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Die Götter müssen verrückt sein
von Michael Diezel
30.07.2015

Früher, viel früher, als ich noch regelmäßig zu Turnieren mit dem Auto fuhr, wurde in diesem auch geredet. Über das Leben und die Liebe und natürlich über Fußball. Wenn das alles abgearbeitet war und wir immer noch nicht am Turnierort angekommen waren, zeigten sich unsere inneren Nerds und wir vertrieben uns die Zeit mit relevanten Regelfragen ŕ la:

Ich habe Humility, Opalescence und Pandemonium [ich hoffe, die Kartenverlinkung funktioniert] im Friedhof. Jetzt spiele [damit meinten wir „wirke“] ich Replenish. Was passiert?

Auch heute noch habe ich keine Antwort, allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass die sowieso anders lauten würde als damals, Ende der Neunziger. Der Grund, warum ich die ollen Kamellen jetzt wieder hervorzerre, ist Starfield of Nyx.


Während Artefakte nämlich ziemlich regelmäßig zum Leben erweckt werden, blieben Verzauberungen seit den Zeiten von Opalescence meistens leblose Daseinsformen. Umso auffälliger ist dann eine solche Karte wie der Sternenhimmel von Nyx, der in seiner ganzen Erscheinung schon ziemlich deutlich die Richtung vorgibt, in der sich ein passendes Deck bewegen wird: gen Nyx und damit nach Theros.

Dort gab es bekanntlich eine andere Form von lebenden Verzauberungen, und zwar sowohl in der Variante Bestow als auch mit Constellation. Letztere sorgt seit inzwischen gut anderthalb Jahren immer wieder für Decks, die ordentliche Ergebnisse einfahren.

Wichtigster Bestandteil ist dabei vermutlich Eidolon of Blossoms.


Eine Kreatur, die im ausgewiesenen Enchantmentdeck nahezu jede weitere gespielte Karte zum Cantrip macht? Witzig. Um das Eidolon herum baut man dann seine Basis, die immer echt ähnlich aussieht. Jeweils das Playset Courser of Kruphix und Sylvan Caryatid (okay, Letztere ist nicht wirklich immer dabei, aber gerade in einer dreifarbigen Variante, die wir hier starten, finde ich sie unverzichtbar) und einige Doomwake Giants.

Doomwake Giant sieht ja auf den ersten und zweiten Blick so ein wenig wie der übliche Volltrottel aus. Dicker Hintern und nicht viel dahinter. In der Realität dominiert er ziemlich viele Spielfelder mit Kreaturen, ganz besonders, weil man recht schnell die Möglichkeit hat, auch einmal die eine oder andere weitere Verzauberung mitspielen zu lassen.

Erst recht, wenn man dazu noch Herald of the Pantheon addiert.


Leider spielt die Karte sich nicht ganz so broken, was ganz einfach daran liegt, dass sie fast immer einfach umgeschossen wird, wenn sie im zweiten Zug das Schlachtfeld betritt. Falls sie doch einmal überlebt, macht sie gerade mit dem Eidolon tatsächlich unanständig viel Betrieb, aber das sind halt eine Menge Konjunktive … Nicht das wir uns falsch verstehen: Herald of the Pantheon macht das Deck als Gesamtkonzept sicher nicht schlechter, ich wollte nur noch einmal betonen, dass diese Kreatur nur in seltenen Fällen relevant besser ist als Sylvan Caryatid.

Irgendwie baut sich das Deck darüber hinaus auch ein wenig auf Autopilot und deswegen will ich mich gar nicht allzu lange damit aufhalten.


4 Temple of Malady
4 Sandsteppe Citadel
2 Temple of Silence
1 Urborg, Tomb of Yawgmoth
1 Plains
4 Llanowar Wastes
2 Forest
3 Windswept Heath
2 Caves of Koilos

4 Sylvan Caryatid
4 Herald of the Pantheon
4 Eidolon of Blossoms
4 Courser of Kruphix
3 Doomwake Giant
2 Nyx Weaver
4 Brain Maggot
2 Pharika, God of Affliction


3 Banishing Light
3 Starfield of Nyx
4 Kruphix's Insight

Sideboard:

1 Doomwake Giant
1 Pharika, God of Affliction
2 Extinguish All Hope
3 Murderous Cut
4 Nyx-Fleece Ram
2 Dromoka's Command
2 Ajani, Mentor of Heroes


Das ist meine Variante, die sich nur in einigen Details von der unterscheidet, mit der es John Taylor am vergangenen Wochenende in die Top 8 beim aktuellen StarCityGames-Event schaffte:


1 Temple of Plenty
1 Temple of Silence
1 Urborg, Tomb of Yawgmoth
2 Forest
2 Plains
4 Llanowar Wastes
4 Sandsteppe Citadel
4 Temple of Malady
4 Windswept Heath

1 Pharika, God of Affliction
4 Courser of Kruphix
4 Doomwake Giant
4 Eidolon of Blossoms
4 Herald of the Pantheon
4 Nyx Weaver
4 Sylvan Caryatid


2 Sigil of the Empty Throne
2 Starfield of Nyx
4 Banishing Light
4 Kruphix's Insight

Sideboard:

2 Glare of Heresy
3 Arbor Colossus
3 Hero's Downfall
2 Ajani, Mentor of Heroes
2 Elspeth, Sun's Champion
1 Ugin, the Spirit Dragon
2 Extinguish All Hope


Der Hauptunterschied sind die Brain Maggots, an deren Stelle John mehr Nyx Weaver und Sigil of the Empty Throne einsetzt. Sigil ist eine weitere Kombokarte, die im Idealfall das Spiel gewinnt, aber bis zu diesem Moment ganz ordentlich Unterstützung benötigt. Entsprechend sind die Hirnmaden meine konservative Option, um zumindest ein wenig mit dem Gegner interagieren zu können und außerdem die Manakurve zu glätten. Weitere Unterschiede finden sich in Sideboard und bei der Manabasis, aber sicher nichts Weltbewegendes. Wie gesagt, wenn man in dieser Farbkombination bleibt, sehe ich nicht, wie man sich weit von dieser Liste entfernen kann.

Sprechen wir also lieber darüber, warum man überhaupt so ein Constellationdeck in Erwägung ziehen sollte:

Kaum jemand spielt momentan Dromoka's Command im Maindeck. Damit fällt das Hauptargument gegen ein hauptsächlich auf Verzauberungen basierendes Deck der letzten Wochen weg. Die Abwesenheit von Dromoka's Command wiederum lässt sich vermutlich am besten mit Languish erklären. Insbesondere AbzanAggro wird davon so richtig kaputt gemacht und damit fehlt ebendas Deck, welches mit Abstand die meisten Commands ins Rennen geschickt hat.
P
Die noch schlimmere Sideboardkarte Back to Nature wurde schon seit Wochen gar nicht mehr gesehen.
P
Derweil ist das Eidolon ein Albtraum für andere Midrangedecks – und davon gibt es gerade jede Menge.

Doch zurück zum Starfield of Nyx. Dieses hat neben den offensichtlichen Vorteilen, die hauptsächlich im permanenten Kartenvorteil liegen, auch durchaus den Gegner zurück ins Spiel gebracht. Wenn er plötzlich Banishing Lights mit Hero's Downfall oder Lightning Strike abschießen kann zum Beispiel. Oder wenn gleichzeitig Pharika mitspielen will und keiner weiß, was da jetzt genau passiert (dazu später mehr).


Jedenfalls war mir das Ganze zu langweilig und da habe ich neben dem offensichtlichen Abzan-farbenen Constellationdeck noch ein weiteres Deck um Starfield of Nyx herum gebaut:


2 Island
8 Plains
3 Foundry of the Consuls
4 Flooded Strand
4 Tranquil Cove
4 Temple of Enlightenment

2 Heliod, God of the Sun
4 Nyx-Fleece Ram


4 Banishing Light
4 Starfield of Nyx
3 End Hostilities
4 Myth Realized
2 Sigil of the Empty Throne
4 Monastery Siege
4 Font of Fortunes
4 Citadel Siege


Am fehlenden Sideboard erkennt ihr es: Dieses Deck wird vermutlich nur mit viel Mühe größere Turniere gewinnen. Ein Stormbreath Dragon, der ja schon in dem einen oder anderen Deck auftaucht, stellt es vor fast unlösbare Probleme und ein Plan gegen Kontermagie sollte besser auch noch her.

Aber davon abgesehen ist es wirklich niedlich!


Die vermutlich entscheidende Karte ist Monastery Siege, mit deren Hilfe man sowohl den Friedhof füllt (für das Starfield) als auch die Hand entscheidend verbessert. Das ist auch wichtig, da ziemlich viele Einzelkarten nur in speziellen Situationen nützlich sind. Entsprechend sollte man die drei Nyx-Fleece Rams, die man gegen Kontrolle garantiert zieht, ruhig einmal auf der Hand behalten, um sie dann mit Monastery Siege in schlagkräftigere Truppen umzuwandeln. Alle hundert Jahre kann man sogar mal „Dragons“ ansagen und damit 21 gegnerische Blitze auf einen Streich neutralisieren.

Eine weitere Karte, die sehr schön mit dem Sternenhimmel zusammenarbeitet, ist diese:


Verzauberungen neigen ja dazu, im Spiel zu verbleiben. Das wiederum ist ziemlich blöd mit der wichtigsten Eigenschaft des Sternenhimmels und so freuen wir uns, dass zumindest ein Enchantment immer und immer wieder aus dem Friedhof zurück ins Spiel finden kann. Da gibt es aber noch weitere:


Unsere einzigen richtigen Kreaturen zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie recht häufig sterben. Einfach aus Mangel an Alternativzielen fürs feindliche Removal. Ansonsten sind sie nämlich eher schwer kaputtzubekommen, insbesondere mit Myth Realized kann man jede Menge feindlicher Sachen umspielen. Doch nicht nur feindliche, auch eigene:


Myth Realized plus End Hostilities ist gleich in mehrere Richtungen eine Kombination: So bleibt Myth Realized natürlich erst einmal liegen, wenn man den Abräumer wirkt. Gleichzeitig lädt dieser die Verzauberung sogar noch auf – wie lecker! (Zugegebenermaßen sind Starfield of Nyx plus Myth Realized und Starfield of Nyx plus End Hostilities mitunter eher unpraktische Kombinationen.)

Auch witzig ist die Kombination von End Hostilities mit Citadel Siege: Auf „Dragons“ gelegt, bekommt man einen leckeren Icy Manipulator, der schon seit der Eiszeit dafür sorgt, dass der Gegner immer mehr Kreaturen aufs Spielfeld klatschen muss – wodurch End Hostilities gleich noch größeren Kartenvorteil macht.

Als Letztes sei noch Heliod, God of the Sun erwähnt. Den habe ich (ähnlich wie Pharika) hauptsächlich dabei, um die Judges mal ein wenig auf die Probe zu stellen. Denn die Interaktion mit Starfield of Nyx funktioniert nicht immer ganz einfach und schon gar nicht logisch.


Prinzipiell gilt Folgendes:

Solange weniger als fünf Verzauberungen auf dem Tisch sind, macht Heliod das, was wir von ihm gewohnt sind. Bei ausreichend Hingabe ist er ein Gott in Kreaturenform und sonst halt nicht. Ganz einfach.
P
Wenn mindestens fünf Verzauberungen anwesend sind und auch fünf weiße Manasymbole, ist Heliod eine 4/4-Kreatur. Die Begründung ist ungefähr die, dass man erst auf aufgedruckte Zahlen schaut (also 5/6) und dann Sachen anwendet, die das verändern (Starfield).
P
Noch besser wird es, wenn es zwar ausreichend Verzauberungen für den Sternenhimmel auf den Tisch geschafft haben, jedoch nicht ausreichend weiße Manasymbole für den Gott. Zugegeben, das passiert in diesem Deck eher selten, ist aber theoretisch möglich. Jedenfalls wird nun relevant, was zuerst gespielt wurde: Heliod vor Starfield führt zu einem 4/4er (Heliods typenverändernde Fähigkeit greift zuerst, die des Sternenhimmels schließt den Prozess ab); Starfield vor Heliod führt zu einer Nichtkreaturenverzauberung (gleiche Begründung nur andersherum).
P
Und wenn man jetzt noch Humility spielt …

Interessant wäre vermutlich noch eine Mischung der beiden Decks. Also die brokenen grünen Karten (Eidolon of Blossoms und Courser of Kruphix zusammen mit Herald of the Pantheon) mit den blau-weißen Spielereien um Monastery Siege zu kombinieren. Oder wir addieren Font of Ire, um den Gegner schnell totschießen zu können.

So viele Optionen … und so wenig Zeit, sie alle auszuprobieren, weil der Theros-Block schon bald in der Standard-Historie verschwinden wird. Und in 15 Jahren werden wir uns dann erinnern. An Götter und Sternenhimmel und den mysteriösen Layer 7b.

Bis dahin, schreibt Geschichte!
Der MiDi
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