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Magic-Decks im Wandel der Zeit, Teil 9
Tech von den amerikanischen Regionals 98
von Andreas "Zeromant" Pischner
26.11.2007

Nachdem Tempest für die Deckbauer der damaligen Zeit eher ein Experimentierfeld gewesen war, brachte Stronghold nicht nur frischen Wind in das Format, sondern vor allem auch wichtige Events mit sich: So fanden im Mai in den USA die Regionals statt, Anfang Juni die Junior Super Series, Mitte Juni die deutschen und österreichischen Meisterschaften und Ende Juni die schweizerischen. (Natürlich gab es auch noch weitere Turniere in anderen Ländern, aber hierzu liegen mir Informationen vor und man kann argumentieren, dass diese Nationen recht repräsentative "Tech" gehabt haben dürften.)

Deswegen will ich aus den "Decks to Beat" im April nur ein paar richtungsweisende Ansätze herausgreifen:


4 Hermit Druid
2 Uktabi Orangutan
4 Nekrataal
4 Black Knight
2 Gravedigger
2 Vhati-il-Dal
4 Man-o'-War
2 Cloudchaser Eagle
1 Noble Benefactor

4 Mox Diamond
4 Dark Ritual
4 Haunting Misery
4 Vampiric Tutor

4 Gemstone Mine
4 Reflecting Pool
4 City of Brass
4 Undiscovered Paradise
2 Pine Barrens
1 Volrath's Stronghold

4 Pyroblast
4 Hydroblast
4 Abeyance
3 Disenchant

So unausgegoren diese Liste auch ist, stellt sie doch den ersten Versuch dar, Hermit Druid in einem Deck ohne Standardländer zu missbrauchen. Getötet werden soll dabei natürlich mit Haunting Misery. Falls das nicht klappt, spielt man eben 5-Color-Good-Stuff mit allerlei Utility Creatures und Unterstützung durch den Volrath's Stronghold.


1 Spirit of the Night
3 Volcanic Dragon
2 Wall of Blossoms

4 Buried Alive
4 Living Death
4 Vampiric Tutor
4 Dark Ritual
3 Pyroblast
2 Force Spike
1 Mana Leak
3 Brainstorm
4 Impulse
2 Mystical Tutor
1 Mox Diamond

1 City of Brass
3 Crystal Vein
4 Gemstone Mine
2 Reflecting Pool
1 Undiscovered Paradise
3 Underground River
1 Sulfurous Springs
8 Swamp

4 Grindstone
2 Disenchant
2 Rootwater Hunter
3 Circle of Protection: Red
2 Lobotomy
2 Mana Leak

Da ist also wieder einmal eine 61-Kartenliste. Warum ich immer ausdrücklich darauf hinweise? Weil man als Magic-Spieler heutzutage selbstverständlich als Norm erwarten kann, dass Decks exakt 60 Karten haben! Ich weiß nicht, ob Ihr als Erstes ein Deck bzw. eine Liste durchzählt (ich tue es), aber wenn nicht, dann geht Ihr bei der Analyse des Decks einfach von völlig falschen Voraussetzungen aus. "Wie hat der nur all diese Karten im Deck untergebracht?"

Jede Karte mehr als 60 in einem Constructed-Deck (Battle of Wits einmal außen vor) ist falsch, falsch, falsch!

Theoretische Modelle, warum ein oder zwei Karten mehr sinnvoll sein können, greifen vielleicht bei Decks, die nur aus zwei oder drei verschiedenen Karten ohne die 4-of-Beschränkung bestehen. Wenn man zum Beispiel nur Forest und Grizzly Bears zur Verfügung hat, dann ist es durchaus denkbar, dass der ideale Manaanteil zum Beispiel bei ca. 39% liegt, in welchem Fall man mit 24 Ländern auf 62 Karten diesem erheblich näher kommt, als es mit einem 60-Kartendeck möglich wäre. In der realen Welt aber spielt man Decks, die aus erheblich mehr unterschiedlichen Karten bestehen, von denen es immer einige gibt, die man gerne öfter als erlaubt im Deck hätte, und da gehen solche minimalen statistischen Optimierungen einfach in der höheren Chance, seine Schlüsselkarten zu ziehen, unter!

Jetzt aber zu diesem Deck: Ich lernte es damals unter der Bezeichnung "14" kennen, die davon abgeleitet ist, dass es in der Runde, in der es den Living Death spielt, dem Gegner für gewöhnlich 14 Schaden macht (1 Spirit of the Night und 2 Volcanic Dragon, die angreifen). Die Kombo, die aus Buried Alive plus Living Death besteht (plus gegebenenfalls Dark Ritual, um schneller zu sein) sucht man sich mit Tutoren und Kartenselektion zusammen, wobei Brainstorm außerdem noch die Funktion besitzt, etwaige gezogene Flieger ins Deck zurückzulegen.

Interessant sind hier einmal die Pyroblast main – tote Karten, wenn man nicht gegen Blau spielte, aber der Gedanke war offensichtlich, dass man sich gegen Decks ohne Counter diese toten Karten leisten konnte. Und dann sind da noch die Grindstone im Sideboard, die so überhaupt nicht mit Living Death harmonieren (nein, ich denke nicht, dass man sie auf sich selbst anwenden sollte!), und die vermutlich ein Switch-Sideboard darstellen, um Gegner, die sich auf das Verhindern der Kombo einstellen, auf dem falschen Fuß zu erwischen und zu Tode zu mühlen.

Sowohl "14" als auch das Haunting Misery-Deck beweisen, dass WotC bereits damals den Spielern die Möglichkeit eröffnete, ihr Deck aus dem Friedhof zu spielen. Der Odyssee-Block und später die Dredge-Mechanik beweisen, dass sie einfach nichts dazu lernen würden!

Im Mai mussten sich dann die fantasievollen Kreationen der Magic-Community zum ersten Mal in wichtigen Turnieren beweisen. Es folgen einige Siegerlisten der US Regionals 1998:

Mid-Atlantic (Mike Long)


4 Wall of Blossoms

4 Counterspell
3 Dissipate
4 Impulse
2 Intuition
2 Mana Leak
3 Whispers of the Muse
2 Gaea's Blessing
1 Earthquake
1 Fireball
2 Incinerate
3 Disenchant
3 Gerrard's Wisdom
3 Wrath of God

2 Adarkar Wastes
4 City of Brass
1 Gemstone Mine
4 Island
2 Karplusan Forest
4 Quicksand
4 Reflecting Pool
1 Thalakos Lowlands
1 Undiscovered Paradise

1 Circle of Protection: Red
1 Disenchant
2 Emerald Charm
3 Elephant Grass
3 Hydroblast
2 Lobotomy
3 Pyroblast

Dieser höchst berüchtigte Decktyp nannte sich 5CU, oder auch 5C-Donais, nach seinem Designer Mike Donais. Als seinen Vorläufer kann man die PropaOrb-Variante von Dave Williams ausmachen, die ich letzte Woche.vorgestellt habe.

Die wesentlichen Unterschiede sind folgende: Einmal wurde auf das Mana-Denial-Element verzichtet (Armageddon, Winter Orb, Propaganda) und stattdessen eigene Counter und vor allem Card Draw forciert. Wall of Blossoms nimmt hier eine Schlüsselstellung als Aggro-Stopper ein.

Als Win Condition verlässt sich 5CU nicht nur auf die Blessing, sondern sammelt Mana für einen großen Fireball an, wofür es sich alle Zeit der Welt lassen kann, da es seine Bibliothek ja immer wieder rekursiert. (Es kann daher auch mehrere mittelgroße Feuerbälle spielen, um Countermana offenzuhalten.) Sylvan Library ist erwartungsgemäß aus diesem Deck verschwunden; ihren Platz nehmen die Wall of Blossoms ein, ihre Funktion die Impulse.

Great Plains (Sam Rapson)


4 Crystalline Sliver
2 Hibernation Sliver
4 Man-o'-War
4 Muscle Sliver
2 Uktabi Orangutan
2 Victual Sliver
4 Winged Sliver

1 Armageddon
4 Counterspell
2 Disenchant
3 Legacy's Allure
3 Mana Leak
4 Portent

2 Adarkar Wastes
1 Brushland
3 City of Brass
3 Gemstone Mine
7 Island
1 Reflecting Pool
3 Undiscovered Paradise
1 Volrath's Stronghold

2 Disrupt
1 Honorable Passage
2 Hydroblast
1 Lobotomy
1 Null Rod
3 Propaganda
2 Tranquil Domain
2 Winter Orb
1 Wrath of God

Als die ersten Virulent Sliver-Decks im Time Spiral Block Constructed auftauchten, las ich irgendwo einen Kommentar, der in die Richtung ging: "Jetzt kann man diese Sliver sogar schon auf Turnieren spielen!" Sliver ausschließlich als Fundeck, diese Ansicht hat sich seit den sehr mäßigen Legions-Slivers in der Magic-Community eingebrannt.

Welch mangelndes historisches Bewusstsein! CounterSliver war ein gefürchteter Decktyp – in Extended, wo es die Dual Lands und Force of Will zur Verfügung hatte, sogar noch stärker als in Standard! Waren bislang in grünen und grün-roten Aggro-Decks ohne größeren Erfolg hauptsächlich Muscle Sliver und Spined Sliver integriert worden, so boten die starken Stronghold-Sliver – dabei ganz besonders Crystalline Sliver – aber auch Mana Leak die fehlenden Puzzle-Teile für eine Aggrokontrollversion. Die nötige bunte Manabasis war ja vorhanden.

Midwest (David Petersen)


3 Goblin Digging Team
3 Goblin Vandal
4 Jackal Pup
4 Mogg Fanatic
4 Mogg Flunkies
2 Suq'Ata Lancer
4 Ball Lightning

4 Cursed Scroll
4 Fireblast
4 Incinerate
4 Shock

16 Mountain
4 Wasteland

2 Boil
1 Bottle Gnomes
2 Dwarven Miner
2 Flashfires
4 Pyroblast
2 Rathi Dragon
2 Shatter

So sah ein upgedatetes Sligh aus: Einmal wurden die Kindle, welche die meiste Zeit ja doch nur zwei Schaden für zwei Mana waren (außer im Mirror!) durch die weitaus manaeffizienteren Shock ersetzt.

Zum anderen wurde die Manaeffizienz der Mogg Flunkies entdeckt – Rot hatte nun nicht nur 2/1er für ein Mana, sondern auch 3/3er für zwei Mana! Die gesamte Kreaturenbasis wurde um die Flunkies herum gebaut: 14 1-Mana-Kreaturen, die man vorher legen konnte, und acht 3-Mana-Kreaturen mit Haste sorgten dafür, dass die Flunkies – wenn der Gegner nicht intervenierte – mit äußerster Zuverlässigkeit angreifen konnten! Dass in einem von Propaganda bestimmten Metagame die Flunkies weit verbreitet waren, legt Zeugnis davon ab, wie stark undercostete Weenies in Rot sind.

Zum Sideboard ist anzumerken, dass die Landzerstörer für 4 Mana, so verheerend sie wirken konnten, in einem Deck mit nur 20 Ländern eher fragwürdig sind. Mit Rathi Dragon allerdings findet man hier bereits die Sideboard-Tech für das Mirror, auch wenn die einsamen Bottle Gnomes natürlich genau so random sind, wie sie aussehen.

Mountain (Steven Jarvis)


4 Birds of Paradise
2 Derelor
4 Granger Guildmage
3 Man-o'-War
3 Quirion Ranger
4 River Boa
4 Tradewind Rider
4 Uktabi Orangutan
4 Wall of Blossoms

4 Armageddon
4 Incinerate

2 City of Brass
9 Forest
4 Gemstone Mine
1 Reflecting Pool
4 Undiscovered Paradise

3 Chill
1 Fire Whip
1 Gloom
1 Honorable Passage
1 Lifeforce
4 Pyroblast
1 Sleight of Mind
3 Tranquil Domain

Und so sah das 5CG-Update aus: Keine Winter Orb mehr, die zu häufig Maindeck Disenchant, Goblin Vandal oder Uktabi Orangutan (die man dann gleich selbst viermal spielte) zum Opfer fielen, so dass alle diese Karten gegen einen tot waren. Mana Denial wurde via Armageddon und Tradewind-Lock umgesetzt. Wall of Blossoms verbesserte die Aggromatchups, und die unzuverlässigen und Terror-baren Maro wurden von Derelor abgelöst. Das Sideboard sieht höchst unausgereift aus, aber gegen drei Decktypen ist der Pfad deutlich: Chill gegen Sligh, Pyroblast gegen Blau und Tranquil Domain gegen Propaganda.

New England (Chris Manning)


4 Birds of Paradise
3 Fallen Angel
3 Maro
3 Spike Feeder
3 Tradewind Rider
4 Wall of Blossoms
4 Wall of Roots

3 Armageddon
3 Firestorm
4 Intuition
4 Living Death

4 City of Brass
11 Forest
4 Gemstone Mine
2 Underground River
2 Undiscovered Paradise

3 Lobotomy
3 Man-o'-War
3 Pyroblast
3 Tranquil Domain
3 Uktabi Orangutan

(61 Karten)

Die Synergie zwischen Wall of Blossoms und Tradewind Rider wurde aber auch von zahlreichen anderen Decks ausgenutzt!

Dieser 5-Color-Build, der jedoch im Wesentlichen G/b/u ist, nannte sich "Peaches" (nach dem Bild der Spike Feeder) und ging auf das sogenannte 5-Color-Kastle des heutigen Hall of Famers zurück. Neben den Tradewind-Synergien verfügte das Deck über eine Reanimations-Engine (via Intuition und Living Death). Mit den Intuition konnte auch je nach Situation ein Armageddon oder ein Firestorm gefunden werden. Die Fallen Angel garantierten einerseits, dass man bei einem Living Death auch wirklich alle seine Kreaturen wiederbekam, und konnten andererseits nach Verzehr einiger der zahlreichen Utility Creatures des Decks auch schnell zu einem finalen Angriff beim Gegner vorbei fliegen, selbst wenn ein paar Propaganda lagen.

Das Deck war übrigens deswegen nach den Pfirsichen benannt, weil sie nicht nur allerlei Tricks ermöglichten, sondern weil Intuition auf Spike Feeder einen gegen rote Decks, die man mit seinen Walls bereits gestoppt hatte, erst einmal aus Burn-Reichweite herausbrachte und einem so Zeit gab, per Living Death das Spiel dicht zu machen.

Northern California (Mark Schick)


3 Man-o'-War
1 Silver Wyvern
4 Tradewind Rider
3 Uktabi Orangutan
3 Wall of Blossoms
4 Wall of Roots

1 Armageddon
4 Counterspell
2 Earthquake
4 Impulse
2 Legacy's Allure
3 Mana Leak
3 Propaganda
2 Winter Orb

7 Forest
2 Gemstone Mine
9 Island
4 Undiscovered Paradise

1 Armageddon
3 Chill
3 Dread of Night
2 Light of Day
3 Pyroblast
2 Tranquil Domain
1 Uktabi Orangutan

(61 Karten)

Und auch diese PropaOrb-Variante gründete sich auf Wall of Blossoms und Tradewind Rider. Decks, welche diese Kombination enthielten, waren auch als "Flagpole" bekannt (es hieß, die Walls seien die "Flagpoles"), aber es ist heute schwierig festzustellen, welchem Deck genau dieser Name zuerst anhaftete, dazu gab es im Netz zu viele Parallelentwicklungen. An Stelle von Wrath of God benutzt Schick als Creature Sweeper zwei Earthquake, welche einmal den Vorteil besitzen, seiner eigenen Kreaturenbasis nicht allzu weh zu tun, und andereseits kein doppelt farbiges Mana benötigen. Natürlich lassen sie sich auch gegen andere Kontrolldecks als Finisher einsetzen.

Southern California (Ariel Sas)


4 Black Knight
4 Dauthi Horror
4 Dauthi Slayer
4 Erg Raiders

4 Cursed Scroll
3 Dark Ritual
4 Diabolic Edict
1 Kaervek's Spite
4 Unholy Strength
4 Sarcomancy
4 Bad Moon

16 Swamp
4 Wasteland

2 Ashes to Ashes
3 Bottle Gnomes
4 Dread of Night
2 Forsaken Wastes
2 Gloom
2 Perish

Diese Team-Sped-Entwicklung hieß damals "Swamp Gas", wurde aber schnell als "Suicide Black" bekannt. Sarcomancy, Erg Raiders (besonders gegen Propaganda), Kaervek's Spite, Ashes to Ashes, Forsaken Wastes – dieses Deck besaß wirklich zahlreiche Möglichkeiten, seinem Piloten wehzutun!

Auch die sehr geradlinige Strategie, alles auf den Tisch zu hauen und dabei sogar Kartennachteil mit den Unholy Strength zu riskieren (einziger Backup-Plan waren die Cursed Scroll) trugen zu diesem "Suicide Feeling" bei.

Interessant finde ich, dass Mono-B- und Mono-R-Aggro die gleiche Manabasis verwenden, 16 Basics und 4 Wasteland. Die superbilligen Burn-Slighs kamen mit diesem Mana meistens aus, während das ein wenig teurere Suicide Black noch einige Dark Ritual spielte (wenn mir auch nicht klar ist, wieso hier nur drei sind, denn potenzieller Kartennachteil für Tempovorteil ist doch die angestrebte Strategie!)

South (Jacob Chen)


3 Barrow Ghoul
4 Granger Guildmage
3 Jackal Pup
2 Man-o'-War
3 Mogg Conscripts
4 Mogg Fanatic
4 River Boa
2 Uktabi Orangutan

2 Disenchant
2 Firestorm
2 Giant Growth
1 Goblin Bombardment
4 Incinerate
4 Winter Orb

1 City of Brass
2 Forest
3 Gemstone Mine
3 Karplusan Forest
6 Mountain
1 Reflecting Pool
4 Undiscovered Paradise

2 Dread of Night
1 Firestorm
2 Honorable Passage
3 Pyroblast
2 Terror
2 Tranquil Domain
1 Uktabi Orangutan
2 Wasteland

Habt Ihr gut aufgepasst letzte Woche? Dann wird Euch dieses Deck hier bekannt vorkommen! Das Hauptdeck ist beinahe eine 1-zu-1-Kopie der Liste von Paul Gallagher, mit einem Karplusan Forest mehr für eine City of Brass und ohne das Diabolic Edict, welches einem zweiten Firestorm.gewichen ist.


Das Sideboard hingegen ist völlig umgekrempelt worden, weist aber immer noch keine einzige Stronghold-Karte auf! Die Vermutung liegt nahe, dass Chen sich sparsam, aber sehr gezielt auf diese Regionals vorbereitet hat: Er besaß noch keine Karten der neuen Edition und hatte kein eigenes Deck, also nahm er eines der Dojo-Decks to Beat des Vormonats und tunete es ein bisschen. Hier haben wir es also zum ersten Mal mit einem sehr eindeutigen Fall von ebenso blatanten wie erfolgreichem Netdecking zu tun! Übrigens ist das jetzt die dritte Deckliste in Folge mit Dread of Night im Sideboard. Kein Wunder also, dass ich Euch keine White-Weenie-Liste präsentieren kann, denn dieser Archetyp wurde aus dem Metagame gründlichst herausgehatet!

Ach ja, da wir gerade wieder auf die "Decks to Beat" zu sprechen gekommen waren, eine Liste daher aus dem Juni will ich Euch hier noch zeigen:


4 Mogg Fanatic
4 Mogg Conscripts
4 Jackal Pup
4 Ironclaw Orcs
3 Suq'Ata Lancer
4 Ball Lightning

4 Kindle
4 Incinerate
4 Fireblast
1 Goblin Bombardment
4 Cursed Scroll
4 Scalding Tongs

17 Mountain

3 Sirocco
4 Havoc
3 Ankh of Mishra
2 Furnace of Rath
3 Thunderbolt

Wisst Ihr, was das ist? Nun, einmal ist es wieder ein 61-Karten-Deck. Zum anderen ist es ein Beleg für eine Wahrheit, die ich, seit ich in der Magic-Community Kommentare schreibe, immer und immer wieder versuche in die Köpfe der Leute zu hämmern: Argumente sind wichtiger als Autoritäten!

Diese Liste hier stammt nämlich von Jay Schneider, dem Designer des Sligh-Decks und Erfinder des Manakurven-Prinzips. Jay Schneider, der als brillianter Deck-Designer galt und sogar eine eigene Seite bei einem Online-Händler besaß, "The Decks of Jay Schneider", bei dem man seine brillianten Kreationen gleich komplett kaufen konnte. Jay Schneider, der sich mit einer hervorragenden Idee einen Namen gemacht hatte und seitdem heillos überschätzt wurde.

Dieses Deck hier veröffentlichte das Dojo als "Schneider-Burn", und ich bin überzeugt, dass es ausschließlich wegen der Vorschusslorbeeren, welche der Autor besaß, präsentiert wurde. Vergleichen wir es doch mit dem "Sligh 98" (aka "das Pallimud-Deck"), aus den "Decks to Beat" im März: All die ungewöhnlichen Ansätze, die Schneider gezeigt hatte, sind klammheimlich spurlos verschwunden. Stattdessen nähert er sich sehr stark dem allgemein bekannten und erfolgreichen Deadguy Sligh an, verschlimmbessert dieses aber und verpasst neue Entwicklungen.

Er verzichtet auf Wasteland und versucht dieses Deck mit nur 17 Ländern zu betreiben, was mit den Cursed Scroll praktisch unmöglich ist und spielt dafür Scalding Tongs, die im Tempest-only-Environment den Cut geschafft haben mögen, aber im um ein Vielfaches stärkeren Standard schlicht deplatziert sind. Auch im Sideboard geht er sehr eigenständige Wege. Havoc und Sirocco funktionieren ja wenigstens prinzipiell, auch wenn sich andere Sideboard-Strategien durchgesetzt zu haben scheinen, und Ankh of Mishra ist generell kein schlechter Ansatz. Furnace of Rath wäre aber selbst dann Schwachsinn, wenn Schneiders Manabasis dieses 4-Mana-Enchantment supporten würde, und die Thunderbolt (die wohl in der Hauptsache Tradewind Rider abschießen sollen, für die Schneider ja keine Pyroblast hat) sind ebenfalls wohl eher in die Kategorie "Grütze" einzuordnen!

Des Weiteren hat Schneider offensichtlich das Memo verpasst, dass es seit drei Monaten ein neues Magic-Set gibt! Dass er auf Mogg Flunkies zu Gunsten von Ironclaw Orcs verzichtet, wäre ja noch begründbar, auch wenn seine Kreaturenbasis hervorragend mit diesen zusammenarbeiten würde. Dass er aber angesichts der Verfügbarkeit von Shock an Kindle festhält, beweist einfach nur, dass er nicht annähernd up-to-date ist.

Ich will hier nicht auf Jay Schneider (der, wenn es ihn noch gibt, dies hier eh niemals lesen wird) herumhacken, der vermutlich auf seine eigene Legende hereingefallen ist und wohl auch Geld dafür bekommen hat, dass er für jene Händlerseite Decks zusammengeschustert hat. Ich will nur noch einmal nachdrücklich demonstrieren, dass es nicht genügt zu schauen, WER etwas sagt, sondern dass man immer auch untersuchen muss, WAS gesagt wird, denn auch die angesehensten Autoritäten können zuweilen den größten Blödsinn verzapfen!

Und mit diesem Schlusswort ist dann jetzt Zapfenstreich. Bis nächste Woche!

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