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Geschichten aus der Gruft, Teil 4
Pischner verliert den Faden
von Andreas "Zeromant" Pischner
21.01.2008

(In meinen Erinnerungen werdet Ihr Namen lesen, manchmal mehr, manchmal weniger. Wenn sie Tobi nicht in einem Panikanfall herauseditiert, heißt das. Ich finde das zwar falsch und unsinnig, sehe aber ein, dass man bei der derzeitigen Rechtsprechung zu Internet-Veröffentlichungen nicht vorsichtig genug sein kann.

In jedem Fall lest Ihr hier meine persönlichen Erinnerungen. "Persönlich", das kommt von "Person", und in diesem Fall bedeutet das nicht nur meine Person. Meine Magic-Erinnerungen haben viel mit anderen Personen zu tun, die ich nicht mit AB- oder 4711 bezeichnen werde, sondern mit ihren richtigen Namen, was es übrigens auch erleichtert zu verstehen, von wem ich gerade schreibe. Wer sie nicht kennt, dem kann es egal sein; wer sie kennt, der weiß auch, wer mit "Jonas B." gemeint ist. Aber wie gesagt, das ist eine Sache des Editors. In meinem Blog "Zeromagic" werde ich den nächsten Tagen dann zu einigen Dingen, die in den Kommentaren angesprochen werden, Stellung nehmen; denn dort editiere nur ich!)


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Eine Abschweifung: Warum ist die Banane krumm?
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Wie man's macht, ist's verkehrt. Da habe ich mich gerade zu einer mehr oder weniger chronologischen Erzählstruktur durchgerungen, und schon werfe ich sie wieder über den Haufen. Und wer ist schuld? Meine Freundin, das Fernsehen und vor allem mein löchriges Gedächtnis...

Erstere blätterte nämlich in der Magic Encyclopedia (*), stieß auf das Bild eines Leviathan und rief aus: "Der ist aber mies!" (womit sie natürlich Recht hatte). Zweiteres lief während des Essens und zeigte uns das Quiz-Taxi (übrigens eine ziemlich coole Idee!), in dem die Insassen gefragt wurden, mit welchem Nick man in Deutschland britische Soldaten bezeichnet. Und letzteres stellte daraufhin die logische Verbindung her und erinnerte mich daran, etwas über die Bananen zu schreiben.

(*) Ach ja: Diese Encyclopedia ist ein Sammelband aller erschienener Ausgaben, fünf Bücher mit den Abbildungen aller bis dato erschienen Magic-Karten. Ich erinnere mich, dass ich als Mitarbeiter von Serious Games einmal bei Amigo, dem damaligen offiziellen Distributor von Magic in Deutschland, anrief und nachfragte, wann denn der fünfte Band erscheinen sollte. "Von was?", fragte die Dame am Warenwirtschaftssystem nach. "Die Magic Encyclopedia, Band 5", antwortete ich. "Wie schreibt man das?", kam zurück Ich buchstabierte geduldig: "E-N-C..." und wurde unterbrochen - "Nicht das – das erste Wort!"

Wirklich! "M-A-G..." Tja. Immerhin fand sie dann das Buch auch in ihrem Computer. "Bürokauffrau für großen deutschen Spielevertrieb gesucht. Branchenkenntnisse nicht erforderlich!"


Ach so, wie ich auf Bananen kam? Das hatte natürlich mit Thommy zu tun. Die britischen Soldaten nennen wir zwar "Tommy", aber einen Thomas kürzt man dann doch mit "h" ab, finde ich.

Thommy, alias Thomas Lawrenz hatte ich kennengelernt, als ich bei Uniplay eine Magic-Liga ins Leben rief, Ach so, Uniplay... Das wird heute aber ganz schön unstrukturiert hier! Aaaalso: Von Nexus, dem Berliner Rollenspielverein habe ich ja bereits erzählt. Ebenso von Marcus Johanus, der dort sehr aktiv war. Über Marcus hatte ich Axel Hollmann kennen gelernt. Die beiden waren damals wohl die besten Berliner Spielleiter von Rollenspielrunden, und die meisten guten Erinnerungen, die ich an dieses Hobby in der Rolle als Spieler habe, sind in Runden mit ihnen entstanden (in den letzten Jahren war ich zumeist Spielleiter).

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Eine Abschweifung in der Abschweifung:
Die Entstehung von Uniplay

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Marcus und Axel haben dann später mitgeholfen, Serious Games zu gründen, und über die beiden kam ich dann dazu, dort zu arbeiten. Damals jedoch war Axel gerade ein Jahr oder so bei Nexus Mitglied. Marcus und ich hatten ihn dazu überredet, indem wir ihm versprachen, dass er als Axel "Gott" Hollmann in der Mitgliederliste geführt würde.

Die beiden waren damals sehr aktiv, und eines ihrer Projekte war "Nexus The Gathering", das 1994er Jahrbuch dieses Vereins. Die Magic-Welle war offensichtlich auch über unseren Rollenspielverein hinübergeschwappt, und mindestens die Hälfte der Mitglieder befasste sich zumindest zeitweise mit den kleinen bunten Karten. Ich erwähne diesen Verein aber nicht nur deswegen so oft, weil er mir am Herzen liegt (zumindest in der Erinnerung), sondern weil er die Berliner Magic-Szene entscheidend mitgeformt hat! Folgende Namen aus der damaligen Mitgliederliste sind fest in meinen Magic-Erinnerungen verankert:

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Eine Abschweifung in der
Abschweifung in der
Abschweifung:
Nexus und Magic

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Axel Hollmann – er verschenkte damals seine Doppelländer, weil er ihren Sinn nicht begriff (man konnte doch auch einfach zwei "normale" Länder spielen!) Später würde er zeitweise Geschäftsführer von Serious Games sein, auch wenn das nicht mehr diejenige Epoche des Ladens sein würde, in der dieser besonders viel für die Magic-Szene tat. Wer Axel in diesen späteren Jahren kennen gelernt hat, stand einer ganz anderen Person gegenüber als jenem freundlichen, leichtlebigen, kreativen (und schlanken!) Rollenspieler, mit dem ich damals befreundet war.

Marcus Johanus – er war nicht nur derjenige, der mich letztendlich mit Magic angefixt hatte, sondern hielt auch in dem Jugendheim, in welchem er arbeitete, eine kleine Szene am Leben und würde später ebenfalls zeitweilig Geschäftsführer bei Serious Games sein.

Yvonne Joseph – sie leitete damals die "Magic-AG" von Nexus. Ich weiß noch, wie ich ihr einmal zur Komplettierung ihres
Revised-Sets gratulierte, auch wenn ich damals überhaupt nicht verstand, weswegen man jede Karte einmal haben wollte – brauchte man nicht die guten vier Mal und die schlechten gar nicht?

Rene Jung – ein Freund von Tobias Bös, zu dem ich allerdings deutlich mehr Kontakt hatte als zu ihm. Rene und Tobias fuhren damals zu einem PTQ nach Leipzig, den Tobias, glaube ich, auch gewann. (Leipzig war damals magic-technisch wirklich noch hinterstes Sibirien!) Ich habe das immer noch als unerhörtes Ereignis in Erinnerung – waren die beiden tatsächlich stundenlang mit dem Auto in eine andere Stadt gefahren, um ein MAGIC-TURNIER zu spielen? Wer tut denn so was? Mit dieser Aktion waren sie vermutlich die ersten beiden Berliner "Semi-Pros" geworden!

Raoul Langner – ein Freund von Frank Schacherer und lange Zeit mit Yvonne zusammen. Im Gegensatz zu diesem besaß er nicht wirklich tiefere strategische Einblicke in das Spiel, aber seine Ratschläge prägten meine Vorstellung trotzdem lange. (Goblin War Drums und Flieger? Giftkreaturen unblockbar machen? Mit Clone und Vesuvan Doppelgänger alle gegnerischen Kreaturen kopieren?) Zumindest eine seiner Ansichten war jedoch durchaus vertretbar: "
Fallen Empires ist eine Aldi-Edition!" Raoul würde noch viele Jahre lang im Vorstand von Nexus aktiv sein.

Timo Lemburg – ja, er hat mir meine ersten Karten verkauft! Abgesehen davon hat er eine Zeit lang mit Uli Bachstein zusammen einen kleinen Magic-Versand geführt. Er arbeitete zwischenzeitlich mit viel Eifer in der "Traumwelt" in Spandau, die sich kurzzeitig stark in der Magic-Szene engagierte (im Wesentlichen schnappte sie Matthias Nagy ein paar der einträglicheren Turniere weg). Die Traumwelt existierte jedoch nur kurz und schloss unter mysteriösen und für ihre Mitarbeiter höchst unangenehmen Umständen ihre Pforten. Timo war außerdem lange Jahre die treibende Kraft hinter Uniplay.
Nicht mehr mint...

Matthias Nagy – ja, auch Matthias war Mitglied bei Nexus gewesen! Er war letztlich nur in zweiter Linie an Rollenspielen und in erster Linie an Magic interessiert gewesen. Dieses Interesse war von Anfang an semiprofessionell: Nicht nur organisierte er von Anfang an Turniere, er kaufte auch Displays und behielt sie ungeöffnet, bis er sie mit Gewinn verkaufen konnte. Einmal erwarb ich sein letztes halbes Display
The DarkBooster für 8 DM das Stück und konnte so meine Sammlung vervollständigen. (Voller Freude küsste ich damals die City of Shadows, die mir noch gefehlt hatte. Matthias' trockener Kommentar dazu: "Jetzt ist sie nicht mehr mint!") Über Matthias lernte ich auch Lutz Hofmann kennen, der zusammen mit ihm Level-3-Judge werden würde. Lutz war damals noch REICHLICH seltsam, aber nicht unsympathisch. Er brachte mir Netrunner bei – ein Spiel, von dem ich begeistert war, obwohl (oder vielleicht weil) ich es nie gegen ihn gewann! Dieses Phänomen würde ich dann später rekreieren, als ich Netrunner einem Freund beibrachte, und es bestimmt 20 Partien dauerte, bis ich das erste Mal (natürlich tauschten wir ständig Decks) verlor. Netrunner konnte sich vielleicht unter anderem auch deswegen nicht durchsetzen: Der bessere Spieler gewann halt in der Regel. Und deswegen ist, laut Mark Rosewater jedenfalls, Manascrew bei Magic eine gute Sache. Ups: Sorry für diese ungeplante Abschweifung in der Abschweifung in der Abschweifung in der Abschweifung!

Andreas Pischner – von dem habt Ihr bestimmt schon gehört? Seine Magic-Laufbahn ist das Thema dieser Reihe. Als langjähriges Mitglied bei Nexus und Uniplay hing sein Herz eigentlich immer mehr am Rollenspiel als an Magic, aber jenes Kartenspiel hatte es eben verstanden, sich immer wieder vorzudrängen... Immerhin rief er die "Odyssee" ins Leben; den Rollenspiel-Con, bei dem bekanntere Systeme verpönt und weniger bekannte oder selbst entwickelte erwünscht waren. Aus diesem Con ging dann später das "Projekt Odyssee" hervor, welches gezielt die Entwickler eigener Rollenspiele unterstützte.

Marcus Voht – mit dem habe ich früher zahllose Nächte durchgemacht, mit Magic, Rollenspiel oder Civilisation (die Faszination jenes Spiels sprang allerdings nicht so stark auf mich über wie auf ihn, und so sah ich meistens staunend zu, wie Marcus am Computer "Frauenwahlrecht baute" etc...).

Tinchen Wiesner – sie leitete damals die Spandauer Filiale des Spielbretts. Ich zitiere einmal aus ihrem Jahrbuch-Eintrag: "Den ersten Kontakt mit Nexus hatte ich durch Andreas Pischner und ich konnte seinem Charme und seiner Überzeugungskunst nicht widerstehen und wurde sofort Mitglied." Hehe, das liest man doch gerne, auch 13 Jahre später... Einmal kam Yvonne mit einem Stapel
Fallen Empires-Commons zu Besuch zu ihr, um "Bildchen zu tauschen", und ich stand kopfschüttelnd daneben... War das denn so wichtig, dass man alle Bilder dieser blöden Karten hatte?

Das ist bereits ganz schön viel Magic-Power bei einem Rollenspielverein mit 58 Mitgliedern (Karteileichen eingerechnet), aber da war noch mehr: Marco Eisenberg, den ich einmal anrief, und der das Gespräch mit den Worten eröffnete "Claus frisst gerade mein Blessing", Jasper Fessmann, dem meine damalige Freundin auf meinen Tipp hin eine Gaea's Liege zum Geburtstag schenkte (und der sich darüber auch sehr freute!); Maria Hirthe, die Freundin von Marcus, die ich auf dem PTQ, der mich zu meiner ersten Pro Tour brachte, in der dritten Runde besiegte; Corvin Jordan, der "Albträume" von dem Nightmare hatte, den Jasper in seinem Starter gezogen hatte; Frank Stephan, der mir erklärte, The Dark sei das beste Magic-Set gewesen, weil da noch superstarke Karten wie Uncle Istvan drin gewesen waren, und der sich später hinter meinem Rücken mit meiner Freundin zu treffen versuchte; Mik Undritz-Cop, der Brite, der in "Maahnchester" in einer "Baahnd" spielte und an meinem Cursed Land starb; und natürlich Anja Wyrembek, Timos Freundin und Uniplay-Chefin, die mich mit ihren Mindbender Spores zum Wahnsinn brachte.

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Eine weitere Abschweifung in der Abschweifung in der
Abschweifung in der Abschweifung: Das alte Magic Dreams

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Ach ja, und bald würde Arne "Destroyer" Löw hinzustoßen, der mit Uli Bachstein den Original-"Magic Dreams"-Laden in Neukölln eröffnete, bevor die beiden sich trennten und Arne zum Nollendorffplatz umzog, wo er den Doomies ein Hauptquartier bieten würde. Im alten Magic Dreams war es zwar so eng, dass acht Leute bereits nur spielen konnten, wenn sie auf dem Boden saßen, aber das taten wir dann halt.

Au Mann, diese Multiplayer-Runden mit Homelands-Commons, bei denen wir alle von der selben Bibliothek zogen! Memory Lapse kann ja sooo gut sein... Die Schwierigkeit, den letzten Krovikan Vampire anzutauschen (die beliebteste Ice Age-Uncommon nach Icy Manipulator); das geproxte Bolt-Deck, in dem ich alles spielte, was für wenig Mana viel Schaden machte, und das dann zu meinem Erstaunen gegen ein geproxtes, auf Unstable Mutation und Giant Growth beruhendes Kreaturendeck verlor, welches schneller war; Martin Lüdecke mit seinem brilliant benannten "Hydrator"-Deck, welches auf Mana Flare, Rock Hydra und Balduvian Hydra beruhte; jener namenlose Typ, der mir erklärte, dass sieben Mana nicht zu teuer für einen Seraph sei, und der mich dann mit seinem Marton Stromgald-Deck fertigmachte, welches in den ersten Runden nur mehrere Howling Mine und Library of Leng legte, und dann plötzlich in Runde 5 Concordant Crossroads, Marton Stromgald und eine Tonne Kobolde und Ornithopter legte; das Gespräch mit Micheal Giersch, in dem er mich darüber aufklärte, wie wichtig es doch sei, anderen Leuten gegenüber zu zeigen, dass man ein härterer Typ ist als sie, weil sie einen ansonsten unterbutterten... Ich weiß nicht mehr, ob es diesen Laden länger als ein paar Monate gab, aber ich verbinde zahlreiche Erinnerungen mit ihm!

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Zurück in der Abschweifung in
der Abschweifung in der
Abschweifung

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Richard Garfield hatte Magic Wizards of the Coast ursprünglich angeboten, weil diese ein Spiel suchten, welches Rollenspieler schnell zwischendurch zocken konnten, mit Fantasy-Flair, kurzer Spieldauer und hoher Portabilität, und genau so kam Magic damals auch in die Berliner Szene!

Deswegen sind meine Erinnerungen an meine Anfangszeit an Magic-Spieler untrennbar mit meinen Erinnerungen an meine Rollenspielzeit bei Nexus verbunden, wo ich damals die meisten Magic-Spieler kennen lernte, und wo man sich auch sehr häufig zum Magic-Spielen traf.

Axel gab also, in Zusammenarbeit mit Marcus Johanus und Mik, jenes Nexus-Jahrbuch heraus. Vorher hatte er Fragebögen an die Mitglieder verschickt, damit er etwas über sie wusste, was er schreiben konnte. Dann erstellte er zu jedem Spieler, der den Bogen zurückgeschickt hatte, eine Magic-Karte mit ihren verfremdeten Bild, einigen Pseudo-Magic-Stats (es gab Laber-Fasel-Mana, Hau-Drauf-Mana und Friß-Dich-Voll-Mana) und einem Text, in dem er das jeweilige Mitglied ein wenig veralberte (sich selbst nahm er da auch keineswegs aus!) Ich fand das Ganze extrem unterhaltsam, auch wenn ich auf Grund seiner Frage an Timo, ob er ihm einen Black Lotus gegen einen "Llanowar Elf" vertauschen würde, diese Karte bis heute immer wieder falsch schreibe.

Allerdings kamen nicht alle Mitglieder mit dieser Art Humor klar. Da gab es ein Mädchen, das war begeisterte DSA-Spielerin, und Axel machte sich eigentlich in jedem zweiten Satz über DSA lustig. Außerdem hatte sie beim Fragebogen nicht ihren Namen, sondern den ihrer DSA-Magierin angebeben, was Axel zum Anlass genommen hatte, sie vor drohendem Realitätsverlust zu warnen; und deswegen empfohl er ihr sogar, als sportliche Betätigung mit ihren gesammelten DSA-Boxen joggen zu gehen, was jenes wie praktisch alle weiblichen Teenager mit seiner Figur unzufriedene Mädchen ihm besonders übel nahm.

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Zurück zur Abschweifung in der Abschweifung
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Sie trat aus Nexus wieder aus und Anja, ihre beste Freundin, ebenso. Zusammen mit ihrem Freund Timo gründete Anja daraufhin Uniplay und nahm einen ansehnlichen Bruchteil Nexus-Mitglieder mit. Ich wurde ebenfalls Mitglied und versuchte, den Graben, der sich aufgetan hatte, zu überbrücken, weil ich die ganze Angelegenheit reichlich albern fand und mit Personen in beiden Vereinen gut befreundet war, aber die Spaltung ließ sich nicht mehr verhindern, auch wenn die beiden Vereine sich später wieder einander annähern würden.

Jedenfalls kam es so dazu, dass ich auch bei Uniplay aktiv war. Ich schrieb regelmäßig für deren Vereins-Fanzine, die "Sinnflut". Da fanden sich einerseits ein paar meiner "Jugendsünden" (die Ihr auf meinem Nicht-Magic-Blog lesen könnt, wenn Ihr Interesse habt), die an anderer Selle, ehrlich gesagt, auch nicht veröffentlichungsfähig gewesen wären, aber ich schrieb auch immer wieder über Magic.

So erklärte ich zum Beispiel ein paar Kombos mit Ice Age-Karten (es waren bestimmt äußerst offensichtliche Dinge – ich erinnere mich nur noch an "Lava Burst auf alles, was sich bewegt") und formulierte eine Erklärung dafür, warum die Psionic Entity eine schlechte Karte war. Das ging ungefähr so: Damit man sie mehrfach benutzen kann, muss man sie mit Blue Ward ausrüsten. Wenn man aber eh zwei Karten braucht, dann kann man doch gleich zwei Prodigal Sorcerer nehmen? Naja, was erwartet Ihr von einem Spieler, der damals nicht nur aus Pestilence und Circle of Protection: Black ein Deck baute, sondern auch aus Orcish Artillery, Spirit Link, Earthquake und Circle of Protection: Red, und der es ablehnte, mit Serendib Efreet zu spielen, weil man dafür ja einen Circle of Protection: Blue brauchte? Ich war halt jung und dumm. Okay, hauptsächlich dumm...

Nichtsdestotrotz rief ich von Uniplay aus eine Magic-Liga ins Leben. Dabei schlug ich eine erweiterte Banned-Liste vor, weil ich der Ansicht war, dass WotC nicht schnell genug auf neue Karten reagierte. Damit hatte ich zwar einerseits prinzipiell Recht, aber andererseits weiß ich auch noch genau, dass ich zum Beispiel Elder Druid und Firestorm Phoenix vorschlug... Fragt nicht. Wirklich nicht. Bitte – ich weiß einfach nicht mehr warum, okay?

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Zurück zur Abschweifung
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Jedenfalls tauchte damals auch Thommy zur Magic-Liga auf, und so lernte ich einen der nettesten Magic-Spieler Berlins kennen. Wenn man Thommy so sah, glaubte man den typischen Weddinger vor Augen zu haben: Langhaarig, Jeans und Lederjacke, Kettenraucher, trank viel Bier, berlinerte stark, verbrachte viel Zeit vor dem Fernseher und war ein wenig Stulle. All das traf auf Thommy auch zu, mit Ausnahme des letzten und vielleicht vorletzten.

Wir spielten ganz viel Magic gegeneinander. Einmal brachte er ein sehr, sehr merkwürdiges monoblaues Deck an, das ich einfach nicht ernst nehmen konnte – es machte ja nichts anderes, als Länder zu legen! Irgendwann spielte er dann einen Leviathan, und ich fiel vor Lachen fast vom Stuhl. Diese Dreckskarte?? Ich hätte sie countern können (ich spielte mein supertolles URW-Kontrolldeck), aber stattdessen legte ich lieber in meiner Runde mit hämischem Grinsen ein Maze of Ith und wünschte ihm viel Spaß mit dem Opfern von Inseln!

Thommy zuckte mit den Schultern, legte seine ungefähr 16. Insel und spielte eine Stasis. Nanu? Ich begriff zwar nicht ganz, wozu diese Karte gut war, aber ich counterte sie sicherheitshalber. Thommy spielte noch eine. Dann opferte er in den nächsten drei Zügen insgesamt 12 Inseln, um den Leviathan zu enttappen und damit anzugreifen und trotz meines Maze wurde ich einfach verschluckt. Haps. Hochmut kommt vor dem Umzug in den Wurmfortsatz eines Riesenfisches.

Thommy war ganz bestimmt kein Netdecker, und er hörte auch ungefähr zu jener Zeit mit Magic auf, als diese Kunst offensichtlich notwendig wurde, um Turniere zu gewinnen, auch wenn ich nicht weiß, ob das der Grund war. Er baute ein Deck mit vier Black Vise und vier Winter Orb, bevor man in Berlin etwas von dieser Strategie gehört hatte. Er besiegte einmal mein White Weenie mit einem R/G aus Orcish Lumberjack, Tinder Wall und vor allem Manabarbs, das mich in die Situation brachte, dass ich einfach kein Mana mehr tappen konnte (obwohl mein WW kaum Mana brauchte), ohne daran zu sterben! Er liebte selbst White Weenie und Green Weenie (lange bevor es "Stompy" oder auch nur "Battleford" in der Szene gab) und gewann Spiele mit Emerald Charm und Sandstorm, ohne dass seine Gegner begriffen, warum eigentlich. Einmal spielte ich bei einem Turnier in der "Burg" (also wieder einmal in den heiligen Hallen von Nexus) mit einem ausgetechten Stasis-Deck gegen ihn und verlor beinahe gegen seine Trade Caravan... Sein Lieblingssatz war "Jetzt ticken wir mal völlig aus", wenn sein Deck sich dazu anschickte, seine zentrale Strategie umzusetzen.

Einmal rief ich ihn mit den Worten an: "Thommy, ich habe ein neues Deck, das will ich unbedingt ausprobieren!" Er antwortete: "Na schau an, ich habe auch grade ein neues Deck gebaut..." Ich fuhr zu ihm. Meine brilliante Idee: Vier Mana Vault und vier Dark Ritual in einem UBW Deck (Doppelländer machten's möglich) mit vier Serra Angel, vier Sengir Vampire und vier Air Elemental. Ich glaube, ich hatte auch noch vier Clone darin sowie die übliche Utility (Swords to Plowshares, Disenchant, Counterspell). Wir setzten uns. ich spielte zweite Runde Serra. Er spielte zweite Runde Serra. Ich spielte dritte Runde Sengir. Er spielte dritte Runde Sengir... Wir hielten uns die Bäuche vor Lachen! Wir hatten doch tatsächlich das gleiche Deck gebaut!

Thommy gründete zusammen mit David H. und ein paar anderen Spielern, deren Name mir nicht mehr geläufig ist (ein Alex und ein Thorsten, denke ich) das Team Banane, welches immer gute Beziehungen zum Team Istari pflegte. Thommy und David waren beide hervorragende Spieler. Thommy war eher der intuitive Typ und mit viel Begeisterung dabei. Ich bin mit ihm bestimmt zu einem Dutzend PTQs und Prereleases gefahren (erinnert Euch, zu Prereleases fuhr man damals auch in eine andere Stadt, weil sie so selten waren). David war eher der analytische Denker, der auch sehr gut Schach spielte.

Von den beiden wird in dieser Reihe noch gelegentlich zu lesen sein. Gerade mit Thommy verbinde ich einige sehr, sehr schöne Erinnerungen an meine aktive Magic-Zeit.

Leider habe ich ihn später dann aus den Augen verloren. Eines Tages, als ich selbst in den Wedding gezogen war, traf ich ihn zufällig auf der Straße. Wir unterhielten uns ein wenig, und er lud mich in seine Wohnung ein. Schnell stellten wir fest, dass uns die Gemeinsamkeiten fehlten – die Sympathie war noch da, aber ohne Magic fehlte uns der gemeinsame Nenner. Bei allen Schwächen, welches dieses zuletzt immer stärker dem Konsum angepasste Spiel doch besitzt: Es brachte tatsächlich Menschen zusammen – eine Leistung, die man würdigen sollte!

Was David angeht, muss ich leider Trauriges berichten: Er bekam eines Tages, aus heiterem Himmel und ohne Vorwarung, einen Schlaganfall. Er erholte sich zwar Monate später wieder größtenteils davon, aber er war nie wieder ganz der Alte; sein Gehirn hatte bleibenden Schaden genommen.

Verzeiht mir bitte diese zahlreichen Abschweifungen, aber nachdem ich im letzten Teil über die Doomies geschrieben habe, war ich der Ansicht, die Bananen dürften nicht unerwähnt bleiben – schließlich soll man nicht immer nur vom Negativen im Leben erzählen, nicht wahr?

Im nächsten Teil also gibt es dann das, was Ihr in diesem Teil hier erwartet habt! Oder auch nicht. Ganz ehrlich – stört es eigentlich irgendjemanden, wenn mein Vorausblick nicht stimmt? So oder so – bis zur nächsten Woche!




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