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Pischner Classics: Warum schlechte Spieler Blau hassen
von Andreas "Zeromant" Pischner
25.02.2008

[In der Reihe Pischner Classics kramen wir regelmäßig Artikel aus den Archiven von insgesamt sechs Jahren, die Andreas Pischner nun bereits für PlanetMTG schreibt, wieder hervor. Der folgende erschien ursprünglich am 15. April 2002 und erhielt damals – trotz aller Provokation – lediglich sieben Kommentare...Das müsste doch besser gehen!. .]


Viele von Euch werden den "You make the card"-Wettbewerb auf magicthegathering.com mitverfolgen: Mithlife einer Serie von Abstimmungen darf die gesamte Magic-Gemeinschaft eine Karte entwerfen, die in einer späteren Edition dann auch tatsächlich gedruckt werden wird.

Bis jetzt steht fest, dass es eine grüne Kreatur sein wird, deren weiteres Design von einer noch zu bestimmenden Mechanik abhängt. Aus einer Vielzahl eingesandter Vorschläge hatte eine Jury eine Vorauswahl von zehn Mechaniken getroffen, die sie für sowohl geeignet als auch repräsentativ erachtete.

Darunter befanden sich zwei Mechaniken, deren einziger Zweck es war, blaue Decks, die auf Counterspells basieren, im Alleingang zu besiegen. (Wer das für übertrieben formuliert hält, kennt den Einsender dieser beiden Mechaniken nicht. Ich kenne ihn.) Eine davon hat es in die Endausscheidung der drei beliebtesten Mechaniken geschafft und gilt als Favorit.

Viele Spieler hassen Blau. Ich bin in meiner Magic-Karriere schon einigen davon begegnet, darunter einem, den ich in einem Wettbewerb "Größter Blau-Hasser aller Zeiten" ohne zu zögern zum Favoriten erklären würde. Sie alle reagieren auf blaue Decks ähnlich: Entweder weigern sie sich dagegen zu spielen, oder (wenn sie durch die Umstände, wie z..B. ein Turnier, dazu gezwungen werden) sie jammern lauthals, wie unfair Blau doch sei. Viele von ihnen bauen gezielt Decks, die mir Karten vollgestopft sind, welche gegen Blau-Spieler sehr stark sind. Dabei nehmen sie meistens gerne in Kauf, dass sie dann gegen alle anderen Decks kaum eine Chance haben. Ach ja, und es sind beinahe aunahmslos schlechte Spieler...

Woher stammt diese vehemente Abneigung? Offensichtlich ist, dass Blau hierbei als Synonym für Counterspells betrachtet wird. Aber was haben diese Spieler eigentlich für ein Problem mit Counterspells?

Eine Antwort wäre, dass sie einfach zu stark seien. Aber abgesehen vom übermächtigen Mana Drain ist das einfach nicht der Fall! Der beste Standard-legale Counterspell ist im Moment "Counterspell" himself: Ein rein reaktiver Zauber, der eins zu eins gegen eine andere Karte des Gegners abtauscht – aber auch nur, wenn er genau im richtigen Moment gespielt werden kann! Natürlich macht seine Flexibilität ihn stark, aber übermächtig?

Flametongue Kavu zum Beispiel ist 2-zu-1-Kartenvorteil, gepaart mit enormem Tempogewinn, und im Moment sicherlich eine der Karten (vielleicht DIE Karte) welche das Metagame am meisten prägt. Trotzdem regt sich kaum einer über den Kavu auf, und nur einige wenige Magic-Experten weisen darauf hin, welch große Beschränkungen der FTK jedem Deckbauer auferlegt. Fact or Fiction ist im Moment die blaue Problemkarte, aber die Abneigung gilt nicht etwa dem hypereffizienten Kartenzieher, sondern den Counterspells!

Nein, es ist sicherlich nicht der Power-Level der Gegenzauber, welcher das allgemeine Gejammere hervorruft. Um die wahren Ursachen des Blau-Hasses zu erkennen, muss man sich mit etwas anderem auseinandersetzen: Der Psyche schlechter Spieler.

Ich habe ein Modell gefunden, dass Blau-Hasser in drei Kategorien einteilt, die jeweils mit einer spezifischen Sicht der Dinge verbunden sind:



1. "Meiner ist größer als Deiner"
2. "Du hast mir mein Spielzeug weggenommen!"
3. "Denken tut weh"

Ich will im Folgenden versuchen, diese Denkweisen und die ihnen zugehörigen Spielertypen zu beleuchten!

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1. Meiner ist größer als
Deiner

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Kennt Ihr Auto-Quartett? Das ist ein Kartensatz im Skatkartenformat, auf dem Automodelle abgebildet sind, für die auch technische Daten genannt werden. Ich weiß nicht, wieviele Kinder mit diesen Karten tatsächlich Quartett gespielt haben – wir haben es damals jedenfalls nicht! Stattdessen wurden die Karten gemischt und jeder erhielt eine Hälfte. Ein Spieler suchte sich dann einen Wert der obersten Karte seines Stapels aus (Höchstgeschwindigkeit, Leistung, Hubraum etc...) und sagte ihn an. Der andere Spieler nannte den entsprechenden Wert derselben Karte, und derjenige, der den besseren Wert hatte, gewann beide Karten und fügte sie unten seinem Stapel hinzu. Der "bessere" Wert war meistens der höhere, aber manchmal (Verbrauch, Preis) auch der niedrigere. Da kein Auto sowohl schnell/stark als auch sparsam/billig war, konnte man also jede Karte des Gegners ergattern. Wer einen "Stich" gewonnen hatte, durfte für die nächsten Karten ansagen. Das Spiel war beendet, wenn ein Spieler keine Karten mehr hatte.

Ein nettes, unterhaltsames Spiel für die langen Busreisen, die Klassenfahrten mit sich brachten, aber es gab da bald Probleme: Einige Kinder konnten nicht einsehen, dass ein VW Käfer gegen einen Mercedes gewinnen konnte, nur weil sein Verbrauch oder Preis geringer war. Das "bessere" Auto sollte gewinnen! Also begannen sie, das Spiel so zu spielen, dass IMMER der höhere Wert gewann. Ich konnte damals nicht genau den Finger darauf legen, WARUM mir das Spiel dadurch langweiliger erschien, aber ich bemerkte, dass es damit zu tun hatte, dass der Spieler, der die Hälfte mit den teuersten Autos hatte, fast immer gewann. FAST immer, denn manchmal hatte ein "schlechteres" Auto einen überraschend hohen Wert (Hubraum z..B.), der es einem ermöglichte, dem anderen seine "besten" Autos abzunehmen.

Aber es kam noch schlimmer: Für die Quartett-Regeln war es notwendig, dass eine der Karten als "Supertrumpf" gekennzeichnet war (meistens das schickste Auto im Kartensatz). Eine tonangebende Gruppe Kinder kam aber nun auf die Idee, dass der Supertrumpf immer gewinnt – Trumpf sticht doch! Ich fand das damals doof und langweilig, und es dauerte auch nicht lange, bis ich herausfand, dass der Spieler, der den Supertrumpf in seinem Stapel hatte, immer gewinnen musste. Aber selbst diese Erkenntnis half nicht: Die anderen Kinder bestanden darauf, weiterhin mit der "Supertrumpf"-Regel zu spielen, und so verlor ich bald die Lust.

Ich jobbe heute in einem Spieleladen in Berlin als Verkäufer, und lerne dort immer wieder junge Kunden kennen, die mich nach "hohen" oder "starken" Kreaturen ("SechsSechs oder besser") fragen. Manakosten? Egal. Spectral Lynx, wieso ist der gut, der ist doch nur ZweiEins? Avatar of Might ist gut! Ich habe mir unterdessen angewöhnt, diese Sorte Kunden zu der Kiste mit den grünen IceAge-Commons zu schicken – ich weiß, dass sie bald darauf den Laden mit dem Ausruf "Ein SiebenSechser für nur dreißig Cent!" verlassen. Guter alter Scaled Wurm.

Junge Spieler spielen Magic wie wir damals Auto-Quartett. Der ideale Spielablauf sieht wie folgt aus:

Die ersten fünf Runden legt jeder Spieler nur Länder. Dann geht es los:



"Ein FünfFünfer!"
"Ich habe einen SechsSechser!"
"Ich habe einen SiebenSiebener, der trampelt!"
"Und ich habe einen Achtachter, der trampelt und fliegt!"
"Stark, wo hast Du den her? Den brauche ich auch!"

Die "beste" Kreatur gewinnt.

Natürlich ist dieser ursprüngliche Zustand völliger Naivität, wenn er überhaupt in dieser Reinheit erreicht wird, schnell vorüber. Aber das Bedürfnis, mit größeren Kreaturen zu spielen, hält noch einige Zeitlang an, auch wenn bereits die Stärke "unfairer" Karten entdeckt wird: Eine Karte, die für nur zwei Mana einen Avatar of Might tötet? Das darf doch nicht sein! Terror oder Counterspell werden abgelehnt. Es geht doch bei Magic darum, die größeren Kreaturen zu haben, nicht dem Gegner seine kaputtzumachen!

Nach meist sehr, sehr kurzer Zeit ist die Verlockung der dunklen Seite dann aber zu stark: Man spielt selbst mit Terror. Counterspell allerdings versteht man noch nicht – was soll man mit einem Terror, der die Kreatur nur in einer bestimmten Runde töten kann?

Die "Meiner ist größer als Deiner"-Phase hält nicht sehr lange an – zumindest, was Magic betrifft. Aber im Unterbewusstsein ist da immer noch die Liebe zu großen Viechern, besonders Drachen, und begleitet den Spieler durch seine gesamte weitere Karriere. Und da in Turnieren Drachen eben seltener ge-terrort als gecountert werden, wird die Abneigung gegenüber Countern genährt.

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2. Du hast mir mein Spielzeug weggenommen!
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Nachdem das Kiddie-Stadium überwunden ist, werden die meisten Magic-Spieler zu "Fun-Spielern". Einige Wenige versuchen ihr Glück sogleich in Turnieren, aber wenn sie nicht gerade einen Kumpel haben, der ihnen ein "richtiges" Deck leiht, UND Talent besitzen, endet das zunächst in einem Desaster. Die meisten jedoch durchlaufen eine "Fun-Spieler"-Phase, in der viele für immer verweilen werden.
Ich teile Fun-Spieler in
drei Kategorien ein:
Die Gruppenspieler,
die "kleinen Bescheißer"
& die "Johnnies"...
Da ich schon seit Jahren Turnierspieler bin, fällt es mir schwer, mich in "Fun-Spieler" hineinzuversetzen. Meine Erfahrungen als Verkäufer haben mich jedoch dazu gebracht, sie lose in drei Gruppen einzuteilen: Die Gruppenspieler, die "kleinen Bescheißer" & die "Johnnies" (dieser Begriff geht auf die Kategorisierung von WotC R&D zurück).

Die Gruppenspieler bevorzugen Varianten zu mehreren Spielern. Dabei darf ein Spiel gerne stundenlang andauern, und die ständige Konzentration des Einzelnen ist auch nicht gefordert – wenn das Geschehen gerade auf der anderen Seite des Tisches abläuft, kann man quatschen, Karten tauschen oder fernsehen. Das Spiel dient mehr der Geselligkeit als dem Wettbewerb. Mit der Psyche von Gruppenspielern kenne ich mich nicht allzu gut aus – wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich die Artikel von Anthony Alongi TheFerret auf magicthegathering.com. In jedem Fall sind sie für diesen Artikel hier auch nicht allzu relevant, da sie nicht zu den Jammerern gehören. Counterspells sind in einer größeren Runde vermutlich kein besonderes Problem, und wenn sie doch eines zu werden drohen, wird der Blau-Spieler einfach durch "politische" Methoden im Zaum gehalten (anders ausgedrückt, er wird gemobbt ).

Dann sind da die "kleinen Bescheißer". Diese Bezeichnung klingt nicht besonders nett, und ehrlich?...sie ist auch nicht so gemeint. Damit bezeichne ich eine Gruppe von Spielern, die spielen, um zu gewinnen, aber eingesehen haben, dass sie bei Turnier-Magic, wo alle Spieler gleiche Voraussetzungen haben, chancenlos sind, weil sie zu blöd sind. Harte Worte, ich weiß. Aber jahrelange Beratung beim Kauf von Einzelkarten hat diese Ansicht zu einer felsenfesten Überzeugung werden lassen.

Der "kleine Bescheißer" behauptet, keine Turniere zu spielen, weil da immer dieselben Power-Karten gebraucht würden, und weil Spiele gegen immer die gleichen Decks langweilig seien. Während er das sagt, kauft er einen Sol Ring, einen Zuran Orb, einige Hypnotic Specter und einen Demonic Tutor. Dann erwähnt er, dass sein Freund immer Weiß spielt, und fragt nach Karten, die gut dagegen sind. Dann kauft er ein paar Stench of Evil & Glooms, sowie ein paar Protection-White-Critter. Nein, natürlich spielen sie ohne Sideboard, aber er weiß ja, was sein Kumpel immer spielt...

Am nächsten Tag wird sein Freund auftauchen und ein paar Karmas, Circle of Protection: Black & White Knights sowie eine Balance, ein Land Tax und ebenfalls einen Zuran Orb kaufen, und sich beklagen, dass die Sol Rings alle sind. Dann wird sein Kumpel wiederkommen, und die Aufrüstungsspirale geht weiter...

Es steht mir nicht an, diese Spieler zu verurteilen – solange sie Spaß haben (oder es sich zumindest einreden), sollen sie doch machen, was sie wollen. Aber verachten darf ich sie doch?

Etwas Gutes weiß ich jedoch über sie zu sagen: Sie jammern nicht über Blau! Ich verkaufe ihnen einfach ein paar Pyroblasts, Scalds und Boils und alles ist in Ordnung...

Kommen wir zu den "Johnnies"! Das sind diejenigen Spieler, denen es beim Spielen tatsächlich nicht in erster Linie ums Gewinnen geht, sondern um die Umsetzung kreativer Ideen. Sie sind keinesfalls die größte Unterordnung der "Fun-Spieler", aber diejenige, deren Mitglieder am aktivsten in der Magic-Community und besonders im Internet sind, ständig auf der Suche nach neuen Ideen. Daher erscheint ihre Stimme am lautesten. (Außerdem gibt es erhebliche Überschneidungen zwischen "Johnnies" und Gruppenspielern.)

Ein "Johnny" sucht gezielt nach umständlichen, aber originellen Gewinnmethoden. Effizienz lehnen sie nicht per se ab, wohl aber bereits bekannte Decktypen – was dazu führt, dass sie in aller Regel ineffiziente, "schlechte" Decks bauen. Ein echter "Johnny" beklagt sich auch nicht, wenn seine Eigenkreationen selten gewinnen – Gewinnen ist ihm nicht das Wichtigste. Was er aber auf den Tod nicht ausstehen kann, ist, wenn seine originellen Pläne einfach durch Counter durchkreuzt werden! Die meisten "Johnny"-Decks können einen Kreaturen-basierenden Angriff einigermaßen aufhalten, und besitzen auch eine gewisse Resistenz gegenüber Spot-Removal (Terror, Disenchant) in Form von Tutoren, Wiederbringern und Beschützern. Um jedoch gegen Counterspells auch nur den Hauch einer Chance zu haben, muss ein auf Kombinationen beruhendes Deck schnell, effizient und voller starker Karten sein – und das kann ein "Johnny"-Deck eben nicht. "Johnnies" spielen am liebsten gegen andere "Johnnies": Dann haben sie nicht nur Gelegenheit, ihre Gewinnpläne häufiger zu verwirklichen, sondern sogar einen Gegner, der ihre Originalität zu schätzen weiß.

Ein Gegner mit Counterspells hingegen ist eine persona non grata! Sein Deck beruht darauf, "Johnny" sein Spielzeug wegzunehmen – gegen so jemanden will er nun wirklich nicht spielen! Johnnies gehören daher zu den Blau-Hassern, sind da allerdings nicht konsequent: Originelle Kombinationen mit blauen Karten gehen natürlich in Ordnung, und bis zu vier Counterspells, um die Kombo zu beschützen, sind auch noch akzeptabel... Mehr allerdings ist unfair und langweilig!

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3. Denken tut weh
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Jetzt haben wir die Turnierspieler erreicht! Dabei meine ich selbstverständlich nicht alle Turnierspieler: Zunächst einmal finden wir Blau-Hasser nur bei den wenig erfolgreichen (also den schlechten) Spielern. Zu deren Ehre möchte ich erwähnen, dass auch hier die Blau-Hasser keineswegs in der Mehrzahl sind! Sie neigen lediglich dazu, besonders laut und nervig zu sein...

Gute Spieler stören sich nicht an Counterpells – nicht einmal, wenn sie wirklich gerade sehr stark sind. Das liegt unter anderem daran, dass gute Spieler "Spikes" sind: "Spikes" sind immer auf der Suche nach dem besten Deck, und wenn das beste Deck ihrer Meinung nach zufällig gerade Blau mit 30 Counterspells ist, dann spielen sie es eben selbst!

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum gute Spieler nicht über blaue Counter-Decks jammern: Sie wissen, wie man sie schlagen kann! Der Mythos des unbesiegbaren blauen Decks, das sowieso alles countert, was man macht, existiert für sie nicht. Sie haben oft genug gegen und mit blauen Decks gespielt, um deren Schwächen zu kennen. Daher sind sie auch in der Lage, Decks zu spielen, die stark gegen Blau sind, ohne zwangsläufig Karten zu enthalten, auf denen "Can't be countered by spells and abilities" draufsteht.

Wenn man die Blau-Hasser unter den Turnier-Spielern genau ins Auge fasst, stellt man fest, dass man es mit Spielern mit extrem flacher Lernkurve zu tun hat. Als Judge eines wöchentlich stattfindenden Turniers kommt man nicht unhim zu bemerken, welchen Spielern man Woche für Woche die selben Regeln erklären muss, und man kann auch unschwer erkennen, welche Spieler seit Jahren regelmäßig spielen und trotzdem ihr Constructed-Rating nicht deutlich über 1600 kriegen. Es handelt sich schlicht und einfach um Spieler, die kein besonderes Talent für Magic haben.

Aus diesem Grund existiert für sie der bereits angesprochene Mythos des unbesiegbaren blauen Decks! Sie begreifen einfach nicht, welche Anforderungen ein Deck erfüllen muss, und wie es gespielt werden muss, um blaue Decks zu besiegen – außer natürlich, mit der Holzhammer-Methode. Der größte Blau-Hasser der Welt spielte einige Zeit mit vier Price of Glory im Hauptdeck! Ohne diese Krücken jedoch erscheint das Unterfangen aussichtslos. "Der Countert ja doch alles, was ich mache!"

In Wirklichkeit countert der Gegner natürlich nur die wichtigsten Sprüche, aber das sind eben diejenigen, die im Gedächtnis bleiben. Sowohl beim Deckbauen als auch im Durchspiel macht der Blau-Hasser auch nach Jahren immer noch grundlegende Fehler: Eine zu hohe Mana-Kurve, die dem Kontrollspieler Zeit gibt, seine Position aufzubauen; das Zurückhalten von Sprüchen, weil der Gegner sie ja countern könnte, was dem Gegner Zeit gibt, Kartenzieher zu spielen, mit deren Hilfe er den Counter erst tatsächlich findet; und die völlige Unkenntnis der Methode des Köderns, bei der man dem Kontrollspieler Gelegenheit gibt, einen minder wichtigen Spruch zu countern, um einen wirklich wichtigen durchzubekommen (das Versagen bei dieser Taktik liegt oft darin begründet, dass der Blau-Hasser die wirklich wichtigen Sprüche nicht identifizieren kann – oder einfach darin, dass alle Spells & Abilities, einschließlich der Instants, in der eigenen Hauptphase, vor dem Angriff, gespielt werden!)

Die logische Konsequenz aus dieser wahrgenommenen Überlegenheit ist, selbst Blau zu spielen – und lasst Euch da nichts vormachen: Sie haben es alle probiert! Natürlich sind sie dann nicht damit zurechtgekommen...

Tatsache ist, dass ein blaues Deck in den allermeisten Fällen NICHT in der Lage ist, alle Sprüche des Gegners zu countern. Da es aber genau das ist, was der schlechte Spieler versucht, geht er völlig unter. Die Unfähigkeit, wichtige Sprüche zu identifizieren, und die Unkenntnis der Tricks gegen Blau, die diesmal GEGEN ihn eingesetzt werden, sind hier noch viel entscheidender. Das blaue Deck, das "jede Oma von der Straße" spielen könnte (ich liebe diese Formulierung) erweist sich als ein Haufen nutzloser Karten, der die Kreaturen des Gegners einfach nicht aufhalten kann!

Die Phase, in der ein Turnierspieler versucht, mit einem blauen Deck klarzukommen, ist oft prägend: Talentierte Spieler neigen dazu, im Zweifelsfall Kontrolldecks zu spielen, weil sie wissen, dass sie dann ihr Talent voll ausspielen können. (Das hindert sie natürlich nicht daran, stattdessen das primitivste Haudrauf-Deck zu spielen, wenn sie es für stärker halten.) Durchschnittliche Spieler werden das tun, was bei jedem Spiel nützlich ist: Sie werden einfach solange üben (sowohl mit dem Deck als auch dagegen), bis sie den ewigen Tanz Aggro gegen Kontrolle aus der Sicht beider Spieler verstehen. Der schlechte Spieler hingegen ist schlicht überfordert, kehrt zu den Aggro-Decks zurück und entwickelt sich dabei oft zum Blau-Hasser.



Und das ist der entscheidende Grund, warum Blau bei vielen so unbeliebt ist: Es macht das Spiel Magic einfach schwieriger! Nachdem ein Spieler die gewiss nicht einfachen Regeln endlich erlernt und sich die wichtigsten Karten besorgt hat, wird er mit einer taktischen Ebene konfrontiert, die bessere Spieler weiterhin bevorzugt! Um diese Theorie zu belegen, möchte ich die bekannte Vorliebe guter Spieler für Blau erwähnen... Blaue Sprüche ermöglichen ein Maximum an Interaktion zwischen den Spielern, und daher auch eine Vielzahl an Spielfehlern, darunter sehr subtile.

Sollte Countermagie eines Tages wirklich zu schwach werden (ich denke allerdings nicht, dass das passieren wird), wird das Spiel, von einigen Kampfzaubern abgesehen, zu einem abwechselnden Kartenlegen degenerieren (nennen wir es "Portal"), und der Zufallsfaktor wird weiter erhöht. Natürlich würden unterdurchschnittliche Spieler das begrüßen, denn je größer der Zufallsfaktor bei Magic ist, desto höher ist ihre Gewinnchance.

Für das Spiel Magic hingegen ist Blau die wichtigste Farbe!




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