Standard
Fist of Legend
von Michael Diezel
28.04.2016

Wow, war diese Pro Tour ein Fest: superspannende Spiele, jede Menge verschiedener Decks und eine Top 8 mit LSV und Finkels Jon! Selbst Karten aus Shadows over Innistrad waren jede Menge dabei – wenn auch eher in dominanter Engelform denn als die vielleicht eher erhofften Vampire oder Zombies. Da dieser Archangel Avacyn ziemlich mythisch ist, nähern wir uns langsam, aber sicher Jace-Territorium im Hinblick auf die Erschwinglichkeit und somit einer weiteren Ebbe im Budget. Das ist in meinen Augen unglaublich schade, weil das Standardformat – wie oben angedeutet – eigentlich alles mitbringt, um eine großartige Zeit zu garantieren. Wenn aber der Einstieg unbezahlbar ist und die Karten eine überschaubare Haltbarkeit aufweisen, verstehe ich alle Skeptiker. Doch im Gegensatz zur vergangenen Saison gibt es in dieser auch die Möglichkeit, ohne Avacyn oder Jace konkurrenzfähige Decks aufzubauen. Und da landet man noch nicht einmal bei Monorot!

Der Grund dafür ist ganz einfach: Die verschiedenen Doppelländer, die man offensichtlich für eine mehrfarbige Manabasis benötigt, sind im Playset noch immer kein Fetchland wert. Was man dann damit anfängt, ist einem selbst überlassen, aber die Möglichkeiten sind um ein Vielfaches höher als noch vor wenigen Monaten. Ein paar Beispiel möchte ich euch heute zeigen.


Beginnen wir mit der Pro Tour selbst:

Luis Scott-Vargas: B/G Sacrifice

2 Liliana, Heretical Healer
(Liliana, Defiant Necromancer)
4 Blisterpod
4 Catacomb Sifter
4 Duskwatch Recruiter
(Krallenhorde Howler)
4 Elvish Visionary
4 Loam Dryad
4 Nantuko Husk
4 Zulaport Cutthroat

3 Cryptolith Rite
4 Collected Company


3 Westvale Abbey
(Ormendahl, Profane Prince)
4 Hissing Quagmire
4 Llanowar Wastes
4 Swamp
8 Forest

Sideboard:

2 Ulvenwald Mysteries
1 Fleshbag Marauder
2 Kalitas, Traitor of Ghet
2 Tireless Tracker
4 Transgress the Mind
4 Ultimate Price


Dieses Deck hatten vor dem Turnier einige schon so ähnlich gebaut. Ich beispielsweise. [Tobi: „Erster!“] Da ich nicht auf die eigentlich offensichtliche Anwendungsmöglichkeit für Cryptolith Rite – nämlich Duskwatch Recruiter – gestoßen bin, fehlte dem Deck aber immer irgendwas.

In dieser Gestalt hat es seine Tauglichkeit nun ziemlich überzeugend unter Beweis gestellt. Wenn man sich jetzt die teuren Karten anschaut, ist es natürlich nicht das billigste Deck aller Zeiten. Trotzdem denke ich, dass man es hier aufführen kann:

Collected Company ist zwar jede Menge wert, allerdings wurde die Moderntauglichkeit schon mehr als einmal bewiesen. Das bedeutet eine gewisse Sicherheit, dass auch nach der Rotation nur ein überschaubarer Preisverfall zu erwarten ist.
P
Liliana, Heretical Healer: Das ist für mich tatsächlich die unangenehmste Ausgabe. Aber hier kann man ebenfalls davon ausgehen, dass sie zwar aktuell auf einem absoluten Höhepunkt ist, aber durch die Rotation nicht völlig zusammenbricht, wie man gut daran sehen kann, dass sie selbst dann ordentlich aufs Budget geschlagen hat, als sie genau gar keine Rolle im Standard gespielt hat. Im allergrößten Notfall ist dies obendrein eine Karte, auf die man verzichten kann, ohne dass das Deck den Bach runtergeht.
P
Westvale Abbey hingegen benötigt man zwingend. Das ist suboptimal, da es bei ihr nicht so sicher ist, dass sie den Wert nach ihrem Standardleben behalten wird. Allerdings ist dieses Ende noch in weiter Ferne. In dieser Zeit wird sie in diversen Decks auftauchen, was eine Investition rechtfertigt.

Natürlich benötigt man jetzt noch die restliche Manabasis, Cryptolith Rite und Uncommons bekommt man genauso wenig geschenkt, aber ich denke, das sollte das Budget wirklich hergeben.


Das andere, sehr offensichtliche Budget-Deck ist dieses:

Patrick Cox: Mono-White Humans

18 Plains

2 Anointer of Champions
3 Anafenza, Kin-Tree Spirit
3 Kytheon, Hero of Akros
(Gideon, Battle-Forged)
4 Dragon Hunter
4 Expedition Envoy
4 Knight of the White Orchid
4 Thalia's Lieutenant
4 Thraben Inspector
4 Town Gossipmonger


2 Gryff's Boon
4 Always Watching
4 Declaration in Stone

Sideboard:

3 Gideon, Ally of Zendikar
2 Stasis Snare
2 Silkwrap
4 Hanweir Militia Captain
1 Bygone Bishop
2 Gryff's Boon
1 Plains


18 Ebenen als Manabasis sind unschlagbar. Von den restlichen Karten würde mir lediglich Kytheon als Erwerbung nicht gefallen, da der im Gegensatz zu Liliana während seiner Zeit der Unspielbarkeit auf Dönerniveau gefallen war und vermutlich auch wieder darauf sinken wird.

Trotzdem dürfte das Hauptargument gegen die weißen Menschen ein anderes sein. White Weenie gehört traditionell zu den Konstrukten, die als unendlich langweilig gelten. Ob das in diesem Fall jetzt wirklich so ist, darf allerdings angezweifelt werden.

Ich selbst möchte euch eine weitere Alternative an die Hand geben, die noch günstiger zusammenzuwerfen ist und im Duell dann zumindest mehr Trigger generiert, die man besser nicht vergessen sollte.


Ausgangspunkt war der böse Wolf …


Ha, doch das öde rote Deck!

Mitnichten. Wie bereits angedeutet erlauben es die gegenwärtigen Doppelländer für einen vergleichsweise kleinen Preis, zweifarbige Decks zu bauen, die auch zeitig doppelte Manakosten bereitstellen. Mehr noch, eine völlig alltägliche Karte macht den Wolf direkt noch besser:


Einer der unbesungenen Helden des Formats hilft nicht nur ungemein dabei, das Mana stabil zu halten, sondern ebenso, Delirium zu erreichen. Denn offensichtlich ist das unser Ziel, damit der Wolf mehr ist als ein Knight of the White Orchid on the play. Beachtet bitte, dass selbst das ein anständiger Standard wäre.

Um nun ordentlich doppelt zuzuschlagen, braucht es noch Mittel und Wege, den Wolf dicker zu machen. Der einfachste ist vermutlich die aktuelle Riesenwuchsvariante:


Das klingt weiterhin stark nach Monorot, dabei gab es bis vor Kurzem noch ein anderes Deck, welches volle vier Titanenstärken beinhaltete:

U/R-Prowess damals

1 Smoldering Marsh
1 Sunken Hollow
1 Wandering Fumarole
2 Island
4 Bloodstained Mire
4 Mountain
4 Polluted Delta
4 Shivan Reef

1 Dispel
1 Expedite
2 Temur Battle Rage
4 Fiery Impulse
4 Titan's Strength
1 Magmatic Insight
2 Roast
4 Slip Through Space
4 Treasure Cruise


4 Abbot of Keral Keep
4 Jace, Vryn's Prodigy
(Jace, Telepath Unbound)
4 Monastery Swiftspear
4 Stormchaser Mage

Sideboard:

2 Boiling Earth
2 Disdainful Stroke
2 Elusive Spellfist
1 Murderous Cut
2 Pia and Kiran Nalaar
2 Wild Slash
2 Dispel
2 Roast


Natürlich musste auch dieses Deck einige herbe Verluste einstecken. Neben der Fetchland-gepowerten Manabasis sprechen wir hier hauptsächlich von Monastery Swiftspear und damit dem optimalen 1-Drop des Decks sowie von Temur Battle Rage, womit Doppelschlag gezielter und überraschender einzusetzen war. Ach ja, Ancestral Recall – getarnt als Treasure Cruise – lässt sich ebenfalls nicht gleichwertig ersetzen.

Man erkennt also, dass so ein Konstrukt längst nicht den Level haben wird, den es noch vor wenigen Wochen hatte – alle anderen Decks aber zum Glück auch nicht. Das größte Problem stellt der fehlende 1-Drop dar. Zu gern würde man hochaggressiv aus den Startlöchern kommen, allein es fehlen die Mittel. Beste Option dürfte der gute Zurgo Bellstriker sein, den wir allerdings nur doppelt spielen. Damit wir trotzdem im ersten Zug möglichst immer etwas zu tun haben, gibt es zusätzlich einfach acht Taplands. Evolving Wilds habe ich schon angesprochen und Wandering Fumarole stellt die mehr als offensichtliche Ergänzung dar. Zu den Fumarolen sei gesagt, dass sie nur in sehr wenigen Spielen tatsächlich aktiviert werden. Allein die Tatsache, dass wir insgesamt – Spoileralarm! – nur 18 Länder spielen werden, verhindert eine regelmäßige Benutzung. In diesen sehr wenigen Spielen stellt es jedoch eine wertvolle Ressource dar, und selbst wenn es nicht angreift oder blockt, reicht die Bedrohung oft aus, dem Gegner ungünstige Spielzüge abzunötigen.

18 Länder bei genau zwei Kreaturen für ein Mana und sogar drei X-Spells (dazu gleich mehr) – damit das funktioniert, müssen gleich mehrere Dinge beim Rest des Decks richtig laufen.

1.

Viele billige Spells: Abgesehen von 2 Karten kostet jeder Nicht-Kreaturen-Zauber genau ein Mana. Billiger geht es vermutlich nicht. Die übrigen Kreaturen kosten dann allesamt zwei Mana, mit der Ausnahme von Jori En, Ruin Diver.

2.

Kartenzieher: Selbst so wäre es überaus vorteilhaft, wenn man noch ein wenig Carddraw einbauen könnte, ganz einfach, weil man dennoch gern auf drei bis vier Mana kommt und noch mehr auch nicht hinderlich sind. Damit das funktioniert, spielt man sämtliche Cantrips für ein Mana, die das Format hergibt. Okay, das sind jetzt nicht so viele, eigentlich bloß Expedite und Slip Through Space, aber wenigstens passen die mit ihren Effekten optimal ins Deck. Weiteren Carddraw erreicht man dann noch über Jori En, immer vorausgesetzt, die alte Ruinentaucherin schafft es, solange zu überleben.

Eine solche Aufteilung an Sprüchen birgt immer die Gefahr, dass man sich „verdaddelt“ – billige, aber eben wenig durchschlagende Sprüche aneinanderreiht, während der Gegner einfach irgendeine dieser gegenwärtig so starken Einzelkarten auf den Tisch legt, die alleine mehr macht als unsere ganzen kleinen Synergien.
Abgesehen vom Tempo, das wir so aufs Schlachtfeld bringen, sorgt letztendlich eine Karte für den finalen Paukenschlag:


Der Fall der Titanen nimmt ja ganz schön an Fahrt auf. Insbesondere in den verschiedenen Gebilden mit Pyromancer's Goggles, kickt man das Ding für teilweise völlig absurde Zahlen (die dann auch noch kopiert werden). Ich muss euch enttäuschen, diese Dimensionen wird man mit dem Deck nicht erreichen. Muss man auch gar nicht. Selbst für X=2 oder X=3 lässt sich sehr oft ein spielentscheidender Vorteil generieren, da man so die Möglichkeit hat, entweder mehrere Blocker aus dem Weg zu ballern oder gar die entscheidenden Schadenspunkte ins Gesicht zu schießen. Da wir am Ende trotzdem nur 18 Länder spielen, müssen drei Exemplare reichen; höchst selten kann man zu Beginn einer Partie zwei verkraften.

Bleiben noch zwei weitere Karten, auf die ich euch gern hinweisen möchte:


Rush of Adrenaline übernimmt die Rolle von Titan's Strength Nummer 5 und 6, wobei der fehlende Stärkepunkt gerade in Blocksituationen oft kaum auffällt. Der verliehene Trampelschaden kann zudem Gold wert sein, wenn beispielsweise gerade wieder so ein Pflanzenspielstein unseren doppelt zuschlagenden Wolf blockt.

Infectious Bloodlust wiederum sieht gleich doppelt seltsam aus. Zum einen ist da die Karte an sich, die als Aura nicht sonderlich gut ist, aber genau das macht, was man in diesem Deck benötigt: Sie ist recht billig, verleiht Stärke sowie die sehr wichtige Eile und triggert auch noch Prowess. Manchmal freut man sich sogar, wenn sie in den Friedhof gelegt wird, da der Kartentyp Verzauberung mit Sicherheit bei Delirium hilft. Zum anderen wirken zwei Exemplare irgendwie unmotiviert, da auf der Karte ja eigentlich sogar ausdrücklich steht, dass man möglichst viele spielen will. In der Praxis aber sieht das ganz anders aus. Nur vergleichsweise wenige Spiele dauern so lange, dass man erstens eine Kreatur verzaubert, diese zweitens stirbt, man dann drittens eine weitere Kreatur ausspielt, diese viertens wiederum verzaubert und sie fünftens erneut begräbt. Da ist es schon viel wahrscheinlicher, dass man einfach eine zweite Kopie der Aura zieht und das gilt es fast immer zu vermeiden.

U/R-Prowess heute

4 Shivan Reef
4 Evolving Wilds
4 Wandering Fumarole
4 Mountain
2 Island

2 Infectious Bloodlust
4 Titan's Strength
2 Rush of Adrenaline
4 Slip Through Space
3 Fall of the Titans
4 Expedite
4 Fiery Impulse


2 Zurgo Bellstriker
4 Stormchaser Mage
4 Elusive Spellfist
3 Scourge Wolf
2 Jori En, Ruin Diver
4 Abbot of Keral Keep

Sideboard:

2 Dispel
2 Invasive Surgery
3 Roast
4 Rending Volley
4 Fevered Visions


Kommen wir zum Sideboard. Wichtig hierbei ist, dass wir den Blick für das Wesentliche unseres Decks nicht aus den Augen verlieren. Das wiederum besteht darin, dass wir aktiv möglichst viele kleine Sprüche aneinanderreihen, wovon unsere günstigen Kreaturen profitieren.

Das sollte auch für die Spiele 2 und 3 der Plan sein. Klingt selbstverständlich, allerdings könnte man geneigt sein, zu „überboarden“, also zum Beispiel zu viele reaktive Karten einzuwechseln. Dispel oder Invasive Surgery haben dort zwingend ihre Daseinsberechtigung, da es einfach Spiele gewinnt, wenn man die entscheidende Collected Company oder Languish für nur ein Mana neutralisiert. Gleichzeitig benötigt man an der Stelle aber zunächst die Präsenz auf dem Schlachtfeld, die zu dieser Aussage führt. Und die erreicht man nicht über Gegenzauberei.


Stattdessen habe ich noch das Playset einer weiteren Karte auf die Ersatzbank gesetzt, die eben für die etwas langsameren Gegner gedacht ist:


Das ist mal wirklich eine Karte, die Spiele allein gewinnen kann. Einfach hinlegen und den Gegner beschäftigen. Fertig. Zugleich gleicht es den Umstand aus, dass diese Sorte Gegner meist extrem darauf abzielt, Kartenvorteil zu generieren. Dürfen sie mit den Visionen gern, solange sie all diese Extrakarten nicht auch gleichzeitig ausspielen können. Da die allerdings deutlich teurer sein dürften als unsere 1-Mana-Spells, muss das Spiel schon ziemlich lange dauern, dass es soweit kommt.

An dieser Stelle bleibt nur noch zu klären, ob das Deck denn jetzt auch spielbar ist, wenn Geld oder andere Budgetüberlegungen keine Rolle spielen, beziehungsweise ob man das Deck noch weiter optimieren kann. Antwort: Kann man, aber den Effekt merkt man oft fast gar nicht.

Erste Option wäre natürlich Jace, Vryn's Prodigy – wir spielen schließlich ein blaues Standarddeck. Hier ist er auch tatsächlich in seiner natürlichen Umgebung: Jede Menge billige Sprüche, sodass er sowohl zeitig flippen kann als auch immer etwas zum Backflashen findet. Theoretisch kann man sogar noch ein wenig weiter gehen und eine kleine Madnessschiene etablieren. Weitere Enabler wären dann Lightning Axe und Tormenting Voice, die beide als kostengünstige Sprüche sowieso gut passen. Zugehörige Madnesskarten wären dann Fiery Temper und Just the Wind. Gerade Letzteren würde man wirklich gern integrieren, da so ein extremer Tempospruch natürlich perfekt zum Gameplan passt. Davon abgesehen habe ich auch erstaunlich gute Erfahrungen mit Akoum Firebird aus dem Sideboard gemacht. Gegen Kontrolle macht der seinen Schaden, und da die Spiele länger dauern und man gerade durch Fevered Visions trotzdem regelmäßig seine Landdrops macht, ist er auch nicht so leicht totzubekommen beziehungsweise -zuhalten.

So, dann bleibt mir nur noch, euch daran zu erinnern, die Trigger nicht zu vergessen. Bis zum nächsten Mal wünsche ich einen erfolgreichen Game Day!

Der MiDi
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