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Astronomicon
von Michael Diezel
13.02.2014

Ich zitiere mich in Bezug auf Kinder der Götter einfach mal selbst: „Wirklich neue Ansätze wird es bestenfalls mit den weitergeführten Blockmechaniken (insbesondere Heroic, im Ansatz Bestow) geben.“

Das scheint zunächst einmal nicht falsch zu sein, wie die ersten Ergebnisse relevanter Turniere eindrücklich beweisen:

Eric Gray, Platz 1, SCG-Invitational, 8. Februar

4 Cloudfin Raptor
4 Frostburn Weird
4 Judge's Familiar
4 Master of Waves
4 Nightveil Specter
4 Tidebinder Mage
4 Thassa, God of the Sea

2 Domestication
1 Rapid Hybridization
2 Bident of Thassa
2 Jace, Architect of Thought


20 Island
4 Mutavault
1 Nykthos, Shrine to Nyx

Sideboard:

1 Aetherling
2 Domestication
2 Cyclonic Rift
1 Dispel
1 Dissolve
3 Gainsay
2 Negate
1 Rapid Hybridization
1 Bident of Thassa
1 Jace, Memory Adept


Jepp, das sind nicht mehr und nicht weniger als 0 (in Worten: null) neue Karten. Auch auf den weiteren Plätzen folgen mit GR, B(W), UW(x) und GW die üblichen Verdächtigen, die ebenfalls nur punktuell aufgerüstet haben. Nachdem auf diese Weise der erste Teil meiner Aussage bekräftigt wurde, ist es heute an mir selbst, etwas für den zweiten zu tun. Dabei erscheint mir inzwischen Bestow als die etwas stärkere der beiden relevanten Blockmechaniken, da sie im Gegensatz zu Heroic nicht nur interessanter, sondern obendrein beständiger erscheint. Allerdings sind die beiden auch so stark verwandt, dass es durchaus zu Überschneidungen kommt. So zum Beispiel mit dem vielleicht gewichtigsten Argument für einen solchen Ansatz, Hero of Iroas.


Craig Wescoe, der ja das eine oder andere über weiße Kreaturen weiß, beurteilt ihn so: „You can play white heroic without Brimaz but you can't play it without Hero.“

Gleichzeitig setzt er ihn auf Platz 4 seiner Liste der wichtigsten Karten aus Kinder der Götter und damit unter anderem vor sämtliche Götter und Tempel. Direkt gefolgt wird er dabei von Eidolon of Countless Battles.


Nach meinen ersten Versuchen bin ich dazu geneigt, Meister Wescoe Recht zu geben. Die beiden stellen tatsächlich den Grundstock vermutlich jedes Bestowdecks und machen ihre Sache dabei so gut, dass der Ansatz wohl tatsächlich konkurrenzfähig wird.

Die Frage lautet insofern also nicht, ob es ein solches Deck geben wird oder ob es mit Weiß spielt, sondern vielmehr, welche Farbe man Weiß an die Seite stellt. Theoretisch wäre sogar eine einfarbige Variante möglich, dank des erneut verbesserten Fixings (für Weiß gibt es inzwischen alle alle Tempel!) dürfte das aber in der Praxis nicht ernsthaft zur Debatte stehen. Wie ihr noch sehen werdet, muss man nicht mal mehr vollständig auf Mutavault verzichten.

Bei meiner Partnersuche habe ich mich auf zwei ziemlich verschiedene Pfade begeben. Nummer 1 führte zu folgendem Deck:


9 Plains
2 Mutavault
1 Azorius Guildgate
3 Island
4 Hallowed Fountain
4 Temple of Enlightenment

2 Brimaz, King of Oreskos
4 Soldier of the Pantheon
4 Meletis Astronomer
4 Eidolon of Countless Battles
4 Hopeful Eidolon
4 Hero of Iroas
4 Nyxborn Shieldmate
1 Ephara, God of the Polis
2 Banisher Priest


4 Detention Sphere
4 Ethereal Armor

Sideboard:

1 Ephara, God of the Polis
1 Banisher Priest
2 Gods Willing
2 Supreme Verdict
3 Glare of Heresy
2 Revoke Existence
2 Triton Tactics
2 Domestication


Dies ist die komboartige Variante, die einmal so richtig zeigt, was in der Mechanik steckt. Wie bei den meisten sehr geradlinigen Decks birgt das einige Vor-, aber leider auch diverse Nachteile. Zusammenfassen könnte man es so, dass beim Funktionieren der Powerlevel extrem hoch ist, da die Karten dann alle ineinandergreifen wie Zahnräder, die eine Maschine auf Touren bringen. So sind hier völlig alberne Sachen möglich, zweistellige Kampfwerte werden mehr als nur hin und wieder erreicht. Zusätzlich spielt man noch eine an sich unauffällige Kreatur, die in diesem Deck jedoch über sich hinauswächst:


Erinnert ihr euch an Augur of Bolas? Stellt euch den Astronom als diesen vor, der zunächst mit ähnlich hoher Wahrscheinlichkeit trifft (immerhin 20 Verzauberungen im Deck). Danach macht er das aber sehr gern Zug für Zug – teilweise sogar mehrfach! –, weil er sich dank der ganzen Auren, von denen er die eine oder andere aufdecken dürfte, selbst am Laufen hält.

Die andere Karte, für die man wirklich gern in Blau gehen möchte, ist hingegen ein alter Bekannter:


Natürlich scheint die Sphäre auf den ersten Blick bloß ein flexibles, jedoch sperriges Removal zu sein. Das ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen, dann aber gibt es plötzlich all diese Synergien, zum Beispiel mit Ethereal Armor, Eidolon of Countless Battles oder gar Meletis Astronomer und man erhält so viel mehr. Abgesehen davon bekommt sie eben wirklich fast alles weg, inklusive seltsamer Götter oder zwölf Soldatenspielsteine. Nur gegnerische Detention Spheres nicht, was dramtasicher ist, als man jetzt denken mag.

Ein weiterer Vorteil von Extrem-Bestow liegt im Wesen der Fähigkeit selbst, welche unheimlich gut gegen Removal jeglicher Art ist. Da mindestens zwei der wichtigsten Standarddecks momentan so vor Vernichtungszaubern strotzen, bekommt man mehr oder weniger zufällig die eine oder andere gute Waffe in die Hand. Dies gilt natürlich nur, solange sich niemand richtig darauf einstellt. Inzwischen ist mir schon preboard Revoke Existence um die Ohren geflogen und dann stimmt das Gesagte selbstverständlich nicht mehr.

Kommen wir zu den Nachteilen, die ganz typisch für ein solch fokussiertes Deck besonders in der Qualität der Einzelkarten liegen. Heutzutage erkennt man diese schon ziemlich gut an ihrer Rarität – oder Mangel derselben.


Die zwei Bestow-Kreaturen mögen starke Picks im Theros-Draft sein – allerdings eigentlich auch nicht mehr. Dass sie es trotzdem in dieses Standarddeck schaffen, liegt an dessen strenger Ausrichtung und hier können sie beim Funktionieren tatsächlich mehr beitragen als an sich stärkere Einzelkarten. Noch extremer ist das Ganze bei der Rüstung. Zwischen völlig und total nutzlos bis hin zum Direktgewinn für ein Mana ist hier alles drin. In der Praxis heißt das meist, dass alles superschick funktioniert, solange man nicht nur Karten mit dem schwarzen Editionssymbol zieht.

Beim Thema Einzelkartenstärke kommen wir wahrscheinlich nicht umhin, einmal kurz über Brimaz, King of Oreskos zu reden. Der sollte ja für diese sorgen, sein Preis und Editionssymbol deuten in diese Richtung. Tut er auch, aber weniger beeindruckend, als ich ursprünglich gedacht habe. Meist läuft das Ganze nämlich so, dass Brimaz angreift, drei Schadenspunkte verursacht und sein Soldat einfach ohne Verluste für den Gegner geblockt wird. Das aber könnten andere vermutlich auch. Fabled Hero etwa, der offensichtlich schnell tödlichen Schaden androht. Ich schreibe bewusst „androht“, denn ein größeres Problem gibt es dann doch noch: blöde, blöde kleine Kreaturen, die sich vor die einkommenden Schadensmassen werfen. Ohne eine Möglichkeit, dies zu verhindern oder wenigstens Trampeln zu verleihen, führt das zum Teil zu extrem frustrierenden Situationen. Beispielsweise wenn die Blocker allesamt aus einer einzelnen Elspeth, Sun's Champion springen. Leider ist mir da auch nicht so richtig etwas eingefallen. Brave the Elements oder Gods Willing hatte ich eine Zeit lang im Deck, allerdings synergieren diese beim mit Abstand wichtigsten Schutz (vor Weiß) alles andere als optimal mit Auren, da diese dann einfach abfallen. (Interessanterweise können die Eidolons dann übrigens angreifen.)

Eine andere Karte, die ich unbedingt in diesem Deck ausprobieren wollte, ist Ephara, God of the Polis. Diese hat ebenfalls extrem unterschiedlich performt. An sich sogar besser als das, weil die Einschränkung sich hauptsächlich auf die fehlende Synergie mit Bestow bezieht. Aber wenn man am Ende vor der Frage steht, ob man eine Karte für seine Kreatur zieht oder lieber das Doppelleben durch Bestow selbst haben möchte, ist das auch schon ein gewisses Luxusproblem.

Im Sideboard möchte ich besonders auf zwei Karten hinweisen: Domestication und Supreme Verdict. Erstere ist in den entsprechenden Matchups völlig lächerlich, weil sie über die bekannten Fähigkeiten hinaus die bei Detention Sphere angedeuteten Boni durch das Deck erhält. Supreme Verdict wiederum ist erstaunlich wirksam in den Kreaturenmatchups. Diese laufen nämlich entweder auf ein völliges Überrennen oder einen sehr intensiven Stall hinaus. Beides erledigt das Massremoval. Das feindliche Überrennen offensichtlich wie ein Kontrolldeck, den Stall hingegen über die angesprochene Wirksamkeit von Bestow bei Massenvernichtung. Und noch einmal: Spielt man das Verdict vor dem Angriff, dürfen alle Auren, die so abfallen und zu Kreaturen werden, direkt angreifen!

Kommen wir zur zweiten Version, die entschieden weniger komboesk daherkommt, dafür aber die grundsätzliche Stärke in die Höhe treibt:


6 Forest
6 Plains
4 Temple of Plenty
2 Mutavault
2 Selesnya Guildgate
4 Temple Garden

4 Eidolon of Countless Battles
4 Hero of Iroas
4 Soldier of the Pantheon
3 Brimaz, King of Oreskos
4 Boon Satyr
3 Banisher Priest
4 Voice of Resurgence
4 Experiment One


2 Hunter's Prowess
4 Selesnya Charm

Sideboard:

1 Banisher Priest
3 Unflinching Courage
3 Mistcutter Hydra
2 Glare of Heresy
2 Last Breath
4 Skylasher


In diesem Deck sind die Aurasynergien deutlich weniger ausgeprägt, was sich insbesondere auf die Rolle von Hero of Iroas auswirkt. War er in Deck 1 noch absoluter Macher, der ungefähr jeden Draw massiv aufgewertet hat, ist das in diesem Deck längst nicht mehr der Fall. Positiv kann man das derart interpretieren, dass man längst nicht mehr so abhängig ist. Negativ heißt es, er ist eigentich nicht mehr so richtig notwendig. Letzteres stimmt natürlich nicht, da die Manaersparnis doch auch bei nur acht Karten dermaßen relevant ist, dass ich ihn nicht missen möchte. Natürlich würde ich gern noch weitere Bestow-Kreaturen integrieren, allerdings geht das nicht, ohne das komplette Powerlevel extrem zu senken.

Ansonsten habe ich die Einzelkartenqualität ja schon positiv bewertet. Interessanterweise ist Brimaz hier ein wenig stärker, da man mehr Möglichkeiten hat, Nutzen aus dem Spielstein zu ziehen. Und dass Voice of Resurgence eine extrem gute Karte mit Auren ist, hat sich ja sogar schon ins Modern herumgesprochen. Doch der eigentliche Vorteil sind die beiden trampelverleihenden Karten: Selesnya Charm, dessen weitere Modi ebenfalls des Öfteren vorkommen, sowie Hunter's Prowess. Prowess ist superstark sowohl gegen Kreaturendecks als auch gegen Supreme Verdict. Erstere tappen sich gern aus und können in den allermeisten Fällen dann nicht verhindern, dass man mit der Tapferkeit extrem weit nach vorne kommt, Letztere lassen selbst nach dem Massremoval gern mal etwas auf dem Tisch liegen: abfallende Bestow-Kreaturen, Voice-Token oder regenerierende Experimente und dann ist das Ding die grüne Sphinx's Revelation, die statt Leben beim Gegner Schaden macht.

Da der Rest eher ganz traditionell aufgebaut ist, muss ich wohl nicht mehr viel dazu sagen. Hinweisen möchte ich nur noch einmal auf das Doppelpack Mutavault, welches das Deck ganz anständig wegsteckt, sodass hier einer der größten Nachteile mehrfarbiger Aggrodecks gegenüber den einfarbigen Versionen (eben keine Mutavaults spielen zu können) wegfällt.

Im Sideboard tummeln sich hauptsächlich Karten gegen Monoblau, was man in Spiel 1 ungefähr nie besiegt. Gleichzeitig sind die ganzen Schutz-vor-Blau-Männer aber auch superstark gegen Kontrolle, insbesondere mit Bestow.

Möglicherweise gibt es zusätzlich noch eine dritte Option, das Deck zu bauen, die sich zwischen den beiden von mir vorgestellten Decks ansiedelt, so weit bin ich mit meinem Testen aber leider nicht gekommen. Auch so kann ich schon eine Empfehlung aussprechen. Beide Decks sind absolut konkurrenzfähig und bieten sicher noch unerforschtes Potenzial. Für schnöde Kreaturendecks machen sie darüber hinaus jede Menge Spaß beim Spielen, da Bestow als Fähigkeit doch einige Entscheidungen fordert.

Inwiefern Hero of Iroas jetzt wirklich die Standardumgebung umwälzen wird, dürften die kommenden Wochen zeigen. Ich selbst wäre nach meinen ersten Spielen mit diesen Decks nur noch sehr eingeschränkt überrascht.

In diesem Sinn, gutes Heroisieren und Göttergeben!
Der MiDi
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