Eternal
Masters of the Universe
von Michael Diezel
16.01.2014

Nachdem ich in der vergangenen Woche ja schon mein (überaus bescheidenes) Ziel und Deck für den Grand Prix in Prag bekanntgegeben hatte, muss ich euch heute erklären, warum es denn nicht nur mit dem Titel nichts wurde, sondern ich auch den Sonntag ohne Karten verbrachte.


1. Das Deck war schuld

Noch einmal zur Erinnerung das Deck, welches ich 75:75 so gespielt habe, wie ich es empfohlen habe:


15 Island
4 Mutavault
2 Faerie Conclave

4 Cursecatcher
4 Silvergill Adept
4 Master of the Pearl Trident
4 Lord of Atlantis
2 Kira, Great Glass-Spinner
4 Master of Waves
2 Phantasmal Image
3 Vendilion Clique


4 Spreading Seas
4 Æther Vial
4 Vapor Snag

Sideboard:

2 Spell Pierce
2 Dismember
2 Spellskite
2 Hurkyl's Recall
1 Threads of Disloyalty
1 Grafdigger's Cage
1 Relic of Progenitus
2 Steel Sabotage
2 Tidebinder Mage


Meervolk ist in meinen Augen ein anständiges Deck mit vielen Vorzügen: Es ist überaus konstant, treibt eine der potenziell besten Karten des Fomats (Æther Vial) zur Höchtsform und spielt jede Menge Inseln. Im Vorfeld habe ich etliche Spiele auf Magic Online absolviert und abgesehen von Birthing Pod und Affinity kein wirklich schlechtes Matchup gefunden. Insbesondere Affinity, aber zu einem gewissen Maße auch Pod lassen sich darüber hinaus mithilfe des Sideboards gut angehen.

Insgesamt habe ich eine Win-Percentage von knapp 70% erzielt, was schon ganz anständig ist. Beim GP konnte ich diese Quote dann auch gekonnt bestätigen: 6:3 aus neun Runden. Ja, neun Runden, denn dank des Planeswalkerpunktesystems und meiner spärlichen Teilnahmefrequenz an großen Turnieren, durfte ich zum ersten Mal seit (gefühlt und gerechnet) 15 Jahren ohne Bye antreten. Und das in meinem Alter.


Ein Problem des Decks ist, dass es zwar hochgradig konstant, dafür jedoch vergleichsweise wenig durchschlagskräftig ist. Klar ist auch mal so ein Turn-4-Kill drin, aber den machen Affinity, Pod oder Twin nebenher und gegen so einen Griselbrand im zweiten Zug reicht es dann ebenfalls nicht. Das wiederum bedeutet, dass man ganz schön rudern muss, wenn das gegnerische Deck das macht, was es machen soll, denn das ist im Normalfall eben stärker als alles, was die Fische so drauf haben. Natürlich interagieren dabei Karten wie Vapor Snag, Spreading Seas oder Vendilion Clique mit ihm – teilweise sogar ganz gewaltig –, aber am Ende fühlt es sich doch erstaunlich oft wie ein Bergauf-Laufen an.

Insgesamt war ich mit dem Deck jedoch überaus zufrieden. Die einzigen Änderungen im Nachhinein betreffen das Sideboard und resultieren aus einer wenig komplizierten Analyse meiner Niederlagen: 1:2 vs. Splinter Twin, 1:2 vs. Birthing Pod, 1:2 vs. Griselbrand. In zwei dieser drei Spiele bin ich jeweils mit 1:0 in Führung gegangen, um dann die Post-Sideboard-Duelle zu vergeigen. Während das gegen Twin eher seiner Fähigkeit, eigene Sideboardkarten zu ziehen, zu verdanken war (in zwei Spielen ungefähr sechsmal Anger of the Gods und fünfmal Grim Lavamancer), schaffte ich es ausgerechnet gegen den Griselbrand-Reanimationsmagier der neunten und entscheidenden Runde nie eins meiner beiden Friedhofsremoval zu ziehen, was aufgrund seines fehlenden Alternativplans direkt gewonnen hätte. Das mag unglücklich klingen, ist es aber nur sehr bedingt, da die entscheidende Wendung („eins meiner beiden“) schon andeutet, wo das Problem lag. Ein zusätzliches Relikt oder ein weiterer Grafdigger's Cage wären sicher nicht verkehrt gewesen, vermutlich auch nicht gegen den Pod-Gegner.

Wo der Platz herkommen soll, da bin ich noch nicht hundertpozentig sicher. Irgendwo zwischen Spellskite, Threads of Disloyalty und Steel Sabotage, vermute ich. Alles sind zwar sehr anständige Karten, aber nur ganz selten essenziell.


2. Die Gegner waren schuld

Überraschenderweise waren unter den knapp 1400 Spielern doch einige, die Karten halten konnten. Und von denen spielte ich auch noch ständig gegen solche, die ich eigentlich nicht sehen wollte:

Eggs-Kombo
Affinity
Gruul
Pod
Griselbrand

Interessanterweise hat Meervolk nämlich kein gutes Matchup gegen Kombodecks, weil im Gegensatz zum Legacy und seiner Force of Will jegliche ernsthafte Disruption fehlt und man entsprechend nur mit Clique und Vapor Snag herumhampelt. Stattdessen wollte ich eigentlich gegen Brand, Jund, Tron und vor allem Hatebears spielen, was sich jedoch auf einmal Jund beschränken sollte. Auch Twin sehe ich als ziemlich positives Matchup, weil man soliden Druck aufbaut (insbesondere mit Turn 1 Æther Vial) und diese spezielle Kombo eben doch ganz gut unterbrechen kann, insbesondere, wenn man ihnen keine Zeit gibt, sie abzusichern.


Insofern ist 6:3 sogar noch als anständiges Ergebnis zu werten und zeigt zugleich die Konstanz des Decks. Bei den vielleicht 20 theoretisch spielbaren Decks des Formats kann man nicht auf alles vorbereitet sein. Mit ganz wenigen Ausnahmen (Soul Sisters) hat man mit Meervolk immer eine realistische Chance, ganz besonders wenn …

die Gegner kleinere Fehler machen.
die Gegner sich in ihrem Mana aufhängen.
man selbst mit Æther Vial startet.


3. Prag war schuld

Ich mag Prag ja wirklich gern. All die alten Gebäude (von denen ich ziemlich genau keins außer der Site selbst gesehen habe – es war immer dunkel), leckerstes Bier und Essen. Letzteres muss ich ein wenig relativieren und kurz unser Frühstück im Hotel Charles Central würdigen:

Unglaublich orangener Orangensaft, der schmeckte wie ein Haufen Brausetabletten in wenig Wasser. Und dann das Ganze stehen lassen, bis die Kohlensäure sich verdünnisiert hat.
Diverse Würste mit Hauptbestandteil Fett, die erst mit bereitgestellten Senf genießbar wurden.
Quark, dessen Haltbarkeit leider überschritten war – etwas, das ich erst im Praxistest herausfand.

Dermaßen gestärkt lassen sich die körperlichen Herausforderungen (zur Erinnerung: neun Runden) natürlich gleich viel besser meistern. Bei 1400 Leuten, die ziemlich länglich angeordnet waren, hatte ich als Besucher der Paarungstafel „A–D“ auch noch den Hauptgewinn gezogen, da dieses Brett genau an der anderen Seite zu Eingang (=Sauerstoff) und Klos hing, und ich so Runde für Runde für Runde zahlreiche Meter abspulen konnte. Dafür gab es aber tolle Ballonlampen und überhaupt war das Turnier optisch und organisatorisch für die Masse an Menschen top.


Lediglich die Kombination aus Frau mit beachtlichem Akzent und technischen Phänomenen führte dazu, dass man in bestimmten Ecken der Halle quasi keine Ansage verstand. Und so bin ich mir heute noch sicher, dass ich eigentlich einen Superpreis für irgendetwas (Lebenswerk, Being #1234 auf der Anmeldeliste oder die hässlichsten Lords of Atlantis des Turniers) hätte bekommen sollen und ihn so verpasst habe.


4. Ich selbst war schuld

Während ich insgesamt ziemlich zufrieden mit meinem Spiel war, hier gleich zwei herausragende Sideboardentscheidungen:

a)

In Runde 1 spiele ich überraschenderweise nicht gegen das kleine, tschechische Kind mit Affinity, sondern den alten Italiener mit Eggs. Offensichtlich benötigt dieses Deck in hohem Maße Zugriff auf den Friedhof (erkennt ihr ein Muster?). Entsprechend bringe ich meine Anti-Graveyard-Sideboardkarten hinein, Relic of Progenitus und Grafdigger's Cage. Letzteren ziehe ich auch direkt auf die Starthand und freue mich wie ein Schnitzel. Natürlich nur so lange, bis mein Gegner Open the Vaults spielt und alle Nichtkreaturen-Artefakte ins Spiel zurückbringt. Oder auch: Er bringt alle seine Artefakte ins Spiel, da er natürlich gar keine Artefaktkreaturen hat.


Furchtbare Karte, dieser Käfig. Etwas ganz Ähnliches war mir auch schon online passiert, als ich meine erste Begegnung mit Living End hatte. Nachdem dieses gespielt wurde und beim Gegner durch meine zwei liegenden Grafdigger's Cages hindurch knapp 42 Kreaturen aufs Spielfeld gelangten, wollte ich direkt eine Beschwerde an Wizards schreiben, so mit Noobs, Beleidigungen und so weiter. Dann habe ich mir die beteiligten Karten doch noch einmal angeschaut und unauffällig conceded … (aber wenigstens aus meinen Fehlern gelernt und gegen Living End nie wieder Grafdigger's Cage geboardet).

b)

Apropos Living End. Auch hier bin ich sideboardtechnisch noch nicht zu 100% sicher, was zu tun sei. Raus nahm ich unter anderem alle Master of Waves und rein kam unter anderem Tidebinder Mage. Spiel 3 lief dann ungefähr so:

Turn 1
Turn 2
Turn 3
Turn 4

Æther Vial
Spreading Seas
Tidebinder Mage auf Dryad Arbor
Master of Waves

Turn 1
Turn 2
Turn 3

Land
Dryad Arbor


Erklärung: Dieses Deck spielt jede Menge Meister, nicht nur „of Waves“ und natürlich „of the Pearl Trident“, sondern auch „der Silberkiemen“, der bei deutschen Karten dadurch jobtechnisch aufgewertet wurde. Offensichtlich hat mich diese geistige Überlegenheit überfordert und so hatte ich genau einen Master of the Pearl Trident herausgenommen, während dieser eine Master of Waves im Deck blieb … und das Spiel gewann.

Ihr seht, alles Skill bei diesem Magic.


5. Lévy war schuld

Dank des französischen Großmeisters ist das Deck überhaupt erst eins geworden. Wer weiß, was ich ansonsten gespielt hätte: Smallpox, Burn oder Esper-Aggro … Von einigen werdet ihr demnächst noch lesen!

Until then, I blame Lévy! Wobei, dessen Prag-Performance mit den Fischen war auch ausbaufähig: 0:3. Trotzdem bleibe ich dabei. Wer ein wenig Magic Online grinden will, kann mit Sicherheit zu schlechteren Konstrukten greifen.

In diesem Sinne, mögen euch die Meister gewogen sein!
Der MiDi
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