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Limited
Common-Printruns in Lorwyn
von Simon "SimonG" Görtzen
20.12.2007

Frisch und munter und sogar ein bisschen siegreich vom größten deutschen Magic-Turnier aller Zeiten zurückgekehrt, präsentiere ich euch, meinen werten Lesern, heute eine Limited-Analyse der ganz anderen Art. Auf Anregung von und in Zusammenarbeit mit Florian Koch habe ich die Printruns aller Commons aus Lorwyn aufgestellt und untersucht.

Die auf diese Weise gewonnenen Daten machen es nicht nur möglich, während des Draftens bessere Entscheidungen zu treffen, sondern sind auch sehr hilfreich bei der nachträglichen Analyse eines nicht zufriedenstellend gelaufenen Magic Online-Drafts, etwa wenn man es mit DraftCap erfasst hat. Um aber überhaupt etwas davon zu haben, sollte erst einmal eine grundlegende Frage geklärt werden:

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Was ist eigentlich ein Common-Printrun und wozu ist er gut?
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Im Gegensatz zur Vorstellung vieler Spieler sind die Karten in euren Boostern nicht völlig zufällig verteilt. Da auch Magic-Karten gedruckt, zurechtgeschnitten und einsortiert werden müssen, treten bestimmte ständig wiederkehrende Muster auf. Das liegt daran, dass die 121 Commons auf einen 11x11-Bogen, Printsheet genannt, gedruckt werden, und dann im einfachsten Fall so einsortiert werden, dass nebeneinanderliegende Karten schließlich in der gleichen Reihenfolge in den Boostern landen. Diese herstellungstechnisch bedingte Reihenfolge nennt man Printrun.

Einem Drafter, der die Printruns zum Teil oder komplett kennt, bieten die ersten Booster, die er von seinem rechten Nachbar geschoben bekommt, nahezu perfekte Informationen. Fehlt im zweiten Booster eine Common, lässt sich im Normalfall exakt bestimmen, welche Karte der Nachbar gepickt hat, sonst kann man es auf zwei Karten reduzieren, falls sich am Rand des Printruns bedient wurde. Mit dem entsprechenden Wissen über die Stärke einzelner Commons lässt sich dann fast immer eindeutig sagen, ob eine Foil, oder eine Common, und welche, gepickt wurde. Trugschlüsse sind nur möglich, wenn die Foil die ansonsten beste Karte im Booster (etwa Nameless Inversion) ersetzt hat, und ihrerseits die beste Karte im Booster war. Es ist leicht einzusehen, dass dieser Fall relativ selten eintritt. Ich muss hoffentlich nicht erklären, warum dieses Wissen einen großen Vorteil bedeuten kann.

Im Laufe der Jahre ist Wizards dazu übergegangen, die Printruns etwas komplexer zu gestalten, um einerseits mehr Einfluss auf Farbverteilung und Powerlevel innerhalb des Boosters zu haben, andererseits den Boosterinhalt nicht zu berechenbar und repetitiv werden zu lassen. Die Tatsache, dass eine Foilkarte im Booster immer eine zufällige Common ersetzt, erschwert die Angelegenheit noch etwas weiter. Glücklicherweise ist es aber so, dass der Algorithmus zur Erzeugung von Magic Online-Boostern mit den gleichen Printruns arbeitet, die auch im analogen Leben auftauchen. Auf diese Weise konnten wir Unmengen von Daten sammeln, und damit war es möglich, die Gesetzmäßigkeiten der Commonruns herauszufinden.

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Die vier Lorwyn-Printruns
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Die Lorwyn-Commons sortieren sich in vier verschiedene Printruns. Zwei davon enthalten jeweils 33 verschiedene, überdurchschnittlich gute Karten, die anderen beiden jeweils 28 verschiedene, deutlich schlechtere Karten. Der Einfachheit halber bezeichne ich die Printruns mit G1, G2, S1 und S2. Mit Ausnahme von Shimmering Grotto, das sowohl in S1 als auch in S2 vorkommt, gibt es keine Karten, die in mehreren Printruns vorkommen. Dafür ist jede andere Karte in ihrem Printrun genau zweimal vertreten, so dass die guten Printruns eine Länge von 66, die schlechten eine Länge von 55 haben.

Ein normaler Booster ohne Foilkarte enthält eine Rare, drei Uncommons, und elf Commons. Von diesen elf Commons stammen die ersten sechs oder sieben Karten aus einem der guten Printruns, die restlichen fünf oder vier entweder aus S1 oder S2, wobei hier alle vier Kombinationen möglich sind. Wir vermuten, dass im Durchschnitt die gleiche Anzahl an 6/5- und 7/4-Boostern produziert wird, und haben keine Hinweise dafür gefunden, wovon es abhängen könnte, ob ein Booster zur ersten oder zweiten Kategorie gehört.

Das schöne an diesen vier Printruns ist, dass es in S1 und S2 eigentlich keine Karte mit Firstpickpotential gibt, weswegen man diese im Grunde gar nicht kennen braucht. Der Vollständigkeit halber sind sie aber trotzdem aufgeführt:


Auch wenn die ein oder andere spielbare Karte dabei ist, dürfte niemand im ersten Booster keine bessere Karte finden, weswegen die guten Printruns sehr viel wichtiger sind:


Bevor es mit G2 weitergeht, ein paar Worte zu diesem Printrun. Eyeblight's Ending, Mulldrifter, Oblivion Ring, Lash Out und Cloudcrown Oak sind eindeutig die besten Karten in ihren Farben, gefolgt von Goldmeadow Harrier, Silvergill Douser/Aethersnipe, Warren Pilferers/Weed Strangle und Tarfire, was das Firstpickpotential angeht. Mit dem weißen Tapper starte ich aber nur ungern einen Draft, genauso wie mit Lignify und Mudbutton Torchrunner.

Abgesehen davon, welche Karten sich um die Topcommons gruppieren, sind kurze Abschnitte mit vielen guten Karten besonders interessant. Gefährlich wird es aber eigentlich nur, wenn diese auch noch die gleiche Farbe haben, da man dann schnell die gleiche Farbe draftet wie der rechte Nachbar. Bekommt man zum Beispiel für den dritten Pick einen Booster mit Warren Pilferers, Soulbright Flamekin, Kithkin Daggerdare, Surge of Thoughtweft und Mudbutton Torchrunner als gute Commons, so sehen die Pilferers zwar wie ein Signal für Schwarz aus, die Drafter vor einem haben aber Mulldrifter und Weed Strangle gepickt. Das bedeutet nicht, dass man jetzt kein Schwarz draften kann, sollte man aber bedenken. Auf Grund der geschickten Sortierung auf Seiten von Wizards sind solche Fälle aber eine Seltenheit. Hier noch eine kurze Auflistung von Situationen, wo sehr gute Karten nebeneinander liegen, inklusive der Randkarten, an denen man den Printrun dann erkennt.

Surge of Thoughtweft, Mulldrifter, Weed Strangle, Mudbutton Torchrunner
Lignify, Silvergill Douser, Oblivion Ring, Quill-Slinger Boggart
Bog-Strider Ash, Aethersnipe, Tarfire, Herbal Poultice
Glimmerdust Nap, Cloudcrown Oak, Oblivion Ring, Wanderer's Twig
Surge of Thoughtweft, Cloudcrown Oak, Tarfire, Wanderer's Twig


Die besten Karten in G2 sind Plover Knights, Pestermite/Sentinels of Glen Elendra, Nameless Inversion, Consuming Bonfire, Lys Alana Huntmaster und Moonglove Extract. Abgesehen von Dreamspoiler Witches in Schwarz haben die anderen Farben nicht viel zu bieten, abgesehen vielleicht von Kinsbaile Balloonist, der mit Plover Knights konkurriert. Smokebraider und Stinkdrinker Daredevil will man nicht firstpicken, und statt Neck Snap und Peppersmoke findet sich doch meist etwas besseres. Auf Grund der niedrigeren Kartenqualität dieses Printruns treten deutlich seltener Häufungen auf als in G1. Dafür gibt es auch hier ein paar wissenswerte Kombinationen:

Peppersmoke, Lys Alana Huntmaster, Consuming Bonfire
Streambed Aquitects, Consuming Bonfire, Boggart Loggers, Lys Alana Huntmaster
Stinkdrinker Daredevil, Nameless Inversion, Battlewand Oak
Stonybrook Angler, Nameless Inversion, Fertile Ground
Moonglove Extract, Hillcomber Giant, Sentinels of Glen Elendra, Stinkdrinker Daredevil, Dreamspoiler Witches

Hat man diese und die obigen Zusammenhänge erst einmal visualisiert, wird man merken, dass man auch ohne große Gehirnakrobatik oft schon sagen kann, welche Karte im Booster fehlt. Noch einfacher hat man es natürlich beim Draften auf Magic Online, wo man einfach schnell in den entsprechenden Listen nachgucken kann (ich empfehle die Anlage einer während des Draftens zu öffnenden Textdatei). Zum Zweck der Merkbarkeit habe ich besonderen Wert auf die nebeneinanderliegenden Karten gelegt, da diese erstens deutlich am häufigsten auftreten und zweitens leicht zu erkennen sind.

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Firstpick-Raten
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  • Atog28 draftet auf Couchmagic
  • (http://draft.couchmagic.de/?p=41):

    Pick 1: Mistbind Clique

    Pack 2: Battlewand Oak, Hurly-Burly, Paperfin Rascal, Dreamspoiler Witches, Broken Ambitions, Cenn's Heir, Boggart Forager, Facevaulter, Hunt Down, Vivid Creek, Ghostly Changeling, Giant Harbinger, Favor of the Mighty, Blades of Velis Vel

    Zitat: Was gibt es nach dem Feen-Spoiler first pick schöneres, als dass der rechte Nachbar zu einem sagt: “Du, die Feen, die kannst du haben!”

    Frage: Was hat der rechte Nachbar gepickt?







  • 2007 World Championships, Draft 1, Pod 1
  • Hong Fei Yeung sitzt hinter Christoph Huber

    Pick 1: Immaculate Magistrate

    Pack 2: Aethersnipe, Bog-Strider Ash, Boggart Birth Rite, Goatnapper, Heal the Scars, Ingot Chewer, Inkfathom Divers, Lignify, Nectar Faerie, Oblivion Ring, Quill-Slinger Boggart, Springjack Knight, Veteran of the Depths, Colfenor's Plans

    Frage: Was hat Christoph Huber gepickt?











  • Ich drafte auf Magic Online:

  • Pick 1: Vigor

    Pack 2: Aethersnipe, Tarfire, Herbal Poultice, Kithkin Greatheart, Oakgnarl Warrior, Lash Out, Inkfathom Divers, Needle Drop, Soaring Hope, Elvish Branchbender, Flamekin Bladewhirl, Merrow Harbinger, Changeling Titan, Colfenor's Plans

    Frage: Was hat der rechte Nachbar gepickt?



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    Extra-Informationen
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    Die exakten Printruns zu kennen, bedeutet, dass man auch viel genauer sagen kann, welche Entscheidungen man beim Draften zu treffen hat, und welche nicht. So wird man zum Beispiel nie zwischen Lys Alana Huntmaster und Cloudcrown Oak entscheiden müssen, da sie in verschiedenen Runs liegen. Genauso liefert der Abstand innerhalb eines Runs wichtige Informationen, so können Plover Knights und Kinsbaile Balloonist nicht im gleichen Booster auftauchen, sehr wohl aber Sentinels of Glen Elendra, Dreamspoiler Witches und Pestermite.

    Eine gewisse Bewertung der Karten zu Grunde legend, kann man jetzt G1 und G2 durchgehen, und für jede mögliche 6/7-Kartenfolge den besten Commonfirstpick suchen. Dabei geht man natürlich davon aus, dass es keine Foil gibt, und dass man keine Karte aus S1 oder S2 picken möchte. Bei dieser Analyse, die Florian durchgeführt hat, gab es unter anderem folgende Fragen zu klären:


    Die erste Karte ist hierbei jeweils die von uns bevorzugte, wenn man hier an den Präferenzen dreht ändert sich die Statistik natürlich leicht. Im Großen und Ganzen dürften die folgenden Zahlen aber sehr gut widerspiegeln, was im Lorwyn-Limited passiert. Unter der Voraussetzung, dass eine Common gefirstpickt wird, ist dies...

    Nameless Inversion: 11%
    Mulldrifter: 11%
    Lash Out: 11%
    Lys Alana Huntmaster: 10%
    Oblivion Ring: 10%
    Dreamspoiler Witches: 9%
    Moonglove Extract: 9%
    Silvergill Douser: 6%
    Warren Pilferers: 6%
    Eyeblight's Ending: 4,5%
    Streambed Aquitects: 4,5%
    Pestermite: 3%
    Tarfire: 2.5%
    Weed Strangle: 1%
    Plover Knights: 1%
    Lignify: 1%
    Mudbutton Torchrunner: 0.5%
    Stonybrook Angler: 0.5%
    Aethersnipe: 0.5%




    Im schwächeren Printrun G2 gibt es ein paar Situation, wo mehrere mäßig gute Karten vorhanden sind, und man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine Common picken wird. Selbst wenn man es doch tut, lässt sich auf Grund des niedrigen Powerlevels schlecht sagen, welche Karte es denn gewesen sein müsste. Der Übersichtlichtkeit halber und realistischerweise ist es einfacher, diese komplett herauszunehmen, wenn man voraussetzt, dass eine Common gefirstpickt wurde. Ohnehin ist diese Statistik im wirklichen Leben noch etwas extremer, da die guten Commons eine größere Chance haben, auch wirklich über drei Uncommons und eine Rare gepickt zu werden. Die Wahrscheinlichkeiten addieren sich auf Grund von Rundungen nicht ganz exakt zu 100% auf. Fasst man diese Ergebnisse nach Farben zusammen, ergibt sich folgendes Bild:

    Weiß: 11%
    Blau: 25,5%
    Schwarz: 31,5%
    Rot: 14%
    Grün: 11%
    Extract: 9%


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    Fazit

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    Inwiefern jeder von euch dieses Wissen nutzen kann und möchte, ist natürlich völlig ihm überlassen. Trotzdem denke ich, dass es nur sinnvoll sein kann, es hier publik gemacht zu haben. Ich kann mir vorstellen, dass es sogar schon Magic Online-Spieler oder Pro-Testgruppen gibt, die Zugriff auf die hier vorgestellten Daten haben, aber sie nicht preisgeben wollten. Gleichzeitig muss ich natürlich dem Vorwurf vorgreifen, ich hätte absichtlich den GP Stuttgart abgewartet, um diesen Artikel zu veröffentlichen. Das ist natürlich Quatsch, vor allem da ich diese Listen auch selbst noch längst nicht komplett verinnerlicht habe, sondern bisher nur probeweise zum Magic Online-Spielen genutzt habe.
    Auf althergebrachte
    Weise Signale zu
    lesen, funktioniert
    natürlich auch...

    Dass es auch ohne Printruns geht, hat Draft #2 am zweiten Tag gezeigt: Rechts von mir saßen unglaublicherweise Andre "TrashT" Müller und Klaus Jöns, wobei man wissen muss, dass Andre und ich zusammen mit Tai Scharfe bei Klaus übernachtet haben – noch einmal danke an dieser Stelle. Völlig absprachelos waren dann später Klaus BRw, Andre nahezu Mono-Grün mit kleinem Schwarzsplash, und ich WU..

    Es wäre sicherlich möglich, die Printrun- und FPFP-Analyse auf Grund des neuen Wissens noch deutlich tiefgehender auszurichten, aber wie ihr euch hoffentlich denken könnt, ist schon sehr viel Arbeit in die Erstellung und den Test der Printrunlisten gesteckt worden (ich habe nebenbei auch noch 240 Uncommontripel analysiert, auf der Suche nach einem anscheinend nichtexistenten Uncommonprintrun). An dieser Stelle muss ich noch einmal Florian Koch für seine Anregungen und Analysen danken, die nicht nur Grundlage für diesen Artikel waren, sondern mir auch viel Arbeit erspart haben.

    Mit diesen Worten verabschiede ich mich in meine Winterpause, die voraussichtlich zum 11.01. wieder beendet wird – ihr müsst also zwei Wochen ohne meine Artikel auskommen. Während dieser Zeit werde ich unter anderem in Münster sein – wenn von dort aus eine Gruppe am Samstag, dem 22.12., zum PTQ nach Utrecht fährt (oder fahren möchte, ein (sprittechnisch teures) Auto wäre vorhanden), würde ich mich über eine baldige Kontaktaufnahme freuen.

    Mit freundlichem G,

    Simon

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