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Einer weiß mehr
von Michael Diezel
26.03.2015

Wenn man in Dragons of Tarkir nach vielversprechenden Karten sucht, wird man schon bei A fündig. A wie Anafenza, Kin-Tree Spirit


Die kleine Anafenza wird aktuell widersprüchlich diskutiert. Offensichtlich ist sie für eine 2-Mana-Kreatur ziemlich gut aufgestellt, gleichzeitig sind diese zwei Mana aber eben auch zwei Sonnensymbole und als solche eine ziemliche Herausforderung für unsere zwei- bis vierfarbigen Standarddecks der Khans-Ära.

Doch neben Tarkir gibt es ja immer noch die Welt von Theros und mit ihr die berüchtigte Devotionfähigkeit. Nun haben wir diese in den vergangenen anderthalb Jahren in nahezu jeder Farbe einmal aktiv gesehen: Blaue und schwarze Devotiondecks haben das Format einige Monate dominiert, grüne Hingabe – mit einem kleinen weißen Splash – hat gerade erst für Aufruhr gesorgt und selbst Rot konnte mit vielen Flammen oben rechts schon Turniere gewinnen. Dass Weiß nie in den erlauchten Kreis aufsteigen konnte, liegt hauptsächlich an den Devotionkarten der Farbe selbst. Folgende kommen nämlich ernsthaft für ein entsprechendes Deck in Betracht:





Ihr seht richtig, im Prinzip gibt es keine ansprechende weiße Karte, die direkt auf die Theros-Fähigkeit zurückgreift. Am ehesten vielleicht noch die passenden Götter, aber letztendlich ist die Umgebung nicht gerade freundlich zu diesen. Unzerstörbarkeit ist auch nicht das, was sie einmal war …

Stattdessen greifen wir auf die eine Karte zurück die den meisten Devotiondecks gemein ist:


Wie bescheuert dieses legendäre Land abgehen kann, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Ebenso die Nachteile, die mit einer zugehörigen Strategie einhergehen, etwa die große Verwundbarkeit gegenüber Vernichtungszaubern, da Nykthos, Shrine to Nyx doch eine stattliche Anzahl an Manasymbolen auf dem Feld benötigt, um mehr zu machen als, sagen wir, eine Ebene. Insbesondere Massenvernichter wie End Hostilities oder Crux of Fate tun dann richtig weh, da sie nahezu unvermeidlich beachtlichen Kartenvorteil erwirtschaften.

Um dies zu umgehen, bedienten sich die efolgreichen grünen Devotiondecks der letzten Wochen ausgerechnet einer weißen Karte:


Mastery of the Unseen ist aus mehreren Gründen superstark gegen Kontrolle:

Mit Kosten von zwei Mana ist sie billig genug, um entweder zu Zeiten das Spiel zu betreten, wo noch gar keine Kontermagie bereit stehen kann, oder um sie in einem Zug zusammen mit einer anderen Bedrohung an einzelnen Gegenzaubern vorbei zu spielen.
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Ist sie einmal im Spiel, benötigt man im Prinzip keine weitere Karte aus der Hand. Mastery of the Unseen allein sorgt schnell für spürbaren Druck und selbst bei einer Massenvernichtung verliert man keine Ressourcen.
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Das Manifestieren kann als Spontanzauber erfolgen, was im Normalfall eine Aktivierung am Ende des gegnerischen Zuges bedeutet. Das wiederum bietet zum einen den Vorteil, dass man sämtliches Removal in Hexereigeschwindigkeit zumindest für eine Zug vermeiden kann, und zum anderen, dass selbst nach einem Wrath-Effekt schon im nächsten Zug wieder angegriffen wird.

Das Beste an Mastery of the Unseen ist aber, dass die Karte auch in anderen Matchups noch anständig, teilweise sogar richtig gut ist. So addieren sich gegen Aggrodecks die erhaltenen Lebenspunkte auf, gegen removalstarke Decks generiert sie Kartenvorteil, und was passiert, wenn man sie mit der einen oder anderen Nykthos-Aktivierung speist, kann man gut in diesem Video sehen.

Sowohl Mastery of the Unseen als auch die kleine Anafenza freuen sich auf ihre Art, wenn sie zahlreiche weitere Kreaturen zum Mitspielen finden. Wenn diese dann noch kräftig weißes Mana kosten – umso besser.

Im Bereich der 1-Mana-Kreaturen finden wir jede Menge grundsolide Savannah Lions: Soldier of the Pantheon oder der neue Dragon Hunter zum Beispiel. Beide starten die Manakurve überaus solide und gehören in einigen Matchups sogar zu den absoluten Stars. Allerdings gibt es auch immer wieder die Duelle, in denen der Gegner in Zug 2 einen Satyr Wayfinder oder in Zug 3 Hordeling Outburst wirkt. Und dann kommt immer so ein Gefühl auf, wie wenn man die Nacht durchgefeiert hat und dann die Großmutter um 12:00 zum Braten einlädt. Immerhin gibt es mit Anafenza Hilfe und auch die folgende Karte sorgt dafür, dass man eventuell doch mal an einem der ungefähr 800 gegnerischen Goblintokens vorbeikommt:


Eidolon of Countless Battles ist immer irgendwie so eine Karte gewesen, die auf dem Papier so gut aussieht, aber in der Realität das Versprochene nicht halten kann. Sicherlich kommen dem Geist auch verschiedene Aspekte des Formats nicht unbedingt entgegen. Die ganzen Vernichtungszauber zum Beispiel, aber auch die Tatsache, dass End Hostilities es eben mal nebenbei mit abräumt. Mit Dragons of Tarkir wird das nicht besser werden, so erwarte ich etwa von Dromoka's Command jede Menge und diese Karte ist geradezu lächerlich stark gegen unser Eidolon. Auf der anderen Seite dürfte man sich schwertun, ein Deck zu finden, in welchem die Karte so stark ist wie in diesem. Kreaturenlastig und in Suche nach weißen Manasymbolen – das passt einfach.

Aus Born of the Gods spielen wir noch zwei weitere Kreaturen, auf die im Prinzip Ähnliches zutrifft: Sehen absolut spielenswert aus, konnten das aber nie beziehungsweise nicht in dem Maße umsetzen.


Gut, Brimaz selbst durfte schon das eine oder andere Mal mitmachen, aber ein wirklicher Star des Formats sieht anders aus. Sein Vanguard hingegen wartet noch auf einen Einsatz – oder besser: wartete, denn heute ist es ja so weit. Zur Unterstützung seiner ausgelösten Fähigkeit spielen wir übrigens nur Eidolon of Countless Battles (und zumindest theoretisch Valorous Stance), sodass die Frage erlaubt sein muss, warum das jetzt ausreichen soll, während die ausgewiesenen Heroicdecks komplett auf ihn verzichten. Nun, die Antwort ist ganz einfach: Wir spielen ihn vordergründig eben nicht als Helden, sondern als generischen 2/2er für . Dieses ist dabei entscheidend und hebt ihn über spielerisch ansprechendere Alternativen wie Ajani's Pridemate, zu dem ich später noch ein paar Worte verlieren werde. Irgendwie erinnert mich Vanguard of Brimaz dabei an Satyr Wayfinder: Gewinnt wirklich nie ein Spiel allein, ja, meist ist er sogar ein großer Depp, aber am Ende hält er das ganze Team zusammen.

Doch zurück zu Ajani's Pridemate. Ich glaube ja immer noch daran, dass er irgendwann seinen Durchbruch auch im Standardformat feiert. Es braucht ja wirklich nicht viel, um ihn zu einem überaus beachtlichen Schläger aufzurüsten. Hier so ein Lebenspunktedoppelland, dort ein ausgelöster Soldier of the Pantheon, dann noch in Anwesenheit von Mastery of the Unseen eine Kreatur aufgedeckt und mit Wingmate Roc angegriffen – schon hat man ganz nebenbei eine solide 6/6-Kretaur für zwei Mana. Wie gesagt, das Potenzial ist da und ich habe wirklich versucht, es in diesem Deck auszunutzen. Inzwischen bin ich mir aber ziemlich sicher, dass weiße Devotion nicht die passende Umgebung darstellt und zwar ganz einfach aus folgendem Grund: . Wie ihr noch sehen werdet, fehlen zum Teil einfach Sonnensymbole in den Karten, und wenn sich der Gegner dann nur ein bisschen wehrt, versagt Nykthos. Das ist mir der Pridemate nicht wert, aber ich verspreche, vor der Rotation bekommt er von mir noch eine Chance …

Doch nun zu den gerade angesprochenen Karten mit wenig . Allen voran wäre da folgender Neuzugang:


Der Drachentöter hat sich in mein Herz gespielt. Er passt nahezu immer perfekt in die Kurve, liefert dringend benötigte Interaktion, hinterlässt zugleich einen anständigen Body, und immer wenn man ihn mit Mastery of the Unseen ins Spiel bringt, bekommt irgendwo ein Drachenbaby Alpträume. Ja, er liefert nicht sonderlich viele Sonnensymbole – insbesondere nicht, wenn er als Morph das Spiel betritt. Anders als beim Pridemate ist der Effekt aber einzigartig genug, dass ich lieber den Rest weißer gestalte, als weniger Dragonslayer zu spielen.


Der ist ein Überbleibsel aus Anfangszeiten des Decks, wo noch ein kleines Markenthema integriert war, so mit Ajani's Pridemate, Anafenza, Kin-Tree Spirit und Citadel Siege. Pridemate und Siege sind draußen, der hässliche Vogel hingegen überzeugte auch ohne sie. Flugfähigkeit ist einfach eine superstarke Fähigkeit im Moment, die angesprochene Anafenza-Synergie wirklich beachtlich und zudem ist er eine weitere Karte, in die man beliebig viel Nykthos-Mana stecken kann. Denn das ist das Schöne an dem Deck. Man spielt nicht eine Karte, die darauf angewiesen ist, dass Nykthos fünf bis elf Mana generiert, sondern ausschließlich Sachen, die auch ohne gut, teilweise sogar sehr gut sind und mit fetten Nykthos-Aktivierungen völlig lächerlich werden.

So, das waren fast alle spannenden Sachen des Mainecks. Aufgefüllt wird mit Wingmate Roc, Elspeth, Sun's Champion und Valorous Stance, nicht unbedingt die Karten, deren Einsatz man lange rechtfertigen muss.

Ganz anders sieht es bei Flooded Strand, Island, Temple of Enlightenment und Tranquil Cove aus. Bei dieser Deckliste ist das tatsächlich schwer zu erklären:


8 Plains
4 Nykthos, Shrine to Nyx
3 Tranquil Cove
4 Flooded Strand
1 Island
4 Temple of Enlightenment

4 Mastery of the Unseen
4 Eidolon of Countless Battles
2 Elspeth, Sun's Champion
2 Valorous Stance


4 Anafenza, Kin-Tree Spirit
4 Hidden Dragonslayer
3 Wingmate Roc
4 Brimaz, King of Oreskos
4 Soldier of the Pantheon
3 Vanguard of Brimaz
2 High Sentinels of Arashin


Wo sind denn hier bitte die blauen Karten, um die ganzen zweifarbigen Länder zu rechtfertigen? Natürlich im Sideboard.


Sideboard:

1 Valorous Stance
1 Soul of Theros
2 Disdainful Stroke
2 Mass Calcify
2 Dawn to Dusk
3 Negate
1 Glare of Heresy
3 Surge of Righteousness


Wenn man das Deck spielt, fällt sehr schnell auf, dass man eigentlich problemlos einen kleinen Splash vertragen könnte. Dank der extremen Geradlinigkeit von Devotion ist das aber gar nicht so leicht umzusetzen. Ausprobiert habe ich unter anderem Ephara, God of the Polis (witzig mit Mastery, aber leider trotzdem eine Göttin, mit all den zugehörigen Stärken und vor allem Schwächen) und Dromoka's Command (wirklich ganz schön gut, aber irgendwie fehlte der Platz für solche nicht hingebungsvollen Karten), um dann zu dem obigen Build zurückzukehren. Im Sideboard hingegen gefallen mir die Gegenzauber ausnehmend gut, da sie die meisten der Schwächen des Decks optimal ausgleichen. Gegen all die Kontrolldecks muss man nämlich spätestens ab Spiel 2 damit rechnen, dass sie irgendeine Antwort auf Mastery of the Unseen auspacken. Damit steht und fällt aber unser Plan in diesen Matchups, ohne eigene Maßnahmen fällt er also eher. An dieser Stelle kommen Negate und Disdainful Stroke ins Spiel. Man spielt quasi Merfolk beziehungsweise Counter-Rebels, in dem Sinne, dass man ein paar Bedrohungen auf den Tisch klatscht und diese dann gegen die großen Sprüche des Gegners mit Kontermagie verteidigt.

An dieser Stelle hören die kreativen Sideboardkarten aber noch lange nicht auf:


Mass Calcify ist unsere Antwort auf sämtliche Devotiondecks anderer Farben, besonders Grün. Gegen diese kann man realistischerweise zunächst kaum gewinnen, da sie einen vergleichbaren Plan haben, diesen aber besser unterstützen. Voyaging Satyr und Courser of Kruphix sind auf dem vollgepackten Tisch vermutlich beeindruckender als Vanguard of Brimaz und Soldier of the Pantheon. Insofern ist es sicher nicht schlecht, dass nach einem Mass Calcify Vanguard of Brimaz und Soldier of the Pantheon als Einzige noch herumliegen. Wobei man vermutlich intensiv darüber nachdenken sollte, den Soldaten in diesen Matchups trotzdem auszuwechseln.

Dawn to Dusk ist unser Dromoka's Command, also der Verzauberungsvernichter mit Upside. Einige eigene Verzauberungen spielen wir ja, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass im Laufe des Spiels eine davon in den Friedhof gelangt, nicht zu gering sein dürfte.

Surge of Righteousness wiederum ist ein Zugeständnis an die wirklich aggressiven roten und vielleicht auch schwarzen Decks, falls die Krieger endlich doch mal in die Gänge kommen. Da dachte ich ja erst, dass man mit all dem Lifegain und Brimazen und so gut aufgestellt sei, doch Pustekuchen! Die Kombination aus billigen Kreaturen und billigen Removal setzt uns ordentlich zu, da wir so ja keine Devotion aufbauen können und so unsere teuren Karten genau das sind: teuer. Das wiederum wäre nicht so schlimm, wenn da nicht diese billigen Kreaturen wären, die doch ganz ordentlich Druck machen.

Okay, so viel zu meiner Version, noch kurz ein paar Karten, die ich mir – mit dem Einsatz von mal mehr und mal weniger Phantasie – prinzipiell vorstellen könnte:


Der gute Heliod selbst ist ja eine Tröte, aber sein Spielzeug ist schon sehr beachtlich. Ich bevorzuge in meinem Maindeck aktuell ja Kreaturen und muss dann entsprechend die wenigen verbliebenen Slots mit Karten füllen, die entweder das Spiel entscheiden (Mastery of the Unseen, Elspeth, Sun's Champion) oder dafür Sorgen, dass der Gegner mit wenig Aufwand entscheidend gestört wird (Valorous Stance). Womöglich ist das aber nicht gierig genug. Apropos nicht gierig genug:


Das Ding ist natürlich potenziell lächerlich mit einem gut gefüllten Nykthos. Genau diese Einschränkung wollten wir (also ich zumindest) aber vermeiden. Nun ist Secure the Wastes auch für drei oder vier nicht schlecht im Sinne von Chimney Imp, jedoch auch nicht unbedingt auf dem Niveau von Siege Rhino. Interessanterweise wäre die Kombination der drei wieder stärker als die jeweiligen Einzelkarten, sodass sich hier vielleicht eine echte Alternative auftut.

Das wiederum könnte auch die beiden folgenden Neuzugänge aktivieren:


Für den Moment fehlen mir einfach die Sprüche, um diese Dinger akzeptabel zu machen. Für Myth Realized wird es wohl auch ansonsten nicht reichen, aber die dicken Mönche könnte ich mir gut vorstellen, wenn man ein wenig mehr auf Zaubersprüche denn auf Kreaturen setzt.


Und noch so eine Karte, die mir für den Moment zu situativ ist, um die wenigen Nicht-Kreaturen-Plätze zu füllen, aber mit mehr Fokussierung dann doch einen Auftritt wert sein könnte.

Wieder andere Karten werden schlichtweg von der alles erschlagenden Präsenz von Brimaz, Wingmate Roc oder Elspeth erschlagen, die einfach nahezu immer besser oder zumindest unendlich konstanter sind als die potenziellen Alternativen.

So, damit sind wir am Ende angekommen. Ich wünsche euch eine gelungene Launch Party und dann schauen wir beim nächsten Mal, was Dragons of Tarkir beim Buchstaben „B“ so zu bieten hat.

Bis dahin,
Der MiDi
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