen! Glücklicherweise musste ich natürlich nicht nach einem Format suchen, das alle diese Anforderungen erfüllt, sondern bin umgekehrt von meinem aktuellen Lieblings-"Fun"-Format ausgegangen, und habe einfach nur aufgezählt, warum es mir gefällt - das war viel einfacher Außer von diesem Constructed-Format bin ich außerdem noch ein Fan von ungewöhnlichen Limited-Formaten, die mit Apprentice sehr schön umzusetzen sind, so z.B. Sealed mit 2 Boostern 7th, 2 Booster Arabian Nights, 2 Booster Antiquities und 2 Boostern Legends, aber dazu gibt es nicht so viel zu sagen (außer einem: Wenn Ihr mich in einem solchen Format über Apprentice herausfordern wollt, schreibt mir eine KM in der Zusammenkunft! Ich bin "Zeromant", aber das habt ihr ja wohl unterdessen mitbekommen...)

Ich stelle also hiermit vor (Pischner Proudly Presents):

Typ ABC!

Ich weiß nicht, ob dieses oder ein sehr ähnliches Format vielleicht bereits existiert - ich kann jedenfalls mit gutem Gewissen sagen, dass ich es selbst erfunden habe! Wenn Ihr jedoch trotzdem irgendwo anders noch einmal darauf stoßen solltet, bedenkt, dass diese Idee eigentlich ziemlich naheliegend ist...

Ich habe Typ ABC bereits im Forum Zusammenkunft vorgestellt. Unterdessen haben auch schon einige Leute außer mir Decks dafür gebaut, und ich habe auch schon einige Spiele über Apprentice hinter mir. Und diese Spiele haben Spaß gemacht! (Und nicht nur, weil ich die meisten davon gewonnen habe!)

Die Deckbau-Regeln für Typ ABC:

ABC ist ein Subformat von Vintage Restricted (das heißt, es benutzt den selben Kartenpool - alle turnierlegalen Magic-Editionen - und die selbe Banned-List). Judgment allerdings ist schon erlaubt Es werden Decks mit exakt 40 Karten gespielt, ohne Sideboard (was den Nutzen der Wishes aus Judgment stark einschränkt). Es ist außerdem ein "Highlander"-Format: Das bedeutet, dass außer Standard-Ländern jede Karte nur einmal im Deck sein darf. (Diese Regel ist eigentlich überflüssig, denn sie ergibt sich aus der nächsten Weiterhin muss zu jedem Buchstaben im Alphabet genau eine Karte (kein Standardland) im Deck sein, die mit diesem Buchstaben beginnt - das lässt Platz für exakt 14 Standardländer. Splitkarten werden nach ihren vollständigen Namen einsortiert, also A wie Assault/Battery und F wie Fire/Ice. Ach ja, selbstverständlich sind nur die englischen Original-Kartennamen relevant!

So, das waren die Deckbauregeln. Wenn Ihr jetzt versucht, nach diesen Regeln ein Deck zu bauen (und ich hoffe doch, dass es einige von Euch versuchen!), werdet Ihr feststellen, dass dieses Format selbst erfahrene Deckbauer vor eine Reihe von zusätzlichen Schwierigkeiten stellt:

Zunächst ist offensichtlich, dass manche Buchstaben einen vor sehr schwere Entscheidungen stellen. Spielt das Blau-Weiße Kontrolldeck einen Morphling, ein Moat, einen Masticore oder besser einen Mana Drain? Oder vielleicht einen Millstone?

Dann reichen 14 Länder für die meisten Decktypen einfach nicht aus. Also muss man wertvolle Buchstaben-Slots für Nicht-Standard-Länder oder sekundäre Mana-Produzenten wie Kreaturen oder Artefakte opfern. Aber will man wirklich Volcanic Island über Volcanic Hammer, Violent Eruption oder Viashino Sandstalker spielen?

Einige Buchstaben stellen Engpässe dar. Während man sich bei M, S oder T vor exzellenten Karten kaum retten kann oder die Qual der Wahl hat, bieten zum Beispiel Q oder Z sehr magere Kost. X ist am allerschlimmsten: Wer nicht Schwarz (für den Xenic Poltergeist) spielt und sich nicht die Mana-Basis für die exzellente Xira Arien leisten kann, der muss wohl mit der Xanthic Statue vorlieb nehmen... Bei Z erscheint die Entscheidung einfacher: Kontroll-Decks spielen gerne Zuran Orb, und Aggro-Decks lernen das gute alte Zelyon Sword aus Fallen Empires kennen. Es gibt natürlich in manchen Farben Alternativen: Rot hat beispielsweise die Auswahl zwischen Zerapa Minotaur und Zap, und Blau kann es mit Zephid oder Zephid's Embrace versuchen. Q hingegen ist für Grünspieler überhaupt kein Problem (Quirions gibt es wie Sand am Meer), alle anderen nutzen meistens die Gelegenheit, mit Quicksand den Mana-Anteil des Decks zu erhöhen. Wem es gelingt, einen schwierigen Buchstaben gut in ein Deck zu integrieren (wie eben Xira Arien in RGB) hat einen Vorteil, aber ist es den Aufwand wert?

Und dann ist da noch das Problem, dass es nicht ausreicht, einfach für jeden Buchstaben in den passenden Farben die beste Karte ins Deck zu stopfen - man muss ja auch noch auf Dinge wie Mana-Kurve, Antworten auf verschiedene Arten von Threats und, wenn irgendwie möglich, Synergie zwischen den einzelnen Karten achten...

Ich schreibe hier einfach mal die Listings meiner drei aktuellen Decks mit ein paar Kommentaren hin, sortiert nach der Schwierigkeit, die sie mir bereitet haben (von einfach bis seeeehr kompliziert):

Red Deck Wins, ABC-Version
 
lands (17):
1Mishra's Factory
1Quicksand
1Wasteland
14Mountain

spells (11):
1Arc Lightning
1Browbeat
1Cursed Scroll
1Hammer of Bogardan
1Incinerate
1Kaervek's Torch
1Lightning Bolt
1Nevinyrral's Disk
1Urza's Rage
1Violent Eruption
1Xanthic Statue

40 cards
creatures (12):
1Dwarven Soldier
1Eron the Relentless
1Flametongue Kavu
1Grim Lavamancer
1Jackal Pup
1Orcish Cannoneers
1Phyrexian War Beast
1Rogue Kavu
1Suq'Ata Lancer
1Talruum Minotaur
1Ydwen Efreet
1Zerapa Minotaur

 
Geradeheraus und gut. Die Cursed Scroll sagt natürlich meistens "Xanthic Statue" Nichtsdestotrotz kann die Statue tatsächlich ab und zu eine Hilfe sein, wenn man gegen Gemeinheiten wie z.B. Story Circle spielt. Dwarven Soldier und Rogue Kavu sind mit Sicherheit nicht die stärksten roten Karten in ihren Buchstaben, geben dem Deck aber dringend benötigte 2-Mana-Slots. Quicksand ist taktisch nicht allzu produktiv, erschien mir aber trotzdem als die beste Möglichkeit, Extra-Mana im Deck unterzubringen. Eron the Relentless und Ydwen Efreet überraschen mich immer wieder - die sind einfach gut! (Obwohl ein Skizzik natürlich stärker wäre als Eron, aber der Suq'Ata liegt viel besser in der Manakurve und macht sich da auch sehr gut). Browbeat statt Ball Lightning schließlich ist ein Experiment, über dessen Ausgang ich mir nicht so recht schlüssig bin... Aber Tatsache ist, das mein drittes Mana doch furchtbar oft die Mishra, der Quicksand oder das Wasteland ist...

The Big Green Survival!
 
lands (16):
1Krosan Verge
1Nantuko Monastery
11Forest
3Plains

spells (8):
1Elephant Guide
1Rancor
1Call of the Herd
1Icy Manipulator
1Overrun
1Survival of the Fittest
1Xanthic Statue
1Zelyon Sword

creatures (16):
1Aven Cloudchaser
1Basking Rootwalla
1Deranged Hermit
1Fyndhorn Elves
1Genesis
1Harvester Druid
1Juggernaut
1Llanowar Elves
1Masticore
1Phantom Centaur
1Quirion Elves
1Trained Armodon
1Uktabi Orangutan
1Vine Trellis
1Wild Mongrel
1Yavimaya Ants

40 cards
 
Das Deck, das am meisten durch Judgment gewonnen hat! Wie könnte man auch die Gelegenheit verpassen, Genesis in einem Survival-Deck zu spielen? Obwohl ich dafür immerhin Gaea's Cradle opfern musste... Trotzdem, Survival (am besten mit mit Basking Rootwalla) auf Genesis gewinnt doch eine ganze Menge Matches Das Deck ist solider Fattie-Beatdown ohne das Survival, aber wenn das erst einmal liegt, dann gibt es AUFS MAUL. Der Weiß-Splash ist eigentlich nur für wiederkehrendes Enchantment Removal in Form des Aven Cloudchasers drin (obwohl Nantuko Monastery und Krosan Verge auch sehr nett sind!) Probleme hatte das Deck Pre-Judgment besonders mit Monoschwarzer Kontrolle, aber mit Genesis, Monastery und vor allem Phantom Centaur besitzt es da doch unterdessen erheblich mehr Widerstandskraft.

Xanthic Counterpost
 
lands (18):
1Kjeldoran Outpost
1Quicksand
1Underground Sea
1Volcanic Island
9Plains
5Island

creatures (4):
1Academy Rector
1Ghost Ship
1Morphling
1Yotian Soldier

40 cards
spells (18):
1Hobble
1Jade Statue
1Treachery
1Barbed Sextant
1Counterspell
1Dismantling Blow
1Exile
1Forbid
1Icy Manipulator
1Land Tax
1Nevinyrral's Disk
1Orim's Prayer
1Power Sink
1Rout
1Story Circle
1Wrath of God
1Xanthic Statue
1Zuran Orb

 
Dieses Deck ist ein logistischer Albtraum gewesen... Blau-Weiße Kontroll-Decks haben so Vieles, was unbedingt hinein muss! Es fängt mit der Mana-Basis an... alle guten Doppelländer haben so furchtbar blöde Anfangsbuchstaben (Tundra statt Treachery? Coastal Tower statt Counterspell? Adarkar Wastes statt Academy Rector?). Ich habe mich dazu entschlossen, zusätzliche Länder in Buchstaben mit weniger Konkurrenz zu spielen (Q, U, V) und außer einem Barbed Sextant (der sich auch schon bewährt hat!) keine Mana-Fixer zu benutzen. Dann müssen natürlich ein paar Counter hinein... Counterspell über Control Magic? Seufz... Na gut. Mana Drain über Morphling? Ohohoh... lieber nicht. Absorb über Academy Rector? Nein, der Rektor ist wichtig! Mit Power Sink und besonders Forbid konnte ich dann ein wenig dieser Bedingung Genüge tun. Dann kommt es - Removal! An Wrath of God führte kein Weg vorbei. Moat ist sooooo gut, aber Morphling brauche ich auch... Ich habe, hoffe ich, das Wichtigste abdecken können. Aber Kontrolle muss auch mit anderen Karten fertig werden. Zu einem einzigen Dismantling Blow hat es gerade gereicht (wehe, wenn das Survival liegenbleibt!), und die Disk ist eine Brachial-Lösung... Leider hat der Wrath das Wasteland unmöglich gemacht, und der Dismantling Blow den Dust Bowl. Daher ist Volrath's Stronghold ein Riesenproblem, und Genesis auch... Dann sollte man irgendwie Karten ziehen... das sagt sich so einfach! Land Tax ist der einzige starke Kartenzieher im Deck. Vielleicht hätte ich Jayemdae Tome unterbringen sollen, aber da kommen wir zum letzten Punkt: Finisher benötigen wir auch! Morphling muss sein. Kjeldoran Outpost ist sehr gut. Ghost Ship und Jade Statue sind erstaunlich widerstandsfähig, und Treachery kann auch helfen. Oft kann das Deck sogar lange genug verteidigen, um mit der großen Statue zu gewinnen! Da gibt's was zu staunen Noch ein Wort zum Academy Rector: Er ersetzt weitgehend das Moat, und wenn der Gegner ihn trotzdem sich umbringen lässt, holt er mit Treachery oder Story Circle (statt Swords to Plowshares! Aber wenigstens habe ich Exile) oft einen Game Winner. Insgesamt ist das Deck sehr stark, hat aber furchtbar viele Lücken in der Verteidigung, die ein wirklich gutes Kontroll-Deck nicht haben sollte... Ich fühle mich aber im Moment damit überfordert, eine Version zu entwerfen, die diese Lücken schließt.

So, das waren also meine Decks! In der Zusammenkunft gibt es einen Thread zum ABC-Format, in dem noch viele andere Deck-Entwürfe stehen. Am interessantesten fand ich die Ansätze für ein monoschwarzes Deck (Superstark gegen Random-Creature-Decks), einen Rot-Grünen Landzerstörer (gut, dass ich Land Tax hatte ), ein Enchantress-Deck und ein Millstone-Deck, das sich die Tatsache zunutze machen will, dass 40 Karten eben doch deutlich weniger sind als 60...

Und damit neigt sich wieder einmal ein langer Artikel seinem Ende zu! Ich vertraue fest darauf, dass er Euch auch interessiert hat - denn warum hättet Ihr Euch sonst die Mühe machen sollen, ihn bis zum Ende durchzulesen?

Wenn es mir aber gelungen sein sollte, Eure Phantasie zum Deckbauen anzuregen - ich interessiere mich für Eure ABC-Entwürfe! (Ich kann dieses Format auch jedem empfehlen, der seine Deckbaufähigkeiten üben will!) Allerdings bevorzuge ich es, mit Apprentice dagegen zu spielen, anstatt nur die Decklisten zu lesen. Wie gesagt, ich bin "Zeromant" im Forum Zusammenkunft - schreibt mir eine Mail!

(Ach ja, und Apprentice, falls Ihr es noch nicht haben solltet, könnt Ihr Euch gratis aus dem Netz herunterladen. Eine Seite, die sogar bereits über ein inoffizielles Judgment-Patch dafür verfügt, ist die von E-League - http://www.e-league.com/patches.php)

Bis denne!

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